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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Smartphone statt Smart Meter
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Smartphone statt Smart Meter

Bald sollen in Deutschland flächendeckend dynamische Stromtarife angeboten werden. Doch viele Versorger zögern noch − was neue Anbieter auf den Plan ruf.
In leuchtendem Gelb-Grün warnt Eon auf seiner Homepage vor seinem eigenen Tarif: „Ausdrücklich“ weise man die Kunden darauf hin, dass sich die Spotmarktpreise stündlich ändern, was „(erhebliche) Einsparungen“ bedeuten könne. Die Preise könnten die am Markt angebotenen Festpreise für Stromlieferungen aber auch deutlich übersteigen. Gegen die dann entstehenden Kosten bestehe „keinerlei Absicherung“.

Der Warnhinweis ist in erster Linie dem instabilen Marktumfeld geschuldet. Wie viele Kunden sich trotzdem für den Tarif „Eon ÖkoStrom dynamisch“ entschieden haben, war nicht zu erfahren. Dabei ist Eon mit diesem Angebot, in dem der Arbeitspreis sich abhängig vom Spotmarktpreis entwickelt, gemeinsam mit einzelnen anderen Anbietern – beispielsweise EnBW mit „EnBW Dynamisch und Intelligent“ − so etwas wie ein Vorreiter der Branche. Was erstaunlich ist, denn eigentlich verpflichtet das Energiewirtschaftsgesetz schon jetzt alle Stromlieferanten, die zum 31. Dezember des Vorjahres mehr als 100.000 Endkunden beliefert haben, zum Angebot eines solchen dynamischen Tarifs. Ab 2025 sollen alle Stromanbieter dazu verpflichtet sein. Allerdings: Im Jahr 2021 wären nach Angaben der Bundesnetzagentur 88 Stromlieferanten von der Verpflichtung betroffen gewesen. Tarife mit dynamischen Preisen boten aber gerade einmal zehn Anbieter an. 

Neuere Zahlen gibt es noch nicht, aber bislang scheint sich der Anteil nicht allzu drastisch erhöht zu haben. Vattenfall beispielsweise verspricht zwar mit „Natur Dynamik“ einen an den Börsenpreis gekoppelten Tarif. Dieser ist aber lediglich „Bald für Sie verfügbar“. Einzelheiten könne man noch nicht nennen, hieß es auf E&M-Anfrage.

Die Frankfurter Mainova hatte bereits seit April 2021 mit „Main Cleverer Strom“ einen dynamischen Tarif im Angebot, dieser sei aber „aufgrund der Verwerfungen auf dem Energiemarkt“ aktuell nicht verfügbar. Andere Anbieter bitten darum, nicht genannt zu werden – mit Energiekrise, Strom- und Gaspreisbremsen lägen die Prioritäten derzeit in anderen Bereichen. Und angesichts des verzögerten Smart-Meter-Rollouts sei die Nachfrage ohenhin gering, heißt es da. 

Das Zaudern ist nachvollziehbar. Ohne Smart Meter ist die stundengenaue Abrechnung des Stromverbrauchs anhand des Spotmarktpreises schwierig. Der Monitoringbericht von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zählte zum Stichtag 31.12.2022 beispielsweise bei Letztverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch von 6.000 bis 10.000 kWh gerade einmal 130.400 verbaute intelligente Messysteme auf rund 2,1 Millionen Messlokationen, die in dieser Kategorie als Pflichteinbaufälle erfasst sind. Freiwillige Einbaufälle bei Endkunden mit weniger als 6.000 kWh Jahresverbrauch beziffert der Bericht mit 27.500 intelligenten Messsystemen.
Das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende soll mehr Geschwindigkeit in den Rollout bringen. Bis 2030 sollen dann mindestens 95 Prozent aller Pflichteinbauten für Verbraucher unter 100.000 kWh abgeschlossen sein. 

Neue Anbieter mit neuen Ideen 

Momentan aber scheinen die fehlenden Messeinrichtungen, mangelndes Kundeninteresse und ein instabiles Marktumfeld den politisch gewollten Wechsel von der standardisierten Jahresabrechnung hin zu dynamischen Tarifmodellen massiv zu gefährden. Und trotzdem sagt Marion Nöldgen, Deutschlandchefin und globale CCO des Grünstrom-Startups Tibber: „Der deutsche Energiemarkt ist prädestiniert für dynamische Tarife“. Schließlich sei Deutschland führend, was den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix angehe. „Das geht damit einher, dass die Produktion flexibler wird. In einem solchen Setup sind dynamische Tarife unumgänglich, um die Angebotsseite mit der Nachfrageseite zu matchen.“ Außerdem, so Nöldgen, sei auch das ökologische Bewusstsein in Deutschland sehr hoch. 
 
Tibber-Chefin Marion Noeldgen
Quelle: Tibber/Annette Koroll

Dass dynamische Tarife grundsätzlich auch ohne intelligente Messsysteme möglich sind, zeigt eigentlich schon seit 2013 die „ViViPower“ aus Viernheim (Hessen). Kunden erhalten hier monatlich eine Mail, die jeweils über die Arbeitspreise für Strom oder Gas der nächsten drei Monate informiert. Diese Preise werden als Grundlage für die monatliche Abrechnung herangezogen, für die die Kunden ihre Zählerstände per Kundenportal melden. 

Zunehmend drängen neue Anbieter wie Tibber, das 2016 gestartet ist, auf den Markt. Nach der Expansion ins Nachbarland Schweden wollen die Norweger nun seit 2020 in Deutschland Fuß fassen. Das Geschäftsmodell: Kunden können entweder einen monatlich dynamischen Tarif abschließen, bei dem Tibber einen gewichteten Durchschnittspreis pro Kilowattstunde inklusive Steuern und Abgaben berechnet, basierend auf den Börsenstrompreisen des jeweiligen Monats. Oder sie erhalten einen Tarif, bei dem stundenscharf anhand der jeweiligen Spotmarktpreise abgerechnet wird. Am Stromverkauf selbst verdient Tibber nichts, wohl aber an der monatlichen Grundgebühr in Höhe von 3,99 Euro und vor allem am Verkauf von intelligenten Thermostaten, Wallboxen oder Smart-Home- und Beleuchtungssystemen. In Norwegen und Schweden nimmt Tibber auch am Regelenergiemarkt teil und nutzt in einem Revenue-Sharing-Modell die Kapazitäten der Elektroautos seiner Kunden zum Netzausgleich.

Schwarze Zahlen schreibt Tibber in Deutschland noch nicht. Aber mangelndes Kundeninteresse kann Nöldgen nicht feststellen: Zwar seien in den Hochpreisphasen im Jahr 2022 etliche Kunden abgewandert, das habe sich aber die Waage gehalten mit Neukunden, die durch intensivere Beschäftigung mit dem Thema Strompreis auf Tibber aufmerksam geworden waren. Die Preiserhöhungen anderer Anbieter hätten noch einmal einen Kundenansturm ausgelöst, so dass Tibber Deutschland jetzt eine Kundenzahl „im hohen fünfstelligen Bereich“ verzeichnen könne, etwa 20 Prozent davon in den stündlich dynamischen Tarifen. 

Die in Deutschland fehlende Smart-Meter-Infrastruktur ist für Tibber dabei kein allzu großes Hindernis: Für etwa 100 Euro können Kunden den Strom-Tracker „Pulse“ bestellen. Angeschlossen an einen digitalen Zähler – von denen bislang deutlich mehr verbaut wurden als intelligente Messsysteme – kann dieser nicht nur die Zählerdaten für die Abrechnung an Tibber weiterleiten, sondern auch in der Tibber-App für den Kunden Marktpreise und Verbrauch sichtbar machen. Über die App lässt sich darüber hinaus beispielsweise das Elektroauto dann laden, wenn der Strompreis am niedrigsten ist („Smart Charging“), die Heizungssteuerung und Beleuchtung regeln sowie die Leistung der eigenen PV-Anlage nachverfolgen. 

Bedürfnis nach Transparenz 

Dass bei den Kunden ein verstärktes Bedürfnis besteht, den eigenen Verbrauch und die entsprechenden Kosten möglichst zeitnah nachverfolgen und gegebenenfalls auch steuern zu können, haben indes auch etablierte Anbieter erkannt. Immer mehr Stromversorger bieten eigene Apps an, mit unterschiedlichen Funktionsumfängen. Die „EnBW zuhause+ App“ beispielsweise kann den Zählerstand scannen. Ein „Abschlags-Check“ zeigt dann Verbrauch, Prognose und die entstehenden Kosten mit der Möglichkeit, gleich den Abschlag anzupassen. Weitere Anwendungen seien derzeit in Entwicklung, heißt es von EnBW. Industriekunden mit Smart Meter können mit der „Smart Energy Suite“ schon jetzt Preise und Energieverbrauch visualisieren und hohe Lasten in günstigere Beschaffungszeiten verlagern. 

Eon und Mainova beispielsweise bieten auch für Privatkunden mit digitalem Stromzähler einen Sensor, der, auf den Zähler installiert und mit dem WLAN verbunden, Stromverbrauch und Kosten in der „Main Cleverer Strom-“ beziehungsweise der „Eon-Smart-Control-“App visualisieren, Leistung und Kosten einzelner Geräte anzeigen und künftige Abschlagszahlungen optimieren kann. Und die Apps einiger anderer Anbieter bieten sogar bereits indirekt Funktionen im umstrittenen Bereich der Laststeuerung: Tibbers Smart Charging wie beispielsweise auch das Angebot des Hamburger Startups „rabot.charge“ passen die Ladevorgänge der E-Autos ihrer Kunden automatisiert daran an, wann der Strom besonders günstig, die Einspeiseleistung also hoch beziehungsweise die Netzauslastung gering ist. 

Fernab politischer, datenschutzrechtlicher und regulatorischer Diskussionen übernimmt so das Smartphone immer mehr jener Funktionen, die eigentlich die intelligenten Messsysteme versprechen. Was zumindest einen Vorteil hat: Das Bewusstsein der Endkunden für das Thema Verbrauchsoptimierung steigt. „Wir beobachten, dass sich 'Main Cleverer Strom'-Kunden sowohl mit ihrem Verbrauch als auch dem entsprechenden Optimierungspotenzial sehr stark auseinandersetzen“, heißt es von Mainova: „Die App wird von den Kunden zum Teil mehrmals am Tag genutzt“.

Auch bei Tibber beobachtet man, dass sich die Verbrauchskurven der Kunden tatsächlich sehr stark an den Preisen orientieren. Für die Akzeptanz des Smart-Meter-Rollouts und die Etablierung dynamischer Tarife könnten das gute Nachrichten sein.
 
Das Zusatzgerät Tibber Pulse, dass die dynamische Abrechnung auch mit digitalem Stromzähler ermöglicht
Quelle: Tibber

Freitag, 10.03.2023, 08:53 Uhr
Katia Meyer-Tien
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Smartphone statt Smart Meter
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Smartphone statt Smart Meter
Bald sollen in Deutschland flächendeckend dynamische Stromtarife angeboten werden. Doch viele Versorger zögern noch − was neue Anbieter auf den Plan ruf.
In leuchtendem Gelb-Grün warnt Eon auf seiner Homepage vor seinem eigenen Tarif: „Ausdrücklich“ weise man die Kunden darauf hin, dass sich die Spotmarktpreise stündlich ändern, was „(erhebliche) Einsparungen“ bedeuten könne. Die Preise könnten die am Markt angebotenen Festpreise für Stromlieferungen aber auch deutlich übersteigen. Gegen die dann entstehenden Kosten bestehe „keinerlei Absicherung“.

Der Warnhinweis ist in erster Linie dem instabilen Marktumfeld geschuldet. Wie viele Kunden sich trotzdem für den Tarif „Eon ÖkoStrom dynamisch“ entschieden haben, war nicht zu erfahren. Dabei ist Eon mit diesem Angebot, in dem der Arbeitspreis sich abhängig vom Spotmarktpreis entwickelt, gemeinsam mit einzelnen anderen Anbietern – beispielsweise EnBW mit „EnBW Dynamisch und Intelligent“ − so etwas wie ein Vorreiter der Branche. Was erstaunlich ist, denn eigentlich verpflichtet das Energiewirtschaftsgesetz schon jetzt alle Stromlieferanten, die zum 31. Dezember des Vorjahres mehr als 100.000 Endkunden beliefert haben, zum Angebot eines solchen dynamischen Tarifs. Ab 2025 sollen alle Stromanbieter dazu verpflichtet sein. Allerdings: Im Jahr 2021 wären nach Angaben der Bundesnetzagentur 88 Stromlieferanten von der Verpflichtung betroffen gewesen. Tarife mit dynamischen Preisen boten aber gerade einmal zehn Anbieter an. 

Neuere Zahlen gibt es noch nicht, aber bislang scheint sich der Anteil nicht allzu drastisch erhöht zu haben. Vattenfall beispielsweise verspricht zwar mit „Natur Dynamik“ einen an den Börsenpreis gekoppelten Tarif. Dieser ist aber lediglich „Bald für Sie verfügbar“. Einzelheiten könne man noch nicht nennen, hieß es auf E&M-Anfrage.

Die Frankfurter Mainova hatte bereits seit April 2021 mit „Main Cleverer Strom“ einen dynamischen Tarif im Angebot, dieser sei aber „aufgrund der Verwerfungen auf dem Energiemarkt“ aktuell nicht verfügbar. Andere Anbieter bitten darum, nicht genannt zu werden – mit Energiekrise, Strom- und Gaspreisbremsen lägen die Prioritäten derzeit in anderen Bereichen. Und angesichts des verzögerten Smart-Meter-Rollouts sei die Nachfrage ohenhin gering, heißt es da. 

Das Zaudern ist nachvollziehbar. Ohne Smart Meter ist die stundengenaue Abrechnung des Stromverbrauchs anhand des Spotmarktpreises schwierig. Der Monitoringbericht von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zählte zum Stichtag 31.12.2022 beispielsweise bei Letztverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch von 6.000 bis 10.000 kWh gerade einmal 130.400 verbaute intelligente Messysteme auf rund 2,1 Millionen Messlokationen, die in dieser Kategorie als Pflichteinbaufälle erfasst sind. Freiwillige Einbaufälle bei Endkunden mit weniger als 6.000 kWh Jahresverbrauch beziffert der Bericht mit 27.500 intelligenten Messsystemen.
Das Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende soll mehr Geschwindigkeit in den Rollout bringen. Bis 2030 sollen dann mindestens 95 Prozent aller Pflichteinbauten für Verbraucher unter 100.000 kWh abgeschlossen sein. 

Neue Anbieter mit neuen Ideen 

Momentan aber scheinen die fehlenden Messeinrichtungen, mangelndes Kundeninteresse und ein instabiles Marktumfeld den politisch gewollten Wechsel von der standardisierten Jahresabrechnung hin zu dynamischen Tarifmodellen massiv zu gefährden. Und trotzdem sagt Marion Nöldgen, Deutschlandchefin und globale CCO des Grünstrom-Startups Tibber: „Der deutsche Energiemarkt ist prädestiniert für dynamische Tarife“. Schließlich sei Deutschland führend, was den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix angehe. „Das geht damit einher, dass die Produktion flexibler wird. In einem solchen Setup sind dynamische Tarife unumgänglich, um die Angebotsseite mit der Nachfrageseite zu matchen.“ Außerdem, so Nöldgen, sei auch das ökologische Bewusstsein in Deutschland sehr hoch. 
 
Tibber-Chefin Marion Noeldgen
Quelle: Tibber/Annette Koroll

Dass dynamische Tarife grundsätzlich auch ohne intelligente Messsysteme möglich sind, zeigt eigentlich schon seit 2013 die „ViViPower“ aus Viernheim (Hessen). Kunden erhalten hier monatlich eine Mail, die jeweils über die Arbeitspreise für Strom oder Gas der nächsten drei Monate informiert. Diese Preise werden als Grundlage für die monatliche Abrechnung herangezogen, für die die Kunden ihre Zählerstände per Kundenportal melden. 

Zunehmend drängen neue Anbieter wie Tibber, das 2016 gestartet ist, auf den Markt. Nach der Expansion ins Nachbarland Schweden wollen die Norweger nun seit 2020 in Deutschland Fuß fassen. Das Geschäftsmodell: Kunden können entweder einen monatlich dynamischen Tarif abschließen, bei dem Tibber einen gewichteten Durchschnittspreis pro Kilowattstunde inklusive Steuern und Abgaben berechnet, basierend auf den Börsenstrompreisen des jeweiligen Monats. Oder sie erhalten einen Tarif, bei dem stundenscharf anhand der jeweiligen Spotmarktpreise abgerechnet wird. Am Stromverkauf selbst verdient Tibber nichts, wohl aber an der monatlichen Grundgebühr in Höhe von 3,99 Euro und vor allem am Verkauf von intelligenten Thermostaten, Wallboxen oder Smart-Home- und Beleuchtungssystemen. In Norwegen und Schweden nimmt Tibber auch am Regelenergiemarkt teil und nutzt in einem Revenue-Sharing-Modell die Kapazitäten der Elektroautos seiner Kunden zum Netzausgleich.

Schwarze Zahlen schreibt Tibber in Deutschland noch nicht. Aber mangelndes Kundeninteresse kann Nöldgen nicht feststellen: Zwar seien in den Hochpreisphasen im Jahr 2022 etliche Kunden abgewandert, das habe sich aber die Waage gehalten mit Neukunden, die durch intensivere Beschäftigung mit dem Thema Strompreis auf Tibber aufmerksam geworden waren. Die Preiserhöhungen anderer Anbieter hätten noch einmal einen Kundenansturm ausgelöst, so dass Tibber Deutschland jetzt eine Kundenzahl „im hohen fünfstelligen Bereich“ verzeichnen könne, etwa 20 Prozent davon in den stündlich dynamischen Tarifen. 

Die in Deutschland fehlende Smart-Meter-Infrastruktur ist für Tibber dabei kein allzu großes Hindernis: Für etwa 100 Euro können Kunden den Strom-Tracker „Pulse“ bestellen. Angeschlossen an einen digitalen Zähler – von denen bislang deutlich mehr verbaut wurden als intelligente Messsysteme – kann dieser nicht nur die Zählerdaten für die Abrechnung an Tibber weiterleiten, sondern auch in der Tibber-App für den Kunden Marktpreise und Verbrauch sichtbar machen. Über die App lässt sich darüber hinaus beispielsweise das Elektroauto dann laden, wenn der Strompreis am niedrigsten ist („Smart Charging“), die Heizungssteuerung und Beleuchtung regeln sowie die Leistung der eigenen PV-Anlage nachverfolgen. 

Bedürfnis nach Transparenz 

Dass bei den Kunden ein verstärktes Bedürfnis besteht, den eigenen Verbrauch und die entsprechenden Kosten möglichst zeitnah nachverfolgen und gegebenenfalls auch steuern zu können, haben indes auch etablierte Anbieter erkannt. Immer mehr Stromversorger bieten eigene Apps an, mit unterschiedlichen Funktionsumfängen. Die „EnBW zuhause+ App“ beispielsweise kann den Zählerstand scannen. Ein „Abschlags-Check“ zeigt dann Verbrauch, Prognose und die entstehenden Kosten mit der Möglichkeit, gleich den Abschlag anzupassen. Weitere Anwendungen seien derzeit in Entwicklung, heißt es von EnBW. Industriekunden mit Smart Meter können mit der „Smart Energy Suite“ schon jetzt Preise und Energieverbrauch visualisieren und hohe Lasten in günstigere Beschaffungszeiten verlagern. 

Eon und Mainova beispielsweise bieten auch für Privatkunden mit digitalem Stromzähler einen Sensor, der, auf den Zähler installiert und mit dem WLAN verbunden, Stromverbrauch und Kosten in der „Main Cleverer Strom-“ beziehungsweise der „Eon-Smart-Control-“App visualisieren, Leistung und Kosten einzelner Geräte anzeigen und künftige Abschlagszahlungen optimieren kann. Und die Apps einiger anderer Anbieter bieten sogar bereits indirekt Funktionen im umstrittenen Bereich der Laststeuerung: Tibbers Smart Charging wie beispielsweise auch das Angebot des Hamburger Startups „rabot.charge“ passen die Ladevorgänge der E-Autos ihrer Kunden automatisiert daran an, wann der Strom besonders günstig, die Einspeiseleistung also hoch beziehungsweise die Netzauslastung gering ist. 

Fernab politischer, datenschutzrechtlicher und regulatorischer Diskussionen übernimmt so das Smartphone immer mehr jener Funktionen, die eigentlich die intelligenten Messsysteme versprechen. Was zumindest einen Vorteil hat: Das Bewusstsein der Endkunden für das Thema Verbrauchsoptimierung steigt. „Wir beobachten, dass sich 'Main Cleverer Strom'-Kunden sowohl mit ihrem Verbrauch als auch dem entsprechenden Optimierungspotenzial sehr stark auseinandersetzen“, heißt es von Mainova: „Die App wird von den Kunden zum Teil mehrmals am Tag genutzt“.

Auch bei Tibber beobachtet man, dass sich die Verbrauchskurven der Kunden tatsächlich sehr stark an den Preisen orientieren. Für die Akzeptanz des Smart-Meter-Rollouts und die Etablierung dynamischer Tarife könnten das gute Nachrichten sein.
 
Das Zusatzgerät Tibber Pulse, dass die dynamische Abrechnung auch mit digitalem Stromzähler ermöglicht
Quelle: Tibber

Freitag, 10.03.2023, 08:53 Uhr
Katia Meyer-Tien

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