Quelle: Fraunhofer IEG
In der Schweiz testen Forschende des Fraunhofer IEG eine neue Mikro-Bohrturbine. Damit soll es an mehr Standorten möglich werden, Wärmespeicher anzulegen.
Zukünftig soll der Untergrund Abwärme aus Gewerbebetrieben im Sommer speichern, um sie im Winter für die Heizungen von Wohnungen nutzen zu können. Der regionale Schweizer Energieversorger „Energie Wasser Bern ewb“ entwickelt an seiner Energiezentrale Forsthaus das Pilotprojekt „Geospeicher“. Es soll überschüssige Wärme speichern und im Winterhalbjahr nutzen. Mit an Bord sind Forschende der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG. Denn die Erschließung unterirdischer Wärmespeicher benötigt neue Bohrtechnik.
Durch Einsatz des neuartigen Bohrverfahrens „Micro Turbine Drilling – MTD“ konnte das Fraunhofer IEG erfolgreich Wegsamkeiten für Wasser in Gesteinsschichten in bis zu 500 Meter Tiefe schaffen, teilte das Institut am 27. Mai mit. Die Bohrtätigkeit war Teil einer laufenden Erschließung unter der Schweizer Hauptstadt Bern, die in kommenden Projektphasen zum Wärmespeicher ausgebaut werden soll.
Die Turbine kann dabei aus konventionellen Bohrlöchern heraus eingesetzt werden, um radiale Nebenarme zu bohren. Dadurch vergrößert sie kontrolliert und zuverlässig die innere Oberfläche des Bohrlochsystems und erhöht gezielt die Durchlässigkeit für das Arbeitsmedium Wasser.
Wärme für den Winter speichern
In der Energiezentrale Forsthaus betreibt ewb eine Abfallverwertungsanlage, ein Holzheizkraftwerk und ein Gas- und Dampf-Kombikraftwerk. Diese Anlagen erzeugen Strom und Wärme. Die produzierte Wärme wird an das Fernwärmenetz abgegeben. Insbesondere im Sommer kann die Wärme aus der Abfallverbrennung nicht vollständig genutzt werden. Im Winter hingegen wäre diese Wärme sehr gefragt.
An diesem Punkt setzt das Pilotprojekt „Geospeicher“ an. Im Sommer soll das Speichergestein in einer Tiefe bis zu 500 Metern mit überschüssiger Abwärme der Energieanlagen erhitzt werden. Der Sandstein im Untergrund würde mit 90 Grad heißem Wasser erwärmt wie ein Kachelofen. In den Wintermonaten ließe sich die gespeicherte Energie des Gesteins dann wieder mit Wasser als Arbeitsmedium bei etwa 60 Grad Celsius zurückgewinnen und in das Fernwärmenetz einspeisen. Auf diese Weise erhoffen sich die Projektpartner, dass der Energieversorger künftig einen saisonalen Energievorrat von 12 bis 15 Gigawattstunden Wärme anlegen könnte.
Bohrung soll wichtige Erkenntnisse liefern
Mittlerweile sind drei Hauptbohrlöcher bis zu einer Tiefe von 500 Metern gebohrt worden, so das Fraunhofer-Institut. In der Tiefe habe das Projekt den begehrten Sandstein in mehreren Schichten entdeckt. Die Gesteinsschichten seien aber kompakter als erhofft und die erreichbare Zirkulation von Wasser damit nicht hoch genug. Hier kommt die neue Turbine zum Einsatz.
Um die Zirkulation zu verbessern, hat das Team des Fraunhofer IEG nun mit seiner neuen Technologie MTD weitere Wegsamkeiten für das Wasser erbohrt. Dabei wird eine kompakte Mikro-Bohrturbine genutzt, die mit einem speziellen Bohrmeißel ausgestattet ist. Mit Abmessungen von gerade einmal 3,6 Zentimetern im Durchmesser und 5 Zentimetern in der Länge ist das Gerät extrem klein. Die Mikro-Bohrturbine ist an einem Schlauch befestigt, über den sie mit bis zu 150 Liter Wasser pro Minute bei etwa 150 bar Eingangsdruck angetrieben wird, um den Meißel in Rotation zu versetzen.
In der Stunde schafft die Turbine mehrere Meter. Das Wasser, das die Mikroturbine antreibt, dient zugleich als Kühlung, damit der Bohrer nicht heiß läuft, und auch als Spülung, um den Bohrstaub abzutransportieren. Im Projekt „Geospeicher“ hat das Team vom Fraunhofer IEG nun mehr als 20 Nebenarme mit einer Durchschnittslänge von 5 Metern in einer Tiefe von rund 500 Meter erbohrt. Energie Wasser Bern führt nun die weiteren hydraulischen Tests durch, die die notwendigen Daten für die nächsten Ausbauphasen liefern.
Montag, 27.05.2024, 15:26 Uhr
Heidi Roider
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