Quelle: Pixabay / Gerd Altmann
Das Europäische Gericht in Luxemburg hat die Regeln für die Kostenteilung auf Interkonnektoren zwischen EU-Staaten kassiert.
Im gemeinsamen Elektrizitätsbinnenmarkt sind die Interkonnektoren zwischen den Gebotszonen ein Engpass. Um die begrenzten Kapazitäten möglichst optimal zu nutzen, müssen die grenzüberschreitenden Leitungen durch Redispatch und Countertrading entlastet werden.
Die dabei entstehenden Kosten werden zwischen den beteiligten Übertragungsnetzbetreibern (TSO, Transmission System Operator) aufgeteilt. Am 30. November 2020 verabschiedete die europäische Regulierungsbehörde Acer deswegen eine Methode zur Kostenteilung (Entscheidung 30/2020) im sogenannten Kerngebiet des Binnenmarktes: Deutschland, Frankreich, Benelux-Staaten, Polen, Tschechien, Slowakei, Österreich, Ungarn, Rumänien, Slowenien und Kroatien.
Eine dagegen eingegangene Beschwerde wurde vom Beschwerde-Ausschuss der Behörde zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde von mehreren nationalen Regulierungsbehörden (NRA), darunter auch der Bundesnetzagentur, und TSO angefochten. Acer habe zu Unrecht ein Toleranzniveau für Ringflüsse festgelegt, die von der beanstandeten Kostenteilungsmethode erfasst würden und von dem betreffenden TSO, dessen Netz diese Ringflüsse aufnehme, im Verhältnis zu dem Anteil zu tragen sei, den der TSO trage, der die Ringflüsse verursacht habe.
Getrennte Analyse für jede Gebotszone
Die Richter in Luxemburg haben der Klage jetzt stattgegeben und die Entscheidung 30/2020 von Acer für nichtig erklärt. Zur Begründung verweisen sie auf die entsprechende Verordnung (EU/2019/943), die eine getrennte Analyse für jede Gebotszone verlange. Das von Acer festgelegte einheitliche Toleranzniveau für alle Interkonnektoren im Kerngebiet werde dem nicht gerecht. Die genannte Entscheidung der Regulierungsbehörde in Ljubljana genüge deshalb den unionsrechtlichen Vorgaben nicht.
Grundsätzlich könne Acer von dieser Vorgabe zwar abweichen, wenn Effizienzerwägungen ein anderes Toleranzniveau erforderlich machten. Das konnten die Regulierer der EU aber nach Ansicht der Richter nicht nachweisen.
In dem Urteil wird außerdem kritisiert, dass der Beschwerdeausschuss seine Entscheidung nicht hinreichend begründet habe. Weder den Klägern noch dem Gericht sei es dadurch möglich gewesen, die Gründe für die Zurückweisung der Beschwerde zu überprüfen: „Die Entscheidung verstößt daher gegen wesentliche Formvorschriften“, heißt es in dem Urteil.
Allerdings weist das Gericht die Auffassung der Kläger zurück, dass die Kostenteilungsmethode in den von Acer vorgesehenen Bereichen nicht zur Anwendung kommen dürfe. Die einschlägige Verordnung regele nicht, welche Netzelemente in den Anwendungsbereich fielen, sondern nur, dass alle Kosten, die durch Engpässe entstehen, aufgeteilt werden müssten. Insofern durfte die angefochtene Entscheidung auch andere Teile des Netzes als die eigentlichen Interkonnektoren erfassen.
Gericht verweist auf Grundsatz der Energiesolidarität
„In diesem Zusammenhang stellt das Gericht fest, dass es im Ãœbrigen gegen den Grundsatz der Energiesolidarität verstieße, wenn es zulässig wäre, dass ein TSO von den Kosten befreit wird, die er den anderen TSO für die nicht kritischen Elemente ihrer Netze mit seinen das Toleranzniveau überschreitenden Ringflüssen verursacht, selbst wenn die Entlastungsmaßnahmen für diese Elemente dazu beitragen, den zonenübergreifenden Handel zu gewährleisten“, heißt es.
Acer bekommt auch insofern Recht als die Richter ausdrücklich festhalten, dass Ringflüsse, die das Toleranzniveau überschreiten, und interne Flüsse im Hinblick auf die Kostenteilung unterschiedlich behandelt werden dürfen.
Mittwoch, 25.09.2024, 17:05 Uhr
Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH