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Energie & Management > Energiegipfel 2024 - Vom Bestatter zum Energiekundenberater
Quelle: E&M / Susanne Harmsen
Energiegipfel 2024

Vom Bestatter zum Energiekundenberater

In Zeiten von Fachkräftemangel und neuen Berufsbildern müssen Unternehmen originelle Wege finden, um ihre Stellen zu besetzen. Auf dem Energiegipfel verrieten drei ihre Rezepte dafür.
Die Energiebranche braucht viele neue Fachkräfte, doch die sind schwer zu finden. Die demografische Entwicklung führe dazu, dass viele bewährte Arbeitskräfte in Rente gehen, sagte Colette Rückert-Hennen, Vorständin für Vertrieb, Personal, Recht, Corporate Real Estate Management und Arbeitsdirektorin der EnBW. Ihr Unternehmen habe aktuell 800 offene Stellen, und müsse bis 2030 die Hälfte der Belegschaft aus Altersgründen auswechseln.

„Wir haben frühzeitig angefangen, darum bin ich optimistisch, dass wir das hinbekommen“, sagte Rückert-Hennen. So versuche sie, Menschen im Unternehmen zu halten, auch wenn ihr ursprünglicher Arbeitsplatz wegfällt, wie im Bereich Kernkraft. Es motiviere Mitarbeiter, Teil der Energiewende zu sein, sagte sie. Zudem biete das Unternehmen in vielen Bereichen sehr flexibles Arbeiten mit bis zu fünf Tagen daheim. Die Teams legten selbständig ihre Anwesenheitstage für Treffen fest. „Dadurch konnten wir den Einzugsbereich der Mitarbeitenden über Baden-Württemberg hinaus erweitern“, erläuterte sie.

Besondere Angebote für Geflüchtete

Dies setze sehr strukturierte Führungskräfte voraus, die mehr Verantwortung übernehmen, ihre Mitarbeitenden begleiten und beispielsweise auf rechtzeitige Weiterbildung achten, so Rückert-Hennen. Es helfe auch, dass die Digitalisierung Arbeit attraktiver mache. So finde Leitungswartung vielfach im Datenraum statt, seltener mit dem Ersteigen der Masten. „Hightech ist attraktiv für junge Leute, 80 Prozent der Lehrstellen für 2024 haben wir schon besetzt“, sagte sie. Hohe Ansprüche an die Arbeitssicherheit setzten ein bestimmtes Maß an Deutschkenntnissen voraus.

Daher bot die EnBW bislang 146 Geflüchteten ein extra Jahr mit Deutschkurs und Schulnachhilfe vor der Ausbildung an. Dies habe zu 60 neuen Mitarbeitenden oder Azubis geführt. „Wenn wir unter ihnen Azubis verloren haben, dann nur, weil sie in der Lehre noch nicht genug Geld verdienen, um es nach Hause zu schicken“, unterstrich Rückert-Hennen die hohe Unternehmensbindung, die aus dieser Initiative entstand.
 

Lernen beim Arbeiten

Aus Sicht des Installateurs beschrieb Rene Bretschneider, Chief People & Sustainability Officer von Thermondo, das Herangehen seines Unternehmens. Habe man zuerst fossile Heizanlagen installiert, sei das Portfolio seit 2022 inzwischen fast vollständig zu Wärmepumpen gewechselt. Das bedeutete hohe Schulungsaufwände für die Handwerker. Industrielle Arbeitsschritte würden in der Firma vorbereitet und an weniger qualifizierte Arbeitskräfte übergeben, um die Fachhandwerker zu entlasten, beschrieb er Rationalisierungsmöglichkeiten.

Thermondo habe 800 Mitarbeitende aus 50 Nationen. „Zuwanderung ist die einzige Chance zur Besetzung der Stellen“, sagte Bretschneider. Er setze auf viel „Training on the Job“, talentierte Leute könnten vom Montagehelfer bis zum Teamleiter aufsteigen. Zudem versuche man, die Handwerker von Bürotätigkeiten zu entlasten. Per Tablet seien Sie mit der Firma verbunden, dürften sich aber sonst mit viel Autonomie ihre Arbeit einteilen. So könnten sie sich bei Erledigung ihrer Aufträge auch eine Vier-Tage-Woche herausarbeiten, sagte Bretschneider. Außerdem stärke das Unternehmen das gute Gefühl, Teil eines Teams zu sein.

Weniger Blick auf Zeugnisse als auf Talente

An ungewöhnlichen Stellen akquiriert das Start-up Homee und Stromee seine Mitarbeiter, erzählte Lynn In Ok Schäfer, Head of People & Culture. Es bietet Endkunden Smart Home Services und nachhaltige Energieverträge an, die per App verwaltet werden können. Sie könnten als kleines Unternehmen nicht selbst ausbilden, böten aber Praktika an, erläuterte Schäfer.

Zudem setzten sie weniger auf formelle Qualifikation wie Abschlüsse als auf vorhandene Fähigkeiten. So sei beispielsweise ein einstiger Bestatter jetzt in der Kundenbetreuung tätig. Die Fachkenntnisse konnte er lernen, die nötige Empathie brachte er mit, beschreibt Schäfer. Wegen der gesetzlichen Regularien pflege das Unternehmen trotz der internationalen Mitarbeiterschaft deutsch als Sprache in der Kommunikation.
 
Personalvorstände im Plenum: (von links) Colette Rückert-Hennen (EnBW), Rene Bretschneider (Thermondo) und Lynn In Ok Schäfer (Homee und Stromee)
Quelle: E&M / S.Harmsen

Donnerstag, 25.01.2024, 10:26 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Energiegipfel 2024 - Vom Bestatter zum Energiekundenberater
Quelle: E&M / Susanne Harmsen
Energiegipfel 2024
Vom Bestatter zum Energiekundenberater
In Zeiten von Fachkräftemangel und neuen Berufsbildern müssen Unternehmen originelle Wege finden, um ihre Stellen zu besetzen. Auf dem Energiegipfel verrieten drei ihre Rezepte dafür.
Die Energiebranche braucht viele neue Fachkräfte, doch die sind schwer zu finden. Die demografische Entwicklung führe dazu, dass viele bewährte Arbeitskräfte in Rente gehen, sagte Colette Rückert-Hennen, Vorständin für Vertrieb, Personal, Recht, Corporate Real Estate Management und Arbeitsdirektorin der EnBW. Ihr Unternehmen habe aktuell 800 offene Stellen, und müsse bis 2030 die Hälfte der Belegschaft aus Altersgründen auswechseln.

„Wir haben frühzeitig angefangen, darum bin ich optimistisch, dass wir das hinbekommen“, sagte Rückert-Hennen. So versuche sie, Menschen im Unternehmen zu halten, auch wenn ihr ursprünglicher Arbeitsplatz wegfällt, wie im Bereich Kernkraft. Es motiviere Mitarbeiter, Teil der Energiewende zu sein, sagte sie. Zudem biete das Unternehmen in vielen Bereichen sehr flexibles Arbeiten mit bis zu fünf Tagen daheim. Die Teams legten selbständig ihre Anwesenheitstage für Treffen fest. „Dadurch konnten wir den Einzugsbereich der Mitarbeitenden über Baden-Württemberg hinaus erweitern“, erläuterte sie.

Besondere Angebote für Geflüchtete

Dies setze sehr strukturierte Führungskräfte voraus, die mehr Verantwortung übernehmen, ihre Mitarbeitenden begleiten und beispielsweise auf rechtzeitige Weiterbildung achten, so Rückert-Hennen. Es helfe auch, dass die Digitalisierung Arbeit attraktiver mache. So finde Leitungswartung vielfach im Datenraum statt, seltener mit dem Ersteigen der Masten. „Hightech ist attraktiv für junge Leute, 80 Prozent der Lehrstellen für 2024 haben wir schon besetzt“, sagte sie. Hohe Ansprüche an die Arbeitssicherheit setzten ein bestimmtes Maß an Deutschkenntnissen voraus.

Daher bot die EnBW bislang 146 Geflüchteten ein extra Jahr mit Deutschkurs und Schulnachhilfe vor der Ausbildung an. Dies habe zu 60 neuen Mitarbeitenden oder Azubis geführt. „Wenn wir unter ihnen Azubis verloren haben, dann nur, weil sie in der Lehre noch nicht genug Geld verdienen, um es nach Hause zu schicken“, unterstrich Rückert-Hennen die hohe Unternehmensbindung, die aus dieser Initiative entstand.
 

Lernen beim Arbeiten

Aus Sicht des Installateurs beschrieb Rene Bretschneider, Chief People & Sustainability Officer von Thermondo, das Herangehen seines Unternehmens. Habe man zuerst fossile Heizanlagen installiert, sei das Portfolio seit 2022 inzwischen fast vollständig zu Wärmepumpen gewechselt. Das bedeutete hohe Schulungsaufwände für die Handwerker. Industrielle Arbeitsschritte würden in der Firma vorbereitet und an weniger qualifizierte Arbeitskräfte übergeben, um die Fachhandwerker zu entlasten, beschrieb er Rationalisierungsmöglichkeiten.

Thermondo habe 800 Mitarbeitende aus 50 Nationen. „Zuwanderung ist die einzige Chance zur Besetzung der Stellen“, sagte Bretschneider. Er setze auf viel „Training on the Job“, talentierte Leute könnten vom Montagehelfer bis zum Teamleiter aufsteigen. Zudem versuche man, die Handwerker von Bürotätigkeiten zu entlasten. Per Tablet seien Sie mit der Firma verbunden, dürften sich aber sonst mit viel Autonomie ihre Arbeit einteilen. So könnten sie sich bei Erledigung ihrer Aufträge auch eine Vier-Tage-Woche herausarbeiten, sagte Bretschneider. Außerdem stärke das Unternehmen das gute Gefühl, Teil eines Teams zu sein.

Weniger Blick auf Zeugnisse als auf Talente

An ungewöhnlichen Stellen akquiriert das Start-up Homee und Stromee seine Mitarbeiter, erzählte Lynn In Ok Schäfer, Head of People & Culture. Es bietet Endkunden Smart Home Services und nachhaltige Energieverträge an, die per App verwaltet werden können. Sie könnten als kleines Unternehmen nicht selbst ausbilden, böten aber Praktika an, erläuterte Schäfer.

Zudem setzten sie weniger auf formelle Qualifikation wie Abschlüsse als auf vorhandene Fähigkeiten. So sei beispielsweise ein einstiger Bestatter jetzt in der Kundenbetreuung tätig. Die Fachkenntnisse konnte er lernen, die nötige Empathie brachte er mit, beschreibt Schäfer. Wegen der gesetzlichen Regularien pflege das Unternehmen trotz der internationalen Mitarbeiterschaft deutsch als Sprache in der Kommunikation.
 
Personalvorstände im Plenum: (von links) Colette Rückert-Hennen (EnBW), Rene Bretschneider (Thermondo) und Lynn In Ok Schäfer (Homee und Stromee)
Quelle: E&M / S.Harmsen

Donnerstag, 25.01.2024, 10:26 Uhr
Susanne Harmsen

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