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Das Konzept, Fernwärme sukzessive von Kohle auf Erneuerbare umzustellen, ist unter Druck, weil Gas als Brücke bröckelt. Ariadne-Forschende schlagen daher Niedertemperaturnetze vor.
Die Gaskrise bringt die bisherigen Planungen für einen Umbau der Wärmenetze in Schwierigkeiten. Denn der einst günstige Energieträger Gas, als Brücke bei der Umstellung von Kohle auf Erneuerbare gedacht, macht den Bezug von Fernwärme kostspieliger als gedacht und damit aktuell unattraktiv. Forschende aus dem Wissenschaftskonsortium "Ariadne", einem von der Bundesregierung geförderten Kopernikus-Projekt, arbeiten an Alternativen.
Mit einem neuen Report zum Wandel der Fernwärme liegen nun Überlegungen der Autoren Alexander Burkhardt und Markus Blesl (Universität Stuttgart) vor, wie der Umbau der Fernwärmenetze zu Niedertemperaturnetzen beschleunigt erfolgen kann. Zu mehr Tempo raten die beiden Wissenschaftler in diesem Bereich vor allem, da anhaltend hohe Gaspreise negative Auswirkungen auf die Pläne der Fernwärmenetzanbieter für den Bau neuer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) haben könnten.
Gas- und Energiekrise kann Schub für Fernwärme auslösenEin Absenken der Temperatur in den Netzen ergibt sich grundsätzlich aus dem Ersatz fossiler durch erneuerbare Energien. Fossile KWK sorgt für eine Netztemperatur von mehr als 100
Grad Celsius. Mit einem wachsenden Anteil der Erneuerbaren an der Fernwärme-Erzeugung, der von derzeit 17
Prozent
bis zum Jahr 2030 auf 45
Prozent steigen soll, muss die Temperatur schrittweise auf 60
Grad Celsius sinken.
Die Stuttgarter Wissenschaftler hegen die Hoffnung, dass die "derzeitige Gas- und Energiekrise einen Schub für die Fernwärme" auslösen könnte. Dies unter der Bedingung, dass Gas-KWK als Brückentechnologie entgegen der ursprünglichen Planungen nur bedingt zum Einsatz komme.
Der schnellere Umstieg auf Niedertemperaturnetze zur Integration von erneuerbaren Energien benötige aber regulatorische Hilfestellungen:
- Die Bestandsfernwärmenetze seien in mehrere Teilnetze aufzuteilen.
- Eine Abtrennung von nicht absenkbaren Prozesswärmebedarfen sei vorzunehmen.
- Eine höhere Pumpenleistung sei nötig.
- Zudem, schreiben die beiden Forscher, sei ein hydraulischer Abgleich von Hausanschlussstationen erforderlich, um die Effizienz der bestehenden Strukturen zu verbessern.
Die Kritik der Stuttgarter Wissenschaftler an der bisherigen Fernwärmeplanung ist umfassend. Viel zu lange sei es ein isoliert von Gebäudeeigentümern, Wärmeversorgungs- oder Querverbundunternehmen gedachtes Thema gewesen.
Wärmeversorgung verstärkt in größerem Rahmen angehenHier sei ein schnelleres Umsetzen von kommunaler Wärmeplanung und den Transformationsplänen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) unabdingbar. Die grundsätzlich zu begrüßende Förderung nach dem BEW basiere immer noch zum Teil auf dem KWK-Gesetz, das nicht automatisch einen Anspruch auf fossilfreie Erzeugung bedeute.
Die Transformation der Fernwärme sieht grundsätzlich den verstärkten Einsatz von Biomasse oder Biogas vor. Dazu machen technologische Entwicklungen das Verwenden von Strom in Power-to-Heat-Anlagen möglich. Hinzu kommen Großwärmepumpen, die ihre Wärmeenergie entweder aus Oberflächengewässern, Abwärme (Industrie, Abwasser) oder der Umgebung beziehen. Letztlich ist technisch auch das Verbrennen synthetischer Kraftstoffe – Wasserstoff, Gas – in KWK-Anlagen denkbar.
Die Ariadne-Analyse
"Wandel der Fernwärme im Kontext des Kohleausstiegs und der aktuellen Gaskrise" steht im Internet als PDF zum Download bereit.
Donnerstag, 2.02.2023, 16:44 Uhr
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