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Energie & Management > Gasnetz - Präsident Putin warnt Europa vor Gasverzicht
Quelle: Fotolia / tomas
Gasnetz

Präsident Putin warnt Europa vor Gasverzicht

Putin warnte die Europäische Union im russischen Fernsehen vor unumkehrbaren Prozessen durch den Verzicht auf Gas aus Russland. Gasverflüssigung und Schiffstransporte erhöhten Kosten.
„Anscheinend haben sie gehofft, dass wir schneller zusammenbrechen, wenn sie unser Gas nicht nehmen, als bei ihnen irreversible Prozesse einsetzen. Doch tatsächlich beginnen bei ihnen unumkehrbare Prozesse“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Fernsehinterview am 18. Februar. Die europäische Industrie verlagere sich in andere Länder, darunter in die USA, wo günstigere Bedingungen herrschten und Energieressourcen billiger seien.

„Weil Gas immer noch verflüssigt, dann über den Ozean transportiert und dann wieder regasifiziert werden muss, erhöht all das die Kosten“, erklärte Putin weiter. Europa habe immer dafür gekämpft, die Kosten für russische Energieressourcen zu senken, selbst wenn diese relativ günstig gewesen seien.

Niemand könne auf russische Energieträger verzichten. Die europäischen Länder müssten selbst entscheiden, ob sie russisches Gas kaufen oder nicht. Russland werde so oder so zurechtkommen, zeigte sich Putin unbeeindruckt von der jüngsten Ankündigung der Energiekommissarin Kadri Simson zum Gastransitvertrag über die Ukraine. Bei einer Ausschusssitzung des Europaparlaments am 15. Februar hatte diese erklärt, dass es kein Comeback zu Russland geben könne − „Wir haben gelernt, ohne russisches Gas zu leben.“

Wie zuvor auf ihrem Treffen mit dem ukrainischen Energieminister German Galushchenko bekräftigte Simson: „Die EU ist nicht an einer Verlängerung des Transitabkommens mit Russland interessiert, das zum Jahresende ausläuft.“ Eine aktuelle EU-Studie habe gezeigt, dass es alternative Lösungen für die Länder gebe, die immer noch einen Teil ihres Gases über die Ukraine beziehen. In erster Linie betrifft das Österreich, die Slowakei und Ungarn, wobei Ungarn das meiste Gas über die russische Schwarzmeer-Gasleitung Turkish Stream bezieht.

In Österreich laufen jetzt indes Anstrengungen, den hohen Anteil russischer Gasimporte mit rechtlichen Vorgaben zur Kündigung von Langfristverträgen und Diversifizierungspflicht einzudämmen. „Die OMV kann im Bedarfsfall ihre Kunden in Österreich zu 100 Prozent mit nicht russischem Gas beliefern“, zitierte der Österreichische Rundfunk ORF hierzu eine Stellungnahme vom österreichischen Mineralölkonzern am 12. Februar. Simson sprach sich ebenfalls dafür aus, dass die LNG-Importe aus Russland noch vor dem Ausstiegstermin 2027 enden sollten. 

Das alles lässt in Russland die Alarmglocken schrillen. Sergej Kapitonow vom Zentrum für Energietransition Skoltech warnte russischen Agenturen im Februar Österreich vor wirtschaftlichem Abstieg, nachdem Energiekrise und Deindustrialisierung in der Alpenrepublik vergleichsweise wenig Folgen hinterlassen hätten. Zu Simsons Erklärung, an einer Verlängerung des Gastransitvertrages über die Ukraine nicht interessiert zu sein, monierte er, dass Lieferverträge Ship-or-Pay-Bedingungen enthielten. Alle Mengen, auch nicht gelieferte Mengen, müssten daher zum maximalen Vertragssatz vergütet würden. Der Gastransit sei für die Ukraine von Vorteil.

„Darüber hinaus ist es offensichtlich, dass sich das ukrainische Gastransportsystem ohne Geld für den Transit sehr bald in einen Haufen rostigen Schrotts verwandeln wird“, spitzte der Experte zu. Ohne Vertragsverlängerung werde es die Route durch die Ukraine „nicht geben“.
 

Um auch wieder Gas nach Deutschland zu liefern, wies Putin auf eine zweite Gasleitung in der Ukraine, auf die Jamal-Europa-Pipeline über Polen und den verbliebenen Leitungsstrang von Nord Stream 2 hin. Gaslieferungen könnten sofort beginnen. „Am Ende hängt alles nur von der Entscheidung der deutschen Regierung ab“, schloss Putin. 2023 importierte die EU nach Angaben der Europäischen Kommission aus Russland per Pipeline 25,1 und per Schiff 17,8 Milliarden Kubikmeter Gas. Somit erreichte der russische Anteil am gesamten Gasimport knapp 15 Prozent.

Mittels Auktionsverfahren zur Buchung von Kapazitätsreserven könnte 2025 weiter Gas von Russland nach Europa fließen. Doch dafür müsste die Ukraine dem russischen Lieferanten Gazprom die Teilnahme an diesen Auktionen erlauben. 

Dienstag, 20.02.2024, 12:06 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
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Präsident Putin warnt Europa vor Gasverzicht
Putin warnte die Europäische Union im russischen Fernsehen vor unumkehrbaren Prozessen durch den Verzicht auf Gas aus Russland. Gasverflüssigung und Schiffstransporte erhöhten Kosten.
„Anscheinend haben sie gehofft, dass wir schneller zusammenbrechen, wenn sie unser Gas nicht nehmen, als bei ihnen irreversible Prozesse einsetzen. Doch tatsächlich beginnen bei ihnen unumkehrbare Prozesse“, sagte Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Fernsehinterview am 18. Februar. Die europäische Industrie verlagere sich in andere Länder, darunter in die USA, wo günstigere Bedingungen herrschten und Energieressourcen billiger seien.

„Weil Gas immer noch verflüssigt, dann über den Ozean transportiert und dann wieder regasifiziert werden muss, erhöht all das die Kosten“, erklärte Putin weiter. Europa habe immer dafür gekämpft, die Kosten für russische Energieressourcen zu senken, selbst wenn diese relativ günstig gewesen seien.

Niemand könne auf russische Energieträger verzichten. Die europäischen Länder müssten selbst entscheiden, ob sie russisches Gas kaufen oder nicht. Russland werde so oder so zurechtkommen, zeigte sich Putin unbeeindruckt von der jüngsten Ankündigung der Energiekommissarin Kadri Simson zum Gastransitvertrag über die Ukraine. Bei einer Ausschusssitzung des Europaparlaments am 15. Februar hatte diese erklärt, dass es kein Comeback zu Russland geben könne − „Wir haben gelernt, ohne russisches Gas zu leben.“

Wie zuvor auf ihrem Treffen mit dem ukrainischen Energieminister German Galushchenko bekräftigte Simson: „Die EU ist nicht an einer Verlängerung des Transitabkommens mit Russland interessiert, das zum Jahresende ausläuft.“ Eine aktuelle EU-Studie habe gezeigt, dass es alternative Lösungen für die Länder gebe, die immer noch einen Teil ihres Gases über die Ukraine beziehen. In erster Linie betrifft das Österreich, die Slowakei und Ungarn, wobei Ungarn das meiste Gas über die russische Schwarzmeer-Gasleitung Turkish Stream bezieht.

In Österreich laufen jetzt indes Anstrengungen, den hohen Anteil russischer Gasimporte mit rechtlichen Vorgaben zur Kündigung von Langfristverträgen und Diversifizierungspflicht einzudämmen. „Die OMV kann im Bedarfsfall ihre Kunden in Österreich zu 100 Prozent mit nicht russischem Gas beliefern“, zitierte der Österreichische Rundfunk ORF hierzu eine Stellungnahme vom österreichischen Mineralölkonzern am 12. Februar. Simson sprach sich ebenfalls dafür aus, dass die LNG-Importe aus Russland noch vor dem Ausstiegstermin 2027 enden sollten. 

Das alles lässt in Russland die Alarmglocken schrillen. Sergej Kapitonow vom Zentrum für Energietransition Skoltech warnte russischen Agenturen im Februar Österreich vor wirtschaftlichem Abstieg, nachdem Energiekrise und Deindustrialisierung in der Alpenrepublik vergleichsweise wenig Folgen hinterlassen hätten. Zu Simsons Erklärung, an einer Verlängerung des Gastransitvertrages über die Ukraine nicht interessiert zu sein, monierte er, dass Lieferverträge Ship-or-Pay-Bedingungen enthielten. Alle Mengen, auch nicht gelieferte Mengen, müssten daher zum maximalen Vertragssatz vergütet würden. Der Gastransit sei für die Ukraine von Vorteil.

„Darüber hinaus ist es offensichtlich, dass sich das ukrainische Gastransportsystem ohne Geld für den Transit sehr bald in einen Haufen rostigen Schrotts verwandeln wird“, spitzte der Experte zu. Ohne Vertragsverlängerung werde es die Route durch die Ukraine „nicht geben“.
 

Um auch wieder Gas nach Deutschland zu liefern, wies Putin auf eine zweite Gasleitung in der Ukraine, auf die Jamal-Europa-Pipeline über Polen und den verbliebenen Leitungsstrang von Nord Stream 2 hin. Gaslieferungen könnten sofort beginnen. „Am Ende hängt alles nur von der Entscheidung der deutschen Regierung ab“, schloss Putin. 2023 importierte die EU nach Angaben der Europäischen Kommission aus Russland per Pipeline 25,1 und per Schiff 17,8 Milliarden Kubikmeter Gas. Somit erreichte der russische Anteil am gesamten Gasimport knapp 15 Prozent.

Mittels Auktionsverfahren zur Buchung von Kapazitätsreserven könnte 2025 weiter Gas von Russland nach Europa fließen. Doch dafür müsste die Ukraine dem russischen Lieferanten Gazprom die Teilnahme an diesen Auktionen erlauben. 

Dienstag, 20.02.2024, 12:06 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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