E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Richtlinie zwingt erste Stadtwerke zum Verkauf von E-Ladesäulen
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Elektrofahrzeuge

Richtlinie zwingt erste Stadtwerke zum Verkauf von E-Ladesäulen

Eine EU-Bestimmung sieht die Trennung von Stromnetz- und Ladesäulenbetrieb vor. Für Stadtwerke ein Grund, ihre Ladesäulen wieder zu verkaufen. Wie in der niedersächsischen Stadt Achim.
Wo „Stadtwerke Achim“ aufgedruckt ist, muss demnächst womöglich ein neuer Schriftzug her. Zumindest was die Elektro-Ladesäulen des niedersächsischen Versorgers vor den Toren Bremens angeht, besteht im kommenden Jahr Änderungsbedarf. Dann gilt ein neuer Paragraf des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), der EU-Bestimmungen in deutsches Recht überführt und die Trennung von Stromnetz- und Ladesäulenbetrieb verlangt.

Die Stadtwerke Achim fassen laut Geschäftsführer Sven Feht einen Verkauf ihrer aktuell sechs Ladesäulen mit zwölf Ladepunkten in Achim, Oyten und Langwedel ins Auge. Damit wäre das Kapitel E-Ladepunkte nach nur vier Jahren bereits wieder beendet. Ein Weiterbetrieb ist zwar grundsätzlich möglich, kommt für die Achimer aber nicht in Frage. Dafür müsste der Versorger eine eigene Geschäftssparte aufbauen, um den Gesetzesauflagen Genüge zu leisten. „Das verursacht nur Kosten“, sagt Feht auf Anfrage – zusätzlich zu jenen für die Ladesäulen, von denen bis heute keine die Anschaffungsinvestitionen eingespielt habe.

VKU kritisiert negativen Folgen für Infrastruktur auf dem Land

Der ab 2023 geltende Paragraph 7c des EnWG legt fest, dass Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen weder Eigentümer von Ladepunkten für Elektromobile sein noch diese Ladepunkte entwickeln, verwalten oder betreiben dürfen. Sinn der Übung ist es, regulierte von wettbewerblich organisierten Geschäftsbereichen sorgsam zu trennen, um den Missbrauch von Marktmacht zu verhindern. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten eigentlich eine gute Idee.

Aus Sicht des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) allerdings schießt die EU-Kommission, deren Strombinnenmarktrichtlinie Auslöser für die Gesetzesänderung ist, weit über das Ziel hinaus. Ein Sprecher des VKU kritisiert auf Anfrage unserer Redaktion, dass es gerade in ländlichen Bereichen überhaupt keinen Wettbewerb gebe und kommunale Betriebe in der Fläche oft allein für die kostspielige Versorgung mit E-Lademöglichkeiten sorgten. „Ladeinfrastruktur auf dem Land ist längst noch kein Geschäftsmodell“, so der Sprecher. Hier werde der Energie- und Mobilitätswende ein Bärendienst geleistet.

Stadtwerke Osnabrück hatten bereits 2018 vorgesorgt

Anderen Stadtwerken fällt das Anpassen an die neuen gesetzlichen Vorgaben leichter. So ist in Südniedersachsen die Osnabrücker Parkstätten-Betriebsgesellschaft mbH (OPG) für aktuell 150 öffentlich zugängliche Ladepunkte zuständig. Damit seien die gesetzlichen Vorgaben bereits erfüllt, so ein Sprecher der Stadtwerke Osnabrück gegenüber unserer Redaktion. Die OPG ist eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke und bündelt bereits seit 2018 die Bereiche Parken und Ladeinfrastruktur.

Dem Versorger im niedersächsischen Verden steht eine organisatorische Veränderung dieser Art noch bevor. Der dortige Stadtwerke-Chef Joachim Weiland kündigte gegenüber örtlichen Medien an, eine eigene Sparte für die Ladestellen gründen zu wollen. Den bürokratischen Aufwand hätte er dem Unternehmen gerne erspart. In diesem Sinne hatte auch der VKU sich eingesetzt und Ausnahmen für nicht entflochtene Verbundunternehmen (de minimis) gefordert. Vergeblich.

Dem VKU blieb nach erfolgloser Intervention in Brüssel in den vergangenen Monaten nichts anderes übrig, als seinen Mitgliedsunternehmen die rechtzeitige Vorbereitung entsprechender Maßnahmen zu empfehlen. Eine Hintertür lässt das Gesetz aber doch. Sofern in einem bestimmten Gebiet kein anderer Interessierter eine Ladestation vorhält oder errichten möchte, könnte der örtliche Stromnetzbetreiber auch Ladesäulen anbieten. Dies gilt gleichwohl nur für neu aufzustellende Ladestationen, die zuvor ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchlaufen müssen. Obendrein müsste die Bundesnetzagentur der Ausnahme noch ihren Segen erteilen.

In Achim, so Stadtwerke-Chef Sven Feht, komme dies nicht in Betracht. Dort gibt es weitere Ladesäulenbetreiber. Er hofft vielmehr darauf, dass der Gesetzgeber durch zusätzliche Bestimmungen den De-minimis-Unternehmen den Weiterbetrieb von E-Ladesäulen „im jetzigen Regime“ erlaube. Falls das nicht erfolge, setzt er darauf, dass große Player auf dem Ladesäulen-Markt noch Beschwerde gegen die gesetzlichen Änderungen einreichten und vor Gericht Erfolge erzielten.

Donnerstag, 7.04.2022, 16:22 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Elektrofahrzeuge - Richtlinie zwingt erste Stadtwerke zum Verkauf von E-Ladesäulen
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Elektrofahrzeuge
Richtlinie zwingt erste Stadtwerke zum Verkauf von E-Ladesäulen
Eine EU-Bestimmung sieht die Trennung von Stromnetz- und Ladesäulenbetrieb vor. Für Stadtwerke ein Grund, ihre Ladesäulen wieder zu verkaufen. Wie in der niedersächsischen Stadt Achim.
Wo „Stadtwerke Achim“ aufgedruckt ist, muss demnächst womöglich ein neuer Schriftzug her. Zumindest was die Elektro-Ladesäulen des niedersächsischen Versorgers vor den Toren Bremens angeht, besteht im kommenden Jahr Änderungsbedarf. Dann gilt ein neuer Paragraf des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), der EU-Bestimmungen in deutsches Recht überführt und die Trennung von Stromnetz- und Ladesäulenbetrieb verlangt.

Die Stadtwerke Achim fassen laut Geschäftsführer Sven Feht einen Verkauf ihrer aktuell sechs Ladesäulen mit zwölf Ladepunkten in Achim, Oyten und Langwedel ins Auge. Damit wäre das Kapitel E-Ladepunkte nach nur vier Jahren bereits wieder beendet. Ein Weiterbetrieb ist zwar grundsätzlich möglich, kommt für die Achimer aber nicht in Frage. Dafür müsste der Versorger eine eigene Geschäftssparte aufbauen, um den Gesetzesauflagen Genüge zu leisten. „Das verursacht nur Kosten“, sagt Feht auf Anfrage – zusätzlich zu jenen für die Ladesäulen, von denen bis heute keine die Anschaffungsinvestitionen eingespielt habe.

VKU kritisiert negativen Folgen für Infrastruktur auf dem Land

Der ab 2023 geltende Paragraph 7c des EnWG legt fest, dass Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen weder Eigentümer von Ladepunkten für Elektromobile sein noch diese Ladepunkte entwickeln, verwalten oder betreiben dürfen. Sinn der Übung ist es, regulierte von wettbewerblich organisierten Geschäftsbereichen sorgsam zu trennen, um den Missbrauch von Marktmacht zu verhindern. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten eigentlich eine gute Idee.

Aus Sicht des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) allerdings schießt die EU-Kommission, deren Strombinnenmarktrichtlinie Auslöser für die Gesetzesänderung ist, weit über das Ziel hinaus. Ein Sprecher des VKU kritisiert auf Anfrage unserer Redaktion, dass es gerade in ländlichen Bereichen überhaupt keinen Wettbewerb gebe und kommunale Betriebe in der Fläche oft allein für die kostspielige Versorgung mit E-Lademöglichkeiten sorgten. „Ladeinfrastruktur auf dem Land ist längst noch kein Geschäftsmodell“, so der Sprecher. Hier werde der Energie- und Mobilitätswende ein Bärendienst geleistet.

Stadtwerke Osnabrück hatten bereits 2018 vorgesorgt

Anderen Stadtwerken fällt das Anpassen an die neuen gesetzlichen Vorgaben leichter. So ist in Südniedersachsen die Osnabrücker Parkstätten-Betriebsgesellschaft mbH (OPG) für aktuell 150 öffentlich zugängliche Ladepunkte zuständig. Damit seien die gesetzlichen Vorgaben bereits erfüllt, so ein Sprecher der Stadtwerke Osnabrück gegenüber unserer Redaktion. Die OPG ist eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke und bündelt bereits seit 2018 die Bereiche Parken und Ladeinfrastruktur.

Dem Versorger im niedersächsischen Verden steht eine organisatorische Veränderung dieser Art noch bevor. Der dortige Stadtwerke-Chef Joachim Weiland kündigte gegenüber örtlichen Medien an, eine eigene Sparte für die Ladestellen gründen zu wollen. Den bürokratischen Aufwand hätte er dem Unternehmen gerne erspart. In diesem Sinne hatte auch der VKU sich eingesetzt und Ausnahmen für nicht entflochtene Verbundunternehmen (de minimis) gefordert. Vergeblich.

Dem VKU blieb nach erfolgloser Intervention in Brüssel in den vergangenen Monaten nichts anderes übrig, als seinen Mitgliedsunternehmen die rechtzeitige Vorbereitung entsprechender Maßnahmen zu empfehlen. Eine Hintertür lässt das Gesetz aber doch. Sofern in einem bestimmten Gebiet kein anderer Interessierter eine Ladestation vorhält oder errichten möchte, könnte der örtliche Stromnetzbetreiber auch Ladesäulen anbieten. Dies gilt gleichwohl nur für neu aufzustellende Ladestationen, die zuvor ein öffentliches Ausschreibungsverfahren durchlaufen müssen. Obendrein müsste die Bundesnetzagentur der Ausnahme noch ihren Segen erteilen.

In Achim, so Stadtwerke-Chef Sven Feht, komme dies nicht in Betracht. Dort gibt es weitere Ladesäulenbetreiber. Er hofft vielmehr darauf, dass der Gesetzgeber durch zusätzliche Bestimmungen den De-minimis-Unternehmen den Weiterbetrieb von E-Ladesäulen „im jetzigen Regime“ erlaube. Falls das nicht erfolge, setzt er darauf, dass große Player auf dem Ladesäulen-Markt noch Beschwerde gegen die gesetzlichen Änderungen einreichten und vor Gericht Erfolge erzielten.

Donnerstag, 7.04.2022, 16:22 Uhr
Volker Stephan

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.