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Energie & Management > E-World - Staat bekämpft Gaspreise nicht mit der Gießkanne
Gasspeicher Empelde, Quelle: Enercity
E-World

Staat bekämpft Gaspreise nicht mit der Gießkanne

Die Öffentlichkeit muss über die Situation auf dem Gasmarkt und die erwartbaren Preissteigerungen besser informiert werden. Darin sind Bundesnetzagentur und Energiekonzerne sich einig.
Die sozialen Folgen der Preisexplosion auf den Energiemärkten gilt es abzufedern. Darüber herrscht Einigkeit bei den Spitzenvertretern von Bundesnetzagentur und Energiekonzernen. Preisrabatte oder Energiesparbelohnungen "mit der Gießkanne" soll es im bevorstehenden "teuren Winter" aber möglichst nicht geben.

Mit Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, Eon-Vorstandsmitglied Thomas König und Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach diskutierten drei Führungskräfte am Eröffnungstag der E-world in Essen aus unterschiedlichem Blickwinkel die drohende Gasmangellage in Deutschland. Müller wäre als Chef der Regulierungsbehörde bei ausfallenden Gasimporten aus Russland in letzter Instanz als Bundeslastverteiler dafür verantwortlich, die verfügbaren Mengen zu rationieren und zuzuteilen. "Für mich ist es keine Traumvorstellung, Präsident einer Behörde zu sein, auf die ein solches Szenario zuläuft", sagte Müller während des Diskussionsforums.

Die Endverbraucher, sagte Maubach, sähen derzeit die bis zum Sechsfachen angestiegenen Gaspreise gar nicht. Sie würden erst verzögert in den Privathaushalten ankommen. Gassparen müsse daher jetzt in allen Bereichen "großflächig attraktiv gemacht werden", so der Chef von Uniper, das Gas weltweit einkauft und an Endkunden in der Industrie verkauft. Thomas König, der die Sicht eines Verteilnetzbetreibers in die Diskussion einbrachte, teilte Maubachs Ansicht, jenen Menschen "punktuell finanziell zu helfen, die ins kurze Gras zu kommen drohen". Er habe nie gedacht, dass Bevölkerungsteile in Deutschland – wie in Großbritannien schon länger – von „Energiearmut“ betroffen sein könnten.

Druck vom angespannten Gasmarkt nehmen

Auch Klaus Müller hält es weder für klug noch finanzierbar, dass der Staat ohne Unterschied preisdämpfend auf das Geschehen einwirkt. Noch sei es möglich, auch den Verbrauch so zu beeinflussen, dass die Gasspeicher zum Winter 2022/23 bis zu 90 % gefüllt würden. Die Bundesregierung bemühe sich zudem, weitere Beschaffungsmärkte in Frankreich, Belgien und den Niederlanden zu öffnen. Zwei schwimmende LNG-Terminals anzuschließen, sei im Winter 2022/23 ebenfalls realistisch. "Wobei der Winter nicht am 31. Dezember endet", so Müller über den Zeithorizont bis zur Fertigstellung der schnellen Lösungen.

Jede weitere Idee, Druck vom angespannten Gasmarkt zu nehmen, sei willkommen, so Müller. Er verweist dabei auch auf die jüngste entwickelte Idee der Ampelkoalition, ein "Regelenergieprodukt" zuzulassen. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit für Industrieunternehmen, in einer Art permanenter Auktion eingekauftes Gas auf dem Markt anzubieten, das über den eigenen Verbrauch hinaus zur Verfügung steht. Hier sind durchaus nennenswerte Mengen zu erwarten. Klaus-Dieter Maubach berichtete, dass es bereits jetzt unter den Uniper-Kunden Unternehmen gebe, die zu günstigen Konditionen erworbenes Gas aktuell einfach weiterverkauften. "Hier liegt die Marge offenbar deutlich höher als jene, die die Firmen mit der Herstellung ihrer eigentlichen Produkte erzielen", so Maubach.

Alle Ideen, die jetzt zusammengetragen würden, könnten sehr wahrscheinlich nicht sämtliche negativen Folgen im bevorstehenden Winter mildern, so Klaus Müller. Was aber bis Sommer 2023 an klugen Maßnahmen entwickelt werde, könne spätestens mit Blick auf den ebenfalls schwierigen Winter 2023/24 wirksam werden.

Der breiten Öffentlichkeit ist die Lage unklar

In jedem Fall, so Thomas König, gelte es, sofort ein "Kommunikationsdefizit" zu beheben. "Den Menschen auf der Straße ist die Lage überhaupt nicht klar", so der Eon-Vorstand. Das liege laut Klaus Müller auch am aktuell warmem Sommerwetter, das andere Gedanken in den Hintergrund rücken lasse. König forderte daher eine konzertierte Aktion von Politik, Regulierungsbehörde, Energiebranche und Kommunen, das drängende Problem der steigenden Preise in die Öffentlichkeit zu bringen. "Wir müssen eine Sprache sprechen und Energiesparpläne wie von Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht sofort zerreden."

Dafür kam Zustimmung von Müller und Maubach. Der Uniper-Chef gab auch zur Hoffnung Anlass. Er sehe angesichts der Energiekrise schon jetzt allgemein Verhaltensänderungen und eine hohe Investitionsbereitschaft. Ganz ohne allgemeine Solarpflicht, mit der sich manche Bundesländer schwertun, gebe es einen Run der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Sonnenkraftwerke auf Hausdächern. Auch Wärmepumpen seien stark nachgefragt. Mit dem erforderlichen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien sei daher die "Krise auch eine Chance, die Energiewende nicht nur wegen des Klimawandels, sondern auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit voranzutreiben".

Dienstag, 21.06.2022, 16:40 Uhr
Volker Stephan
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Gasspeicher Empelde, Quelle: Enercity
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Staat bekämpft Gaspreise nicht mit der Gießkanne
Die Öffentlichkeit muss über die Situation auf dem Gasmarkt und die erwartbaren Preissteigerungen besser informiert werden. Darin sind Bundesnetzagentur und Energiekonzerne sich einig.
Die sozialen Folgen der Preisexplosion auf den Energiemärkten gilt es abzufedern. Darüber herrscht Einigkeit bei den Spitzenvertretern von Bundesnetzagentur und Energiekonzernen. Preisrabatte oder Energiesparbelohnungen "mit der Gießkanne" soll es im bevorstehenden "teuren Winter" aber möglichst nicht geben.

Mit Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, Eon-Vorstandsmitglied Thomas König und Uniper-Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach diskutierten drei Führungskräfte am Eröffnungstag der E-world in Essen aus unterschiedlichem Blickwinkel die drohende Gasmangellage in Deutschland. Müller wäre als Chef der Regulierungsbehörde bei ausfallenden Gasimporten aus Russland in letzter Instanz als Bundeslastverteiler dafür verantwortlich, die verfügbaren Mengen zu rationieren und zuzuteilen. "Für mich ist es keine Traumvorstellung, Präsident einer Behörde zu sein, auf die ein solches Szenario zuläuft", sagte Müller während des Diskussionsforums.

Die Endverbraucher, sagte Maubach, sähen derzeit die bis zum Sechsfachen angestiegenen Gaspreise gar nicht. Sie würden erst verzögert in den Privathaushalten ankommen. Gassparen müsse daher jetzt in allen Bereichen "großflächig attraktiv gemacht werden", so der Chef von Uniper, das Gas weltweit einkauft und an Endkunden in der Industrie verkauft. Thomas König, der die Sicht eines Verteilnetzbetreibers in die Diskussion einbrachte, teilte Maubachs Ansicht, jenen Menschen "punktuell finanziell zu helfen, die ins kurze Gras zu kommen drohen". Er habe nie gedacht, dass Bevölkerungsteile in Deutschland – wie in Großbritannien schon länger – von „Energiearmut“ betroffen sein könnten.

Druck vom angespannten Gasmarkt nehmen

Auch Klaus Müller hält es weder für klug noch finanzierbar, dass der Staat ohne Unterschied preisdämpfend auf das Geschehen einwirkt. Noch sei es möglich, auch den Verbrauch so zu beeinflussen, dass die Gasspeicher zum Winter 2022/23 bis zu 90 % gefüllt würden. Die Bundesregierung bemühe sich zudem, weitere Beschaffungsmärkte in Frankreich, Belgien und den Niederlanden zu öffnen. Zwei schwimmende LNG-Terminals anzuschließen, sei im Winter 2022/23 ebenfalls realistisch. "Wobei der Winter nicht am 31. Dezember endet", so Müller über den Zeithorizont bis zur Fertigstellung der schnellen Lösungen.

Jede weitere Idee, Druck vom angespannten Gasmarkt zu nehmen, sei willkommen, so Müller. Er verweist dabei auch auf die jüngste entwickelte Idee der Ampelkoalition, ein "Regelenergieprodukt" zuzulassen. Dabei handelt es sich um die Möglichkeit für Industrieunternehmen, in einer Art permanenter Auktion eingekauftes Gas auf dem Markt anzubieten, das über den eigenen Verbrauch hinaus zur Verfügung steht. Hier sind durchaus nennenswerte Mengen zu erwarten. Klaus-Dieter Maubach berichtete, dass es bereits jetzt unter den Uniper-Kunden Unternehmen gebe, die zu günstigen Konditionen erworbenes Gas aktuell einfach weiterverkauften. "Hier liegt die Marge offenbar deutlich höher als jene, die die Firmen mit der Herstellung ihrer eigentlichen Produkte erzielen", so Maubach.

Alle Ideen, die jetzt zusammengetragen würden, könnten sehr wahrscheinlich nicht sämtliche negativen Folgen im bevorstehenden Winter mildern, so Klaus Müller. Was aber bis Sommer 2023 an klugen Maßnahmen entwickelt werde, könne spätestens mit Blick auf den ebenfalls schwierigen Winter 2023/24 wirksam werden.

Der breiten Öffentlichkeit ist die Lage unklar

In jedem Fall, so Thomas König, gelte es, sofort ein "Kommunikationsdefizit" zu beheben. "Den Menschen auf der Straße ist die Lage überhaupt nicht klar", so der Eon-Vorstand. Das liege laut Klaus Müller auch am aktuell warmem Sommerwetter, das andere Gedanken in den Hintergrund rücken lasse. König forderte daher eine konzertierte Aktion von Politik, Regulierungsbehörde, Energiebranche und Kommunen, das drängende Problem der steigenden Preise in die Öffentlichkeit zu bringen. "Wir müssen eine Sprache sprechen und Energiesparpläne wie von Wirtschaftsminister Robert Habeck nicht sofort zerreden."

Dafür kam Zustimmung von Müller und Maubach. Der Uniper-Chef gab auch zur Hoffnung Anlass. Er sehe angesichts der Energiekrise schon jetzt allgemein Verhaltensänderungen und eine hohe Investitionsbereitschaft. Ganz ohne allgemeine Solarpflicht, mit der sich manche Bundesländer schwertun, gebe es einen Run der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Sonnenkraftwerke auf Hausdächern. Auch Wärmepumpen seien stark nachgefragt. Mit dem erforderlichen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien sei daher die "Krise auch eine Chance, die Energiewende nicht nur wegen des Klimawandels, sondern auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit voranzutreiben".

Dienstag, 21.06.2022, 16:40 Uhr
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