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Energie & Management > Bilanz - RWE sieht keine marktbeherrschende Stellung beim Strom
Quelle: RWE
Bilanz

RWE sieht keine marktbeherrschende Stellung beim Strom

Die gerade vom Kartellamt festgestellte Marktmacht von RWE im Strombereich lässt die Essener kalt. Der Konzern sieht seine Position besonders mit Blick auf Erneuerbare anders.
Nur einen Tag, nachdem das Bundeskartellamt RWE eine in Teilen marktbeherrschende Stellung auf dem Strommarkt bescheinigt hatte (wir berichteten), kommt die Erwiderung aus Essen. Der Vorstandssprecher des Konzerns, Markus Krebber, sagte bei der Vorstellung der Halbjahresergebnisse am 10. August: „Wir sehen den Markt anders.“

Schließlich beziehe das Kartellamt sich vornehmlich auf die Erzeugung aus konventionellen Kraftwerken in Deutschland. Diese Entwicklung habe ihn einerseits „überrascht“, weil RWE schließlich auch Kraftwerke wie den Atommeiler Emsland (Lingen) zum 15. April stillgelegt habe. Andererseits würde zur Gesamtbetrachtung auch gehören, die Erneuerbaren-Anteile sowie Stromimporte und -exporte einzurechnen. „Da haben wir ein anderes Bild von unserer Position.“

Essener geben kein Offshore-Projekt auf

Den Einstieg der neuen Mitbewerber im Offshore-Windkraft-Bereich, den Ölkonzernen BP und Total, nimmt der RWE-Chef „sportlich“. Es gehe zuvorderst darum, so viel Erneuerbare-Kapazitäten zu schaffen wie möglich. RWE werde bei den kommenden Ausschreibungen hoffentlich wieder zum Zuge kommen - etwas später am selben Tag gab die Bundesnetzagentur bekannt, RWE bei drei von vier Nordsee-Flächen (bis zu 1500 MW) der August-Ausschreibung bezuschlagt zu haben. Bei einem Park kann aber Vattenfall das Eintrittsrecht wahrnehmen.

Die Essener hätten auch mit Preissprüngen und Lieferkettenproblemen zu kämpfen, würden aber an allen Offshore-Projekten in Nord- und Ostsee sowie in den USA festhalten. Dass BP und Total Höchstpreise für den Zuschlag für ihre Meereswindparks zahlen, hält er für verkraftbar. Dies werde sich vermutlich nicht auf den Strompreis niederschlagen, der werde durch Angebot und Nachfrage bestimmt, aber nicht durch den Preis für einen Zuschlag noch durch die Baukosten. Und wenn Großkunden sich über PPA perspektivisch mit festen Strommengen eindecken wollten, würden sie wohl kaum jetzt zuschlagen. RWE glaubt, für Direktabnahmeverträge ab 2030 gute Karten beim Vermarkten des eigenen Offshorestroms zu haben. Und 20.000 MW gehen noch in kommende Auktionen, zu welchen Bedingungen, sei abzuwarten.

RWE hat erwartungsgemäß die Ende Juli bekanntgegebenen, vorläufigen Zahlen (wir berichteten) für das erste Halbjahr und die verbesserte Prognose für das Gesamtjahr bestätigt. Nach sechs Monaten kommen die Essener auf ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 4,5 Milliarden Euro. Das ist mehr als eine Verdopplung des Resultats im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (2,1 Milliarden Euro), das aber durch Ausfälle im Russlandgeschäft belastet war.

Mit einem bereinigten Nettogewinn im ersten Halbjahr von 2,6 Milliarden Euro (2022: 950 Millionen Euro) steuert der Konzern auf einen Überschuss von 3,3 Milliarden bis 3,8 Milliarden Euro in 2023 zu. Das bereinigte Ebitda für das Gesamtjahr werde sich bei 7,1 Milliarden bis 7,7 Milliarden Euro einpendeln, sagte Konzernchef Markus Krebber.

Für das gute Ergebnis sind nach Darstellung des Unternehmens vor allem die guten Erträge aus der Stromerzeugung im Konzernbereich Wasser, Biomasse und Gas verantwortlich. Auch wenn der Wind weniger stark wehte, lieferten ferner die Erneuerbaren-Anlagen ihren Anteil, zumal RWE den Bestand weiter ausbaute. So übernahmen die Essener den US-amerikanischen Versorger und Solarkraftentwickler Con Edison Clean Energy Businesses, Kostenpunkt 6,3 Milliarden Euro. Dazu brachte RWE eigene Sonnen- und Windkraftwerke im Umfang von 5.100 MW neu ans Netz.

Die Ausgaben für das Wachstum im ersten Halbjahr beziffert RWE auf 9 Milliarden Euro. Im Bau befänden sich aktuell mehr als 70 Erneuerbaren-Projekte in zwölf Staaten mit einer Gesamtkapazität von 7.200 MW – „so viel wie noch nie“, so Vorstandschef Markus Krebber.

Schnell Klarheit über Anzahl und Standorte für H2-Kraftwerke

RWE wäre gerne noch schneller beim Zubau, dies liege aber nicht am Geld, schließlich verfügten die Essener mit über 30 Prozent über eine „sehr robuste“ Eigenkapitalquote. Die politischen Rahmenbedingungen bestimmten das Tempo, und hier hofft Markus Krebber besonders beim Wasserstoff auf die richtigen Weichenstellungen des Bundes nach der Sommerpause. Konkrete Gesetze sollten Planungssicherheit herstellen, damit Unternehmen wie RWE Entscheidungen über Anzahl und Orte von wasserstofffähigen Gaskraftwerken treffen könnten.

Die Essener wollen sie an alten Kraftwerksstandorten errichten, wie etwa die im niederrheinischen Braunkohlerevier geplante 800-MW-Anlage Weisweiler. Für weitere Bauvorhaben in NRW, Hessen und Bayern müsse klar sein, wo das Wasserstoff-Kernnetz entlang führe und wie groß es ausfalle. Bis 2030 hält der RWE-Chef neue, H2-fähige Kraftwerkskapazitäten im Umfang von 15.000 MW für „nicht komplett unrealistisch“.

Sofern die nötigen Regelungen und Ausschreibungen noch in diesem Jahr erfolgten, sei der vorgezogene Kohleausstieg zu erreichen, andernfalls „werden die Kraftwerke nach 2030 noch laufen müssen“. Zu den Bedingungen zähle auch, für das Vorhalten der neuen Kraftwerkskapazitäten eine Prämie zu bekommen. Denn die Investitionskosten müssten wieder hereinkommen, ein Ausschreibungsmodell müsse dies berücksichtigen.

Donnerstag, 10.08.2023, 15:11 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Bilanz - RWE sieht keine marktbeherrschende Stellung beim Strom
Quelle: RWE
Bilanz
RWE sieht keine marktbeherrschende Stellung beim Strom
Die gerade vom Kartellamt festgestellte Marktmacht von RWE im Strombereich lässt die Essener kalt. Der Konzern sieht seine Position besonders mit Blick auf Erneuerbare anders.
Nur einen Tag, nachdem das Bundeskartellamt RWE eine in Teilen marktbeherrschende Stellung auf dem Strommarkt bescheinigt hatte (wir berichteten), kommt die Erwiderung aus Essen. Der Vorstandssprecher des Konzerns, Markus Krebber, sagte bei der Vorstellung der Halbjahresergebnisse am 10. August: „Wir sehen den Markt anders.“

Schließlich beziehe das Kartellamt sich vornehmlich auf die Erzeugung aus konventionellen Kraftwerken in Deutschland. Diese Entwicklung habe ihn einerseits „überrascht“, weil RWE schließlich auch Kraftwerke wie den Atommeiler Emsland (Lingen) zum 15. April stillgelegt habe. Andererseits würde zur Gesamtbetrachtung auch gehören, die Erneuerbaren-Anteile sowie Stromimporte und -exporte einzurechnen. „Da haben wir ein anderes Bild von unserer Position.“

Essener geben kein Offshore-Projekt auf

Den Einstieg der neuen Mitbewerber im Offshore-Windkraft-Bereich, den Ölkonzernen BP und Total, nimmt der RWE-Chef „sportlich“. Es gehe zuvorderst darum, so viel Erneuerbare-Kapazitäten zu schaffen wie möglich. RWE werde bei den kommenden Ausschreibungen hoffentlich wieder zum Zuge kommen - etwas später am selben Tag gab die Bundesnetzagentur bekannt, RWE bei drei von vier Nordsee-Flächen (bis zu 1500 MW) der August-Ausschreibung bezuschlagt zu haben. Bei einem Park kann aber Vattenfall das Eintrittsrecht wahrnehmen.

Die Essener hätten auch mit Preissprüngen und Lieferkettenproblemen zu kämpfen, würden aber an allen Offshore-Projekten in Nord- und Ostsee sowie in den USA festhalten. Dass BP und Total Höchstpreise für den Zuschlag für ihre Meereswindparks zahlen, hält er für verkraftbar. Dies werde sich vermutlich nicht auf den Strompreis niederschlagen, der werde durch Angebot und Nachfrage bestimmt, aber nicht durch den Preis für einen Zuschlag noch durch die Baukosten. Und wenn Großkunden sich über PPA perspektivisch mit festen Strommengen eindecken wollten, würden sie wohl kaum jetzt zuschlagen. RWE glaubt, für Direktabnahmeverträge ab 2030 gute Karten beim Vermarkten des eigenen Offshorestroms zu haben. Und 20.000 MW gehen noch in kommende Auktionen, zu welchen Bedingungen, sei abzuwarten.

RWE hat erwartungsgemäß die Ende Juli bekanntgegebenen, vorläufigen Zahlen (wir berichteten) für das erste Halbjahr und die verbesserte Prognose für das Gesamtjahr bestätigt. Nach sechs Monaten kommen die Essener auf ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 4,5 Milliarden Euro. Das ist mehr als eine Verdopplung des Resultats im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (2,1 Milliarden Euro), das aber durch Ausfälle im Russlandgeschäft belastet war.

Mit einem bereinigten Nettogewinn im ersten Halbjahr von 2,6 Milliarden Euro (2022: 950 Millionen Euro) steuert der Konzern auf einen Überschuss von 3,3 Milliarden bis 3,8 Milliarden Euro in 2023 zu. Das bereinigte Ebitda für das Gesamtjahr werde sich bei 7,1 Milliarden bis 7,7 Milliarden Euro einpendeln, sagte Konzernchef Markus Krebber.

Für das gute Ergebnis sind nach Darstellung des Unternehmens vor allem die guten Erträge aus der Stromerzeugung im Konzernbereich Wasser, Biomasse und Gas verantwortlich. Auch wenn der Wind weniger stark wehte, lieferten ferner die Erneuerbaren-Anlagen ihren Anteil, zumal RWE den Bestand weiter ausbaute. So übernahmen die Essener den US-amerikanischen Versorger und Solarkraftentwickler Con Edison Clean Energy Businesses, Kostenpunkt 6,3 Milliarden Euro. Dazu brachte RWE eigene Sonnen- und Windkraftwerke im Umfang von 5.100 MW neu ans Netz.

Die Ausgaben für das Wachstum im ersten Halbjahr beziffert RWE auf 9 Milliarden Euro. Im Bau befänden sich aktuell mehr als 70 Erneuerbaren-Projekte in zwölf Staaten mit einer Gesamtkapazität von 7.200 MW – „so viel wie noch nie“, so Vorstandschef Markus Krebber.

Schnell Klarheit über Anzahl und Standorte für H2-Kraftwerke

RWE wäre gerne noch schneller beim Zubau, dies liege aber nicht am Geld, schließlich verfügten die Essener mit über 30 Prozent über eine „sehr robuste“ Eigenkapitalquote. Die politischen Rahmenbedingungen bestimmten das Tempo, und hier hofft Markus Krebber besonders beim Wasserstoff auf die richtigen Weichenstellungen des Bundes nach der Sommerpause. Konkrete Gesetze sollten Planungssicherheit herstellen, damit Unternehmen wie RWE Entscheidungen über Anzahl und Orte von wasserstofffähigen Gaskraftwerken treffen könnten.

Die Essener wollen sie an alten Kraftwerksstandorten errichten, wie etwa die im niederrheinischen Braunkohlerevier geplante 800-MW-Anlage Weisweiler. Für weitere Bauvorhaben in NRW, Hessen und Bayern müsse klar sein, wo das Wasserstoff-Kernnetz entlang führe und wie groß es ausfalle. Bis 2030 hält der RWE-Chef neue, H2-fähige Kraftwerkskapazitäten im Umfang von 15.000 MW für „nicht komplett unrealistisch“.

Sofern die nötigen Regelungen und Ausschreibungen noch in diesem Jahr erfolgten, sei der vorgezogene Kohleausstieg zu erreichen, andernfalls „werden die Kraftwerke nach 2030 noch laufen müssen“. Zu den Bedingungen zähle auch, für das Vorhalten der neuen Kraftwerkskapazitäten eine Prämie zu bekommen. Denn die Investitionskosten müssten wieder hereinkommen, ein Ausschreibungsmodell müsse dies berücksichtigen.

Donnerstag, 10.08.2023, 15:11 Uhr
Volker Stephan

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