Quelle: Shutterstock / petrmalinak
Das Bundeskabinett hat mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) Regelungen zum rechtlichen und regulatorischen Rahmen eines zukünftigen Wasserstoff-Kernnetzes beschlossen.
Für das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 müssen Industrie und andere Verbraucher künftig statt fossilem Erdgas Wasserstoff nutzen. Wo dieser klimafreundlich erzeugt und wohin er transportiert werden soll, wird in einem Netzentwicklungsplan (NEP) aktuell entworfen. Das Bundeskabinett hat am 24. Mai mit einer Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) Regelungen zum rechtlichen und regulatorischen Rahmen des zukünftigen Wasserstoff-Kernnetzes in Deutschland beschlossen.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erläuterte zur Novelle: „Unser Ziel ist der zügige Hochlauf des Wasserstoffmarktes, um die Dekarbonisierung insbesondere von Wirtschaftssektoren mit hohen Treibhausgasemissionen weiter voranzutreiben.“ Hierzu sei ein schneller und kosteneffizienter Aufbau einer Wasserstoff-Netzinfrastruktur in Deutschland erforderlich, die mit dem Wasserstoffmarkt wächst und in den EU-Binnenmarkt eingebettet ist.
Federführung bei der Bundesnetzagentur
„Mit der Schaffung des Rahmens für die Wasserstoffnetze gehen wir hier einen entscheidenden Schritt", sagte der Minister. Das Wasserstoff-Kernnetz werde in der ersten Stufe wichtige Wasserstoff-Infrastrukturen umfassen, die bis 2032 in Betrieb gehen sollen. Bis Ende dieses Jahres soll in einer zweiten Stufe eine umfassende Wasserstoff-Netzentwicklungsplanung im EnWG verankert werden. Diese bedarfsbasierte Planung soll sich an den bestehenden Netzentwicklungsprozessen orientieren und sich über das Wasserstoff-Kernnetz hinausgehend mit dem Wasserstoffbedarf relevanter Abnehmer wie energieintensiven Unternehmen auseinandersetzen.
Im Energiewirtschaftsgesetz wird die zeitnahe erstmalige Genehmigung eines Wasserstoff-Kernnetzes durch die Bundesnetzagentur geregelt. Hierzu sollen zentrale Wasserstoff-Standorte angebunden und alle Regionen Deutschlands berücksichtigt werden. Das Wasserstoff-Kernnetz wird in den kommenden Monaten von den Betreibern von Ferngasnetzen modelliert. Anschließend findet eine breite Konsultation der Öffentlichkeit, der Länder und verschiedener Marktteilnehmer statt. Die endgültige Ausgestaltung des Netzes genehmigt die Bundesnetzagentur.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, begrüßte den Kabinettsbeschluss zum Start einer Wasserstoffnetzplanung. „Das ist die ganz entscheidende Voraussetzung, dass man sich darauf verlassen kann, wo kommt der Wasserstoff her, wie wird er quer durch Deutschland transportiert und wo kann er verwendet werden“, sagte Müller in Hamburg am Rande des 2. Nationalen Wirtschaftsforums Wasserstoff. Für die angestrebte Klimaneutralität sei mit Ökostrom erzeugter grüner Wasserstoff dringend notwendig.
BDEW mahnt Kontrolle der Bundesnetzagentur an
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte, das Wasserstoff-Kernnetz schnellstmöglich zu konkretisieren. Wichtig sei, dass das Verfahren und die Entscheidungen der Bundesnetzagentur transparent, vorhersehbar und aus rechtsstaatlichen Gründen auch umfassend kontrollierbar sein müssen. „Die Stärkung der Unabhängigkeit auf der einen Seite muss mit einer Stärkung von Überprüfungsmöglichkeiten (checks and balances) auf der anderen Seite einhergehen“, forderte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae.
Mit der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) stellte das Bundeskabinett auch die Weichen für die künftige Regulierung der Strom- und Gasnetze. Bereits 2021 hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde unabhängiger von staatlichen Vorgaben sein müsse. Das soll nun künftig gewährleistet sein. „Aufgabe der Bundesnetzagentur muss es sein, einen regulatorischen Rahmen zu setzen, der es den Netzbetreibern ermöglicht, diese Anforderungen wirtschaftlich umzusetzen“, forderte Andreae.
Um den Industriestandort Deutschland klimaneutral und zukunftsfest zu machen, müsse unbedingt auch das Gasverteilnetz mit seinen derzeit rund 1,8 Millionen industriellen und gewerblichen Letztverbrauchern in die künftige Wasserstoffwirtschaft eingebunden werden, forderte die BDEW-Chefin. Ebenso müssten wasserstofffähige KWK-Anlagen, die neben der Stromerzeugung einen unverzichtbaren Beitrag zur lokalen klimaneutralen Wärmeversorgung leisten werden, in der Planung Beachtung finden, sagte Andreae.
Biomethan ebenfalls regeln
Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie, begrüßte die Klarstellung zur Aufteilung der Kompetenzen zwischen Gesetzgeber und Bundesnetzagentur. Gleichwohl solle der Gesetzgeber das Zepter nicht vollständig aus der Hand geben. „Konkret sollte im Energiewirtschaftsgesetz das Ziel eines Ausbaus der Einspeisung von Biomethan und Wasserstoff ins Gasnetz festgelegt und somit der Bundesnetzagentur politische Leitplanken gegeben werden“, forderte Rostek.
Damit würden die bisherigen Regelungen für Biomethan und Wasserstoff in der Gasnetzzugangs- und der Gasnetzentgeltverordnung fortgeführt. Ein solches Ziel wäre auch ein Baustein zur Umsetzung des REPowerEU-Plans der Europäischen Union, welcher eine deutliche Ausweitung der Biomethan- und Wasserstoffproduktion vorgibt.
Mittwoch, 24.05.2023, 15:36 Uhr
Susanne Harmsen
© 2024 Energie & Management GmbH