Quelle: Jonas Rosenberger
Die Bedingungen für die Sonderausschreibung besonders innovativer Solaranlagen im April stehen. Im Bemühen, Bürokratie zu vermeiden, ist so manche Blüte entstanden.
Der Bund fördert Photovoltaik(PV)-Anlagen auf weitergenutzten landwirtschaftlichen Flächen (Agri-PV), auf Seen (Floating PV) und an Parkplätzen in einer einmaligen Ausschreibung am 1.
April 2022 für maximal 7,43
Cent pro kWh. Dies hatte die Groko 2020 beschlossen, um zu einem geringeren Flächenverbrauch und zur Doppelnutzung von Arealen mit "besonderen Solaranlagen" anzureizen sowie überhaupt neue Potenziale für PV zu erschließen. Die Groko hat das Ausschreibungsvolumen in diesem Jahr noch auf 150
MW erhöht.
Um der gewollten Doppelnutzung Nachdruck zu verleihen und Mitnahmeeffekte zu minimieren, hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) am 1.
Oktober
auf ihrer Website nach einer Branchenkonsultation eine Festlegung für die Rahmenbedingungen veröffentlicht. Sie und ihre Begründung umfassen 18
Seiten.
Wann wird eine Brache eine Brache?Stromnetzbetreiber müssen demnach künftig Kompetenz aufbauen oder einkaufen, um landwirtschaftliche Gutachten zu verstehen. Unmissverständlich steht in der Begründung: "Netzbetreiber sind im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflichten gehalten, die Fördervoraussetzungen zu überwachen." Bieter für Agri-PV-Anlagen etwa müssen in jedem dritten Jahr nach der Inbetriebnahme während der 20-jährigen Förderzeit "gegenüber dem Netzbetreiber" "durch eine gutachterliche Bestätigung die Weiterführung der landwirtschaftlichen Tätigkeit (Nutzpflanzenanbau bzw. Anbau von Dauerkulturen oder mehrjährigen Kulturen) im Sinne des §
15 Nummer 2 a) und b)
InnAusV (Innovationsausschreibungsverordnung)" nachweisen.
Diese Gutachten müssen auch bestätigen, dass die bäuerliche Tätigkeit auf Agri-PV-Flächen "nicht in einem offensichtlichen Widerspruch zum Stand der Technik" steht. Ist also etwa der Einsatz von Sensen oder Pferdepflügen förderschädlich?
Es bleibt unklar, wie ein reiner Stromnetzbetreiber landwirtschaftliche Gutachten interpretieren können soll. Schließlich muss der Bieter nachweisen, dass seine Module auf Acker mit "Nutzpflanzen", "Dauerkulturen" oder "mehrjährigen Kulturen" stehen werden, aber nicht über Gras- und Grünfutter-Anbau, und dass die Nutzung über die zugeschlagenen 20
Jahre erfolgt. Was sind aber Grünfutterpflanzen? Was macht eine nicht förderfähige Brache zur Brache? Was sind nicht förderfähige Gewächshäuser?
Ackertagebücher durchackernMehr noch: Die Gutachten dürfen auch auf Auszügen aus den sogenannten Schlagkarteien basieren. Das sind die Acker-Tagebücher, die der Landwirt führt. Rebschulen, Baumschulen sowie Niederwald, etwa für Christbäume, sind laut Bundesnetzagentur auch okay.
Bei der Frage, wie sehr eine Agri-PV-Anlage die landwirtschaftliche Ausbeute schmälern darf, verweist die Regulierungsbehörde auf die einschlägige Din-Norm als Anhaltspunkt für den jeweiligen Stand der Technik: Sie heißt SPEC 91434:2021-05. Demnach ist im dreijährigen Mittel ein Drittel weniger Ernte noch okay. Der Stand der Technik sei durch ein "Gutachten eines sachverständigen Gutachters" nachzuweisen, schreibt Behörden-Präsident Jochen Homann in der Festlegung. Ob tatsächlich im Mittel 66
% Ertrag erreicht werden, muss nicht belegt werden.
Bei Floating PV Verweis auf FachbehördeBei Inbetriebnahme schwimmender PV müssen die Betreiber - ebenfalls dem Netzbetreiber gegenüber - eine wasserrechtliche Erlaubnis vorweisen. Dies ist ein ganz anderer Fall, weil diese von einer Wasserbehörde erteilt wird. Hier kann der Stromnetzbetreiber dem öffentlichen Glauben vertrauen, den eine neutrale Behörde genießt, beziehungsweise schlicht auf ihre Kompetenz verweisen. Mit den Landwirtschaftsämtern ist eine analoge Regelung bei der Agri-PV offenbar nicht gelungen. Jedenfalls ist wasserrechtlich genehmigte Floating PV auf "Gewässern" aller Art förderfähig. Die Wasserbehörde bestätigt die "Einhaltung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, des Wasserhaushaltsgesetzes "und sonstiger (wasserrechtlich) relevanter Vorgaben". Weitere Einschränkungen, wie etwa Entfernung vom Ufer oder Anteil an der Gewässerfläche, wie sie vereinzelt in der Konsultation gefordert wurden, macht die BNetzA nicht.
Fahrrad-Parkplätze gehen jetzt auchDie dritte förderfähige Innovations-PV, auf Parkplätzen, ist vom Energieregulierer so definiert worden, dass keine Geister-Stellplätze geschaffen werden, um in die April-Ausschreibung zu kommen. Die Flächen, zu denen auch Zufahrten und Dekoration gehören, müssen "in einem angemessenen Verhältnis zum Parkbedarf" stehen. Und die PV darf das Parken "nicht wesentlich beeinträchtigen". Näheres wird nicht festgelegt.
Die Behörde ging auf einige der insgesamt 34
Stellungnahmen zur Entwurfsfassung ein und erlaubt jetzt auch Parkplatz-PV auf Fahrradstellflächen sowie auf Obergeschossen von Parkdecks. Dagegen sind reine Fahrzeuglager oder Schrottplätze ausdrücklich ausgeschlossen.
Der betriebene Aufwand gilt im Übrigen nur für diese eine Ausschreibung über 1,67
% der nächstes Jahr auszuschreibenden PV-Maximalleistung. Eine weitere für "besondere Solaranlagen" ist bisher gesetzlich nicht vorgesehen.
Montag, 4.10.2021, 16:22 Uhr
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