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Energie & Management > Stromnetz - Anreize wichtiger als Steuern
Quelle: Shutterstock
Stromnetz

Anreize wichtiger als Steuern

In der Diskussion um das Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur zur Steuerung von Verbrauchern werden Forderungen nach der Berücksichtigung von Flexibilitätspotenzialen laut.
Die Bundesnetzagentur hat mit einem Eckpunktepapier den Rahmen für die Ausgestaltung des § 14a im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) abgesteckt. Die Behörde hat die Festlegungskompetenz zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen. In der Konsultationsphase zum Eckpunktepapier haben sich verschiedene Verbände aus der Energiewirtschaft zu Wort gemeldet, darunter auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE).

"Die Steuerung von Verbrauchern und Netzanschlüssen wird einen großen Effizienzgewinn in der Energiewende bringen", ist sich Simone Peter sicher. Aber nur wenn die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen seien, füge sich dieses Puzzleteil sinnvoll in die Energiewende ein, so die Präsidentin des BEE.
 
BEE verweist auf das eigene Auktionsmodell
 
In einer Mitteilung kritisiert der Verband "große Schwachstellen" des Papiers. Daher bedürfe es weitreichender Änderungen. "Wir brauchen ein System, das Flexibilitäten anreizt und gleichzeitig die Netzstabilität sichert", sagt Simone Peter und verweist auf ein Auktionsmodell, das der Verband bereits 2021 als Lösungsansatz zur Integration flexibler Verbraucher vorstellte.

Grundlage dafür ist das Prinzip, das sich das grenzüberschreitende Engpassmanagement zunutze macht. Demzufolge sollen steuerbare Verbraucher an kritischen Netzsträngen ein für das Verteilnetz geltendes reduziertes, spezifisches Netzentgelt erhalten. Im Gegenzug müssen sie an einer täglichen stundenbasierten Auktion der freien Leistungskapazität innerhalb ihres Netzstranges teilnehmen. Nur wenn sie einen Zuschlag erhalten, dürfen sie dann in einem bestimmten Zeitfenster Strom aus dem Netz ziehen.

An diesem Modell sollte sich die Bundesnetzagentur nach Überzeugung von Peter orientieren, denn es verbinde Netz- und Marktebene und lasse nur solche Transaktionen zu, die auch physikalisch realisierbar seien. Auf diese Weise ließen sich unnötige Eingriffe der Netzbetreiber verhindern. "Zusätzlich wird ein Anreiz für netzorientierte Verbraucherflexibilität geschaffen, indem der Preis bei einem Auktionsverfahren bestimmt wird", so Peter.

Auch beim Smart-Grid-Dienstleister Grid X, dessen Lastmanagement-System bei allen Eon-Ladestationen zum Einsatz kommt, hält man es für viel wichtiger, die Flexibilitätspotenziale von Anlagen zu heben, statt direkt steuernd einzugreifen. Willi Appler, der bei der Eon-Tochtergesellschaft für die Bereiche Business Development und Regulatory Affairs verantwortlich ist, begrüßt die Regelung, dass Kunden künftig einen Anspruch auf sofortigen Netzanschluss einer steuerbaren Verbrauchsanlage geltend machen können. Es sei auch folgerichtig, dass die Netzbetreiber im Gegenzug die Anlagen im Notfall steuern dürfen. Dass eine tatsächliche Steuerung dann auch umgehend stattfindet, hält Appler aber für eher unwahrscheinlich. Die dafür nötigen technischen Grundlagen seien derzeit noch nicht einmal konzeptionell durchdacht.

Forderung nach Eckpunkte zu §14c EnWG
 
"Jetzt ist es an der Regulierungsbehörde, den viel wichtigeren Schritt zu gehen und auch Eckpunkte zum Paragraph 14c des EnWG vorzulegen, damit die Flexibilität dieser Anlagen wirklich durch Netzbetreiber genutzt werden kann", mahnt Appler.

Noch kritischer geht Dirk Kaisers mit dem Eckpunktepapier ins Gericht. "Der vorliegende Gesetzesentwurf stellt aus unserer Sicht eine eindeutige Verzögerung der Energiewende dar, die eigentlich keinen Aufschub mehr duldet. Über die vorgeschlagenen Regelungen freut sich nur eine Gruppe – die Verteilernetzbetreiber", sagt der Segment Leader Distributed Energy beim Technologie-Konzern Eaton. "Sie kaufen sich Zeit bis 2029, denn alle notwendigen Eingriffe können von ihnen selbst gesteuert werden", so Kaisers. Nach den Vorstellungen der Bundesnetzagentur darf ab 2029 nur noch dynamisch und nicht mehr statisch gesteuert werden. Das heißt, es darf nur aufgrund einer in Echtzeit messtechnisch konkret festgestellten Auslastung gesteuert werden und nicht mehr auf Basis rechnerisch ermittelter Ergebnisse beispielsweise mithilfe von Zeitschaltuhren.

Kaisers kritisiert darüber hinaus, dem Entwurf mangele es an konkreten Zielvorgaben und Quoten. "Diese Arten von pauschalisierten Aussagen führen leider wieder einmal dazu, dass wichtige Vorhaben nicht wirklich vorangetrieben werden und im Gegenteil die Kosten negativer Entwicklungen auf die Verbraucher abgewälzt werden", so der Eaton-Manager.

Dienstag, 31.01.2023, 12:06 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > Stromnetz - Anreize wichtiger als Steuern
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Stromnetz
Anreize wichtiger als Steuern
In der Diskussion um das Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur zur Steuerung von Verbrauchern werden Forderungen nach der Berücksichtigung von Flexibilitätspotenzialen laut.
Die Bundesnetzagentur hat mit einem Eckpunktepapier den Rahmen für die Ausgestaltung des § 14a im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) abgesteckt. Die Behörde hat die Festlegungskompetenz zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen. In der Konsultationsphase zum Eckpunktepapier haben sich verschiedene Verbände aus der Energiewirtschaft zu Wort gemeldet, darunter auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE).

"Die Steuerung von Verbrauchern und Netzanschlüssen wird einen großen Effizienzgewinn in der Energiewende bringen", ist sich Simone Peter sicher. Aber nur wenn die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen seien, füge sich dieses Puzzleteil sinnvoll in die Energiewende ein, so die Präsidentin des BEE.
 
BEE verweist auf das eigene Auktionsmodell
 
In einer Mitteilung kritisiert der Verband "große Schwachstellen" des Papiers. Daher bedürfe es weitreichender Änderungen. "Wir brauchen ein System, das Flexibilitäten anreizt und gleichzeitig die Netzstabilität sichert", sagt Simone Peter und verweist auf ein Auktionsmodell, das der Verband bereits 2021 als Lösungsansatz zur Integration flexibler Verbraucher vorstellte.

Grundlage dafür ist das Prinzip, das sich das grenzüberschreitende Engpassmanagement zunutze macht. Demzufolge sollen steuerbare Verbraucher an kritischen Netzsträngen ein für das Verteilnetz geltendes reduziertes, spezifisches Netzentgelt erhalten. Im Gegenzug müssen sie an einer täglichen stundenbasierten Auktion der freien Leistungskapazität innerhalb ihres Netzstranges teilnehmen. Nur wenn sie einen Zuschlag erhalten, dürfen sie dann in einem bestimmten Zeitfenster Strom aus dem Netz ziehen.

An diesem Modell sollte sich die Bundesnetzagentur nach Überzeugung von Peter orientieren, denn es verbinde Netz- und Marktebene und lasse nur solche Transaktionen zu, die auch physikalisch realisierbar seien. Auf diese Weise ließen sich unnötige Eingriffe der Netzbetreiber verhindern. "Zusätzlich wird ein Anreiz für netzorientierte Verbraucherflexibilität geschaffen, indem der Preis bei einem Auktionsverfahren bestimmt wird", so Peter.

Auch beim Smart-Grid-Dienstleister Grid X, dessen Lastmanagement-System bei allen Eon-Ladestationen zum Einsatz kommt, hält man es für viel wichtiger, die Flexibilitätspotenziale von Anlagen zu heben, statt direkt steuernd einzugreifen. Willi Appler, der bei der Eon-Tochtergesellschaft für die Bereiche Business Development und Regulatory Affairs verantwortlich ist, begrüßt die Regelung, dass Kunden künftig einen Anspruch auf sofortigen Netzanschluss einer steuerbaren Verbrauchsanlage geltend machen können. Es sei auch folgerichtig, dass die Netzbetreiber im Gegenzug die Anlagen im Notfall steuern dürfen. Dass eine tatsächliche Steuerung dann auch umgehend stattfindet, hält Appler aber für eher unwahrscheinlich. Die dafür nötigen technischen Grundlagen seien derzeit noch nicht einmal konzeptionell durchdacht.

Forderung nach Eckpunkte zu §14c EnWG
 
"Jetzt ist es an der Regulierungsbehörde, den viel wichtigeren Schritt zu gehen und auch Eckpunkte zum Paragraph 14c des EnWG vorzulegen, damit die Flexibilität dieser Anlagen wirklich durch Netzbetreiber genutzt werden kann", mahnt Appler.

Noch kritischer geht Dirk Kaisers mit dem Eckpunktepapier ins Gericht. "Der vorliegende Gesetzesentwurf stellt aus unserer Sicht eine eindeutige Verzögerung der Energiewende dar, die eigentlich keinen Aufschub mehr duldet. Über die vorgeschlagenen Regelungen freut sich nur eine Gruppe – die Verteilernetzbetreiber", sagt der Segment Leader Distributed Energy beim Technologie-Konzern Eaton. "Sie kaufen sich Zeit bis 2029, denn alle notwendigen Eingriffe können von ihnen selbst gesteuert werden", so Kaisers. Nach den Vorstellungen der Bundesnetzagentur darf ab 2029 nur noch dynamisch und nicht mehr statisch gesteuert werden. Das heißt, es darf nur aufgrund einer in Echtzeit messtechnisch konkret festgestellten Auslastung gesteuert werden und nicht mehr auf Basis rechnerisch ermittelter Ergebnisse beispielsweise mithilfe von Zeitschaltuhren.

Kaisers kritisiert darüber hinaus, dem Entwurf mangele es an konkreten Zielvorgaben und Quoten. "Diese Arten von pauschalisierten Aussagen führen leider wieder einmal dazu, dass wichtige Vorhaben nicht wirklich vorangetrieben werden und im Gegenteil die Kosten negativer Entwicklungen auf die Verbraucher abgewälzt werden", so der Eaton-Manager.

Dienstag, 31.01.2023, 12:06 Uhr
Fritz Wilhelm

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