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Energie & Management > Wasserstoff - Zuspruch und Kritik für Wasserstoffstrategie 2023
Quelle: iStock / Frank Harms
Wasserstoff

Zuspruch und Kritik für Wasserstoffstrategie 2023

Die Bundesregierung verdoppelt in der novellierten Nationalen Wasserstoffstrategie ihr Ziel für die heimische H2-Produktion auf 10.000 MW. Das Echo der Verbände darauf ist gespalten.
Statt bisher 5.000 MW sollen in Deutschland bis 2030 Erzeugungskapazitäten für Wasserstoff von mindestens 10.000 MW entstehen. Das hat das Kabinett am 26. Juli in Berlin mit der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) von 2020 beschlossen. Der restliche Bedarf soll durch Einfuhren gedeckt werden, dazu soll eine eigene Importstrategie entstehen. Wasserstoff gilt angesichts der fortschreitenden Erderwärmung als Baustein für klimaverträglicheres Wirtschaften, weil er fossile Brennstoffe wie Gas oder Öl ersetzen kann.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, begrüßte die Anwendungsoffenheit und die Rahmenbedingungen für den Infrastrukturaufbau der fortgeschriebenen NWS. Zugleich fehle für eine konsistente Strategie die Formulierung eines klaren Zielbildes, kritisierte Andreae. Dieses sollte aus Sicht des BDEW ein funktionierender und sich selbst tragender Wettbewerbsmarkt sein. Auf dieses Ziel sollten die Förderinstrumente, aber auch die allgemeinen Rahmenbedingungen und das Marktdesign ausgerichtet werden.

Insbesondere müsse die Bundesregierung ihr Ziel von 10.000 MW heimischer Elektrolysekapazität bis 2030 mit mehr konkreten Maßnahmen und Förderprogrammen unterfüttern – sowohl auf Erzeugungs- als auch auf Nachfrageseite, fügte Andreae hinzu. Dafür sei zeitnah die schon lange angekündigte Importstrategie für Wasserstoff nötig. Erfreulich seien die Ansätze zum Aufbau eines Wasserstoffkernnetzes, dem aber Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Verteilernetze folgen müssten, forderte die BDEW-Vertreterin.

Wirtschaft will Investitionssicherheit

Der Gasunternehmensverbund VNG forderte zusätzlich eine ambitionierte Wasserstoffspeicher- und -importstrategie, um die zukünftige Wasserstoffwirtschaft ganzheitlich zu denken und die Dekarbonisierungsziele bis 2045 zu erreichen. Hans-Joachim Polk, Technikvorstand der VNG, sagte: „Als Investor und Umsetzer der Transformation mit Fokus auf Ostdeutschland brauchen wir die Sicherheit, dass sich unsere Investitionen in den Wasserstoffhochlauf wirtschaftlich abbilden lassen.“

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) begrüßte die Billigung der NWS im Kabinett, fordert aber Klarheit zu Förderprogrammen, Produktionsleistungen und der Nutzung von blauem Wasserstoff. Dieser wird aus Erdgas gewonnen, unter Abspaltung und Verpressung des CO2-Anteils, um klimaschonend zu sein. „Die Transformation wichtiger Industriezweige hängt von einer hinreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff ab“, sagte VIK-Hauptgeschäftsführer Christian Seyfert. Das Update der NWS sei endlich ein erstes Signal für Investitionsentscheidungen der Unternehmen.

Jetzt müssten die Genehmigung der IPCEI (Important Projects of Common European Interest) und die Freigabe der dazugehörigen Gelder und Förderprogramme zügig erfolgen. Zudem müssten die Ausschreibungen für Elektrolyse auf See und an Land aus Sicht des Verbandes so gestaltet werden, dass die angestrebten 10.000 MW inländischer Elektrolyseleistung bis 2030 auch wirklich erreicht werden. Es müssten zudem gezielt Partnerschaften und Infrastrukturen aufgebaut werden, um Wasserstoff-Importe zu sichern.

Viel mehr regenerativer Strom nötig

Dies unterstrich auch Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Windparkbetreiber Offshore (BWO). „Auf der Grundlage der Strategie ist es jetzt aber wichtig, konkrete Maßnahmen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff durch Offshore-Windkraft festzulegen“, sagte er. Die Offshore-Wind-Branche müsse schnell Klarheit über die Förderkriterien für die Elektrolyse auf See erhalten, damit die erste für die Wasserstoff-Produktion vorgesehene Fläche in der Nordsee 2023 zügig ausgeschrieben werden kann.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dagegen kritisierte die Rolle von blauem Wasserstoff aus fossilen Quellen in der Nationalen Wasserstoffstrategie als verpasste Chance für Klimaschutz. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sagte: „Mit der Neufassung hätte die Bundesregierung deutliche Richtlinien vorgeben müssen, allein auf grünen Wasserstoff als saubere, grüne Technologieoption umzustellen.“ Dieser wird aus regenerativ erzeugtem Strom hergestellt.

Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), begrüßte die fortgeschriebene NSW als Impuls zum Aufbau einer nationalen Wasserstoffwirtschaft. „Positiv ist, dass darin alle Anwendungsbereiche – Industrie, Verkehr, Strom und Wärme – ebenso wie eine breite ‚Farbpalette‘ des Wasserstoffs einbezogen werden“, so Linke. Mit innovativen Verfahren, zum Beispiel der Pyrolyse oder Plasmalyse, lassen sich türkiser Wasserstoff herstellen beziehungsweise Wasserstoff aus Abfällen gewinnen. Würden Biogas oder biogene Rest- und Abfallstoffe eingesetzt, seien sogar negative Emissionen möglich, sagte Linke.

Mittwoch, 26.07.2023, 15:58 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Wasserstoff - Zuspruch und Kritik für Wasserstoffstrategie 2023
Quelle: iStock / Frank Harms
Wasserstoff
Zuspruch und Kritik für Wasserstoffstrategie 2023
Die Bundesregierung verdoppelt in der novellierten Nationalen Wasserstoffstrategie ihr Ziel für die heimische H2-Produktion auf 10.000 MW. Das Echo der Verbände darauf ist gespalten.
Statt bisher 5.000 MW sollen in Deutschland bis 2030 Erzeugungskapazitäten für Wasserstoff von mindestens 10.000 MW entstehen. Das hat das Kabinett am 26. Juli in Berlin mit der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) von 2020 beschlossen. Der restliche Bedarf soll durch Einfuhren gedeckt werden, dazu soll eine eigene Importstrategie entstehen. Wasserstoff gilt angesichts der fortschreitenden Erderwärmung als Baustein für klimaverträglicheres Wirtschaften, weil er fossile Brennstoffe wie Gas oder Öl ersetzen kann.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, begrüßte die Anwendungsoffenheit und die Rahmenbedingungen für den Infrastrukturaufbau der fortgeschriebenen NWS. Zugleich fehle für eine konsistente Strategie die Formulierung eines klaren Zielbildes, kritisierte Andreae. Dieses sollte aus Sicht des BDEW ein funktionierender und sich selbst tragender Wettbewerbsmarkt sein. Auf dieses Ziel sollten die Förderinstrumente, aber auch die allgemeinen Rahmenbedingungen und das Marktdesign ausgerichtet werden.

Insbesondere müsse die Bundesregierung ihr Ziel von 10.000 MW heimischer Elektrolysekapazität bis 2030 mit mehr konkreten Maßnahmen und Förderprogrammen unterfüttern – sowohl auf Erzeugungs- als auch auf Nachfrageseite, fügte Andreae hinzu. Dafür sei zeitnah die schon lange angekündigte Importstrategie für Wasserstoff nötig. Erfreulich seien die Ansätze zum Aufbau eines Wasserstoffkernnetzes, dem aber Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Verteilernetze folgen müssten, forderte die BDEW-Vertreterin.

Wirtschaft will Investitionssicherheit

Der Gasunternehmensverbund VNG forderte zusätzlich eine ambitionierte Wasserstoffspeicher- und -importstrategie, um die zukünftige Wasserstoffwirtschaft ganzheitlich zu denken und die Dekarbonisierungsziele bis 2045 zu erreichen. Hans-Joachim Polk, Technikvorstand der VNG, sagte: „Als Investor und Umsetzer der Transformation mit Fokus auf Ostdeutschland brauchen wir die Sicherheit, dass sich unsere Investitionen in den Wasserstoffhochlauf wirtschaftlich abbilden lassen.“

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) begrüßte die Billigung der NWS im Kabinett, fordert aber Klarheit zu Förderprogrammen, Produktionsleistungen und der Nutzung von blauem Wasserstoff. Dieser wird aus Erdgas gewonnen, unter Abspaltung und Verpressung des CO2-Anteils, um klimaschonend zu sein. „Die Transformation wichtiger Industriezweige hängt von einer hinreichenden Verfügbarkeit von Wasserstoff ab“, sagte VIK-Hauptgeschäftsführer Christian Seyfert. Das Update der NWS sei endlich ein erstes Signal für Investitionsentscheidungen der Unternehmen.

Jetzt müssten die Genehmigung der IPCEI (Important Projects of Common European Interest) und die Freigabe der dazugehörigen Gelder und Förderprogramme zügig erfolgen. Zudem müssten die Ausschreibungen für Elektrolyse auf See und an Land aus Sicht des Verbandes so gestaltet werden, dass die angestrebten 10.000 MW inländischer Elektrolyseleistung bis 2030 auch wirklich erreicht werden. Es müssten zudem gezielt Partnerschaften und Infrastrukturen aufgebaut werden, um Wasserstoff-Importe zu sichern.

Viel mehr regenerativer Strom nötig

Dies unterstrich auch Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Windparkbetreiber Offshore (BWO). „Auf der Grundlage der Strategie ist es jetzt aber wichtig, konkrete Maßnahmen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff durch Offshore-Windkraft festzulegen“, sagte er. Die Offshore-Wind-Branche müsse schnell Klarheit über die Förderkriterien für die Elektrolyse auf See erhalten, damit die erste für die Wasserstoff-Produktion vorgesehene Fläche in der Nordsee 2023 zügig ausgeschrieben werden kann.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dagegen kritisierte die Rolle von blauem Wasserstoff aus fossilen Quellen in der Nationalen Wasserstoffstrategie als verpasste Chance für Klimaschutz. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner sagte: „Mit der Neufassung hätte die Bundesregierung deutliche Richtlinien vorgeben müssen, allein auf grünen Wasserstoff als saubere, grüne Technologieoption umzustellen.“ Dieser wird aus regenerativ erzeugtem Strom hergestellt.

Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW), begrüßte die fortgeschriebene NSW als Impuls zum Aufbau einer nationalen Wasserstoffwirtschaft. „Positiv ist, dass darin alle Anwendungsbereiche – Industrie, Verkehr, Strom und Wärme – ebenso wie eine breite ‚Farbpalette‘ des Wasserstoffs einbezogen werden“, so Linke. Mit innovativen Verfahren, zum Beispiel der Pyrolyse oder Plasmalyse, lassen sich türkiser Wasserstoff herstellen beziehungsweise Wasserstoff aus Abfällen gewinnen. Würden Biogas oder biogene Rest- und Abfallstoffe eingesetzt, seien sogar negative Emissionen möglich, sagte Linke.

Mittwoch, 26.07.2023, 15:58 Uhr
Susanne Harmsen

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