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Energie & Management > Windkraft Offshore - Zwei Lehren aus der Mega-Offshore-Auktion
Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft Offshore

Zwei Lehren aus der Mega-Offshore-Auktion

Noch nie haben Windpark-Projektierer so viel pro MW gezahlt um Meeresflächen zu bekommen wie im Juni in Deutschland. Das könnte Konsequenzen haben.
In der Juni-Auktion hatten BP und Total für das Recht, in der deutschen See zusammengezählt 7.000 MW Offshore-Windparks zu errichten, 12,6 Milliarden Euro gezahlt (wir berichteten). Für beide Öl- und Gaskonzerne, die sich dekarbonisieren wollen, war es der Offshore-Markteintritt in Deutschland. In anderen Teilen der Welt haben sie eine große Pipeline. Dafür zahlten sie pro MW mehr als jeder andere Projektierer bei den bisherigen Vergaben weltweit.

In der Ausschreibung am 1. August kamen nochmal 1.800 MW unter den Hammer. Hier ist über die Ergebnisse noch nichts bekannt. Die letzte verfügbare Ostsee-Fläche war im Juni vergeben worden. Im Unterschied zur Juni-Ausschreibung, in der die Zahlungsbereitschaft in der dynamischen Phase das einzige Zuschlagskriterium war, zählte sie am 1. August 60 Prozent. Zu 40 Prozent der Bewertungsmatrix tragen erstmals qualitative Kriterien bei, wie etwa die Herstellung von Komponenten mit förderfreiem Grünstrom und grünem Wasserstoff.

Bei drei der vier ausgeschriebenen Flächen hatten RWE oder Vattenfall angekündigt, Eintrittsrechte wahrzunehmen. Wenn diese zunächst an andere Bieter gehen, darf ihnen jeweils einer der beiden Konzerne den Zuschlag wegnehmen. Sie müssen nur den Gebotspreis übernehmen.
 
Dominik Hübler
Quelle: Nera Economic Consulting GmbH

Angesichts der maximalen Zahlungsbereitschaft im Juni könnte in den August-Termin doch wieder Spannung kommen. Der von dieser Redaktion dazu befragte Dominik Hübler von Nera Economic Consulting stellt dazu eine rhetorische Frage: "Wenn der neue Marktstandard darin besteht, für 1.000 MW bis zu 2 Milliarden Euro zu bezahlen, können dann die Eintrittsrechte bei der Ausschreibung vom 1. August überhaupt wahrgenommen werden? Immerhin hat Vattenfall laut Medienberichten an der Juni-Ausschreibung überhaupt nicht teilgenommen, und RWE ist demnach ausgestiegen.”

Hübler berät einen ungenannten Bieter. Für ihn gibt es zwei Lehren aus der Juni-Mega-Ausschreibung:
  • Der deutsche Markt ist attraktiv. "In Irland und Litauen wurden jüngst wesentlich niedrigere MW-Gebote erzielt", so Hübler
  • "Das Ausschreibungsdesign mit einer dominanten ungedeckelten Gebotskomponente passt nicht zum Bemühen um einen gedeckelten Industriestrompreis. Die Einnahmen von 12,6 Milliarden Euro sehen vordergründig nach einem großen Erfolg, jedenfalls nach keiner Katastrophe für das Bundeswirtschaftsministerium aus. Ich könnte mir aber eine politische Debatte und politischen Druck vorstellen, 2024 die Zuschlagsmengen zu begrenzen und/oder die Gebotskomponente zu deckeln.”
2024 sollen laut Windenergie-auf-See-Gesetz nochmal zwischen 8.000 und 9.000 MW Offshore-Leistung ausgeschrieben werden. In den vergangenen 13 Jahren waren in der deutschen See knapp 8.400 MW installiert worden. 2030 sollen nach dem Willen der Ampel 40.000 MW am Netz sein.

Offshore-Verbände hatten eine Deckelung der Gebotshöhen und eine Monopolbremse gefordert. Sie argumentieren damit, dass der Ersatz des quantitativen Kriteriums "Gebotskomponente" durch qualitative Kriterien Geld in der Offshore-Windindustrie lasse. Die 12,6 Milliarden Euro gehen zu 90 Prozent in die Dämpfung der Übertragungsentgelte und zu 10 Prozent in den Meeres-Artenschutz sowie die nachhaltige Meeresfischerei.

Aus Sicht Stefan Thimms vom Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) dagegen erhöht die ungedeckelte Gebotskomponente die Strompreise, weil BP und Total ihre Zuschlagskosten weiterreichen müssten. Corinna Klessmann vom Beratungshaus Guidehouse Outwit Complexity hatte Thimm auf derselben BWO-Presseveranstaltung im Juli widersprochen: Zunächst sei nur bekannt, dass BP und Total hohe Kosten hätten und einen langen finanziellen Atem, sagte sie damals.

Die auf die MWh umgelegten Kosten

Dominik Hübler hat nun die Kosten der Ausschreibungssieger auf die Laufzeit ihres Windpark-Zuschlags umgelegt: Er kommt auf gut 20 bis gut 30 Euro/MWh. "Diese Kosten fehlen BP und Total als Verhandlungsmasse für PPA", sagt der Berater mit Blick auf Power Purchase Agreements, die solche Windparks mangels Förderung refinanzieren. "Offshore-PPA-Preise müssen zwischen den Marktkosten in der Spitze und den LCOE als Minimum landen", ergänzt er und meint mit LCOE die Gestehungskosten pro erzeugte Strommenge. "Diese Bandbreite ist massiv zusammengeschoben worden.”

Der Berater hat eine hohe Zahlungsbereitschaft im Juni erwartet: "Es ist nicht völlig überraschend, dass bei einer Ausschreibung großer Flächen ohne Deckelung der Gebotskomponente Ölkonzerne ihre tiefen Taschen auf den Tisch kippen." Warum? "Weil sie die Chance sahen, innerhalb eines einzigen Verfahrens große Flächen zu erwerben. BP und Total sind auf einen Schlag zu den größten Projektierern in der deutschen See aufgestiegen.”

Mittwoch, 9.08.2023, 14:23 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Offshore - Zwei Lehren aus der Mega-Offshore-Auktion
Quelle: E&M / Georg Eble
Windkraft Offshore
Zwei Lehren aus der Mega-Offshore-Auktion
Noch nie haben Windpark-Projektierer so viel pro MW gezahlt um Meeresflächen zu bekommen wie im Juni in Deutschland. Das könnte Konsequenzen haben.
In der Juni-Auktion hatten BP und Total für das Recht, in der deutschen See zusammengezählt 7.000 MW Offshore-Windparks zu errichten, 12,6 Milliarden Euro gezahlt (wir berichteten). Für beide Öl- und Gaskonzerne, die sich dekarbonisieren wollen, war es der Offshore-Markteintritt in Deutschland. In anderen Teilen der Welt haben sie eine große Pipeline. Dafür zahlten sie pro MW mehr als jeder andere Projektierer bei den bisherigen Vergaben weltweit.

In der Ausschreibung am 1. August kamen nochmal 1.800 MW unter den Hammer. Hier ist über die Ergebnisse noch nichts bekannt. Die letzte verfügbare Ostsee-Fläche war im Juni vergeben worden. Im Unterschied zur Juni-Ausschreibung, in der die Zahlungsbereitschaft in der dynamischen Phase das einzige Zuschlagskriterium war, zählte sie am 1. August 60 Prozent. Zu 40 Prozent der Bewertungsmatrix tragen erstmals qualitative Kriterien bei, wie etwa die Herstellung von Komponenten mit förderfreiem Grünstrom und grünem Wasserstoff.

Bei drei der vier ausgeschriebenen Flächen hatten RWE oder Vattenfall angekündigt, Eintrittsrechte wahrzunehmen. Wenn diese zunächst an andere Bieter gehen, darf ihnen jeweils einer der beiden Konzerne den Zuschlag wegnehmen. Sie müssen nur den Gebotspreis übernehmen.
 
Dominik Hübler
Quelle: Nera Economic Consulting GmbH

Angesichts der maximalen Zahlungsbereitschaft im Juni könnte in den August-Termin doch wieder Spannung kommen. Der von dieser Redaktion dazu befragte Dominik Hübler von Nera Economic Consulting stellt dazu eine rhetorische Frage: "Wenn der neue Marktstandard darin besteht, für 1.000 MW bis zu 2 Milliarden Euro zu bezahlen, können dann die Eintrittsrechte bei der Ausschreibung vom 1. August überhaupt wahrgenommen werden? Immerhin hat Vattenfall laut Medienberichten an der Juni-Ausschreibung überhaupt nicht teilgenommen, und RWE ist demnach ausgestiegen.”

Hübler berät einen ungenannten Bieter. Für ihn gibt es zwei Lehren aus der Juni-Mega-Ausschreibung:
  • Der deutsche Markt ist attraktiv. "In Irland und Litauen wurden jüngst wesentlich niedrigere MW-Gebote erzielt", so Hübler
  • "Das Ausschreibungsdesign mit einer dominanten ungedeckelten Gebotskomponente passt nicht zum Bemühen um einen gedeckelten Industriestrompreis. Die Einnahmen von 12,6 Milliarden Euro sehen vordergründig nach einem großen Erfolg, jedenfalls nach keiner Katastrophe für das Bundeswirtschaftsministerium aus. Ich könnte mir aber eine politische Debatte und politischen Druck vorstellen, 2024 die Zuschlagsmengen zu begrenzen und/oder die Gebotskomponente zu deckeln.”
2024 sollen laut Windenergie-auf-See-Gesetz nochmal zwischen 8.000 und 9.000 MW Offshore-Leistung ausgeschrieben werden. In den vergangenen 13 Jahren waren in der deutschen See knapp 8.400 MW installiert worden. 2030 sollen nach dem Willen der Ampel 40.000 MW am Netz sein.

Offshore-Verbände hatten eine Deckelung der Gebotshöhen und eine Monopolbremse gefordert. Sie argumentieren damit, dass der Ersatz des quantitativen Kriteriums "Gebotskomponente" durch qualitative Kriterien Geld in der Offshore-Windindustrie lasse. Die 12,6 Milliarden Euro gehen zu 90 Prozent in die Dämpfung der Übertragungsentgelte und zu 10 Prozent in den Meeres-Artenschutz sowie die nachhaltige Meeresfischerei.

Aus Sicht Stefan Thimms vom Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) dagegen erhöht die ungedeckelte Gebotskomponente die Strompreise, weil BP und Total ihre Zuschlagskosten weiterreichen müssten. Corinna Klessmann vom Beratungshaus Guidehouse Outwit Complexity hatte Thimm auf derselben BWO-Presseveranstaltung im Juli widersprochen: Zunächst sei nur bekannt, dass BP und Total hohe Kosten hätten und einen langen finanziellen Atem, sagte sie damals.

Die auf die MWh umgelegten Kosten

Dominik Hübler hat nun die Kosten der Ausschreibungssieger auf die Laufzeit ihres Windpark-Zuschlags umgelegt: Er kommt auf gut 20 bis gut 30 Euro/MWh. "Diese Kosten fehlen BP und Total als Verhandlungsmasse für PPA", sagt der Berater mit Blick auf Power Purchase Agreements, die solche Windparks mangels Förderung refinanzieren. "Offshore-PPA-Preise müssen zwischen den Marktkosten in der Spitze und den LCOE als Minimum landen", ergänzt er und meint mit LCOE die Gestehungskosten pro erzeugte Strommenge. "Diese Bandbreite ist massiv zusammengeschoben worden.”

Der Berater hat eine hohe Zahlungsbereitschaft im Juni erwartet: "Es ist nicht völlig überraschend, dass bei einer Ausschreibung großer Flächen ohne Deckelung der Gebotskomponente Ölkonzerne ihre tiefen Taschen auf den Tisch kippen." Warum? "Weil sie die Chance sahen, innerhalb eines einzigen Verfahrens große Flächen zu erwerben. BP und Total sind auf einen Schlag zu den größten Projektierern in der deutschen See aufgestiegen.”

Mittwoch, 9.08.2023, 14:23 Uhr
Georg Eble

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