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Die Umsetzung der "Marktkommunikation 2022" muss bis zum 1. April dieses Jahres erfolgen. Für viele Unternehmen ist das eine große Herausforderung.
Die Energiewirtschaft wird um eine neue Rolle reicher: Ab dem 1. April tritt der Energieserviceanbieter (ESA) als eigenständige Rolle im intelligenten Messwesen in Erscheinung. Er ist in die Marktkommunikation (Mako) 2022 eingebettet und geht auf einen Beschluss der Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur vom 21. Dezember 2020 zurück.
Wie die Behörde erläutert, hatten Energiedienstleister und Energiedatenmanager sich beklagt, dass eine vom Kunden veranlasste Messwertverarbeitung durch Dritte nur schwer möglich sei, da die Messstellenbetreiber die Daten nicht standardisiert bereitstellen. Deshalb werden mit der Mako 2022 neue Prozesse eingeführt, um den sogenannten Energieserviceanbietern die Möglichkeit zu geben, „zeitnah automatisiert die vom Anschlussnutzer gewünschten Daten abzurufen und zu analysieren“, wie es im Beschluss heißt.
Neue Marktrolle: Energieserviceanbieter
Der Energieserviceanbieter wird allerdings per Definition nur für Anschlussnutzer tätig, bei denen ein intelligentes Messsystem, also ein elektronischer Zähler mit einem vom BSI zertifizierten Smart Meter Gateway, verbaut ist. Der Dienstleister handelt im Auftrag des Endkunden und benötigt auch dessen ausdrückliche Einwilligung für die Anforderung der Daten. Diese Einwilligung muss der Energieserviceanbieter gegenüber dem Messstellenbetreiber nachweisen. Erst dann kann er aktiv werden.
Neben der Einführung der neuen Marktrolle hat die Mako 2022 vier weitere zentrale Elemente:
Für die Sperrung und Entsperrung eines Anschlusses ist ein automatisierter Prozess vorgesehen. Damit gibt es keine Notwendigkeit mehr, bilaterale Lösungen zu implementieren. Allerdings hat sich die Beschlusskammer darauf beschränkt, nur Prozesse zur Unterbrechung beziehungsweise Wiederherstellung der Anschlussnutzung auf Anweisung des Lieferanten aufzunehmen. „Von der Standardisierung von Prozessen für die Unterbrechung auf eigene Veranlassung des Netzbetreibers hat die Beschlusskammer in Ansehung zahlreicher kritischer Stellungnahmen aus der Branche abgesehen“, heißt es in den Erläuterungen der Behörde.
Darüber hinaus hat die Beschlusskammer eine Preisblattstruktur für die Entgelte im Rahmen der Netznutzung, für separat bestellbare Einzelleistungen sowie für die freiwillige Abrechnung sonstiger Leistungen festgelegt.
Die Übermittlung von Kommunikationsdaten, insbesondere die Initialübermittlung und Aktualisierung von Kommunikationsdaten, ist ein weiterer Schwerpunkt der Mako 2022, ebenso wie der Austausch von Zählzeitdefinitionen. Dahinter steht das Ziel, zeit- oder lastvariable Tarife anbieten zu können und somit Effizienzanreize und Anreize zum netzdienlichen Verhalten zu schaffen.
Dass die Umsetzung der Mako 2022 für viele Unternehmen eine Herausforderung ist, weiß Thoralf Laue vom IT-Dienstleister Gisa. Im Gespräch mit E&M weist er darauf hin, dass die neuen Regelungen auch tatsächlich etwas Neues sind und keine „Mako 2020 in neuem Gewand“. Bei der Mako 2020 sei es vor dem Hintergrund des Smart Meter Rollouts vor allem noch um Datenmodelle gegangen, um dem wachsenden Datenaufkommen Rechnung zu tragen, so der Senior Solution Architect im Bereich Enterprise Utilities. Die Mako 2022 setze darauf auf und rücke nun die Prozesse zwischen den Marktrollen in den Fokus.
Kein Spielraum bei der Umsetzungsfrist
„Zwar kenne ich bis jetzt noch kein Unternehmen, das öffentlich angekündigt hat, die Rolle auszuprägen. Aber die Messstellenbetreiber sind durchaus angespannt, einige auch nervös, wenn sie an die Anpassungen denken, die sie treffen müssen, um Anfragen von Energieserviceanbietern entgegenzunehmen und umzusetzen“, sagt Laue.
Im Moment seien zwar tatsächlich noch nicht so viele intelligente Messsysteme verbaut. Aber der Rollout werde weiter an Fahrt gewinnen. „Wir sprechen über immerhin mehr als 15 Millionen Geräte in den nächsten zehn Jahren. Und die Messstellenbetreiber müssen die Prozesse für jeden Endkunden umsetzen, für den eine Anfrage gestellt wird“, so der IT-Spezialist. Entsprechend hoch sei der Leidensdruck in der Branche.
Laue weist darauf hin, dass es bei der Umsetzungsfrist keinen Spielraum gibt. „Der 1. April steht. Eine Verschiebung steht nicht zur Debatte“, betont er. Allerdings überlegen er und seine Kollegen schon gemeinsam mit ihren Kunden, ob bestimmte Prozesse eine geringere Priorität haben, weil sie einfach für das Unternehmen keine oder noch keine Relevanz haben. Das hänge allerdings vom Markt ab. „Aber wenn beispielsweise ein Energieserviceanbieter am 1. April eine Anfrage stellen möchte, muss der Prozess implementiert sein und funktionieren“, erklärt Laue.
Das vollständige Interview mit Thoralf Laue und einen ausführlichen Beitrag zur Mako 2022 können Sie in der Februar-Ausgabe von Energie & Management lesen.
Mittwoch, 26.01.2022, 14:23 Uhr
Fritz Wilhelm
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