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Energie & Management > Wasserstoff - Strompreis-Schere zu den USA öffnet sich weiter
Quelle: Shutterstock / petrmalinak
Wasserstoff

Strompreis-Schere zu den USA öffnet sich weiter

Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie ist durch das grüne US-Förderprogramm IRA generell wenig bedroht. Bei der energieintensiven Industrie sieht es anders aus.
Ein nun veröffentlichtes Sondergutachten des Sachverständigenrates differenziert nach Branchen, wenn es um die Folgen des amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) für die europäische Wirtschaft geht. Danach erhalten US-Firmen in den nächsten Jahren Beihilfen und Steuergutschriften zwischen 369 und 1100 Milliarden Dollar, wenn sie in grüne Technologie investieren.

Die Europäer zögen aber quantitativ gleich: "Das IRA-Fördervolumen für grüne Technologien entspricht ungefähr dem Umfang des Green Deal Industrial Plan der Europäischen Union (EU)." Weiter heißt es in dem Gutachten der Wirtschaftsweisen: "Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des IRA für Europa schätzt der Sachverständigenrat insgesamt als eher gering ein. Für einzelne Industriezweige könnten die Subventionen des IRA aber die Standortattraktivität der USA erhöhen."

Derzeit 9 Cent Differenz zu den USA

Fast 44 Prozent der Mittel aus dem IRA fließen nach Ansicht der Wirtschaftsweisen in den Ausbau einer nachhaltigen und emissionsarmen Stromerzeugung. Dadurch werde Strom in den USA mittelfristig um 1 Cent/kWh billiger, zusätzlich zu dem bereits bestehenden Preisunterschied von 9 Cent/kWh. Für 2030 erwartet der Sachverständigenrat, dass Elektrizität in den USA 6,6 Cent/kWh billiger sein wird als in Europa. Auf die Beihilfen aus dem IRA würden damit nur 15 Prozent der Preisdifferenz entfallen. Auf den Handel zwischen Europa und Amerika werde sich das höchstens für besonders energieintensive Produkte auswirken, so die Weisen.

Anders bei der direkten Förderung und den Kaufprämien für emissionsarme Produkte: Hier sieht das Gutachten Auswirkungen auf die globalen Lieferketten. Die Europäer seien dort vielfach führend, zum Beispiel bei der Herstellung hocheffizienter Elektrolyseure, "eine Technologie, die in den USA für die durch den IRA geförderte Herstellung grünen Wasserstoffs verstärkt nachgefragt werden wird".

Die Wasserstoff-Industrie stehe am Anfang ihrer Entwicklung. US-Firmen erhalten gemäß dem IRA eine Steuergutschrift von 3 Dollar/Kilo Wasserstoff. Trotz eines noch höher liegenden Kostenvorteils erwarten die Sachverständigen allerdings wegen der hohen Transportkosten für Wasserstoff nicht, dass viel US-Wasserstoff in die EU exportiert wird. Dies könnte jedoch bei Produkten wie grünem Ammoniak oder grünem Stahl der Fall sein.

Es gebe deswegen einen starken Anreiz, in den USA große Kapazitäten für grünen Wasserstoff aufzubauen. Dementsprechend erwartet der Sachverständigenrat, dass bis 2030 in den USA Elektrolyseure mit einer Kapazität von 78.000 MW in Betrieb sind - ohne den IRA wären es nur 10.000 MW gewesen. Das wäre vergleichbar mit der EU, wo für 2030 eine Kapazität von 95.000 MW prognostiziert wird.

Engpässe bei der Herstellung von Elektrolyseuren sehen die Sachverständigen zunächst nicht. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) könnten gegenwärtig weltweit Elektrolyseure mit einer Kapazität von 22.000 MW pro Jahr hergestellt werden, Tendenz: steigend. Fraglich sei allerdings, so der Sachverständigenrat, ob das dafür notwendige Iridium in ausreichender Menge verfügbar sei.

Subventionierte US-Batterien harmlos für EU

Ähnlich schätzen die Wirtschaftsweisen die Lage bei der Herstellung von Elektrofahrzeugen und Batterien ein. Obwohl die Produktionskosten für Batterien made in USA durch die IRA-Beihilfen um etwa ein Drittel sinken, dürften diese nicht in Konkurrenz zu den europäischen Batterien treten, die deutlich weniger Subventionen erhalten.

Grund dafür ist, dass die IRA-Beihilfen nur gewährt werden, wenn Rohstoffe und Vorprodukte aus den USA oder aus Ländern kommen, mit denen die USA ein Freihandelsabkommen geschlossen haben. Dadurch könnte voraussichtlich nur die Hälfte des US-Bedarfs an Batterien durch subventionierte Produkte gedeckt werden.

"Wettlauf kontraproduktiv"

Einen Subventionswettlauf mit den USA hält der Sachverständigenrat also für kontraproduktiv. Ein großer Teil der Steuerungswirkung des IRA werde in der EU bereits durch den Emissionshandel erreicht.

Darüber hinaus könne die EU von den USA lernen, ihre Haushaltsmittel wirksamer einzusetzen. So seien die Beihilfen jenseits des Atlantik, vor allem die an feste Kriterien gebundenen Steuergutschriften, besser planbar für die Unternehmen. Im Gegensatz zu den Fördermitteln der EU, die mit einem beträchtlichen bürokratischen Aufwand beantragt werden müssten. Außerdem seien die Fördertöpfe der EU begrenzt.

Wichtiger als Subventionen sei es jedoch, die Energiepreise in Europa zu reduzieren: „Dazu sollte das Energieangebot durch einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien erhöht werden.“ In Deutschland müssten zudem die Infrastruktur für Strom und Wasserstoff „zeitnah ausgebaut“ werden und wasserstofffähige Gaskraftwerke ans Netz gehen.

Montag, 17.07.2023, 15:44 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Wasserstoff - Strompreis-Schere zu den USA öffnet sich weiter
Quelle: Shutterstock / petrmalinak
Wasserstoff
Strompreis-Schere zu den USA öffnet sich weiter
Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie ist durch das grüne US-Förderprogramm IRA generell wenig bedroht. Bei der energieintensiven Industrie sieht es anders aus.
Ein nun veröffentlichtes Sondergutachten des Sachverständigenrates differenziert nach Branchen, wenn es um die Folgen des amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) für die europäische Wirtschaft geht. Danach erhalten US-Firmen in den nächsten Jahren Beihilfen und Steuergutschriften zwischen 369 und 1100 Milliarden Dollar, wenn sie in grüne Technologie investieren.

Die Europäer zögen aber quantitativ gleich: "Das IRA-Fördervolumen für grüne Technologien entspricht ungefähr dem Umfang des Green Deal Industrial Plan der Europäischen Union (EU)." Weiter heißt es in dem Gutachten der Wirtschaftsweisen: "Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des IRA für Europa schätzt der Sachverständigenrat insgesamt als eher gering ein. Für einzelne Industriezweige könnten die Subventionen des IRA aber die Standortattraktivität der USA erhöhen."

Derzeit 9 Cent Differenz zu den USA

Fast 44 Prozent der Mittel aus dem IRA fließen nach Ansicht der Wirtschaftsweisen in den Ausbau einer nachhaltigen und emissionsarmen Stromerzeugung. Dadurch werde Strom in den USA mittelfristig um 1 Cent/kWh billiger, zusätzlich zu dem bereits bestehenden Preisunterschied von 9 Cent/kWh. Für 2030 erwartet der Sachverständigenrat, dass Elektrizität in den USA 6,6 Cent/kWh billiger sein wird als in Europa. Auf die Beihilfen aus dem IRA würden damit nur 15 Prozent der Preisdifferenz entfallen. Auf den Handel zwischen Europa und Amerika werde sich das höchstens für besonders energieintensive Produkte auswirken, so die Weisen.

Anders bei der direkten Förderung und den Kaufprämien für emissionsarme Produkte: Hier sieht das Gutachten Auswirkungen auf die globalen Lieferketten. Die Europäer seien dort vielfach führend, zum Beispiel bei der Herstellung hocheffizienter Elektrolyseure, "eine Technologie, die in den USA für die durch den IRA geförderte Herstellung grünen Wasserstoffs verstärkt nachgefragt werden wird".

Die Wasserstoff-Industrie stehe am Anfang ihrer Entwicklung. US-Firmen erhalten gemäß dem IRA eine Steuergutschrift von 3 Dollar/Kilo Wasserstoff. Trotz eines noch höher liegenden Kostenvorteils erwarten die Sachverständigen allerdings wegen der hohen Transportkosten für Wasserstoff nicht, dass viel US-Wasserstoff in die EU exportiert wird. Dies könnte jedoch bei Produkten wie grünem Ammoniak oder grünem Stahl der Fall sein.

Es gebe deswegen einen starken Anreiz, in den USA große Kapazitäten für grünen Wasserstoff aufzubauen. Dementsprechend erwartet der Sachverständigenrat, dass bis 2030 in den USA Elektrolyseure mit einer Kapazität von 78.000 MW in Betrieb sind - ohne den IRA wären es nur 10.000 MW gewesen. Das wäre vergleichbar mit der EU, wo für 2030 eine Kapazität von 95.000 MW prognostiziert wird.

Engpässe bei der Herstellung von Elektrolyseuren sehen die Sachverständigen zunächst nicht. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) könnten gegenwärtig weltweit Elektrolyseure mit einer Kapazität von 22.000 MW pro Jahr hergestellt werden, Tendenz: steigend. Fraglich sei allerdings, so der Sachverständigenrat, ob das dafür notwendige Iridium in ausreichender Menge verfügbar sei.

Subventionierte US-Batterien harmlos für EU

Ähnlich schätzen die Wirtschaftsweisen die Lage bei der Herstellung von Elektrofahrzeugen und Batterien ein. Obwohl die Produktionskosten für Batterien made in USA durch die IRA-Beihilfen um etwa ein Drittel sinken, dürften diese nicht in Konkurrenz zu den europäischen Batterien treten, die deutlich weniger Subventionen erhalten.

Grund dafür ist, dass die IRA-Beihilfen nur gewährt werden, wenn Rohstoffe und Vorprodukte aus den USA oder aus Ländern kommen, mit denen die USA ein Freihandelsabkommen geschlossen haben. Dadurch könnte voraussichtlich nur die Hälfte des US-Bedarfs an Batterien durch subventionierte Produkte gedeckt werden.

"Wettlauf kontraproduktiv"

Einen Subventionswettlauf mit den USA hält der Sachverständigenrat also für kontraproduktiv. Ein großer Teil der Steuerungswirkung des IRA werde in der EU bereits durch den Emissionshandel erreicht.

Darüber hinaus könne die EU von den USA lernen, ihre Haushaltsmittel wirksamer einzusetzen. So seien die Beihilfen jenseits des Atlantik, vor allem die an feste Kriterien gebundenen Steuergutschriften, besser planbar für die Unternehmen. Im Gegensatz zu den Fördermitteln der EU, die mit einem beträchtlichen bürokratischen Aufwand beantragt werden müssten. Außerdem seien die Fördertöpfe der EU begrenzt.

Wichtiger als Subventionen sei es jedoch, die Energiepreise in Europa zu reduzieren: „Dazu sollte das Energieangebot durch einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien erhöht werden.“ In Deutschland müssten zudem die Infrastruktur für Strom und Wasserstoff „zeitnah ausgebaut“ werden und wasserstofffähige Gaskraftwerke ans Netz gehen.

Montag, 17.07.2023, 15:44 Uhr
Tom Weingärtner

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