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Dutzende Haushalte im Landkreis Regensburg erhalten seit Tagen keine Fernwärme mehr. Der Versorger hat im Streit um Zahlungen abgeschaltet. Für Kartellbehörden und Politik kein Fall.
Seit bald zwei Wochen müssen rund 70 Haushalte in Wenzenbach ohne Fernwärme auskommen. Der Lieferant der Gemeinde im Landkreis Regensburg, die „Energievesorgung Wenzenbach“ (EVW), hat am 22. Februar die Belieferung eingestellt. Vorausgegangen ist ein jahrerlanger Streit zwischen dem Unternehmen und den Anwohnern der Neubausiedlung „Roither Berg“. Ein Streit ums Geld. Ein Streit, der die bayerische Kommune jetzt bundesweit in die Schlagzeilen katapultiert hat. Und der den Ruf nach Marktaufsicht hat laut werden lassen.
Anwohner berichteten Medien gegenüber von nicht nachvollziehbaren Rechnungen der EVW, teils in fünfstelliger Höhe. So aberwitzig manchem die Forderung vorgekommen sein mag – dass der Versorger den Schalter umlegt, konnte man sich nicht vorstellen. Die Abschaltung sei für die meisten Anwohner sehr plötzlich gekommen, erfuhr der Bayerische Rundfunk von einem Betroffenen.
Dem Sender liegt dem Vernehmen nach ein Kundenschreiben vor, in dem EVW ihr Vorgehen mit drohender Zahlungsunfähigkeit begründet. Man sei an „der Erzeugung, dem Bezug oder der Fortleitung des Wärmeträgers durch Umstände“ gehindert, deren Beseitigung dem Unternehmen wirtschaftlich nicht mehr zugemutet werden könne, schreibt darin EWV-Geschäftsführer Jochen Stierstorfer. Im Gespräch mit dem BR beklagte er, dass er Einnahmen von Abnehmern nicht bekomme, die ihm per Vertrag zugesichert seien. Die Gemeinde wie auch Regensburgs Landrätin Tanja Schweiger (Freie Wähler) will er bereits im Dezember über das drohende Lieferende informiert haben. In der Bezirkshaupstadt der Oberpfalz winkt man ab. „Der Landkreis Regensburg hat hier keine Zuständigkeiten oder Aufgaben; daher können wir uns zu dieser Angelegenheit nicht äußern“, teilt man auf Anfrage der Redaktion mit.
Wenzenbachs Bürgermeister hofft darauf, dass Stierstorfer seine Entscheidung überdenkt. „Ich verstehe ja, dass die sich in einer schwierigen Situation befinden, aber ich meine trotzdem, dass man hier verantwortlich und mit ein bisschen Menschlichkeit agieren sollte“, so Sebastian Koch (SPD) im BR. Um das Problem zu lösen, hat sich Koch an das bayerische Wirtschaftsministerium und die Bundesnetznetzagentur gewandt. Doch auch dort ist man offenbar nicht zuständig.
Das Ministerium schreibt über den Sachverhalt: Nach Presseinformationen stellte die Energieversorgung Wenzenbach die Wärmeversorgung des Baugebiets „Roither Berg“ im Februar 2024 ein. Dem waren jahrelange Rechtsstreitigkeiten rund um das technisch wie wirtschaftlich komplexe Wärmenetz vorhergegangen, bei dem nicht mehr tragbare Zahlungsrückstände zahlreicher Nutzer zu einer derart prekären finanziellen Situation des Betreibers führten, die nach dessen Angaben eine weitere rechtssichere Wärmelieferung unmöglich machte.
Ansammlung von Zivilprozessen
„Die Vertragsbeziehungen im Fernwärmebereich sind privatrechtlicher Natur und richten sich in der Regel nach der AVBFernwärmeV beziehungsewise einzelvertraglichen Regelungen“, teilt das Ministerium gegenüber E&M mit. „Unterstützung ist dem Wirtschaftsministerium weder möglich, da es keine energierechtliche Aufsicht im Wärmebereich gibt, noch ist dies aufgrund der hier gegebenen Konstellationen sinnvoll.“
Auch die Landeskartellbehörde könne gegen die beschriebene Einstellung der Fernwärmelieferung nichts unternehmen, so eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Das ehemalige Modellprojekt sei eine Ansammlung von Zivilprozessen geworden. Insgesamt soll um Zahlungsrückstände der Kunden von 1,6 Millionen Euro gehen. Vielfach soll es auch zu unbefugten Wärmeentnahmen und anderen Vertragsverletzungen gekommen sein. „Diese Tatbestände sind allesamt auf dem Zivilrechtsweg zu klären. Neben der laufenden gerichtlichen Aufarbeitung ist kein Raum für ein Aufgreifen durch die Landeskartellbehörde“, so das Ministerium.
Auch aus Bonn kann Wenzenbach keine Hilfe erwarten: „Die Bundesnetzagentur ist für Fragen der Wärmeversorgung nicht zuständig“, teilt die Behörde mit.
Montag, 4.03.2024, 17:19 Uhr
Manfred Fischer
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