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Energie & Management > Österreich - Streit um Wärmestrategie
Quelle: Fotolia/YuI
Österreich

Streit um Wärmestrategie

Der weitgehend akkordierte Entwurf wesentlicher Punkte zur Wärmestrategie lehnen das österreichische Finanzministerium und Wirtschaftsvertreter ab. Es gibt noch Verhandlungsbedarf.
Im Umfeld des Bundesverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) herrscht Unmut. Der Grund: Schon allzu lange wird aus Sicht mancher Verbandsmitglieder über die geplante "Wärmestrategie" der Bundesregierung und der Landesregierungen diskutiert. Und, so berichten Insider, erst kürzlich habe das Finanzministerium (BMF) den im Wesentlichen abgestimmten Entwurf eines "Beschlusses des Politischen Steuerungsgremiums zur Wärmestrategie" blockiert.

Dieser Entwurf legt die wesentlichsten Punkte der Strategie fest. Doch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe entgegen einer entsprechenden Vereinbarung niemanden zu der Sitzung entsandt, in der der Entwurf beschlossen werden sollte. Damit konnte der Beschluss nicht erfolgen. Ein, höflich formuliert, schwer nachvollziehbares Vorgehen, da sich der Entwurf ohnehin weitgehend am Regierungsprogramm der Koalition aus der ÖVP und den Grünen orientiere. "Langsam aber sicher fragen wir uns, was Blümel und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eigentlich wollen und ob sie das selbst wissen", hieß es gegenüber der Redaktion.

Der Pressechef des Finanzministeriums, Johannes Pasquali (ÖVP), wies diese Vorhaltungen auf Anfrage der Redaktion indessen zurück. Ihm zufolge war das BMF bei der fraglichen Besprechung sehr wohl vertreten. Gegenteilige Behauptungen seien "nicht korrekt". Allerdings habe es noch keinen Beschluss gegeben: "Der Prozess zur Wärmestrategie ist noch im Laufen und wird vom BMF konstruktiv und lösungsorientiert begleitet."

Heikle Punkte

Tatsächlich enthält der Entwurf, der der Redaktion vorliegt, einige Punkte, die insbesondere in Kreisen der österreichischen Wirtschaft, der traditionellen Klientel der ÖVP, alles andere als wohlwollend aufgenommen werden. So ist vorgesehen, im kommenden "Erneuerbare-Wärme-Gesetz" (EWG) den stufenweisen Ausstieg aus fossilen Energieträgern im Raumwärmesektor zu verankern. Bei Ersatz zentraler Heizsysteme fordert der Entwurf schon ab dem 1. Juli 2022 verpflichtend den "Einbau eines klimafreundlichen Heizsystems (Erneuerbarengebot)".

Ab 2025 wären laut dem Entwurf Heizsysteme, die "ein bestimmtes Alter erreicht haben", dauerhaft stillzulegen oder auszutauschen, wenn sie mit festen oder flüssigen fossilen Energieträgern befeuert werden. Bis 2035 ist der völlige Ausstieg aus Erdöl, Flüssiggas und Kohle vorgesehen, bis 2040 auch jener aus Erdgas. Für sozial Schwache soll es Unterstützungen geben.

"Verbots- und Gebotsansatz"

Skeptisch zu dem vorliegenden Entwurf äußerte sich Stephan Schwarzer, der Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). "Wir haben Verständnis dafür, dass eine Wärmestrategie notwendig ist und zum künftigen Energiesystem beitragen soll. Aber es kommt auf die Ausgestaltung an", teilte Schwarzer der Redaktion mit.

Der derzeitige Entwurf folge einem "Verbots- und Gebots-Ansatz. Damit können wir nicht wirklich weiterkommen. Wir brauchen Investitionen, wir brauchen eine Strategie, die alle Technologien und CO2-freien Energieträger einbindet. Alleine mit dem Verbot fossiler Energieträger wird die Wärmewende nicht funktionieren". Flüssige und gasförmige, nicht-fossile Energieträger seien wesentliche Bestandteile eines nachhaltigen Energiesystems und zentral für die Versorgungssicherheit.

Handlungsbedarf sieht Schwarzer auch bei der Fördersystematik und bei den Genehmigungsverfahren. Statt beispielsweise jährlich neue Direktförderungen für Gebäudesanierungen auszuschütten, solle die Bundesregierung lieber auf langfristige steuerliche Absetzbeträge bauen. Derartige Sanierungen würden bekanntlich auf längere Sicht geplant. Daher müssten auch die Förderprogramme entsprechend ausgerichtet sein: "Ich würde mir ein stabiles Instrument wünschen, das bis 2030 gilt. Das wäre für den Fiskus billiger und für die Investoren berechenbar. Das Ziel muss ja sein, mit einem Fördereuro möglichst viel Wirkung zu erzielen." Die Genehmigungsverfahren wiederum seien zu straffen und zu vereinfachen. Es gehe nicht an, deren gesetzlich vorgesehene Dauer faktisch regelmäßig um viele Jahre zu überschreiten.

Freitag, 27.08.2021, 14:06 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Streit um Wärmestrategie
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Österreich
Streit um Wärmestrategie
Der weitgehend akkordierte Entwurf wesentlicher Punkte zur Wärmestrategie lehnen das österreichische Finanzministerium und Wirtschaftsvertreter ab. Es gibt noch Verhandlungsbedarf.
Im Umfeld des Bundesverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) herrscht Unmut. Der Grund: Schon allzu lange wird aus Sicht mancher Verbandsmitglieder über die geplante "Wärmestrategie" der Bundesregierung und der Landesregierungen diskutiert. Und, so berichten Insider, erst kürzlich habe das Finanzministerium (BMF) den im Wesentlichen abgestimmten Entwurf eines "Beschlusses des Politischen Steuerungsgremiums zur Wärmestrategie" blockiert.

Dieser Entwurf legt die wesentlichsten Punkte der Strategie fest. Doch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) habe entgegen einer entsprechenden Vereinbarung niemanden zu der Sitzung entsandt, in der der Entwurf beschlossen werden sollte. Damit konnte der Beschluss nicht erfolgen. Ein, höflich formuliert, schwer nachvollziehbares Vorgehen, da sich der Entwurf ohnehin weitgehend am Regierungsprogramm der Koalition aus der ÖVP und den Grünen orientiere. "Langsam aber sicher fragen wir uns, was Blümel und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eigentlich wollen und ob sie das selbst wissen", hieß es gegenüber der Redaktion.

Der Pressechef des Finanzministeriums, Johannes Pasquali (ÖVP), wies diese Vorhaltungen auf Anfrage der Redaktion indessen zurück. Ihm zufolge war das BMF bei der fraglichen Besprechung sehr wohl vertreten. Gegenteilige Behauptungen seien "nicht korrekt". Allerdings habe es noch keinen Beschluss gegeben: "Der Prozess zur Wärmestrategie ist noch im Laufen und wird vom BMF konstruktiv und lösungsorientiert begleitet."

Heikle Punkte

Tatsächlich enthält der Entwurf, der der Redaktion vorliegt, einige Punkte, die insbesondere in Kreisen der österreichischen Wirtschaft, der traditionellen Klientel der ÖVP, alles andere als wohlwollend aufgenommen werden. So ist vorgesehen, im kommenden "Erneuerbare-Wärme-Gesetz" (EWG) den stufenweisen Ausstieg aus fossilen Energieträgern im Raumwärmesektor zu verankern. Bei Ersatz zentraler Heizsysteme fordert der Entwurf schon ab dem 1. Juli 2022 verpflichtend den "Einbau eines klimafreundlichen Heizsystems (Erneuerbarengebot)".

Ab 2025 wären laut dem Entwurf Heizsysteme, die "ein bestimmtes Alter erreicht haben", dauerhaft stillzulegen oder auszutauschen, wenn sie mit festen oder flüssigen fossilen Energieträgern befeuert werden. Bis 2035 ist der völlige Ausstieg aus Erdöl, Flüssiggas und Kohle vorgesehen, bis 2040 auch jener aus Erdgas. Für sozial Schwache soll es Unterstützungen geben.

"Verbots- und Gebotsansatz"

Skeptisch zu dem vorliegenden Entwurf äußerte sich Stephan Schwarzer, der Leiter der Abteilung Umwelt- und Energiepolitik der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). "Wir haben Verständnis dafür, dass eine Wärmestrategie notwendig ist und zum künftigen Energiesystem beitragen soll. Aber es kommt auf die Ausgestaltung an", teilte Schwarzer der Redaktion mit.

Der derzeitige Entwurf folge einem "Verbots- und Gebots-Ansatz. Damit können wir nicht wirklich weiterkommen. Wir brauchen Investitionen, wir brauchen eine Strategie, die alle Technologien und CO2-freien Energieträger einbindet. Alleine mit dem Verbot fossiler Energieträger wird die Wärmewende nicht funktionieren". Flüssige und gasförmige, nicht-fossile Energieträger seien wesentliche Bestandteile eines nachhaltigen Energiesystems und zentral für die Versorgungssicherheit.

Handlungsbedarf sieht Schwarzer auch bei der Fördersystematik und bei den Genehmigungsverfahren. Statt beispielsweise jährlich neue Direktförderungen für Gebäudesanierungen auszuschütten, solle die Bundesregierung lieber auf langfristige steuerliche Absetzbeträge bauen. Derartige Sanierungen würden bekanntlich auf längere Sicht geplant. Daher müssten auch die Förderprogramme entsprechend ausgerichtet sein: "Ich würde mir ein stabiles Instrument wünschen, das bis 2030 gilt. Das wäre für den Fiskus billiger und für die Investoren berechenbar. Das Ziel muss ja sein, mit einem Fördereuro möglichst viel Wirkung zu erzielen." Die Genehmigungsverfahren wiederum seien zu straffen und zu vereinfachen. Es gehe nicht an, deren gesetzlich vorgesehene Dauer faktisch regelmäßig um viele Jahre zu überschreiten.

Freitag, 27.08.2021, 14:06 Uhr
Klaus Fischer

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