Quelle: Fotolia/Björn Braun
Das Gros des Windkraftausbaus entällt erneut auf den Norden. Der BWE macht Bayern dafür mitverantwortlich. Technik- und Marktrekorde stimmen die Branche optimistisch.
Deutschland südlich der Mainlinie hat im ersten Halbjahr am Ausbau der deutschen Windkraft an Land nur einen Anteil von 18
% gehabt. Damit setze sich das Nord-Süd-Gefälle fort, teilte Anna-Kathrin Wallasch von der Gutachterin Deutsche Windguard am 27.
Juli der Presse mit. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte als Reaktion auf die Zubauzahlen einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren. Der Aktionsplan "Wind an Land" habe gewirkt.
Gemäß der Erhebung im Auftrag des Bundesverbands Windenergie (BWE) und des Anlagenbauerverbands VDMA Power Systems vereinigten die westdeutschen Küstenländer und NRW sowie Brandenburg 72
% des Nettozubaus von 831
MW auf sich. Spitzenreiter beim Brutto- und Nettoausbau war wieder Niedersachsen mit 22
beziehungsweise 23
%, gefolgt von Brandenburg, NRW und Schleswig-Holstein. Baden-Württemberg schob sich mit 9
% als dynamisches Südland auf Platz fünf. "Sehr schwache Ergebnisse" notierte BWE-Präsident Hermann Albers in Bayern mit 2
% sowie in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Thüringen mit jeweils 3
%. Sachsen und das Saarland waren die einzigen Flächenländer mit totaler Flaute. Matthias Zelinger vom VDMA fühlt sich als Hesse von den dortigen Zahlen regelmäßig "peinlich berührt".
"10H ist mit schuld""Der Süden macht uns Sorgen", sagte Hermann Albers. "Die Südländer haben eine negative Strombilanz und müssen jetzt Flächen bereitstellen. Ohne sie droht dort Energieknappheit." Nach seiner Ansicht trägt Bayern mit seiner 10H-Abstandsregel "sicher eine Verantwortung für den geringen Zubau".
|
Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes Windenergie, am 27. Juli 2021 auf der Halbjahres-Pressekonferenz zusammen mit dem VDMA Power Systems. Quelle: BWE |
Die grün-schwarze baden-württembergische Landesregierung wollte noch am 27.
Juli einen Sieben-Punkte-Plan für eine "Vermarktungsoffensive Windkraft" im Staatswald verabschieden. Das berichteten mehrere Medien.
Setzt man die absoluten Ausbauzahlen ins Verhältnis zur Landesfläche, verdrängt Schleswig-Holstein Niedersachsen auf den zweiten Rang. Auf Platz drei und vier lagen NRW und Brandenburg, dann kam wieder das Ländle. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl schob sich Brandenburg vor Schleswig-Holstein auf die Pole Position, dann folgte Sachsen-Anhalt.
Rekordleistung und RekordhöhenDer Trend zu größeren, leistungsstärkeren und effizienteren Anlagen bestätigte sich durch neue Rekorde und die jüngsten Ausschreibungsergebnisse: Erstmals überschritt die durchschnittliche Nennleistung der neuen Onshore-Anlagen im ersten Halbjahr mit 4046
kW die 4
MW, so Anna-Kathrin Wallasch. Ein Drittel leistet jeweils 4,2
MW und mehr. Weitere 60
% liegen im mittleren Segment ab 3,5
MW, es gab aber auch neue 2-MW-Windräder.
Die durchschnittliche Höhe kletterte auf 207
Meter. Den höchsten Wert erzielte Thüringen mit 232
Metern, den geringsten Schleswig-Holstein mit 175
Metern. "Die 200-Meter-Schwelle ist geknackt", fasste Wallasch zusammen. Die Nabenhöhe lag im Mittel bei 140
Metern, die Rotoren maßen im Schnitt 135
Meter. Die spezifische Leistung pro Fläche sank entsprechend auf 285
Watt pro Quadratmeter.
Genehmigt, aber noch nicht realisiert sind Wallasch zufolge 330 Windräder mit zusammen 1535
MW. Ein Drittel leiste bereits 5
MW. "Der Trend geht zu 250
Metern Gesamthöhe und 170
Metern Rotordurchmesser", ergänzte die Windguard-Expertin.
Kaum RückbauDer befürchtete massenhafte Rückbau alter Windräder, die aus der EEG-Förderung gefallen sind, ist "noch nicht umfassend" eingetreten, so Albers. 3.300
MW ausgeförderte Onshore-Leistung waren weiter am Netz. Abgebaut wurden nur 140
MW. Von diesen war auch nur etwa die Hälfte "ausgefördert", so Anna-Kathrin Wallasch. Das Repowering stieg gegenüber Januar bis Juni 2020 um 14
% auf 134
MW, verteilt auf 35
Anlagen. Es glich damit den Abgang in etwa aus. Albers forderte von den Ländern eine Repowering-Strategie, wie sie Rheinland-Pfalz und andere angekündigt hatten. Die Instrumente hierzu fehlten noch gänzlich.
Marktwert von Allzeit-Tief auf Allzeit-HochDer Zusammenbruch des Windkraftausbaus im Frühjahr 2020 hatte "zum wesentlichen Teil", so Albers, seine Ursache in dem Lockdown-bedingten Niedergang der Börsenstrompreise, aus denen sich der anzulegende Marktwert von Windenergieanlagen bildet: Er sank im April 2020 auf einen bisherigen Tiefstwert von 1
Ct/kWh und erholte sich zusehends bis diesen Juni mit der allgemeinen Konjunktur und dem CO2-Preis auf einen neuen Rekordwert von 6,3
Ct/kWh. Die Zuschläge in der jüngsten Windenergieausschreibung erreichten im Mittel 5,94 Ct/kWh. "Die Branche kann wieder im Börsenstrommarkt agieren", so der BWE-Präsident selbstbewusst.
Die deutschen Windräder an Land erzeugten im ersten Halbjahr 51
Mrd. kWh Strom, ein Fünftel weniger als von Januar bis Juni 2020. Dies habe an einem windschwachen ersten Quartal gelegen, berichtete Hermann Albers.
Dienstag, 27.07.2021, 15:45 Uhr
© 2025 Energie & Management GmbH