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Energie & Management > Österreich - Volkshilfe: Klimapolitik als Sozialpolitik
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Volkshilfe: Klimapolitik als Sozialpolitik

Gestützt auf eine repräsentative Kurzumfrage fordern eine oppositionsnahe Hilfsorganisation sowie eine Umweltgruppe sozial gestaffelte Beiträge zu Maßnahmen gegen den Klimawandel.
 
Rund 46 Prozent der österreichischen Bevölkerung befürchten negative Auswirkungen des Klimawandels, vor allem langer Hitzewellen, auf ihre persönliche Gesundheit. Etwa 71 Prozent sind der Meinung, das derzeitige Agieren der Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen zur Eindämmung des Klimawandels sei unzureichend. Das zeigt eine repräsentative Kurzumfrage des Wiener Meinungsforschungsinstituts Sora im Auftrag der Volkshilfe, einer Sozialhilfeorganisation, die der auf Bundesebene oppositionellen Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) nahesteht, und der Umweltorganisation Gobal 2000.

Der Umfrage zufolge befürworten 76 Prozent der Bevölkerung in Österreich eine soziale Staffelung einschlägiger Maßnahmen, darunter beispielsweise CO2-Steuern. Auf etwa 84 Prozent Zustimmung stößt die Idee, die Förderungen für den Umstieg auf klimaverträgliche Heizsysteme rechtlich langfristig abzusichern. Rund 73 Prozent der Befragten schließlich sind der Ansicht, die Energieunternehmen sollten verpflichtet werden, verbindliche Aktionspläne zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu erarbeiten. Dies soll vor allem für die großen Versorger gelten, die mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand stehen.

Präsentiert wurde die Umfrage vom Direktor der Volkshilfe, Erich Fenninger, und Global-2000-Geschäftsführerin Agnes Zauner am 18. Juli in Wien. Fenninger erläuterte, Klimapolitik müsse nicht zuletzt auch Sozialpolitik sein. Reiche Personen mit einem Nettoeinkommen von mehr als 1 Million Euro pro Jahr sollten einen größeren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten als sozial Schwache.

„Dabei geht es einfach um Gerechtigkeit und nicht um Neid“, betonte Fenninger. Er billigte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) ernsthaftes Bemühen um eine nicht zuletzt auch sozialverträgliche Klimapolitik zu. Dem gegenüber sei die konservative ÖVP in dieser Hinsicht „nicht willens, klar zu handeln.“ Im Interesse ihrer Klientel, „der Wirtschaft“, bremse sie bei entsprechenden Gesetzesvorhaben, etwa beim seit Anfang 2021 zur Novellierung anstehenden Klimaschutzgesetz.

Nicht mehr bremsen

Auf die Frage der Redaktion nach seiner Einschätzung der Initiative der ÖVP-nahen Wirtschaftskammer (WKÖ) zur Erstellung eines umfassenden ökologisch und sozial ausgewogenen „Energieplans“ konstatierte Fenninger, er begrüße derartige Aktivitäten grundsätzlich: „Was herauskommt, werden wir sehen.“ Wichtig sei die Einbindung aller gesellschaftlichen Gruppen inklusive der Wirtschaft und der Landwirtschaft sowie sämtlicher Gebietskörperschaften, darunter nicht zuletzt der Bundesländer und der Gemeinden.

Zauner ergänzte, etliche Unternehmen seien ohnehin willens, zu agieren und ihre Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg massiv zu verringern. Daher müsse auch die WKÖ die ihr immer wieder unterstellte Rolle des „Bremsers“ bei einschlägigen Gesetzesvorhaben aufgeben.

Fragwürdige Aktionspläne

Fragwürdig erscheint die Sinnhaftigkeit der „Aktionspläne“ für die Energieunternehmen. Unter anderem hat sich Österreich mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vom Sommer 2021 verpflichtet, seinen Strombedarf ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken. Mehrere Stromversorger, darunter die Burgenland Energie, die Vorarlberger Illwerke-VKW sowie die Tiroler Tiwag, nutzen ausschließlich erneuerbare Energien, insbesondere Wind- und Wasserkraft, zur Erzeugung von Elektrizität. Beim größten österreichischen Stromkonzern, dem Verbund, beläuft sich der Anteil der „Erneuerbaren“ an der Stromerzeugung abhängig von der Wasserführung der großen Flüsse auf mehr als 90 Prozent.

Auch sämtliche anderen großen Versorger bauen ihre Ökostromkapazitäten massiv aus. Was wiederum die Dekarbonisierung des Gassektors betrifft, urgiert die Energiewirtschaft immer wieder den ehestmöglichen Beschluss des Erneuerbare-Gase-Gesetzes (EEG), das seit Monaten in parlamentarischer Behandlung ist. Auf diese Tatsachen hingewiesen, teilte Zauner mit, sie sei vom Agieren der Energiebranche dennoch nicht überzeugt. „Im Hintergrund findet ganz viel Lobbying für Erdgas statt.“

Umweltschützer als Bremser

Die Feststellung der Redaktion, dass Umweltorganisationen oft genug den Ausbau insbesondere der Wasserkraft und damit der erneuerbaren Energien behindern, quittierte Zauner mit der Bemerkung: „Natürlich muss die Energiewende naturverträglich sein.“ Bei manchen Vorhaben sei dies nach ihrer Einschätzung nicht der Fall. Es gehe nicht an, dem Ökostromausbau „ökologisch unverzichtbare“ Landschaften wie etwa Hochmoore zu opfern.

Dienstag, 18.07.2023, 12:39 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Volkshilfe: Klimapolitik als Sozialpolitik
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Österreich
Volkshilfe: Klimapolitik als Sozialpolitik
Gestützt auf eine repräsentative Kurzumfrage fordern eine oppositionsnahe Hilfsorganisation sowie eine Umweltgruppe sozial gestaffelte Beiträge zu Maßnahmen gegen den Klimawandel.
 
Rund 46 Prozent der österreichischen Bevölkerung befürchten negative Auswirkungen des Klimawandels, vor allem langer Hitzewellen, auf ihre persönliche Gesundheit. Etwa 71 Prozent sind der Meinung, das derzeitige Agieren der Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen zur Eindämmung des Klimawandels sei unzureichend. Das zeigt eine repräsentative Kurzumfrage des Wiener Meinungsforschungsinstituts Sora im Auftrag der Volkshilfe, einer Sozialhilfeorganisation, die der auf Bundesebene oppositionellen Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) nahesteht, und der Umweltorganisation Gobal 2000.

Der Umfrage zufolge befürworten 76 Prozent der Bevölkerung in Österreich eine soziale Staffelung einschlägiger Maßnahmen, darunter beispielsweise CO2-Steuern. Auf etwa 84 Prozent Zustimmung stößt die Idee, die Förderungen für den Umstieg auf klimaverträgliche Heizsysteme rechtlich langfristig abzusichern. Rund 73 Prozent der Befragten schließlich sind der Ansicht, die Energieunternehmen sollten verpflichtet werden, verbindliche Aktionspläne zum Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu erarbeiten. Dies soll vor allem für die großen Versorger gelten, die mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand stehen.

Präsentiert wurde die Umfrage vom Direktor der Volkshilfe, Erich Fenninger, und Global-2000-Geschäftsführerin Agnes Zauner am 18. Juli in Wien. Fenninger erläuterte, Klimapolitik müsse nicht zuletzt auch Sozialpolitik sein. Reiche Personen mit einem Nettoeinkommen von mehr als 1 Million Euro pro Jahr sollten einen größeren Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten als sozial Schwache.

„Dabei geht es einfach um Gerechtigkeit und nicht um Neid“, betonte Fenninger. Er billigte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) ernsthaftes Bemühen um eine nicht zuletzt auch sozialverträgliche Klimapolitik zu. Dem gegenüber sei die konservative ÖVP in dieser Hinsicht „nicht willens, klar zu handeln.“ Im Interesse ihrer Klientel, „der Wirtschaft“, bremse sie bei entsprechenden Gesetzesvorhaben, etwa beim seit Anfang 2021 zur Novellierung anstehenden Klimaschutzgesetz.

Nicht mehr bremsen

Auf die Frage der Redaktion nach seiner Einschätzung der Initiative der ÖVP-nahen Wirtschaftskammer (WKÖ) zur Erstellung eines umfassenden ökologisch und sozial ausgewogenen „Energieplans“ konstatierte Fenninger, er begrüße derartige Aktivitäten grundsätzlich: „Was herauskommt, werden wir sehen.“ Wichtig sei die Einbindung aller gesellschaftlichen Gruppen inklusive der Wirtschaft und der Landwirtschaft sowie sämtlicher Gebietskörperschaften, darunter nicht zuletzt der Bundesländer und der Gemeinden.

Zauner ergänzte, etliche Unternehmen seien ohnehin willens, zu agieren und ihre Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg massiv zu verringern. Daher müsse auch die WKÖ die ihr immer wieder unterstellte Rolle des „Bremsers“ bei einschlägigen Gesetzesvorhaben aufgeben.

Fragwürdige Aktionspläne

Fragwürdig erscheint die Sinnhaftigkeit der „Aktionspläne“ für die Energieunternehmen. Unter anderem hat sich Österreich mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) vom Sommer 2021 verpflichtet, seinen Strombedarf ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu decken. Mehrere Stromversorger, darunter die Burgenland Energie, die Vorarlberger Illwerke-VKW sowie die Tiroler Tiwag, nutzen ausschließlich erneuerbare Energien, insbesondere Wind- und Wasserkraft, zur Erzeugung von Elektrizität. Beim größten österreichischen Stromkonzern, dem Verbund, beläuft sich der Anteil der „Erneuerbaren“ an der Stromerzeugung abhängig von der Wasserführung der großen Flüsse auf mehr als 90 Prozent.

Auch sämtliche anderen großen Versorger bauen ihre Ökostromkapazitäten massiv aus. Was wiederum die Dekarbonisierung des Gassektors betrifft, urgiert die Energiewirtschaft immer wieder den ehestmöglichen Beschluss des Erneuerbare-Gase-Gesetzes (EEG), das seit Monaten in parlamentarischer Behandlung ist. Auf diese Tatsachen hingewiesen, teilte Zauner mit, sie sei vom Agieren der Energiebranche dennoch nicht überzeugt. „Im Hintergrund findet ganz viel Lobbying für Erdgas statt.“

Umweltschützer als Bremser

Die Feststellung der Redaktion, dass Umweltorganisationen oft genug den Ausbau insbesondere der Wasserkraft und damit der erneuerbaren Energien behindern, quittierte Zauner mit der Bemerkung: „Natürlich muss die Energiewende naturverträglich sein.“ Bei manchen Vorhaben sei dies nach ihrer Einschätzung nicht der Fall. Es gehe nicht an, dem Ökostromausbau „ökologisch unverzichtbare“ Landschaften wie etwa Hochmoore zu opfern.

Dienstag, 18.07.2023, 12:39 Uhr
Klaus Fischer

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