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Bei der ersten internationalen Wasserstoffkonferenz des DIHK forderte die Wirtschaft mehr Tempo, klare Regeln und verlässliche Rahmenbedingungen für den Hochlauf von Wasserstoff.
Wasserstoff gilt als Schlüssel für eine klimaneutrale Energieversorgung. Doch der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft kommt in Deutschland und international nur langsam voran. Das wurde bei der ersten internationalen Wasserstoffkonferenz der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) am 6. November in Berlin deutlich. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten vor Ort über Fortschritte und Hürden beim globalen Wasserstoffhochlauf.
„Der Wasserstoffhochlauf ist kein Selbstläufer“, zeigte sich Achim Dercks überzeugt. Laut dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der DIHK sind klare Rahmenbedingungen, ein zügiger Infrastrukturausbau und internationale Kooperationen nötig, um Deutschland vom Innovationsführer zum Anwendungsland zu machen.
Investitionen und Netzentgelte bremsen Projekte
Laut DIHK beträgt die installierte Elektrolysekapazität in Deutschland derzeit rund 170 MW – weit entfernt vom Ziel der Nationalen Wasserstoffstrategie, die bis 2030 10.000 MW vorsieht. Der Grund: Viele Projekte verzögerten sich oder würden ganz aufgegeben. „Wenn wir unsere Klimaziele erreichen und industrielle Wertschöpfung sichern wollen, müssen Genehmigungen schneller erfolgen, Investitionen erleichtert und internationale Partnerschaften konkretisiert werden“, betonte Dercks auf der Konferenz.
Das geplante Wasserstoff-Kernnetz sei ein wichtiger Schritt, erklärte der Verband. Es soll rund 9.400 Kilometer lang sein und Investitionen von etwa 20 Milliarden Euro erfordern (wir berichteten). Allerdings sei das vorgesehene Netzentgelt viermal so hoch wie beim Gas und könne dadurch die Nutzung bremsen, so der Verband.
Auch von europäischer Ebene drohen laut DIHK zusätzliche Hürden. Zwar strebt die EU bis 2030 einen Verbrauch von 20 Millionen Tonnen Wasserstoff an, doch unklare Definitionen und komplexe Regelwerke erschwerten die Umsetzung in den Mitgliedstaaten.
Ein Beispiel sei der Delegierte Rechtsakt zur Definition von kohlenstoffarmem Wasserstoff, der am 8. November 2025 in Kraft treten soll. Dieser legt fest, dass Wasserstoff nur dann als kohlenstoffarm gilt, wenn seine Herstellung mindestens 70 Prozent weniger Treibhausgase verursacht als fossile Brennstoffe. Dabei werden sämtliche Emissionen über den gesamten Lebenszyklus hinweg berücksichtigt – von der Erzeugung bis zur Nutzung.
EU-Regeln schaffen Unsicherheit für den Markt
„Die restriktive Definition von kohlenstoffarmem Wasserstoff bremst zusätzlich zu den bestehenden strengen Kriterien für grünen Wasserstoff den Hochlauf“, so Dercks. Das schränke die Verfügbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Wasserstoff in der EU erheblich ein. Zudem würden die strengen CO2-Grenzwerte den Import von Wasserstoff aus Drittstaaten erschweren – dabei müsse Deutschland voraussichtlich rund zwei Drittel seines künftigen Bedarfs importieren.
Die EU habe zwar mit der Wasserstoffbank und den IPCEI-Projekten (Important Projects of Common European Interest) wichtige Instrumente geschaffen. „Um einen echten Markt zu schaffen, braucht es aber auch praxistaugliche Regeln und Investitionssicherheit – keine regulatorischen Flickenteppiche“, so Dercks.
International sei der Wettbewerb längst in vollem Gange: Mehr als 30 Länder hätten nationale Wasserstoffstrategien verabschiedet. Während die Volksrepublik China und die USA mit umfangreichen Förderprogrammen voranschritten, verfüge Europa über acht der zehn größten Elektrolyseurhersteller. Jedes zehnte Patent zur Wasserstofftechnologie stamme aus Deutschland. „Deutschland hat die technologische Kompetenz und internationale Partnerschaften“, sagte Dercks. Jetzt brauche es Entschlossenheit, Tempo und Pragmatismus, um den Markthochlauf wirklich anzuschieben.
Die DIHK kündigte an, die Ergebnisse der Konferenz in den kommenden Wochen mit den zuständigen Bundesministerien und europäischen Institutionen zu erörtern. Ziel sei es, regulatorische Hürden abzubauen und Investitionssicherheit zu schaffen.
Donnerstag, 6.11.2025, 15:23 Uhr
Davina Spohn
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