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Energie & Management > Politik - Wann kommen die neuen Gaskraftwerke?
Quelle: E&M / Harmsen
Politik

Wann kommen die neuen Gaskraftwerke?

Für die Transformation des Energiesystems müssen neue flexible Gaskraftwerke her, die nur wenige Stunden als Backup für Sonnen- und Windstrom laufen. Wie sie sich finanzieren ist offen.
Endlich liegt die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung auf dem Tisch. Doch bleiben viele Fragen offen, so das Fazit eines Webinars des Branchenverbandes Zukunft Gas am 29. Februar. Etwa 20.000 MW Kraftwerkskapazität an flexiblen Gasturbinen sind bis in die 2030er Jahre erforderlich, damit auch in Zeiten mit wenig Strom aus Sonne und Wind die Versorgung in Deutschland sicher ist. So beziffertes es Matthias Janssen, Associate Director, des Beratungsunternehmens Frontier Economics, gestützt auf Daten der Bundesnetzagentur.

Die noch verfügbaren Kohlekraftwerke seien nicht flexibel genug, um schnell einzuspringen, bekräftigte für die Kraftwerksbetreiber Jörn Higgen, Senior Vice President Governmental Relations Germany von Uniper. Leider gebe die vorliegende Kraftwerksstrategie noch keine Antwort auf die Frage, wo die neuen Kraftwerke errichtet werden sollen und wie die Ausschreibungskonditionen aussehen werden, bedauerte er. Uniper stehe aber bereit, neue Gaskraftwerke, die auf Wasserstoff umgerüstet werden können, zu errichten, wenn die Investition sich rentieren kann.

Haushaltsloch stoppte Kraftwerkstrategie

Noch sei auch nicht klar, ab wann die Umstellung auf Wasserstoff erfolgen soll und ob dann genug davon verfügbar sein wird, gab Higgen zu bedenken. Daher zögerten aktuell noch alle potenziellen Kraftwerksbetreiber mit dem Bau. Für die Regierungskoalition nahmen zwei Bundestagsabgeordnete an der Diskussion teil: Lukas Köhler für die FDP und Markus Hümpfer von der SPD. Sie erläuterten die Schwierigkeiten mit der Kraftwerksstrategie.

Ursprünglich hatte man auf Sprinterkraftwerke setzen wollen, die sofort mit Wasserstoff betrieben werden sollten. Hinzu sollten Hybridkraftwerke kommen, die, gekoppelt an eigene erneuerbare Stromerzeugung, Elektrolyse und Speicher als Energieinseln arbeiten. Dies sei mit der EU-Kommission beihilferechtlich geklärt gewesen, sagte Köhler. Durch den Wegfall der umgewidmeten Corona-Kredite nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war dafür aber kein Geld mehr im Haushalt vorhanden.

Gaskraftwerke mit Umrüstoption

Als billigere und schnelle Variante setze man jetzt auf flexible Gaskraftwerke mit Umrüstoption auf Wasserstoff. Ob dies der EU-Kommission schmackhaft zu machen sei, da ja hier zunächst fossiles Erdgas eingesetzt wird, sei aber noch fraglich. Ohne staatliche Förderung würden die Kraftwerke aber nicht gebaut und damit der Kohleausstieg verzögert, mahnte für Uniper Jörn Higgen.

So komme es darauf an, für welchen Weg der Absicherung von Kapazitäten zur Stromerzeugung sich Deutschland entscheide. Es gebe bereits das regionale in Frankreich und zentrale in Polen und Belgien oder Irland als Beispiel. Hier zahle der Staat für die Bereithaltung von Kraftwerken, die aber zeitgleich noch am Energiemarkt teilnehmen dürfen, erläuterte der Ökonom Janssen. Deutschland, Schweden und Finnland setzten derzeit auf eine strategische Reserve von Kraftwerken, die nicht am Markt teilnehmen und nur für den Strommangel bereitstehen.
 
Eckpunkte für Umsetzung der Kraftwerksstrategie -
Zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken
Quelle: Frontier Economics

Warten auf den Kapazitätsmechanismus

Daher komme es darauf an, wie ein Kapazitätsmechanismus im Klimaneutralen Stromsystem ausgestaltet werde, das derzeit noch auf der Plattform (PKNS) beraten wird. Nur bei der Zulassung extremer Preisspitzen könne sich auch am heutigen Energy-Only-Markt der Bau von Reservekraftwerken lohnen. Nach den Verwerfungen und staatlichen Eingriffen, die am Energiemarkt durch den Wegfall des russischen Pipelinegases 2022 und 23 zu erleben waren, bezweifelt die Branche aber, dass es dazu kommen wird, so der Uniper-Vertreter.

Der FDP-Politiker Köhler zeigte sich zufrieden, dass Biogas, Speicher und innovative Kraftwerke wenigstens als Forschungsprojekte in der Strategie erhalten geblieben seien. Die Schwierigkeiten mit dem einzigen reinen Wasserstoffkraftwerk weltweit in Japan zeigten, dass es durchaus noch Entwicklungsbedarf gebe. Insgesamt bleibt es also beim Abwarten auf die Ausschreibungen für die neuen Kraftwerke und einen eventuellen Kapazitätsmarkt sowie auf das Urteil der EU-Kommission zu den Beihilfen dafür, bevor neue Gaskraftwerke in Deutschland entstehen.

Donnerstag, 29.02.2024, 15:55 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Politik - Wann kommen die neuen Gaskraftwerke?
Quelle: E&M / Harmsen
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Wann kommen die neuen Gaskraftwerke?
Für die Transformation des Energiesystems müssen neue flexible Gaskraftwerke her, die nur wenige Stunden als Backup für Sonnen- und Windstrom laufen. Wie sie sich finanzieren ist offen.
Endlich liegt die Kraftwerksstrategie der Bundesregierung auf dem Tisch. Doch bleiben viele Fragen offen, so das Fazit eines Webinars des Branchenverbandes Zukunft Gas am 29. Februar. Etwa 20.000 MW Kraftwerkskapazität an flexiblen Gasturbinen sind bis in die 2030er Jahre erforderlich, damit auch in Zeiten mit wenig Strom aus Sonne und Wind die Versorgung in Deutschland sicher ist. So beziffertes es Matthias Janssen, Associate Director, des Beratungsunternehmens Frontier Economics, gestützt auf Daten der Bundesnetzagentur.

Die noch verfügbaren Kohlekraftwerke seien nicht flexibel genug, um schnell einzuspringen, bekräftigte für die Kraftwerksbetreiber Jörn Higgen, Senior Vice President Governmental Relations Germany von Uniper. Leider gebe die vorliegende Kraftwerksstrategie noch keine Antwort auf die Frage, wo die neuen Kraftwerke errichtet werden sollen und wie die Ausschreibungskonditionen aussehen werden, bedauerte er. Uniper stehe aber bereit, neue Gaskraftwerke, die auf Wasserstoff umgerüstet werden können, zu errichten, wenn die Investition sich rentieren kann.

Haushaltsloch stoppte Kraftwerkstrategie

Noch sei auch nicht klar, ab wann die Umstellung auf Wasserstoff erfolgen soll und ob dann genug davon verfügbar sein wird, gab Higgen zu bedenken. Daher zögerten aktuell noch alle potenziellen Kraftwerksbetreiber mit dem Bau. Für die Regierungskoalition nahmen zwei Bundestagsabgeordnete an der Diskussion teil: Lukas Köhler für die FDP und Markus Hümpfer von der SPD. Sie erläuterten die Schwierigkeiten mit der Kraftwerksstrategie.

Ursprünglich hatte man auf Sprinterkraftwerke setzen wollen, die sofort mit Wasserstoff betrieben werden sollten. Hinzu sollten Hybridkraftwerke kommen, die, gekoppelt an eigene erneuerbare Stromerzeugung, Elektrolyse und Speicher als Energieinseln arbeiten. Dies sei mit der EU-Kommission beihilferechtlich geklärt gewesen, sagte Köhler. Durch den Wegfall der umgewidmeten Corona-Kredite nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts war dafür aber kein Geld mehr im Haushalt vorhanden.

Gaskraftwerke mit Umrüstoption

Als billigere und schnelle Variante setze man jetzt auf flexible Gaskraftwerke mit Umrüstoption auf Wasserstoff. Ob dies der EU-Kommission schmackhaft zu machen sei, da ja hier zunächst fossiles Erdgas eingesetzt wird, sei aber noch fraglich. Ohne staatliche Förderung würden die Kraftwerke aber nicht gebaut und damit der Kohleausstieg verzögert, mahnte für Uniper Jörn Higgen.

So komme es darauf an, für welchen Weg der Absicherung von Kapazitäten zur Stromerzeugung sich Deutschland entscheide. Es gebe bereits das regionale in Frankreich und zentrale in Polen und Belgien oder Irland als Beispiel. Hier zahle der Staat für die Bereithaltung von Kraftwerken, die aber zeitgleich noch am Energiemarkt teilnehmen dürfen, erläuterte der Ökonom Janssen. Deutschland, Schweden und Finnland setzten derzeit auf eine strategische Reserve von Kraftwerken, die nicht am Markt teilnehmen und nur für den Strommangel bereitstehen.
 
Eckpunkte für Umsetzung der Kraftwerksstrategie -
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Quelle: Frontier Economics

Warten auf den Kapazitätsmechanismus

Daher komme es darauf an, wie ein Kapazitätsmechanismus im Klimaneutralen Stromsystem ausgestaltet werde, das derzeit noch auf der Plattform (PKNS) beraten wird. Nur bei der Zulassung extremer Preisspitzen könne sich auch am heutigen Energy-Only-Markt der Bau von Reservekraftwerken lohnen. Nach den Verwerfungen und staatlichen Eingriffen, die am Energiemarkt durch den Wegfall des russischen Pipelinegases 2022 und 23 zu erleben waren, bezweifelt die Branche aber, dass es dazu kommen wird, so der Uniper-Vertreter.

Der FDP-Politiker Köhler zeigte sich zufrieden, dass Biogas, Speicher und innovative Kraftwerke wenigstens als Forschungsprojekte in der Strategie erhalten geblieben seien. Die Schwierigkeiten mit dem einzigen reinen Wasserstoffkraftwerk weltweit in Japan zeigten, dass es durchaus noch Entwicklungsbedarf gebe. Insgesamt bleibt es also beim Abwarten auf die Ausschreibungen für die neuen Kraftwerke und einen eventuellen Kapazitätsmarkt sowie auf das Urteil der EU-Kommission zu den Beihilfen dafür, bevor neue Gaskraftwerke in Deutschland entstehen.

Donnerstag, 29.02.2024, 15:55 Uhr
Susanne Harmsen

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