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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Weitere Kompromisse sind nicht möglich
Quelle: Fotolia / Tom-Hanisch
E&M Vor 20 Jahren

Weitere Kompromisse sind nicht möglich

Zum Jahresende 2023 beendet Jürgen Trittin seine politische Laufbahn. Vor 20 Jahren hatte er mit seinem Kabinettskollegen Wolfgang Clement über und um die Novelle des EEG gestritten.
Es krachte häufig zwischen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) in den Tagen der rot-grünen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Die Kabinettskollegen schenkten sich nichts. Meist liefen die Entscheidungen auf Kompromisse hinaus, die von den jeweils einem der beiden Häuser nahestehenden Verbänden laut bejubelt oder heftig kritisiert wurden. So auch Ende 2003, als die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EEG) anstand und vom Kabinett verabschiedet wurde.
 
In einer ersten Reaktion zeigten sich Vertreter der Ökostrom-Branche enttäuscht über die starken Einschnitte für die erneuerbaren Energien. Die geplante Vergütung für Strom aus Windkraftanlagen im Binnenland, die faktisch beendete Förderung der kleinen Wasserkraft und die verkürzte Laufzeit der Biomasse-Vergütung müssten im anstehenden Gesetzgebungsverfahren korrigiert werden, forderte Hans-Josef Fell, Fraktionssprecher der Grünen. Widerstand kündigte auch Peter Ahmels, Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), an: „Wir werden die Einschnitte nicht akzeptieren.“ Die Windkraft-Branche setze jetzt auf Initiativen der Regierungsfraktionen, sagte er.

Als „halbherzigen Kompromiss zur Ökostromförderung“ bezeichnete Werner Brinker, Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), den Kompromiss. Erfreulich sei zwar, dass der Entwurf die Effizienzforderungen der Stromwirtschaft bei der EEG-Novelle aufgreife. Jedoch lasse der Vorschlag den Ausbau der Stromnetze und eine Bereitstellung von Regelenergie unberücksichtigt, so Brinker.

E&M-Korrespondentin Cerstin Gammelin berichtete 2003 aus Berlin über den „guten Kompromiss“, wie es Jürgen Trittin damals formulierte.



 
Der Weg für die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durch Bundestag und Bundesrat ist frei. Bundesumweltminister Jürgen Trittin gab auf dem Berliner Aktionstag Erneuerbare Energien vor etwa 10.000 Demonstranten bekannt, dass er sich mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement über Eckpunkte der EEG-Novelle geeinigt habe. „Was wir erzielt haben, ist ein guter Kompromiss zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit“, sagte Trittin.
 
Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung soll demnach bis 2010 auf 12,5 Prozent und bis 2020 auf 20 Prozent ausgebaut werden. Das EEG als Instrument zum Ausbau der Ökostromerzeugung bleibt in der bisherigen Struktur erhalten. Es werden weiterhin feste Beträge für Strom aus erneuerbaren Energien gezahlt.
 
Die Zukunft der erneuerbaren Energien werde vor allem auf dem Meer stattfinden, sagte Trittin. Deshalb werden die Förderbedingungen für Offshore-Anlagen verbessert. Strom aus Anlagen, die bis 2010 in Betrieb gehen, soll zwölf Jahre lang mit 9,1 Ct/kWh vergütet werden. Geplant sind Zuschläge für Anlagen, die in tieferem Wasser stehen.
 
„Wir werden nicht zulassen, dass die Branche ohne Anschlussförderung bleibt“
 
Da die Windstromerzeugung auf See nicht vor 2010 spürbare Erträge bringen werde, müsse auch die Windstromerzeugung an Land weiterhin gefördert werden. „Wir werden nicht zulassen, dass die Branche ohne Anschlussförderung bleibt und künftig dänische Unternehmen die Windräder aufstellen“, sagte Trittin. Allerdings soll der Basissatz der Vergütung um 0,5 Ct/kWh auf 5,5 Ct/kWh gesenkt werden. Die Degressionsschritte wurden um 0,5 Prozentpunkte auf 2 Prozent jährlich erhöht. Für besonders effektive Neuanlagen sind Vergütungssätze von 8,7 Ct/kWh für die Dauer von fünf Jahren vorgesehen.

„Weitere Kompromisse sind für eine sichere Ausbauperspektive nicht möglich“, grenzte Trittin sein Entgegenkommen für die Forderungen aus dem Wirtschaftsministerium ein. Stärker als bisher soll auch die Erneuerung bestehender Anlagen (Repowering) gefördert werden. An windschwachen Standorten soll für Strom aus Anlagen, die weniger als 65 Prozent des Ertrages einer Referenzanlage erbringen, keine Vergütung mehr gezahlt werden.
 
Die Vergütungssätze für Strom aus Biomasse sollen sowohl für kleine Anlagen bis 150 kW Leistung als auch für große deutlich steigen. Die Vergütungen bewegen sich zwischen 12,5 Ct/kWh für Anlagen bis 75 kW und 8,4 Ct/kWh für Anlagen über 5 MW Erzeugungsleistung. Für Anlagen bis 5 MW ist ein Bonus von 2,5 Ct/kWh vorgesehen, wenn nachwachsende Rohstoffe als Brennstoff verwendet werden, und ein weiterer Bonus von 1 Ct/kWh, wenn innovative Technik (Brennstoffzelle) eingesetzt wird. Bei Deponiegas, Klärgas und Grubengas ist ein Bonus auf die Stromgewinnung mit Brennstoffzellen vorgesehen.
 
Solarstrom soll künftig mit 43,4 Ct/kWh grundvergütet werden. Für Solaranlagen an und auf Gebäuden erhöht sich die Vergütung um folgende Beträge: 14 Ct/kWh bis 30 kW Erzeugungsleistung; 11,6 Ct/kWh über 30 kW Erzeugungsleistung und zusätzlich 5 Ct/kWh für Integration in Fassaden. Die neuen Vergütungssätze sollen bereits ab Anfang 2004 gelten, obwohl das neue EEG erst später in Kraft treten wird.
 
Strom aus Wasserkraftanlagen mit Leistungen zwischen 500 kW und 5 MW wird wie bisher vergütet. Kleine Anlagen bis 500 kW, die an vorhandenen Staustufen oder Wehren betrieben werden, werden unter dem Vorbehalt eines guten ökologischen Gewässerzustandes ebenfalls gefördert. Andere Anlagen bis 500 kW erhalten nach den bisherigen Planungen nur dann EEG-Förderung, wenn sie bis Ende 2005 genehmigt worden sind. Künftig sollen auch Anlagen bis 150 MW Leistung gefördert werden, sofern durch Erweiterungsmaßnahmen das Leistungsvermögen um mindestens 15 % gesteigert wird.
 
Stärker als bisher soll Strom aus Geothermie vergütet werden, wobei die Degression ähnlich wie bei Offshore-Anlagen zunächst ausgesetzt wird. Die Vergütungssätze schwanken je nach Größe der Anlage von 15 Ct/kWh (bis 5 MW) und 7,16 Ct/kWh (bis 20 MW).

Mehr Betriebe unter der Härtefallregelung

Die umstrittene Härtefallregelung soll künftig mehr stromintensive Betriebe dauerhaft entlasten. Die dadurch entstehende Mehrbelastung für Privathaushalte wurde auf 10 Prozent der Gesamtumlage des EEG, maximal 10 Ct im Monat je Haushalt, gedeckelt. Die Belastung je Haushalt durch den Ausbau erneuerbarer Energien werde maximal 1,10 Euro im Monat betragen, sagte Trittin. Nach den Worten des Ministers werde dies gesichert, indem man bis zu zehn Prozent der EEG-Gesamtumlage in einen Topf zahle, aus dem empfangsberechtigte stromintensive Betriebe entlastet werden. Bisher werden etwa 2,5 Prozent der EEG-Gelder zur anteiligen Befreiung stromintensiver Betriebe von der EEG-Umlage verwendet. Die Kriterien für empfangsberechtigte Unternehmen wurden ebenfalls überarbeitet. Beispielsweise muss der Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung dieser Unternehmen nur noch 15 Prozent betragen (derzeit 20 Prozent).
 
Das EEG wird nunmehr auf den parlamentarischen Weg gebracht. Frühestens im Mai 2004 kann mit der Unterschrift unter den Gesetzesentwurf gerechnet werden.
 

Freitag, 8.12.2023, 16:19 Uhr
Cerstin Gammelin
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E&M Vor 20 Jahren
Weitere Kompromisse sind nicht möglich
Zum Jahresende 2023 beendet Jürgen Trittin seine politische Laufbahn. Vor 20 Jahren hatte er mit seinem Kabinettskollegen Wolfgang Clement über und um die Novelle des EEG gestritten.
Es krachte häufig zwischen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) in den Tagen der rot-grünen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Die Kabinettskollegen schenkten sich nichts. Meist liefen die Entscheidungen auf Kompromisse hinaus, die von den jeweils einem der beiden Häuser nahestehenden Verbänden laut bejubelt oder heftig kritisiert wurden. So auch Ende 2003, als die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EEG) anstand und vom Kabinett verabschiedet wurde.
 
In einer ersten Reaktion zeigten sich Vertreter der Ökostrom-Branche enttäuscht über die starken Einschnitte für die erneuerbaren Energien. Die geplante Vergütung für Strom aus Windkraftanlagen im Binnenland, die faktisch beendete Förderung der kleinen Wasserkraft und die verkürzte Laufzeit der Biomasse-Vergütung müssten im anstehenden Gesetzgebungsverfahren korrigiert werden, forderte Hans-Josef Fell, Fraktionssprecher der Grünen. Widerstand kündigte auch Peter Ahmels, Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), an: „Wir werden die Einschnitte nicht akzeptieren.“ Die Windkraft-Branche setze jetzt auf Initiativen der Regierungsfraktionen, sagte er.

Als „halbherzigen Kompromiss zur Ökostromförderung“ bezeichnete Werner Brinker, Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW), den Kompromiss. Erfreulich sei zwar, dass der Entwurf die Effizienzforderungen der Stromwirtschaft bei der EEG-Novelle aufgreife. Jedoch lasse der Vorschlag den Ausbau der Stromnetze und eine Bereitstellung von Regelenergie unberücksichtigt, so Brinker.

E&M-Korrespondentin Cerstin Gammelin berichtete 2003 aus Berlin über den „guten Kompromiss“, wie es Jürgen Trittin damals formulierte.



 
Der Weg für die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durch Bundestag und Bundesrat ist frei. Bundesumweltminister Jürgen Trittin gab auf dem Berliner Aktionstag Erneuerbare Energien vor etwa 10.000 Demonstranten bekannt, dass er sich mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement über Eckpunkte der EEG-Novelle geeinigt habe. „Was wir erzielt haben, ist ein guter Kompromiss zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit“, sagte Trittin.
 
Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung soll demnach bis 2010 auf 12,5 Prozent und bis 2020 auf 20 Prozent ausgebaut werden. Das EEG als Instrument zum Ausbau der Ökostromerzeugung bleibt in der bisherigen Struktur erhalten. Es werden weiterhin feste Beträge für Strom aus erneuerbaren Energien gezahlt.
 
Die Zukunft der erneuerbaren Energien werde vor allem auf dem Meer stattfinden, sagte Trittin. Deshalb werden die Förderbedingungen für Offshore-Anlagen verbessert. Strom aus Anlagen, die bis 2010 in Betrieb gehen, soll zwölf Jahre lang mit 9,1 Ct/kWh vergütet werden. Geplant sind Zuschläge für Anlagen, die in tieferem Wasser stehen.
 
„Wir werden nicht zulassen, dass die Branche ohne Anschlussförderung bleibt“
 
Da die Windstromerzeugung auf See nicht vor 2010 spürbare Erträge bringen werde, müsse auch die Windstromerzeugung an Land weiterhin gefördert werden. „Wir werden nicht zulassen, dass die Branche ohne Anschlussförderung bleibt und künftig dänische Unternehmen die Windräder aufstellen“, sagte Trittin. Allerdings soll der Basissatz der Vergütung um 0,5 Ct/kWh auf 5,5 Ct/kWh gesenkt werden. Die Degressionsschritte wurden um 0,5 Prozentpunkte auf 2 Prozent jährlich erhöht. Für besonders effektive Neuanlagen sind Vergütungssätze von 8,7 Ct/kWh für die Dauer von fünf Jahren vorgesehen.

„Weitere Kompromisse sind für eine sichere Ausbauperspektive nicht möglich“, grenzte Trittin sein Entgegenkommen für die Forderungen aus dem Wirtschaftsministerium ein. Stärker als bisher soll auch die Erneuerung bestehender Anlagen (Repowering) gefördert werden. An windschwachen Standorten soll für Strom aus Anlagen, die weniger als 65 Prozent des Ertrages einer Referenzanlage erbringen, keine Vergütung mehr gezahlt werden.
 
Die Vergütungssätze für Strom aus Biomasse sollen sowohl für kleine Anlagen bis 150 kW Leistung als auch für große deutlich steigen. Die Vergütungen bewegen sich zwischen 12,5 Ct/kWh für Anlagen bis 75 kW und 8,4 Ct/kWh für Anlagen über 5 MW Erzeugungsleistung. Für Anlagen bis 5 MW ist ein Bonus von 2,5 Ct/kWh vorgesehen, wenn nachwachsende Rohstoffe als Brennstoff verwendet werden, und ein weiterer Bonus von 1 Ct/kWh, wenn innovative Technik (Brennstoffzelle) eingesetzt wird. Bei Deponiegas, Klärgas und Grubengas ist ein Bonus auf die Stromgewinnung mit Brennstoffzellen vorgesehen.
 
Solarstrom soll künftig mit 43,4 Ct/kWh grundvergütet werden. Für Solaranlagen an und auf Gebäuden erhöht sich die Vergütung um folgende Beträge: 14 Ct/kWh bis 30 kW Erzeugungsleistung; 11,6 Ct/kWh über 30 kW Erzeugungsleistung und zusätzlich 5 Ct/kWh für Integration in Fassaden. Die neuen Vergütungssätze sollen bereits ab Anfang 2004 gelten, obwohl das neue EEG erst später in Kraft treten wird.
 
Strom aus Wasserkraftanlagen mit Leistungen zwischen 500 kW und 5 MW wird wie bisher vergütet. Kleine Anlagen bis 500 kW, die an vorhandenen Staustufen oder Wehren betrieben werden, werden unter dem Vorbehalt eines guten ökologischen Gewässerzustandes ebenfalls gefördert. Andere Anlagen bis 500 kW erhalten nach den bisherigen Planungen nur dann EEG-Förderung, wenn sie bis Ende 2005 genehmigt worden sind. Künftig sollen auch Anlagen bis 150 MW Leistung gefördert werden, sofern durch Erweiterungsmaßnahmen das Leistungsvermögen um mindestens 15 % gesteigert wird.
 
Stärker als bisher soll Strom aus Geothermie vergütet werden, wobei die Degression ähnlich wie bei Offshore-Anlagen zunächst ausgesetzt wird. Die Vergütungssätze schwanken je nach Größe der Anlage von 15 Ct/kWh (bis 5 MW) und 7,16 Ct/kWh (bis 20 MW).

Mehr Betriebe unter der Härtefallregelung

Die umstrittene Härtefallregelung soll künftig mehr stromintensive Betriebe dauerhaft entlasten. Die dadurch entstehende Mehrbelastung für Privathaushalte wurde auf 10 Prozent der Gesamtumlage des EEG, maximal 10 Ct im Monat je Haushalt, gedeckelt. Die Belastung je Haushalt durch den Ausbau erneuerbarer Energien werde maximal 1,10 Euro im Monat betragen, sagte Trittin. Nach den Worten des Ministers werde dies gesichert, indem man bis zu zehn Prozent der EEG-Gesamtumlage in einen Topf zahle, aus dem empfangsberechtigte stromintensive Betriebe entlastet werden. Bisher werden etwa 2,5 Prozent der EEG-Gelder zur anteiligen Befreiung stromintensiver Betriebe von der EEG-Umlage verwendet. Die Kriterien für empfangsberechtigte Unternehmen wurden ebenfalls überarbeitet. Beispielsweise muss der Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung dieser Unternehmen nur noch 15 Prozent betragen (derzeit 20 Prozent).
 
Das EEG wird nunmehr auf den parlamentarischen Weg gebracht. Frühestens im Mai 2004 kann mit der Unterschrift unter den Gesetzesentwurf gerechnet werden.
 

Freitag, 8.12.2023, 16:19 Uhr
Cerstin Gammelin

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