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Energie & Management > Gas - Steigende Gaspreise erhöhen Handlungsdruck auf die Politik
Quelle: Shutterstock / Dabarti CGI
Gas

Steigende Gaspreise erhöhen Handlungsdruck auf die Politik

Die Rekordpreise beim Gas sorgen für Aufregung in Deutschland und Europa. Immer wieder wird dabei die Rolle Russlands diskutiert. Und Verbraucherzentralen sehen die Politik gefordert.
Präsident Wladimir Putin wehrt sich – wie berichtet – seit Tagen kategorisch gegen Vorwürfe, Russland sei für die immer neuen Gaspreisrekorde verantwortlich. Er räumt allerdings inzwischen ein, dass dringend gehandelt werden müsse, um die Lage zu entspannen. Der Staatskonzern Gazprom, so heißt es, könne helfen, wenn es für ihn nicht zu teuer werde. Russland sei offen für Angebote der Großabnehmer aus der EU und für neue Verträge, betonte der Kreml.

Als Lösung könnte der Gastransit über die Ukraine deutlich ausgeweitet werden. Doch sei das teuer für Gazprom. Das wiederum wird als Putins Art zu sagen gewertet, dass die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 für den günstigen Gastransport bereitsteht und nur noch die Betriebsgenehmigung der deutschen Behörden fehlt. Der Kreml weist immer wieder darauf hin, dass die rasche Inbetriebnahme Entspannung in der Energiekrise bringen könne.

Schuld an den hohen Preisen sei nicht Russland, sondern die Lage auf dem Weltmarkt – und eine verfehlte Energiepolitik der EU, betont Putin. Trotz Russlands Warnungen sei sie von Langzeitverträgen abgerückt und zum Handel an den Energiebörsen übergegangen.

Manipulationsvorwürfe "haltlos und absurd"

Auch Rainer Seele, der Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK), bezeichnet Vorwürfe aus der EU, Russland manipuliere den Gaspreis, um die Ostseepipeline Nord Stream 2 schneller mit Gas zu füllen, als „haltlos und absurd“. Gazprom liefere die vereinbarten Mengen, was auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in dieser Woche hervorgehoben hatte. Seele kritisiert ebenfalls, dass auf langfristige Verträge verzichtet wurde. Deutschland verbraucht nach AHK-Angaben rund 87 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, davon 55 % aus Russland.

Die Europäische Kommission will in der kommenden Woche Handlungsoptionen vorschlagen. So ist denkbar, dass EU-Länder beim Einkauf von Gas zusammenarbeiten oder zumindest gemeinsame strategische Reserven anlegen.

Für die derzeitige Situation wird auch der weltweite Energiehunger nach der Corona-Krise verantwortlich gemacht. Hinzukommen geschrumpfte Gasvorräte nach dem ungewöhnlich kalten Winter, geringere Gaslieferungen wegen Instandhaltungsarbeiten an Pipelines und ein Rückgang der Gasproduktion in Europa. Auch landet ein Teil des Flüssigerdgases (LNG), das normalerweise nach Europa verschifft wird, in Asien, weil dort noch höhere Preise bezahlt werden.

Verbraucherzentralen fordern Preisdeckel

Die Verbraucherzentralen in Deutschland fordern im Zusammenhang mit den hohen Gaspreisen, die Bundesregierung solle prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, die Endkundenpreise zu begrenzen. Die Bürger würden zwar die derzeitigen Preissprünge nicht so sehr spüren, da es sich um Großhandelspreise handelt. Sollte sich der Trend allerdings verstetigen, so heißt es in einer Veröffentlichung des Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), würden die Gasversorger ihre Tarife aber anpassen.

Private Haushalte mit geringem Einkommen hätten bereits unter normalen Umständen oftmals Probleme, ihre Energierechnungen pünktlich zu begleichen. Dementsprechend seien sie besonders stark betroffen. Sollte der Gaspreis in der Wintersaison 2021/2022 stark ansteigen, sollte die Bundesregierung Gassperren für private Haushalte für diese Zeit aussetzen, fordert der VZBV.

Die hohe Preisvolatilität mache deutlich, dass es auch im Hinblick auf die Versorgungssicherheit im Interesse Deutschlands ist, sich möglichst schnell von importierten fossilen Energieträgern unabhängiger zu machen, etwa durch strombetriebene Wärmepumpen in Verbindung mit einem hohen Energieeffizienzstandard der Gebäude.

Von „Energiepreisen des Grauens“ sprach unterdessen VZBV-Chef Klaus Müller in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Dabei brachte er auch ein höheres Wohngeld ins Spiel und erklärte, die Gasspeicher müssten bis zum Winter besser befüllt sein, als sie es mit zwei Dritteln jetzt sind.
 

RWE will mehr Gaskraftwerke für sichere Stromversorgung

Der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, fordert den Bau neuer Gaskraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung. „Wir brauchen in Deutschland ungefähr 20 bis 30 Gigawatt neue Gaskraftwerke“, sagte Krebber gegenüber der Wirtschaftswoche. Das würde eine Verdopplung der bisherigen Kapazitäten bedeuten.

Krebber sieht Gaskraftwerke als Übergangstechnologie hin zur Stromversorgung ausschließlich über erneuerbare Energiequellen. Sie könnten auch verhältnismäßig günstig auf den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet werden.

Wegen der aktuellen Preise stehen Gaskraftwerke allerdings unter erheblichem Preisdruck, und sie sind wenig rentabel. Im August lag die Stromerzeugung mit Gas nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 55 % unter der des Vorjahresmonats.
 

Freitag, 8.10.2021, 16:22 Uhr
Günter Drewnitzky und dpa
Energie & Management > Gas - Steigende Gaspreise erhöhen Handlungsdruck auf die Politik
Quelle: Shutterstock / Dabarti CGI
Gas
Steigende Gaspreise erhöhen Handlungsdruck auf die Politik
Die Rekordpreise beim Gas sorgen für Aufregung in Deutschland und Europa. Immer wieder wird dabei die Rolle Russlands diskutiert. Und Verbraucherzentralen sehen die Politik gefordert.
Präsident Wladimir Putin wehrt sich – wie berichtet – seit Tagen kategorisch gegen Vorwürfe, Russland sei für die immer neuen Gaspreisrekorde verantwortlich. Er räumt allerdings inzwischen ein, dass dringend gehandelt werden müsse, um die Lage zu entspannen. Der Staatskonzern Gazprom, so heißt es, könne helfen, wenn es für ihn nicht zu teuer werde. Russland sei offen für Angebote der Großabnehmer aus der EU und für neue Verträge, betonte der Kreml.

Als Lösung könnte der Gastransit über die Ukraine deutlich ausgeweitet werden. Doch sei das teuer für Gazprom. Das wiederum wird als Putins Art zu sagen gewertet, dass die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 für den günstigen Gastransport bereitsteht und nur noch die Betriebsgenehmigung der deutschen Behörden fehlt. Der Kreml weist immer wieder darauf hin, dass die rasche Inbetriebnahme Entspannung in der Energiekrise bringen könne.

Schuld an den hohen Preisen sei nicht Russland, sondern die Lage auf dem Weltmarkt – und eine verfehlte Energiepolitik der EU, betont Putin. Trotz Russlands Warnungen sei sie von Langzeitverträgen abgerückt und zum Handel an den Energiebörsen übergegangen.

Manipulationsvorwürfe "haltlos und absurd"

Auch Rainer Seele, der Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK), bezeichnet Vorwürfe aus der EU, Russland manipuliere den Gaspreis, um die Ostseepipeline Nord Stream 2 schneller mit Gas zu füllen, als „haltlos und absurd“. Gazprom liefere die vereinbarten Mengen, was auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in dieser Woche hervorgehoben hatte. Seele kritisiert ebenfalls, dass auf langfristige Verträge verzichtet wurde. Deutschland verbraucht nach AHK-Angaben rund 87 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, davon 55 % aus Russland.

Die Europäische Kommission will in der kommenden Woche Handlungsoptionen vorschlagen. So ist denkbar, dass EU-Länder beim Einkauf von Gas zusammenarbeiten oder zumindest gemeinsame strategische Reserven anlegen.

Für die derzeitige Situation wird auch der weltweite Energiehunger nach der Corona-Krise verantwortlich gemacht. Hinzukommen geschrumpfte Gasvorräte nach dem ungewöhnlich kalten Winter, geringere Gaslieferungen wegen Instandhaltungsarbeiten an Pipelines und ein Rückgang der Gasproduktion in Europa. Auch landet ein Teil des Flüssigerdgases (LNG), das normalerweise nach Europa verschifft wird, in Asien, weil dort noch höhere Preise bezahlt werden.

Verbraucherzentralen fordern Preisdeckel

Die Verbraucherzentralen in Deutschland fordern im Zusammenhang mit den hohen Gaspreisen, die Bundesregierung solle prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, die Endkundenpreise zu begrenzen. Die Bürger würden zwar die derzeitigen Preissprünge nicht so sehr spüren, da es sich um Großhandelspreise handelt. Sollte sich der Trend allerdings verstetigen, so heißt es in einer Veröffentlichung des Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), würden die Gasversorger ihre Tarife aber anpassen.

Private Haushalte mit geringem Einkommen hätten bereits unter normalen Umständen oftmals Probleme, ihre Energierechnungen pünktlich zu begleichen. Dementsprechend seien sie besonders stark betroffen. Sollte der Gaspreis in der Wintersaison 2021/2022 stark ansteigen, sollte die Bundesregierung Gassperren für private Haushalte für diese Zeit aussetzen, fordert der VZBV.

Die hohe Preisvolatilität mache deutlich, dass es auch im Hinblick auf die Versorgungssicherheit im Interesse Deutschlands ist, sich möglichst schnell von importierten fossilen Energieträgern unabhängiger zu machen, etwa durch strombetriebene Wärmepumpen in Verbindung mit einem hohen Energieeffizienzstandard der Gebäude.

Von „Energiepreisen des Grauens“ sprach unterdessen VZBV-Chef Klaus Müller in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen. Dabei brachte er auch ein höheres Wohngeld ins Spiel und erklärte, die Gasspeicher müssten bis zum Winter besser befüllt sein, als sie es mit zwei Dritteln jetzt sind.
 

RWE will mehr Gaskraftwerke für sichere Stromversorgung

Der Chef des Energiekonzerns RWE, Markus Krebber, fordert den Bau neuer Gaskraftwerke zur Sicherung der Stromversorgung. „Wir brauchen in Deutschland ungefähr 20 bis 30 Gigawatt neue Gaskraftwerke“, sagte Krebber gegenüber der Wirtschaftswoche. Das würde eine Verdopplung der bisherigen Kapazitäten bedeuten.

Krebber sieht Gaskraftwerke als Übergangstechnologie hin zur Stromversorgung ausschließlich über erneuerbare Energiequellen. Sie könnten auch verhältnismäßig günstig auf den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet werden.

Wegen der aktuellen Preise stehen Gaskraftwerke allerdings unter erheblichem Preisdruck, und sie sind wenig rentabel. Im August lag die Stromerzeugung mit Gas nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 55 % unter der des Vorjahresmonats.
 

Freitag, 8.10.2021, 16:22 Uhr
Günter Drewnitzky und dpa

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