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Energie & Management > Österreich - Warnung vor schlechtem Elektrizitätswirtschaftsgesetz
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Warnung vor schlechtem Elektrizitätswirtschaftsgesetz

Im Sinne des Netzausbaus sollte das Gesetz lieber in der nächsten Legislaturperiode statt mit fragwürdigen Bestimmungen beschlossen werden, empfiehlt das Forum Versorgungssicherheit.
Lieber sollte das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) erst in der nächsten Legislaturperiode beschlossen werden, als bis zur Parlamentswahl im September „nach dem Motto ‚Speed kills‘ etwas rauszuschießen.“ Das sagte der Geschäftsführer der Netz Burgenland, Florian Pilz, am 9. Februar bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit. In dem Forum arbeiten fünf ostösterreichische Verteilnetzbetreiber auf interessenpolitischer Ebene zusammen.

Auf Nachfrage der Redaktion erläuterte Pilz, der Netzausbau funktioniere auch auf der Grundlage des bestehenden Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG). Das ElWOG regelt seit 20 Jahren die Arbeit der E-Wirtschaft und soll nun durch das ElWG abgelöst werden. Im Sinne der Energiewende ertüchtigten und erweiterten die Netzbetreiber ihre Infrastrukturen mit höchstmöglichem Tempo, konstatierte Pilz: „Ein schlechtes ElWG würde den Netzausbau eher behindern.“

Wie berichtet, endet die Begutachtungsfrist für das ElWG am 23. Februar. Laut Pilz enthält der Entwurf eine Reihe positiver Maßnahmen. Unter anderem dürfen die Verteilnetzbetreiber die mit digitalen Stromzählern (Smart Metern) erhobenen Daten künftig auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden für die Netzplanung nutzen.

Doch bei einer Vielzahl von Punkten besteht noch Änderungsbedarf, betonte Pilz. Beispielsweise lässt sich der im Entwurf geforderte „unverzügliche“ Ausbau der Netze im Falle von Engpässen nicht bewerkstelligen: „Wenn die Lieferzeit für einen Transformator drei Jahre beträgt, kann ich das Netz nicht binnen zwei Jahren verstärken.“ Statt „unverzüglich“ sollte das ElWG daher den Ausbau „innerhalb einer angemessenen Frist“ fordern.

Volkswirtschaftlich fragwürdig

Wenig Sinn ergäbe aus Sicht der Verteilnetzbetreiber auch die Einbeziehungen der untersten Netzebenen 5, 6 und 7 in die Netzausbaupläne für die jeweils kommenden zehn Jahre. Das sind laut Pilz „kundengetriebene“ Netzebenen, auf denen ständig Änderungen erfolgen. Als nicht zielführend erachten die Verteilnetzgesellschaften ferner die geplante Verpflichtung, die freien Netzkapazitäten auf der Ebene der Transformatoren monatlich aktualisiert zu veröffentlichen: „Das wäre für uns mit einem hohen Aufwand verbunden und brächte den Kunden nichts. Denn wenn es bei einem Trafo freie Kapazität gibt, heißt das noch nicht, dass diese beispielsweise für den Anschluss einer Ökostromanlage verfügbar ist.“ Auch sei die fragliche Kapazität unter Umständen „nicht in der gesamten Kette bis zum nächsten Umspannwerk“ verfügbar. Pilz zufolge wäre es daher ratsam, die freien Netzkapazitäten auf der Ebene der Umspannwerke zu publizieren, was die Netzbetreiber ohnehin bereits tun.

Volkswirtschaftlich fragwürdig ist aus deren Sicht weiter die im ElWG-Entwurf vorgesehene Möglichkeit, in Industrie- und Gewerbegebieten „geschlossene Verteilnetze“ für die dort ansässigen Unternehmen zu errichten. „Damit würde man parallele Infrastrukturen zu den bestehenden Netzen aufbauen“, erläuterte Pilz. Zu befürchten sei auch eine „Entsolidarisierung“: Unternehmen, die sich weitestgehend über ein „geschlossenes Verteilnetz“ samt daran hängenden Erzeugungsanlagen versorgen, benutzen die öffentlichen Netze erheblich weniger als bisher. Damit sinken in Summe ihre Netzgebühren. Die fehlenden Beträge müssen von den weiterhin am öffentlichen Netz hängenden Kunden aufgebracht werden.

Prinzipiell positiv ist laut Pilz die im ElWG-Entwurf vorgesehene Möglichkeit für die Netzgesellschaften, die Einspeiseleistung von Ökostromanlagen auf 80 bis 94 Prozent des Nominalwerts zu begrenzen, wenn dies für den sicheren Netzbetrieb nötig ist. Pilz sieht dabei allerdings ein Problem: Die Leistungsbegrenzung gilt für maximal 18 Monate. Sinnvoll wäre dem gegenüber, sie auf Dauer festzulegen. Auch sollte die eingespeiste Leistung bei maximal 70 Prozent der Höchstleistung der jeweiligen Anlage liegen.

Ambitionierter Zeitplan

Wie berichtet, bedarf der Beschluss des ElWG im Parlament einer Zweidrittelmehrheit. Die regierende Koalition aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen muss sich daher mit den Sozialdemokraten (SPÖ) einigen. Die rechtsgerichteten Freiheitlichen lehnen die aus ihrer Sicht „bürger- und wirtschaftsfeindliche“ Energiepolitik der Regierung ab. Die liberalen Neos sind mangels Mandatsstärke nicht in der Lage, die Zweidrittelmehrheit zu sichern.

Bei dem Hintergrundgespräch zeigte sich der SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll indessen skeptisch, was einen Beschluss des ElWG noch vor dem Ende der Legislaturperiode im September betrifft. Vor April oder gar Mai sei nicht mit einer Regierungsvorlage zu rechnen. Angesichts der vielen offenen Punkte würden die Verhandlungen wohl erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Und die letzte reguläre Sitzung des Parlamentsplenums sei für Anfang Juli angesetzt. Es handle sich somit um einen „ambitionierten“ Zeitplan, warnte Schroll.

Freitag, 9.02.2024, 13:20 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Warnung vor schlechtem Elektrizitätswirtschaftsgesetz
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Österreich
Warnung vor schlechtem Elektrizitätswirtschaftsgesetz
Im Sinne des Netzausbaus sollte das Gesetz lieber in der nächsten Legislaturperiode statt mit fragwürdigen Bestimmungen beschlossen werden, empfiehlt das Forum Versorgungssicherheit.
Lieber sollte das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) erst in der nächsten Legislaturperiode beschlossen werden, als bis zur Parlamentswahl im September „nach dem Motto ‚Speed kills‘ etwas rauszuschießen.“ Das sagte der Geschäftsführer der Netz Burgenland, Florian Pilz, am 9. Februar bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit. In dem Forum arbeiten fünf ostösterreichische Verteilnetzbetreiber auf interessenpolitischer Ebene zusammen.

Auf Nachfrage der Redaktion erläuterte Pilz, der Netzausbau funktioniere auch auf der Grundlage des bestehenden Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG). Das ElWOG regelt seit 20 Jahren die Arbeit der E-Wirtschaft und soll nun durch das ElWG abgelöst werden. Im Sinne der Energiewende ertüchtigten und erweiterten die Netzbetreiber ihre Infrastrukturen mit höchstmöglichem Tempo, konstatierte Pilz: „Ein schlechtes ElWG würde den Netzausbau eher behindern.“

Wie berichtet, endet die Begutachtungsfrist für das ElWG am 23. Februar. Laut Pilz enthält der Entwurf eine Reihe positiver Maßnahmen. Unter anderem dürfen die Verteilnetzbetreiber die mit digitalen Stromzählern (Smart Metern) erhobenen Daten künftig auch ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden für die Netzplanung nutzen.

Doch bei einer Vielzahl von Punkten besteht noch Änderungsbedarf, betonte Pilz. Beispielsweise lässt sich der im Entwurf geforderte „unverzügliche“ Ausbau der Netze im Falle von Engpässen nicht bewerkstelligen: „Wenn die Lieferzeit für einen Transformator drei Jahre beträgt, kann ich das Netz nicht binnen zwei Jahren verstärken.“ Statt „unverzüglich“ sollte das ElWG daher den Ausbau „innerhalb einer angemessenen Frist“ fordern.

Volkswirtschaftlich fragwürdig

Wenig Sinn ergäbe aus Sicht der Verteilnetzbetreiber auch die Einbeziehungen der untersten Netzebenen 5, 6 und 7 in die Netzausbaupläne für die jeweils kommenden zehn Jahre. Das sind laut Pilz „kundengetriebene“ Netzebenen, auf denen ständig Änderungen erfolgen. Als nicht zielführend erachten die Verteilnetzgesellschaften ferner die geplante Verpflichtung, die freien Netzkapazitäten auf der Ebene der Transformatoren monatlich aktualisiert zu veröffentlichen: „Das wäre für uns mit einem hohen Aufwand verbunden und brächte den Kunden nichts. Denn wenn es bei einem Trafo freie Kapazität gibt, heißt das noch nicht, dass diese beispielsweise für den Anschluss einer Ökostromanlage verfügbar ist.“ Auch sei die fragliche Kapazität unter Umständen „nicht in der gesamten Kette bis zum nächsten Umspannwerk“ verfügbar. Pilz zufolge wäre es daher ratsam, die freien Netzkapazitäten auf der Ebene der Umspannwerke zu publizieren, was die Netzbetreiber ohnehin bereits tun.

Volkswirtschaftlich fragwürdig ist aus deren Sicht weiter die im ElWG-Entwurf vorgesehene Möglichkeit, in Industrie- und Gewerbegebieten „geschlossene Verteilnetze“ für die dort ansässigen Unternehmen zu errichten. „Damit würde man parallele Infrastrukturen zu den bestehenden Netzen aufbauen“, erläuterte Pilz. Zu befürchten sei auch eine „Entsolidarisierung“: Unternehmen, die sich weitestgehend über ein „geschlossenes Verteilnetz“ samt daran hängenden Erzeugungsanlagen versorgen, benutzen die öffentlichen Netze erheblich weniger als bisher. Damit sinken in Summe ihre Netzgebühren. Die fehlenden Beträge müssen von den weiterhin am öffentlichen Netz hängenden Kunden aufgebracht werden.

Prinzipiell positiv ist laut Pilz die im ElWG-Entwurf vorgesehene Möglichkeit für die Netzgesellschaften, die Einspeiseleistung von Ökostromanlagen auf 80 bis 94 Prozent des Nominalwerts zu begrenzen, wenn dies für den sicheren Netzbetrieb nötig ist. Pilz sieht dabei allerdings ein Problem: Die Leistungsbegrenzung gilt für maximal 18 Monate. Sinnvoll wäre dem gegenüber, sie auf Dauer festzulegen. Auch sollte die eingespeiste Leistung bei maximal 70 Prozent der Höchstleistung der jeweiligen Anlage liegen.

Ambitionierter Zeitplan

Wie berichtet, bedarf der Beschluss des ElWG im Parlament einer Zweidrittelmehrheit. Die regierende Koalition aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen muss sich daher mit den Sozialdemokraten (SPÖ) einigen. Die rechtsgerichteten Freiheitlichen lehnen die aus ihrer Sicht „bürger- und wirtschaftsfeindliche“ Energiepolitik der Regierung ab. Die liberalen Neos sind mangels Mandatsstärke nicht in der Lage, die Zweidrittelmehrheit zu sichern.

Bei dem Hintergrundgespräch zeigte sich der SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll indessen skeptisch, was einen Beschluss des ElWG noch vor dem Ende der Legislaturperiode im September betrifft. Vor April oder gar Mai sei nicht mit einer Regierungsvorlage zu rechnen. Angesichts der vielen offenen Punkte würden die Verhandlungen wohl erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Und die letzte reguläre Sitzung des Parlamentsplenums sei für Anfang Juli angesetzt. Es handle sich somit um einen „ambitionierten“ Zeitplan, warnte Schroll.

Freitag, 9.02.2024, 13:20 Uhr
Klaus Fischer

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