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Energie & Management > IT - Wärmepumpen nehmen Rücksicht auf das Verteilnetz
Quelle: iStock / zhudifen
IT

Wärmepumpen nehmen Rücksicht auf das Verteilnetz

Mit Wärmepumpen lässt sich die Gebäudeheizung klimafreundlich elektrisieren. Neue Algorithmen sorgen dafür, dass dabei die Netze nicht in die Knie gehen.
Wärmepumpen sind eine Schlüsseltechnologie für einen klimaneutralen Gebäudebestand. Eine steigende Anzahl dieser zukunftsfähigen Heizsysteme könnte jedoch die Stromverteilnetze über Gebühr belasten. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat nun Algorithmen entwickelt, die auftretende Lastspitzen reduzieren. 

Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil der Wärmepumpen im deutschen Heizungsmix in den nächsten Jahren stark steigen wird. Für die Niederspannungsverteilnetze in Wohngebieten könnte dies ohne Nachjustierung zu einer Belastung werden. Denn: Wird es draußen kalt, liefern alle Wärmepumpen gleichzeitig – vor allem morgens und nachts – eine hohe Heizleistung. Entsprechend stark steigt der Strombedarf im Verteilnetz. In den Netzen und an den Transformatoren, die die Spannung im vorgelagerten Mittelspannungsnetz auf die Spannung im Verteilnetz umwandeln, treten dann höhere Lastspitzen auf. Das könnte sie überlasten.

Die Forschenden haben daher Algorithmen entwickelt, um die Gleichzeitigkeit der Wärmepumpenlasten in einem Netzgebiet zu verringern. „Die Herausforderung ist, am frühen Morgen und am Abend für alle ein warmes Haus bereitzustellen, ohne dass alle Wärmepumpen gleichzeitig anspringen – und das auch an Tagen mit minus zehn Grad Celsius Außentemperatur“, erklärt Jann Binder vom ZSW. „Dafür haben wir einen vorausschauenden Betrieb der Wärmepumpe entwickelt, der eine Prognose des Wärmebedarfs nutzt.“ 

Bei einer absehbaren Netzbelastung schaltet sich die Wärmepumpe früher ein und läuft länger, dafür aber mit geringerer Leistung. Das Verfahren nutzt die Wärmekapazität des Hauses als Speichermedium und entlastet so das Netz. Die Forscherinnen und Forscher setzen dies wohldosiert ein, um den Wärmeverlust nicht wesentlich zu erhöhen und die entstehende Temperaturabweichung vom Sollwert in Grenzen zu halten.

Zur Auswahl standen zwei Ansätze: ein zentraler Ansatz, bei dem die Wärmepumpen der Haushalte von einer Zentrale über virtuelle Energiepreise einen Anreiz zu einem verteilten Betrieb erhalten, und ein dezentraler Ansatz, bei dem die Wärmepumpen lediglich auf die lokal erfassten Temperaturschwankungen und Verringerungen der Netzspannung reagieren, ohne Verbindung zu einer Zentrale.

Der zentrale Ansatz erreicht die geforderte Netzentlastung von zehn Prozent mit drei Prozent weniger Mehraufwand an Heizenergie als der dezentrale Ansatz, da er den Bedarf zum „Vorheizen“ und die Gleichzeitigkeit des Wärmepumpenbetriebs passgenauer vermeiden kann. Er erfordert jedoch eine hohe Zahl von Berechnungen zur Festlegung der individuellen Fahrpläne und dadurch mehr Kommunikationsaufwand zwischen allen Wärmepumpen und der Zentrale.

Das Ergebnis für den einfacheren dezentralen Ansatz: Bei der zehnprozentigen Reduktion der Trafolast zu Spitzenzeiten veränderte sich die Spreizung der Innentemperatur nur minimal; von 20 bis 22 Grad Celsius auf 19,2 bis 22,2 Grad. Nutzt man zusätzlich eine Prognose des Trends der Außentemperatur wird die niedrigste Temperatur sogar auf 19,4 Grad begrenzt.

Würde man dieselbe Reduktion der Trafolast allein durch lineare Reduktion der Wärmepumpenleistung erreichen wollen, so würde die minimale Innentemperatur 17 Grad betragen, also drei Grad und nicht nur 0,6 Grad weniger.

Bei der Entwicklung des dezentralen Ansatzes achtete das ZSW auf eine einfache Ausgestaltung. „Der Algorithmus braucht keine externe Kommunikationsanbindung für die Fernsteuerung der Wärmepumpen“, sagt Binder. „Als Informationsquelle wird die lokal gemessene Netzspannung verwendet.“ Sinkt die Spannung unter einen Grenzwert, ist das ein Anzeichen für eine zu hohe Netzbelastung. In der Folge springt der Algorithmus an und moduliert die Wärmepumpenleistung.

Getestet haben die Forschenden das neue Verfahren in Schweden – hier sind Wärmepumpen bereits stark verbreitet und die Winter besonders kalt. Das Ergebnis: Die Algorithmen helfen auch in der Praxis, Wärmepumpen effizient und netzdienlich zu betreiben. 

Mittwoch, 20.10.2021, 13:40 Uhr
Peter Koller
Energie & Management > IT - Wärmepumpen nehmen Rücksicht auf das Verteilnetz
Quelle: iStock / zhudifen
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Wärmepumpen nehmen Rücksicht auf das Verteilnetz
Mit Wärmepumpen lässt sich die Gebäudeheizung klimafreundlich elektrisieren. Neue Algorithmen sorgen dafür, dass dabei die Netze nicht in die Knie gehen.
Wärmepumpen sind eine Schlüsseltechnologie für einen klimaneutralen Gebäudebestand. Eine steigende Anzahl dieser zukunftsfähigen Heizsysteme könnte jedoch die Stromverteilnetze über Gebühr belasten. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat nun Algorithmen entwickelt, die auftretende Lastspitzen reduzieren. 

Prognosen gehen davon aus, dass der Anteil der Wärmepumpen im deutschen Heizungsmix in den nächsten Jahren stark steigen wird. Für die Niederspannungsverteilnetze in Wohngebieten könnte dies ohne Nachjustierung zu einer Belastung werden. Denn: Wird es draußen kalt, liefern alle Wärmepumpen gleichzeitig – vor allem morgens und nachts – eine hohe Heizleistung. Entsprechend stark steigt der Strombedarf im Verteilnetz. In den Netzen und an den Transformatoren, die die Spannung im vorgelagerten Mittelspannungsnetz auf die Spannung im Verteilnetz umwandeln, treten dann höhere Lastspitzen auf. Das könnte sie überlasten.

Die Forschenden haben daher Algorithmen entwickelt, um die Gleichzeitigkeit der Wärmepumpenlasten in einem Netzgebiet zu verringern. „Die Herausforderung ist, am frühen Morgen und am Abend für alle ein warmes Haus bereitzustellen, ohne dass alle Wärmepumpen gleichzeitig anspringen – und das auch an Tagen mit minus zehn Grad Celsius Außentemperatur“, erklärt Jann Binder vom ZSW. „Dafür haben wir einen vorausschauenden Betrieb der Wärmepumpe entwickelt, der eine Prognose des Wärmebedarfs nutzt.“ 

Bei einer absehbaren Netzbelastung schaltet sich die Wärmepumpe früher ein und läuft länger, dafür aber mit geringerer Leistung. Das Verfahren nutzt die Wärmekapazität des Hauses als Speichermedium und entlastet so das Netz. Die Forscherinnen und Forscher setzen dies wohldosiert ein, um den Wärmeverlust nicht wesentlich zu erhöhen und die entstehende Temperaturabweichung vom Sollwert in Grenzen zu halten.

Zur Auswahl standen zwei Ansätze: ein zentraler Ansatz, bei dem die Wärmepumpen der Haushalte von einer Zentrale über virtuelle Energiepreise einen Anreiz zu einem verteilten Betrieb erhalten, und ein dezentraler Ansatz, bei dem die Wärmepumpen lediglich auf die lokal erfassten Temperaturschwankungen und Verringerungen der Netzspannung reagieren, ohne Verbindung zu einer Zentrale.

Der zentrale Ansatz erreicht die geforderte Netzentlastung von zehn Prozent mit drei Prozent weniger Mehraufwand an Heizenergie als der dezentrale Ansatz, da er den Bedarf zum „Vorheizen“ und die Gleichzeitigkeit des Wärmepumpenbetriebs passgenauer vermeiden kann. Er erfordert jedoch eine hohe Zahl von Berechnungen zur Festlegung der individuellen Fahrpläne und dadurch mehr Kommunikationsaufwand zwischen allen Wärmepumpen und der Zentrale.

Das Ergebnis für den einfacheren dezentralen Ansatz: Bei der zehnprozentigen Reduktion der Trafolast zu Spitzenzeiten veränderte sich die Spreizung der Innentemperatur nur minimal; von 20 bis 22 Grad Celsius auf 19,2 bis 22,2 Grad. Nutzt man zusätzlich eine Prognose des Trends der Außentemperatur wird die niedrigste Temperatur sogar auf 19,4 Grad begrenzt.

Würde man dieselbe Reduktion der Trafolast allein durch lineare Reduktion der Wärmepumpenleistung erreichen wollen, so würde die minimale Innentemperatur 17 Grad betragen, also drei Grad und nicht nur 0,6 Grad weniger.

Bei der Entwicklung des dezentralen Ansatzes achtete das ZSW auf eine einfache Ausgestaltung. „Der Algorithmus braucht keine externe Kommunikationsanbindung für die Fernsteuerung der Wärmepumpen“, sagt Binder. „Als Informationsquelle wird die lokal gemessene Netzspannung verwendet.“ Sinkt die Spannung unter einen Grenzwert, ist das ein Anzeichen für eine zu hohe Netzbelastung. In der Folge springt der Algorithmus an und moduliert die Wärmepumpenleistung.

Getestet haben die Forschenden das neue Verfahren in Schweden – hier sind Wärmepumpen bereits stark verbreitet und die Winter besonders kalt. Das Ergebnis: Die Algorithmen helfen auch in der Praxis, Wärmepumpen effizient und netzdienlich zu betreiben. 

Mittwoch, 20.10.2021, 13:40 Uhr
Peter Koller

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