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Energie & Management > Bilanz - Tennet hält Verkauf des Deutschland-Geschäfts für wahrscheinlich
Quelle: Fotolia / Eisenhans
Bilanz

Tennet hält Verkauf des Deutschland-Geschäfts für wahrscheinlich

Der niederländische Netzbetreiber Tennet will sein Deutschland-Geschäft in den nächsten zwölf Monaten an die Bundesregierung loswerden. Vollzugsmeldungen dementierte das Unternehmen.
Eine Frage von Tagen soll es dann offenbar doch nicht sein. „Etwas zu schnell“ seien aktuelle Berichte, nach denen die Übernahme von Tennet Deutschland durch die Bundesregierung kurz bevorstünde, sagte Arina Freitag. Bei der Präsentation der Geschäftszahlen des niederländischen Netzbetreibers für 2023 sprach die Tennet-Finanzchefin am 11. März indes davon, dass der Verkauf „eher wahrscheinlich“ sei.

Binnen zwölf Monaten will Tennet das Geschäft mit der KfW-Bank, die im Auftrag des deutschen Staats handelt, abschließen. Spekulationen, nach denen der Kaufpreis bei 22 Milliarden Euro liegen soll, wollte Arina Freitag nicht kommentieren. Das Unternehmen erwarte aber einen „fairen, marktgerechten“ Preis, immerhin gehe es um zwei Drittel des gesamten Geschäfts. „Je höher der Verkaufserlös, desto besser“, sagte Tennets CFO. Weitere Bedingungen seien die Sicherheit stabiler Netze und eine enge Kooperation der niederländischen und deutschen Seite auch nach einer Aufspaltung.
 
Möglicherweise die letzte Tennet-Bilanz in dieser Zusammensetzung: (v.l.) Arina Freitag (CFO), Maarten Abbenhuis (COO), Pressesprecher Jorrit de Jong, Tim Meyerjürgens (COO) und Manon van Beek (CEO).
Quelle: E&M/Volker Stephan


Mehrfach verwies die vierköpfige Führungsregie bei der Jahresbilanz darauf, dass die deutschen Offshore- und Onshore-Verbindungen mindestens 60 Prozent des Ergebnisses ausmachen. Daraus ergibt sich auch der dringende Wunsch der Niederländer, das Deutschland-Geschäft abzustoßen: Die Investitionskosten für die Energiewende beim Nachbarn im Osten sind den Niederländern auf Dauer schlicht zu hoch. In diesem Jahr borgte Tennet sich bereits 25 Milliarden Euro beim niederländischen Staat, um die Investitionen beiderseits der Grenze für 2024 und 2025 stemmen zu können.

„Bauen, bauen, bauen“ gegen die Redispatch-Kosten

Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, gibt es für Tennet laut Unternehmenschefin Manon van Beek nur eine Maxime: „Bauen, bauen, bauen.“ Das haben die Niederländer auch im vergangenen Jahr getan und 7,7 Milliarden Euro netto in neue Höchstspannungsnetze für die Anbindung von Meereswindparks gesteckt. Das sind 70 Prozent mehr als im Jahr zuvor, 4,8 Milliarden Euro davon entfielen auf Leitungen in Deutschland.

Das Investitionsprogramm für die Zukunft steht unter dem Vorbehalt der möglichen Aufteilung des Unternehmens. Bis 2033 wolle Tennet 160 Milliarden Euro für neue Leitungen ausgeben, so Arina Freitag, das ist ein um noch einmal 49 Milliarden Euro nach oben korrigierter Wert. Um den Verkaufsprozess so transparent wie möglich zu gestalten, wisse der deutsche Staat, dass 60 Prozent davon für Projekte in Deutschland zu veranschlagen, also vom neuen Eigentümer zu tragen seien.

Schon die Dividendenausschüttung für das vergangene Jahr ist auf die Tennet-Spaltung ausgerichtet. 150 Millionen Euro erhält der niederländische Staat. Das sind über 50 Millionen Euro weniger als 2022, trotz um die Hälfte gestiegenen Ebits (1,8 Milliarden Euro vor Steuern und Zinsen) gegenüber 2022 (1,2 Milliarden Euro). Finanzchefin Arina Freitag begründete die zurückhaltende Ausschüttung damit, angesichts des angestrebten Verkaufs nicht zu viel Kapital aus dem Unternehmen zu ziehen. Die Niederlande haben in der vergangenen Dekade insgesamt 1,7 Milliarden Euro durch Tennets Geschäftsftätigkeit eingenommen.

Arbeiten am Südostlink auch in Bayern gestartet

Während Ebit und Investitionen stiegen, sank der Umsatz leicht um 600 Millionen auf 9,2 Milliarden Euro. Tennet begründet dies mit geringeren Einnahmen aus Systemleistungen, etwa dem Ausgleich von Netzverlusten durch zugekaufte Kapazität.

Tennet sieht nach Angaben von COO Maarten Abbenhuis nur eine Lösung, um die steigenden Strompreise in den Griff zu bekommen: den Bau von weiteren Leitungen. Kosten von zuletzt 4,2 Milliarden Euro nur für die Netzstabilisierung (Redispatch) ließen sich allein durch den beschleunigten Netzausbau einfangen. Die im Bau befindlichen Trassen Südlink (700-km-Trasse zwischen Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg) und Südostlink seien Beispiele dafür.

Seit dem 11. März ist der Bau der im Endstadium 780 Kilometer langen Südost-Verbindung von Wolmirstedt (Sachsen-Anhalt) zum Konverter-Standort Isar bei Landshut auch in Bayern wahrnehmbar. Im Landkreis Hof haben die ersten Trassenarbeiten begonnen. 2027 soll der Strom durch die Leitung fließen, die in Bayern weitgehend unterirdisch verläuft.

Der über Jahre nur träge vorangekommene Netzausbau in Deutschland komme nun endlich in Fahrt, sagte COO Maarten Abbenhuis. Dies sei unbedingt erforderlich, um auch die großen Nordsee-Windparks seltener abregeln zu müssen.

Montag, 11.03.2024, 17:22 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Bilanz - Tennet hält Verkauf des Deutschland-Geschäfts für wahrscheinlich
Quelle: Fotolia / Eisenhans
Bilanz
Tennet hält Verkauf des Deutschland-Geschäfts für wahrscheinlich
Der niederländische Netzbetreiber Tennet will sein Deutschland-Geschäft in den nächsten zwölf Monaten an die Bundesregierung loswerden. Vollzugsmeldungen dementierte das Unternehmen.
Eine Frage von Tagen soll es dann offenbar doch nicht sein. „Etwas zu schnell“ seien aktuelle Berichte, nach denen die Übernahme von Tennet Deutschland durch die Bundesregierung kurz bevorstünde, sagte Arina Freitag. Bei der Präsentation der Geschäftszahlen des niederländischen Netzbetreibers für 2023 sprach die Tennet-Finanzchefin am 11. März indes davon, dass der Verkauf „eher wahrscheinlich“ sei.

Binnen zwölf Monaten will Tennet das Geschäft mit der KfW-Bank, die im Auftrag des deutschen Staats handelt, abschließen. Spekulationen, nach denen der Kaufpreis bei 22 Milliarden Euro liegen soll, wollte Arina Freitag nicht kommentieren. Das Unternehmen erwarte aber einen „fairen, marktgerechten“ Preis, immerhin gehe es um zwei Drittel des gesamten Geschäfts. „Je höher der Verkaufserlös, desto besser“, sagte Tennets CFO. Weitere Bedingungen seien die Sicherheit stabiler Netze und eine enge Kooperation der niederländischen und deutschen Seite auch nach einer Aufspaltung.
 
Möglicherweise die letzte Tennet-Bilanz in dieser Zusammensetzung: (v.l.) Arina Freitag (CFO), Maarten Abbenhuis (COO), Pressesprecher Jorrit de Jong, Tim Meyerjürgens (COO) und Manon van Beek (CEO).
Quelle: E&M/Volker Stephan


Mehrfach verwies die vierköpfige Führungsregie bei der Jahresbilanz darauf, dass die deutschen Offshore- und Onshore-Verbindungen mindestens 60 Prozent des Ergebnisses ausmachen. Daraus ergibt sich auch der dringende Wunsch der Niederländer, das Deutschland-Geschäft abzustoßen: Die Investitionskosten für die Energiewende beim Nachbarn im Osten sind den Niederländern auf Dauer schlicht zu hoch. In diesem Jahr borgte Tennet sich bereits 25 Milliarden Euro beim niederländischen Staat, um die Investitionen beiderseits der Grenze für 2024 und 2025 stemmen zu können.

„Bauen, bauen, bauen“ gegen die Redispatch-Kosten

Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, gibt es für Tennet laut Unternehmenschefin Manon van Beek nur eine Maxime: „Bauen, bauen, bauen.“ Das haben die Niederländer auch im vergangenen Jahr getan und 7,7 Milliarden Euro netto in neue Höchstspannungsnetze für die Anbindung von Meereswindparks gesteckt. Das sind 70 Prozent mehr als im Jahr zuvor, 4,8 Milliarden Euro davon entfielen auf Leitungen in Deutschland.

Das Investitionsprogramm für die Zukunft steht unter dem Vorbehalt der möglichen Aufteilung des Unternehmens. Bis 2033 wolle Tennet 160 Milliarden Euro für neue Leitungen ausgeben, so Arina Freitag, das ist ein um noch einmal 49 Milliarden Euro nach oben korrigierter Wert. Um den Verkaufsprozess so transparent wie möglich zu gestalten, wisse der deutsche Staat, dass 60 Prozent davon für Projekte in Deutschland zu veranschlagen, also vom neuen Eigentümer zu tragen seien.

Schon die Dividendenausschüttung für das vergangene Jahr ist auf die Tennet-Spaltung ausgerichtet. 150 Millionen Euro erhält der niederländische Staat. Das sind über 50 Millionen Euro weniger als 2022, trotz um die Hälfte gestiegenen Ebits (1,8 Milliarden Euro vor Steuern und Zinsen) gegenüber 2022 (1,2 Milliarden Euro). Finanzchefin Arina Freitag begründete die zurückhaltende Ausschüttung damit, angesichts des angestrebten Verkaufs nicht zu viel Kapital aus dem Unternehmen zu ziehen. Die Niederlande haben in der vergangenen Dekade insgesamt 1,7 Milliarden Euro durch Tennets Geschäftsftätigkeit eingenommen.

Arbeiten am Südostlink auch in Bayern gestartet

Während Ebit und Investitionen stiegen, sank der Umsatz leicht um 600 Millionen auf 9,2 Milliarden Euro. Tennet begründet dies mit geringeren Einnahmen aus Systemleistungen, etwa dem Ausgleich von Netzverlusten durch zugekaufte Kapazität.

Tennet sieht nach Angaben von COO Maarten Abbenhuis nur eine Lösung, um die steigenden Strompreise in den Griff zu bekommen: den Bau von weiteren Leitungen. Kosten von zuletzt 4,2 Milliarden Euro nur für die Netzstabilisierung (Redispatch) ließen sich allein durch den beschleunigten Netzausbau einfangen. Die im Bau befindlichen Trassen Südlink (700-km-Trasse zwischen Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg) und Südostlink seien Beispiele dafür.

Seit dem 11. März ist der Bau der im Endstadium 780 Kilometer langen Südost-Verbindung von Wolmirstedt (Sachsen-Anhalt) zum Konverter-Standort Isar bei Landshut auch in Bayern wahrnehmbar. Im Landkreis Hof haben die ersten Trassenarbeiten begonnen. 2027 soll der Strom durch die Leitung fließen, die in Bayern weitgehend unterirdisch verläuft.

Der über Jahre nur träge vorangekommene Netzausbau in Deutschland komme nun endlich in Fahrt, sagte COO Maarten Abbenhuis. Dies sei unbedingt erforderlich, um auch die großen Nordsee-Windparks seltener abregeln zu müssen.

Montag, 11.03.2024, 17:22 Uhr
Volker Stephan

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