110-kV-Schaltanlage. Quelle: E&M / Drewnitzky
Das Stadtwerk am See hat ein Forschungsprojekt zu Künstlicher Intelligenz (KI) abgeschlossen. Es soll helfen, die Stromnetze besser auszulasten und den Ausbaubedarf zu minimieren.
Die Energiewende stellt Stromnetze vor neue Herausforderungen: Solar- und Windanlagen speisen Strom dezentral und unregelmäßig ein, während der Energiebedarf durch die Wärme- und Mobilitätswende weiter steigt. Um auch unter diesen Bedingungen die Netzinfrastruktur weiter stabil zu halten und nicht unnötig ausbauen zu müssen, soll in Zukunft verstärkt auf Digitalisierung und den Einsatz von KI gesetzt werden. Das Stadtwerk am See haben bereits ein Pilotprojekt umgesetzt. Erfolgreich, wie der baden-württembergische Versorger mitteilt.
„Im Rahmen des Projekts haben wir mit Daten aus dem Friedrichshafener Gewerbegebiet ‚Fallenbrunnen‘ das Stromnetz der Zukunft konzipiert und eine Netz-Regelung erfolgreich simuliert“, erklärte dazu Jan Etzel, Leiter Stromnetzbetrieb beim Stadtwerk am See. Das Herzstück eines solchen intelligenten Netzes ist ein „smarter“ Regler, der von Künstlicher Intelligenz gesteuert wird. Er verfügt über alle Informationen aus dem Niederspannungsnetz, wie beispielsweise aktuelle Messwerte von Trafostationen, Verbrauchern und Erzeugern. Darüber hinaus kennt er Jahresverbräuche, Wetterdaten und vieles mehr.
Intelligenter Regler als Herzstück
Aus diesen Daten kann der Regler nahezu in Echtzeit erkennen, ob das Netz stabil ist oder Handlungsbedarf besteht. Die KI kann auch in Sekundenschnelle Maßnahmen ergreifen, um Lastspitzen zu glätten und die Netzstabilität zu gewährleisten. „Der innovative Regler wurde permanent mit den aktuellen Netzdaten ‚gefüttert‘ und lernte jeden Tag dazu. Er ist in der Lage, die ganze Datenflut zu analysieren und umgehend die richtigen Entscheidungen zu treffen. Natürlich alles unter der Prämisse, dass Verbraucher stets ausreichend mit Strom versorgt werden“, so Etzel.
Um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Steuerung der Netze zu erforschen, hatten sich 2020 das Stadtwerk am See, die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz, das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, das International Solar Energy Research Center Konstanz und ein weiterer Energieversorger als Projektgruppe zusammengeschlossen.
Das Leuchtturmprojekt „KI-basierte Planung und Betriebsführung von Verteilnetzen und Microgrids zur optimalen Integration regenerativer Erzeuger und fluktuierender Lasten im Rahmen der Energiewende (AI4Grids)“ hat vom baden-württembergischen Umweltministerium eine Förderung von 2,5 Millionen Euro halten.
Im Rahmen des Vorhabens wurden erste Prototypen von Niederspannungsreglern auf der Basis von KI entworfen und getestet. „Nicht nur die KI, sondern auch wir haben viel gelernt. Wir haben ein Zielbild für intelligente Stromnetze entwickelt und definiert, wie intelligente Zähler, intelligente Trafostationen und künstliche Intelligenz ineinandergreifen“, resümiert der Netzexperte des Stadtwerks.
Acht Minuten Stromausfall im ganzen Jahr
Das Stromnetz des Stadtwerks am See mit Sitz in Überlingen und Friedrichshafen ist schon jetzt gut aufgestellt: Im vergangenen Jahr fiel durchschnittlich nur acht Minuten lang der Strom aus. Damit geht es Kunden des Bodensee-Stadtwerks deutlich besser als im übrigen Bundesgebiet. Hier gab es durchschnittlich über 12,2 Minuten (2022) Stromausfall.
„Wir investieren pro Jahr durchschnittlich 8 Millionen Euro in unsere Stromnetze. Die Verfügbarkeit von 99,99999 Prozent attestiert uns eine überdurchschnittliche Versorgungssicherheit“, betonte Mark Kreuscher, Leiter Netze beim Stadtwerk.
Freitag, 9.08.2024, 13:01 Uhr
Günter Drewnitzky
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