E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Politik - Streit um Timmermans-Nachfolge
Quelle: Pixabay / OpenClipart-Vectors
Politik

Streit um Timmermans-Nachfolge

Das Europäische Parlament hat die Entscheidung über die Nachfolge des ehemaligen Klimakommissars Frans Timmermans zunächst verschoben.

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes gab am Dienstag in Straßburg keine Empfehlung für den von der niederländischen Regierung vorgeschlagenen Klimakommissar Wopke Hoekstra ab. Der Ausschussvorsitzende, Pascal Canfin, sagte in Straßburg, Hoekstra solle bis Mittwochmorgen weitere Fragen beantworten.

In der Anhörung des Ausschusses hatten vor allem Abgeordnete der Grünen und der Sozialdemokraten Zweifel an der Unabhängigkeit des Niederländers angemeldet. „Wir brauchen einen Klimakommissar, der unabhängig und glaubwürdig ist“, sagte der grüne Abgeordnete Michael Bloss. Der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölki kritisierte, Hoekstra habe „viele Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet“.

Zahlreiche Umweltverbände hatten in den letzten Tagen Vorbehalte wegen seines beruflichen Werdegangs gegen Hoekstra angemeldet. Der Niederländer war vor seiner Berufung zum Finanzminister unter anderem für den Minerölkonzern Shell und die Beraterfirma McKinsey tätig gewesen. Als Finanzminister habe er staatliche Beihilfen für die Airline KLM gebilligt. Hoekstra verfüge auch nicht über Erfahrungen in der Klimapolitik. In einem Brief an den Vorsitzenden des Umweltausschusses, Pacal Canfin, verlangten die Umweltverbände, die Nominierung Hoekstras zum Klimakommissar abzulehnen.

Auch der Vizepräsident der Kommission, Maros Sefcovic, wurde am Dienstag nicht in seiner Zuständigkeit für den Klimapakt (Green Deal) bestätigt. Der umweltpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion, Peter Liese (CDU) verwies in der Anhörung darauf, dass Sefcovic zwei Mal vom Sieger der jüngsten Parlamentswahl in der Slowakei, Robert Fico, nominiert wurde. Fico habe seinen Wahlkampf mit russlandfreundlichen Positionen bestritten, die im Widerspruch zur Haltung der EU im Krieg Russlands gegen die Ukraine stünden.

Klimaziel: 90 Prozent weniger Emissionen

Beide Politiker sprachen sich vor dem Ausschuss dafür aus, das Klimaziel der EU für 2040 auf „mindestens 90 Prozent“ festzulegen, betonten jedoch, dass es sich dabei um ihre persönliche Meinung handele. Sie betonten, dass die Entscheidung darüber nur von der gesamten Kommission und erst getroffen werde, wenn eine genaue Wirkungsanalyse dieses Klimazieles vorliege. Die Kommission will eine solche Analyse, im ersten Quartal nächsten Jahres vorlegen.

Hoekstra sagte in der Anhörung des Ausschusses: „Wir sollten uns 90 Prozent vornehmen und dafür sorgen, dass dieses Ziel für die Unternehmen und die Bürger erreichbar wird.“ Er wolle dafür alle verfügbaren Instrumente der EU einsetzen. Der Niederländer versprach den Abgeordneten, er werde sich auf der bevorstehenden Klimakonferenz COP28 für anspruchsvolle Ziele einsetzen, insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung von Mitteln zur Bewältigung des Klimawandels („loss and damage“). Den ärmsten Ländern und denjenigen, die am meisten vom Klimawandel betroffen seien, müsse schnell geholfen werden. Mit Blick auf die Senkung der globalen Emissionen sollten sich die Vertragsparteien dazu verpflichten, dass der Höhepunkt der weltweiten CO2-Emissionen 2025 überschritten werde.

Bis 2030 sollte die Energieeffizienz entscheidend verbessert und die installierte Kapazität zur Nutzung erneuerbarer Energien weltweit verdreifacht werden. Innerhalb der EU will sich Hoekstra vor allem für die Abschaffung von Subventionen für fossile Energien und eine Reform der Energiebesteurrung einsetzen. In der nächsten Finanzplanung dürfe es keine Beihilfen mehr für fossile Energien geben. Die von der Kommission bereits im Juli 2021 gemachten Vorschläge könnten dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Es gehe darum, Strom nicht mehr höher zu besteuern als Kohle oder Gas. Kerosin für den Luftverkehr müsse so bald wie möglich genauso besteuert werden wie Kraftstoffe in anderen Sektoren. Mit Blick auf die Umsetzung des vereinbarten Verbrennerverbotes für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bekannte sich Hoekstra ausdrücklich zu dem erzielten Kompromiss, nach dem Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betreiben werden, als Null-Emmissions-Autos anerkannt werden. Er werde eine entsprechende Verordnung umgehend vorlegen.

Bei der Umsetzung des Klimapaktes will sich Hoekstra vor allem um die Industriezweige kümmern, die ihre Emissionen nur schwer zurückfahren können. Es sei deswegen wichtig, das von der Kommission anvisierte Ziel, bis 2030 Kapazitäten zur Einlagerung von 50 Millionen Tonnen CO2 zu schaffen, auch zu erreichen. Die EU werde mindestens 20 bis 30 Jahre „erhöhter Anstrengungen“ benötigen, um den klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft zu bewältigen, sagte Hoekstra am Ende der Diskussion mit den Abgeordneten: „Und das schaffen wir nur, wenn wir einen breiten Konsens für die Transition zustande bringen.“

Dialog mit allen Akteuren

Auch Sefcovic betonte die Notwendigkeit, Widerstände gegen den Klimapakt zu überwinden. Die Umsetzung der in den letzten Monaten beschlossenen Vorschriften sei seine wichtigste Aufgabe in der verbleibenden Amtszeit der Kommission. Vorrang habe dabei ein „regelmäßiger und offener Dialog mit allen Akteuren“. Für die nächsten Monate kündigte Sefcovic unter anderem einen „Grünen Sozialdialog“ mit den Bürgern und einen „Dialog für eine saubere Transition“ mit der Industrie an.

Zunächst werde es um den Aufbau der europäischen Wasserstoffwirtschaft gehen, danach um die „Windindustrie, die sich in einer schwierigen Lage befindet“. Zweite Priorität haben für Sefcovic die notwendigen Investitionen. Die Kommission werde die Mitgliedsstaaten dabei unterstützen, ein günstiges Investitionsklima zu schaffen. Sie werde sich auch dafür einsetzen, dass im Haushalt der EU möglichst viel Mittel dafür bereitgestellt würden.

Gleichzeitig soll der Druck auf die Mitgliedsstaaten erhöht werden. Die Kommission werde den Klimavorschriften, wenn nötig, auch durch die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren Nachdruck verleihen, kündigte Sefcovic in seiner schriftlichen Antwort auf die Fragen des Ausschusses an. Die EVP-Fraktion hatte im Vorfeld der Entscheidung des Parlamentes deutlich gemacht, dass sie ihre Zustimmung zur Nominierung von Sefcovic davon abhängig macht, dass auch Hoekstra bestätigt wird. Die Abstimmung über beide Personalien ist am Donnerstag geplant.

Mittwoch, 4.10.2023, 11:27 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Politik - Streit um Timmermans-Nachfolge
Quelle: Pixabay / OpenClipart-Vectors
Politik
Streit um Timmermans-Nachfolge

Das Europäische Parlament hat die Entscheidung über die Nachfolge des ehemaligen Klimakommissars Frans Timmermans zunächst verschoben.

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes gab am Dienstag in Straßburg keine Empfehlung für den von der niederländischen Regierung vorgeschlagenen Klimakommissar Wopke Hoekstra ab. Der Ausschussvorsitzende, Pascal Canfin, sagte in Straßburg, Hoekstra solle bis Mittwochmorgen weitere Fragen beantworten.

In der Anhörung des Ausschusses hatten vor allem Abgeordnete der Grünen und der Sozialdemokraten Zweifel an der Unabhängigkeit des Niederländers angemeldet. „Wir brauchen einen Klimakommissar, der unabhängig und glaubwürdig ist“, sagte der grüne Abgeordnete Michael Bloss. Der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölki kritisierte, Hoekstra habe „viele Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet“.

Zahlreiche Umweltverbände hatten in den letzten Tagen Vorbehalte wegen seines beruflichen Werdegangs gegen Hoekstra angemeldet. Der Niederländer war vor seiner Berufung zum Finanzminister unter anderem für den Minerölkonzern Shell und die Beraterfirma McKinsey tätig gewesen. Als Finanzminister habe er staatliche Beihilfen für die Airline KLM gebilligt. Hoekstra verfüge auch nicht über Erfahrungen in der Klimapolitik. In einem Brief an den Vorsitzenden des Umweltausschusses, Pacal Canfin, verlangten die Umweltverbände, die Nominierung Hoekstras zum Klimakommissar abzulehnen.

Auch der Vizepräsident der Kommission, Maros Sefcovic, wurde am Dienstag nicht in seiner Zuständigkeit für den Klimapakt (Green Deal) bestätigt. Der umweltpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion, Peter Liese (CDU) verwies in der Anhörung darauf, dass Sefcovic zwei Mal vom Sieger der jüngsten Parlamentswahl in der Slowakei, Robert Fico, nominiert wurde. Fico habe seinen Wahlkampf mit russlandfreundlichen Positionen bestritten, die im Widerspruch zur Haltung der EU im Krieg Russlands gegen die Ukraine stünden.

Klimaziel: 90 Prozent weniger Emissionen

Beide Politiker sprachen sich vor dem Ausschuss dafür aus, das Klimaziel der EU für 2040 auf „mindestens 90 Prozent“ festzulegen, betonten jedoch, dass es sich dabei um ihre persönliche Meinung handele. Sie betonten, dass die Entscheidung darüber nur von der gesamten Kommission und erst getroffen werde, wenn eine genaue Wirkungsanalyse dieses Klimazieles vorliege. Die Kommission will eine solche Analyse, im ersten Quartal nächsten Jahres vorlegen.

Hoekstra sagte in der Anhörung des Ausschusses: „Wir sollten uns 90 Prozent vornehmen und dafür sorgen, dass dieses Ziel für die Unternehmen und die Bürger erreichbar wird.“ Er wolle dafür alle verfügbaren Instrumente der EU einsetzen. Der Niederländer versprach den Abgeordneten, er werde sich auf der bevorstehenden Klimakonferenz COP28 für anspruchsvolle Ziele einsetzen, insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung von Mitteln zur Bewältigung des Klimawandels („loss and damage“). Den ärmsten Ländern und denjenigen, die am meisten vom Klimawandel betroffen seien, müsse schnell geholfen werden. Mit Blick auf die Senkung der globalen Emissionen sollten sich die Vertragsparteien dazu verpflichten, dass der Höhepunkt der weltweiten CO2-Emissionen 2025 überschritten werde.

Bis 2030 sollte die Energieeffizienz entscheidend verbessert und die installierte Kapazität zur Nutzung erneuerbarer Energien weltweit verdreifacht werden. Innerhalb der EU will sich Hoekstra vor allem für die Abschaffung von Subventionen für fossile Energien und eine Reform der Energiebesteurrung einsetzen. In der nächsten Finanzplanung dürfe es keine Beihilfen mehr für fossile Energien geben. Die von der Kommission bereits im Juli 2021 gemachten Vorschläge könnten dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Es gehe darum, Strom nicht mehr höher zu besteuern als Kohle oder Gas. Kerosin für den Luftverkehr müsse so bald wie möglich genauso besteuert werden wie Kraftstoffe in anderen Sektoren. Mit Blick auf die Umsetzung des vereinbarten Verbrennerverbotes für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bekannte sich Hoekstra ausdrücklich zu dem erzielten Kompromiss, nach dem Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betreiben werden, als Null-Emmissions-Autos anerkannt werden. Er werde eine entsprechende Verordnung umgehend vorlegen.

Bei der Umsetzung des Klimapaktes will sich Hoekstra vor allem um die Industriezweige kümmern, die ihre Emissionen nur schwer zurückfahren können. Es sei deswegen wichtig, das von der Kommission anvisierte Ziel, bis 2030 Kapazitäten zur Einlagerung von 50 Millionen Tonnen CO2 zu schaffen, auch zu erreichen. Die EU werde mindestens 20 bis 30 Jahre „erhöhter Anstrengungen“ benötigen, um den klimafreundlichen Umbau ihrer Wirtschaft zu bewältigen, sagte Hoekstra am Ende der Diskussion mit den Abgeordneten: „Und das schaffen wir nur, wenn wir einen breiten Konsens für die Transition zustande bringen.“

Dialog mit allen Akteuren

Auch Sefcovic betonte die Notwendigkeit, Widerstände gegen den Klimapakt zu überwinden. Die Umsetzung der in den letzten Monaten beschlossenen Vorschriften sei seine wichtigste Aufgabe in der verbleibenden Amtszeit der Kommission. Vorrang habe dabei ein „regelmäßiger und offener Dialog mit allen Akteuren“. Für die nächsten Monate kündigte Sefcovic unter anderem einen „Grünen Sozialdialog“ mit den Bürgern und einen „Dialog für eine saubere Transition“ mit der Industrie an.

Zunächst werde es um den Aufbau der europäischen Wasserstoffwirtschaft gehen, danach um die „Windindustrie, die sich in einer schwierigen Lage befindet“. Zweite Priorität haben für Sefcovic die notwendigen Investitionen. Die Kommission werde die Mitgliedsstaaten dabei unterstützen, ein günstiges Investitionsklima zu schaffen. Sie werde sich auch dafür einsetzen, dass im Haushalt der EU möglichst viel Mittel dafür bereitgestellt würden.

Gleichzeitig soll der Druck auf die Mitgliedsstaaten erhöht werden. Die Kommission werde den Klimavorschriften, wenn nötig, auch durch die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren Nachdruck verleihen, kündigte Sefcovic in seiner schriftlichen Antwort auf die Fragen des Ausschusses an. Die EVP-Fraktion hatte im Vorfeld der Entscheidung des Parlamentes deutlich gemacht, dass sie ihre Zustimmung zur Nominierung von Sefcovic davon abhängig macht, dass auch Hoekstra bestätigt wird. Die Abstimmung über beide Personalien ist am Donnerstag geplant.

Mittwoch, 4.10.2023, 11:27 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.