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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Türöffner Ökostrom
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Türöffner Ökostrom

Mit einem nicht alltäglichen Bürgerstrommodell etabliert der Windkraftprojektierer „WestfalenWind“ sich zunehmend auch als Ökostromanbieter.
Im vergangenen Spätherbst kamen viele Bürger der kleinen Harz-Dörfer Dardesheim, Badersleben und Rohrsheim im Westen Sachsen-Anhalts aus dem Staunen nicht mehr heraus: In Zeiten rasant steigender Energiepreise boten die Betreiber des nahe gelegenen Windparks Druiberg ihnen einen neuen Stromtarif an, der an den vor Ausbruch des Ukraine-Krieges erinnerte: Lediglich 30 Cent Arbeitspreis pro kWh (brutto) bei einer monatlichen Grundgebühr von 10 Euro, und zwar garantiert bis Ende 2025, umfasste die Offerte − bei einem Jahresverbrauch von bis zu 5.000 kWh (ab der 5.001sten kWh liegt der Preis bei 35 Cent/kWh brutto). Die Lokalpresse sprach von einem „Strompreishammer“.

Dass die 30 Cent, immerhin 10 Cent unter dem Level der von der Bundesregierung festgelegten Strompreisbremse, keine Fata Morgana sind, dafür sorgt die Westfalen Wind Strom GmbH: Die Stromvertriebstochter des gleichnamigen Windunternehmens aus dem ostwestfälischen Paderborn mischt mit ihrem Bürgerstrommodell zunehmend die Ökostromszene auf.

Die Besonderheit dabei: „Unsere Preise in einigen Gebieten sind keine Marktpreise“, stellt Winfried Gödde fest, seit Gründung 2014 Geschäftsführer von Westfalen Wind Strom, „wir arbeiten mit interessierten Windparkbetreibern zusammen, die auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten. Dank dieser Gelder und des bewussten Gewinnverzichts sponsern sie unsere Tarife, die wir so vor Ort weit unter Marktpreis- und Grundversorgungsniveau anbieten können.“

Dank dieser Absprachen liegen die Tarife der Ostwestfalen zwischen etwa 12 (!) und knapp 38 Cent brutto je Kilowattstunde. Abhängig vom individuellen Verbrauch können Haushalte ihre Stromrechnung im Jahr um einige Hundert Euro senken. Wenig verwunderlich, dass die Kundendatei des Ökostromanbieters auch ohne große Werbung wächst und wächst. „Wir gewinnen täglich über 50 Neukunden hinzu“, lässt Geschäftsführer Gödde durchblicken.

Mittlere fünfstellige Kundenanzahl

Mittlerweile beliefern die Ostwestfalen eine mittlere fünfstellige Kundenanzahl. Dazu zählen auch rund 3.000 Verbraucher, die Westfalen Wind Strom vor einigen Monaten komplett von den kleinen Stadtwerken Geseke (Kreis Soest) übernommen hat. Quasi im Gegenzug plant der Kommunalversorger mit den erfahrenen Projektierern von Westfalen Wind gemeinsame Windparks. „Für solche Kooperationsprojekte haben wir einige Anfragen von kleineren Stadtwerken und Energiegenossenschaften bundesweit“, sagt Gödde.

Seit Jahren zeigt sich nach Einschätzung von Westfalen Wind, dass niedrige Bürgerstromtarife so etwas wie „der Türöffner“ für neue Windparkprojekte vor Ort sind. Gödde: „Die verantwortlichen Regionalpolitiker drängen darauf, dass ihre Bürgerinnen und Bürger wirklich einen spürbar finanziellen Vorteil haben, wenn wir in der entsprechenden Kommune neue Windenergieanlagen planen und bauen.“

Bestes Beispiel dafür ist ein Großprojekt von Westfalen Wind rund um Bad Berleburg in Südwestfalen, wo demnächst 59 große Windkraftwerke errichtet werden sollen. Obgleich das Genehmigungsverfahren noch läuft, gibt es seit einigen Wochen vor Ort bereits das Tarifangebot „BLB-Strom“. Dabei kostet seit Herbst 2022 die kWh 37,96 Cent. „Da der dortige Grundversorger die Preise deutlich auf über 50 Cent erhöht hat, konnten wir bislang ohne jegliche Werbung schon eine dreistellige Kundenanzahl für uns gewinnen“, freut sich Geschäftsführer Gödde.

Bei den gesponserten Bürgerstromtarifen eint Westfalen Wind und die Windparkbetreiber bei ihrer Kooperation die gleiche Philosophie: Die Anrainer von Windparks sollen in den Genuss des in den zurückliegenden Jahren konkurrenzfähig gewordenen Ökostroms kommen, das schaffe mehr Akzeptanz in der Bevölkerung für die Windenergie. „Mit einem günstigen Stromtarif erreichen wir wirklich alle Haushalte, die rund um einen Windpark leben, wenn sie wollen“, sagt Gödde. Im Gegensatz zu anderen Beteiligungsmöglichkeiten, die in der Windbranche gängig sind: Bei Pachtzahlungen profitieren lediglich die Landeigentümer, bei einem finanziellen Angebot, sich direkt in einen Windpark einzukaufen, „die Anwohner, die über das notwendige Kapital verfügen“. In der Politik genießen Bürgerstromtarife zunehmend Sympathien, um so mehr Akzeptanz für den notwendigen Windkraftausbau zu gewinnen.

Das Versprechen mit den niedrigen Stromtarifen

„Seitdem wir Windparks bauen, lautete unsere Botschaft immer, die erneuerbaren Energien werden der Billigmacher auf dem Strommarkt“, resümiert Johannes Lackmann, „jetzt, wo genau das eingetreten ist, müssen wir so ehrlich sein, unser Versprechen in die Tat mit niedrigen Stromtarifen umzusetzen.“ Lackmann zählt zu den Pionieren der Windbranche bundesweit und zu den Gründern der Westfalen-Wind-Gruppe, zu der sich 2009 mehrere Windparkbetreiber aus Ostwestfalen-Lippe zusammengeschlossen haben.

In der Region konnten Lackmann und sein Team bislang mehrere auch externe Windparkbetreiber vom selbst entwickelten Bürgerstrommodell überzeugen. „Das ist sicherlich einer der Gründe für den geringen Widerstand gegen unsere Neubauprojekte in einer Region, wo bundesweit mit die meisten Windenergieanlagen in Betrieb sind.“ In der Tat: Republikweit zählt der Kreis Paderborn zu den zehn Landkreisen mit dem höchsten „Windenergiebesatz“. An dieser Position wollen die Ostwestfalen nicht rütteln lassen. Auch im vergangenen Jahr sind in Nordrhein-Westfalen wiederum im Kreis Paderborn die meisten Windturbinen neu ans Netz gegangen.

Mit den Bürgerwindstromtarifen ist Westfalen Wind in der Windbranche so ziemlich allein auf weiter Flur: „Es ärgert uns, dass keine weiteren der führenden Windkraftprojektierer unserem Weg gefolgt sind“, sagt Lackmann, „wer immer will, dem bieten wir unseren Service als White-Label-Produkt an.“ 

Dass das kleinteilige und arbeitsaufwendige Westfalen-Wind-Bürgerstrommodell durchaus erfolgreich sein kann, zeigt sich in den drei Harz-Dörfern Dardesheim, Badersleben und Rohrsheim. Dort konnten die Ostwestfalen bis Mitte Mai rund 650 neue sachsen-anhaltinische Privatkunden gewinnen − rund zwei Drittel der in diesen drei Ortschaften lebenden Einwohner. Rein numerisch ist die Westfalen Wind Strom GmbH dort und anderswo der Grundversorger, nicht schlecht für einen Ökostromanbieter.

Freitag, 21.07.2023, 11:01 Uhr
Ralf Köpke
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Türöffner Ökostrom
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Türöffner Ökostrom
Mit einem nicht alltäglichen Bürgerstrommodell etabliert der Windkraftprojektierer „WestfalenWind“ sich zunehmend auch als Ökostromanbieter.
Im vergangenen Spätherbst kamen viele Bürger der kleinen Harz-Dörfer Dardesheim, Badersleben und Rohrsheim im Westen Sachsen-Anhalts aus dem Staunen nicht mehr heraus: In Zeiten rasant steigender Energiepreise boten die Betreiber des nahe gelegenen Windparks Druiberg ihnen einen neuen Stromtarif an, der an den vor Ausbruch des Ukraine-Krieges erinnerte: Lediglich 30 Cent Arbeitspreis pro kWh (brutto) bei einer monatlichen Grundgebühr von 10 Euro, und zwar garantiert bis Ende 2025, umfasste die Offerte − bei einem Jahresverbrauch von bis zu 5.000 kWh (ab der 5.001sten kWh liegt der Preis bei 35 Cent/kWh brutto). Die Lokalpresse sprach von einem „Strompreishammer“.

Dass die 30 Cent, immerhin 10 Cent unter dem Level der von der Bundesregierung festgelegten Strompreisbremse, keine Fata Morgana sind, dafür sorgt die Westfalen Wind Strom GmbH: Die Stromvertriebstochter des gleichnamigen Windunternehmens aus dem ostwestfälischen Paderborn mischt mit ihrem Bürgerstrommodell zunehmend die Ökostromszene auf.

Die Besonderheit dabei: „Unsere Preise in einigen Gebieten sind keine Marktpreise“, stellt Winfried Gödde fest, seit Gründung 2014 Geschäftsführer von Westfalen Wind Strom, „wir arbeiten mit interessierten Windparkbetreibern zusammen, die auf einen Teil ihrer Einnahmen verzichten. Dank dieser Gelder und des bewussten Gewinnverzichts sponsern sie unsere Tarife, die wir so vor Ort weit unter Marktpreis- und Grundversorgungsniveau anbieten können.“

Dank dieser Absprachen liegen die Tarife der Ostwestfalen zwischen etwa 12 (!) und knapp 38 Cent brutto je Kilowattstunde. Abhängig vom individuellen Verbrauch können Haushalte ihre Stromrechnung im Jahr um einige Hundert Euro senken. Wenig verwunderlich, dass die Kundendatei des Ökostromanbieters auch ohne große Werbung wächst und wächst. „Wir gewinnen täglich über 50 Neukunden hinzu“, lässt Geschäftsführer Gödde durchblicken.

Mittlere fünfstellige Kundenanzahl

Mittlerweile beliefern die Ostwestfalen eine mittlere fünfstellige Kundenanzahl. Dazu zählen auch rund 3.000 Verbraucher, die Westfalen Wind Strom vor einigen Monaten komplett von den kleinen Stadtwerken Geseke (Kreis Soest) übernommen hat. Quasi im Gegenzug plant der Kommunalversorger mit den erfahrenen Projektierern von Westfalen Wind gemeinsame Windparks. „Für solche Kooperationsprojekte haben wir einige Anfragen von kleineren Stadtwerken und Energiegenossenschaften bundesweit“, sagt Gödde.

Seit Jahren zeigt sich nach Einschätzung von Westfalen Wind, dass niedrige Bürgerstromtarife so etwas wie „der Türöffner“ für neue Windparkprojekte vor Ort sind. Gödde: „Die verantwortlichen Regionalpolitiker drängen darauf, dass ihre Bürgerinnen und Bürger wirklich einen spürbar finanziellen Vorteil haben, wenn wir in der entsprechenden Kommune neue Windenergieanlagen planen und bauen.“

Bestes Beispiel dafür ist ein Großprojekt von Westfalen Wind rund um Bad Berleburg in Südwestfalen, wo demnächst 59 große Windkraftwerke errichtet werden sollen. Obgleich das Genehmigungsverfahren noch läuft, gibt es seit einigen Wochen vor Ort bereits das Tarifangebot „BLB-Strom“. Dabei kostet seit Herbst 2022 die kWh 37,96 Cent. „Da der dortige Grundversorger die Preise deutlich auf über 50 Cent erhöht hat, konnten wir bislang ohne jegliche Werbung schon eine dreistellige Kundenanzahl für uns gewinnen“, freut sich Geschäftsführer Gödde.

Bei den gesponserten Bürgerstromtarifen eint Westfalen Wind und die Windparkbetreiber bei ihrer Kooperation die gleiche Philosophie: Die Anrainer von Windparks sollen in den Genuss des in den zurückliegenden Jahren konkurrenzfähig gewordenen Ökostroms kommen, das schaffe mehr Akzeptanz in der Bevölkerung für die Windenergie. „Mit einem günstigen Stromtarif erreichen wir wirklich alle Haushalte, die rund um einen Windpark leben, wenn sie wollen“, sagt Gödde. Im Gegensatz zu anderen Beteiligungsmöglichkeiten, die in der Windbranche gängig sind: Bei Pachtzahlungen profitieren lediglich die Landeigentümer, bei einem finanziellen Angebot, sich direkt in einen Windpark einzukaufen, „die Anwohner, die über das notwendige Kapital verfügen“. In der Politik genießen Bürgerstromtarife zunehmend Sympathien, um so mehr Akzeptanz für den notwendigen Windkraftausbau zu gewinnen.

Das Versprechen mit den niedrigen Stromtarifen

„Seitdem wir Windparks bauen, lautete unsere Botschaft immer, die erneuerbaren Energien werden der Billigmacher auf dem Strommarkt“, resümiert Johannes Lackmann, „jetzt, wo genau das eingetreten ist, müssen wir so ehrlich sein, unser Versprechen in die Tat mit niedrigen Stromtarifen umzusetzen.“ Lackmann zählt zu den Pionieren der Windbranche bundesweit und zu den Gründern der Westfalen-Wind-Gruppe, zu der sich 2009 mehrere Windparkbetreiber aus Ostwestfalen-Lippe zusammengeschlossen haben.

In der Region konnten Lackmann und sein Team bislang mehrere auch externe Windparkbetreiber vom selbst entwickelten Bürgerstrommodell überzeugen. „Das ist sicherlich einer der Gründe für den geringen Widerstand gegen unsere Neubauprojekte in einer Region, wo bundesweit mit die meisten Windenergieanlagen in Betrieb sind.“ In der Tat: Republikweit zählt der Kreis Paderborn zu den zehn Landkreisen mit dem höchsten „Windenergiebesatz“. An dieser Position wollen die Ostwestfalen nicht rütteln lassen. Auch im vergangenen Jahr sind in Nordrhein-Westfalen wiederum im Kreis Paderborn die meisten Windturbinen neu ans Netz gegangen.

Mit den Bürgerwindstromtarifen ist Westfalen Wind in der Windbranche so ziemlich allein auf weiter Flur: „Es ärgert uns, dass keine weiteren der führenden Windkraftprojektierer unserem Weg gefolgt sind“, sagt Lackmann, „wer immer will, dem bieten wir unseren Service als White-Label-Produkt an.“ 

Dass das kleinteilige und arbeitsaufwendige Westfalen-Wind-Bürgerstrommodell durchaus erfolgreich sein kann, zeigt sich in den drei Harz-Dörfern Dardesheim, Badersleben und Rohrsheim. Dort konnten die Ostwestfalen bis Mitte Mai rund 650 neue sachsen-anhaltinische Privatkunden gewinnen − rund zwei Drittel der in diesen drei Ortschaften lebenden Einwohner. Rein numerisch ist die Westfalen Wind Strom GmbH dort und anderswo der Grundversorger, nicht schlecht für einen Ökostromanbieter.

Freitag, 21.07.2023, 11:01 Uhr
Ralf Köpke

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