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Energie & Management > Wasserstoff - Verbund plant Wasserstoffproduktion in Nordafrika
Quelle: Shutterstock / r.classen
Wasserstoff

Verbund plant Wasserstoffproduktion in Nordafrika

Der österreichische Energiekonzern möchte signifikant dazu beitragen, Österreich dauerhaft mit grünem Wasserstoff zu versorgen. Dazu sollen Anlagen im In- und Ausland dienen.
Der österreichische Energiekonzern Verbund will „in signifikantem Ausmaß“ zur dauerhaften Versorgung Österreichs mit „grünem“ Wasserstoff beitragen. Das bestätigte der „Director Hydrogen“ des Unternehmens, Hamead Ahrary, im Gespräch mit der Redaktion bei der Konferenz „Inspire“ des Verbunds, die bis einschließlich 29. September in St. Wolfgang am Wolfgangsee in Oberösterreich stattfindet.

Konkrete Prozentsätze hinsichtlich des angestrebten Marktanteils sind laut Ahrary schwer abzuschätzen. Anfangs werde der Verbund wohl den Großteil der voraussichtlich benötigten Mengen bereitstellen, die auf rund 600.000 Tonnen im Jahr 2035 und 1,8 Millionen Tonnen im Jahr 2040 geschätzt werden. Schrittweise dürfte sein Anteil an der Deckung dieser Mengen laut Ahrary zurückgehen, „weil ein Markt mit einem solchen Nachfrageanstieg natürlich auch andere Player anlocken wird.“

Vorgesehen ist, den grünen Wasserstoff in eigenen Anlagen in Österreich, vor allem aber im Ausland, zu erzeugen, weil dies dort günstiger ist als im Inland. Untersucht werden laut Ahrary nicht zuletzt Möglichkeiten im nordafrikanischen Raum. Der Wasserstoff würde über Pipelines nach Österreich transportiert. Diese will der Verbund nicht selbst errichten, auch an die Beteiligung an ihrer Finanzierung ist nicht gedacht. Sehr wohl aber würde sein Unternehmen Kapazität langfristig buchen, erläuterte Ahrary: „Das wäre die klassische Shipper-Funktion.“ Betreiber mehrerer derartiger Vorhaben seien mit der EU-Kommission in Gesprächen zu deren Einstufung als „Projects of Common Interest“ (PCI), für die erleichterte Genehmigungsverfahren gelten.

Der Verbund unterstütze die Projekte, indem er ihren Betreibern immer wieder aktuelle Informationen hinsichtlich seiner Pläne zur Errichtung von Elektrolyseanlagen im Ausland übermittle. Wie Ahrary betont, sind mehrere Regionen für den Verbund interessant. Das gilt grundsätzlich auch für die Ukraine: „Wir haben uns die Möglichkeiten dort angesehen und sie als sehr vielversprechend erkannt.“ Seit der russischen Invasion seien die diesbezüglichen Vorhaben freilich „auf Eis gelegt.“
 

Klar ist laut Ahrary aber: „Wir wollen differenzierte Bezugsquellen.“ Ein Übergewicht eines einzelnen Lieferanten wie bei Erdgas dürfe es nicht geben. Nachsatz: Mangels ausreichender Möglichkeiten im Inland werde Österreich seinen Bedarf an „grünem“ Wasserstoff längerfristig zum Großteil durch Importe decken müssen.
 
Hamead Ahrary, „Director Hydrogen“ des Verbunds will ausländische Bezugsquellen für grünen Wasserstoff diversifizieren
Quelle: Verbund

Laufende Projekte

In Österreich selbst hat der Verbund zurzeit zwei Elektrolyseanlagen in Betrieb. Die eine verfügt über eine Kapazität von 6 MW und befindet sich in Linz, der Landeshauptstadt Oberösterreichs. Dort erzeugt sie im Rahmen eine Pilotprojekts grünen Wasserstoff für den Stahlkonzern Voestalpine. Dieser plant, auf längere Sicht Wasserstoff zur Dekarbonisierung seiner Stahlproduktion zu nutzen. Beim zweiten Elektrolyseur des Verbunds handelt es sich um eine Forschungsanlage mit 150 kW Leistung. Sie befindet sich am Standort des Kraftwerks Mellach I unweit der steirischen Landeshauptstadt Graz. Dort betreibt der Verbund ein Forschungszentrum für neue Technologien.

Mit der LAT Nitrogen, der vormaligen Düngemittelsparte des Chemiekonzerns Borealis, plant der Verbund die Errichtung eines Elektrolyseurs mit 60 MW Leistung, der rund 9.000 Tonnen „grünen“ Wasserstoffs pro Jahr erzeugen kann und 2026 in Betrieb gehen soll. Eine ähnliche Anlage will der Verbund gemeinsam mit der Burgenland Energie ebenfalls bis 2026 beim Windpark Nickelsdorf im nordöstlichen Burgenland errichten. Überlegt wird, dort bis 2030 Elektrolyseure mit etwa 300 MW Gesamtleistung zu installieren und bis zu 40.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr herzustellen. Dieser würde über eine neue Pipeline, den H2-Collector Ost, in den Großraum Wien transportiert. Beliefert werden könnten damit die Raffinerie Schwechat des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV sowie die gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplung Simmering der Wien Energie.

Nicht zu unterschätzen ist laut Ahrary allerdings das Problem der „Additionality“: Ab 2028 gilt Wasserstoff in der EU nur mehr als grün, wenn er mit eigens dafür errichteten Ökostromanlagen erzeugt wird. Daher sei Eile geboten: Zumindest die derzeit laufenden Projekte sollten noch bis Ende 2027 ans Netz gehen.

Heizung nein, Bahn ja

Wenig hält Ahrary davon, grünen Wasserstoff für Heizzwecke einzusetzen. Diesbezüglich gebe es „genügend Alternativen.“ Nach wie vor beteiligt ist der Verbund dagegen an dem Vorhaben, die Zillertalbahn, eine 32 Kilometer lange Regionalbahn in Tirol, mit grünem Wasserstoff zu betreiben. Aufgrund landespolitischer Querelen ist die Zukunft diese Projekts unsicher. Ahrary zufolge hält der Verbund es jedoch weiterhin für sinnvoll: „Wir würden dieses Vorhaben gerne umsetzen.“

Donnerstag, 28.09.2023, 15:40 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Wasserstoff - Verbund plant Wasserstoffproduktion in Nordafrika
Quelle: Shutterstock / r.classen
Wasserstoff
Verbund plant Wasserstoffproduktion in Nordafrika
Der österreichische Energiekonzern möchte signifikant dazu beitragen, Österreich dauerhaft mit grünem Wasserstoff zu versorgen. Dazu sollen Anlagen im In- und Ausland dienen.
Der österreichische Energiekonzern Verbund will „in signifikantem Ausmaß“ zur dauerhaften Versorgung Österreichs mit „grünem“ Wasserstoff beitragen. Das bestätigte der „Director Hydrogen“ des Unternehmens, Hamead Ahrary, im Gespräch mit der Redaktion bei der Konferenz „Inspire“ des Verbunds, die bis einschließlich 29. September in St. Wolfgang am Wolfgangsee in Oberösterreich stattfindet.

Konkrete Prozentsätze hinsichtlich des angestrebten Marktanteils sind laut Ahrary schwer abzuschätzen. Anfangs werde der Verbund wohl den Großteil der voraussichtlich benötigten Mengen bereitstellen, die auf rund 600.000 Tonnen im Jahr 2035 und 1,8 Millionen Tonnen im Jahr 2040 geschätzt werden. Schrittweise dürfte sein Anteil an der Deckung dieser Mengen laut Ahrary zurückgehen, „weil ein Markt mit einem solchen Nachfrageanstieg natürlich auch andere Player anlocken wird.“

Vorgesehen ist, den grünen Wasserstoff in eigenen Anlagen in Österreich, vor allem aber im Ausland, zu erzeugen, weil dies dort günstiger ist als im Inland. Untersucht werden laut Ahrary nicht zuletzt Möglichkeiten im nordafrikanischen Raum. Der Wasserstoff würde über Pipelines nach Österreich transportiert. Diese will der Verbund nicht selbst errichten, auch an die Beteiligung an ihrer Finanzierung ist nicht gedacht. Sehr wohl aber würde sein Unternehmen Kapazität langfristig buchen, erläuterte Ahrary: „Das wäre die klassische Shipper-Funktion.“ Betreiber mehrerer derartiger Vorhaben seien mit der EU-Kommission in Gesprächen zu deren Einstufung als „Projects of Common Interest“ (PCI), für die erleichterte Genehmigungsverfahren gelten.

Der Verbund unterstütze die Projekte, indem er ihren Betreibern immer wieder aktuelle Informationen hinsichtlich seiner Pläne zur Errichtung von Elektrolyseanlagen im Ausland übermittle. Wie Ahrary betont, sind mehrere Regionen für den Verbund interessant. Das gilt grundsätzlich auch für die Ukraine: „Wir haben uns die Möglichkeiten dort angesehen und sie als sehr vielversprechend erkannt.“ Seit der russischen Invasion seien die diesbezüglichen Vorhaben freilich „auf Eis gelegt.“
 

Klar ist laut Ahrary aber: „Wir wollen differenzierte Bezugsquellen.“ Ein Übergewicht eines einzelnen Lieferanten wie bei Erdgas dürfe es nicht geben. Nachsatz: Mangels ausreichender Möglichkeiten im Inland werde Österreich seinen Bedarf an „grünem“ Wasserstoff längerfristig zum Großteil durch Importe decken müssen.
 
Hamead Ahrary, „Director Hydrogen“ des Verbunds will ausländische Bezugsquellen für grünen Wasserstoff diversifizieren
Quelle: Verbund

Laufende Projekte

In Österreich selbst hat der Verbund zurzeit zwei Elektrolyseanlagen in Betrieb. Die eine verfügt über eine Kapazität von 6 MW und befindet sich in Linz, der Landeshauptstadt Oberösterreichs. Dort erzeugt sie im Rahmen eine Pilotprojekts grünen Wasserstoff für den Stahlkonzern Voestalpine. Dieser plant, auf längere Sicht Wasserstoff zur Dekarbonisierung seiner Stahlproduktion zu nutzen. Beim zweiten Elektrolyseur des Verbunds handelt es sich um eine Forschungsanlage mit 150 kW Leistung. Sie befindet sich am Standort des Kraftwerks Mellach I unweit der steirischen Landeshauptstadt Graz. Dort betreibt der Verbund ein Forschungszentrum für neue Technologien.

Mit der LAT Nitrogen, der vormaligen Düngemittelsparte des Chemiekonzerns Borealis, plant der Verbund die Errichtung eines Elektrolyseurs mit 60 MW Leistung, der rund 9.000 Tonnen „grünen“ Wasserstoffs pro Jahr erzeugen kann und 2026 in Betrieb gehen soll. Eine ähnliche Anlage will der Verbund gemeinsam mit der Burgenland Energie ebenfalls bis 2026 beim Windpark Nickelsdorf im nordöstlichen Burgenland errichten. Überlegt wird, dort bis 2030 Elektrolyseure mit etwa 300 MW Gesamtleistung zu installieren und bis zu 40.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr herzustellen. Dieser würde über eine neue Pipeline, den H2-Collector Ost, in den Großraum Wien transportiert. Beliefert werden könnten damit die Raffinerie Schwechat des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV sowie die gasbetriebene Kraft-Wärme-Kopplung Simmering der Wien Energie.

Nicht zu unterschätzen ist laut Ahrary allerdings das Problem der „Additionality“: Ab 2028 gilt Wasserstoff in der EU nur mehr als grün, wenn er mit eigens dafür errichteten Ökostromanlagen erzeugt wird. Daher sei Eile geboten: Zumindest die derzeit laufenden Projekte sollten noch bis Ende 2027 ans Netz gehen.

Heizung nein, Bahn ja

Wenig hält Ahrary davon, grünen Wasserstoff für Heizzwecke einzusetzen. Diesbezüglich gebe es „genügend Alternativen.“ Nach wie vor beteiligt ist der Verbund dagegen an dem Vorhaben, die Zillertalbahn, eine 32 Kilometer lange Regionalbahn in Tirol, mit grünem Wasserstoff zu betreiben. Aufgrund landespolitischer Querelen ist die Zukunft diese Projekts unsicher. Ahrary zufolge hält der Verbund es jedoch weiterhin für sinnvoll: „Wir würden dieses Vorhaben gerne umsetzen.“

Donnerstag, 28.09.2023, 15:40 Uhr
Klaus Fischer

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