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Energie & Management > Windkraft Onshore - Österreichs Windbranche verspürt Gegenwind
Quelle: Fotolia / Lars Schmid
Windkraft Onshore

Österreichs Windbranche verspürt Gegenwind

Im Jahr 2023 wuchs die Leistung der Windkraftanlagen netto um rund 312 MW. Heuer werden es dagegen nur etwa 104 MW sein, hieß es bei der Jahres-Pressekonferenz der IG Windkraft.
Gegenwind verspürt die österreichische Windenergieszene, beklagte der Geschäftsführer des Branchenverbands Interessengemeinschaft Windkraft (IG Windkraft), Stefan Moidl, bei dessen traditioneller Pressekonferenz zum Jahresbeginn am 10. Januar. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Leistung der österreichischen Windparks netto (Neubauten minus Stilllegung von Altanlagen) gegenüber 2022 um rund 312 MW auf insgesamt 3.885 MW. Heuer dagegen ist laut Moidl lediglich mit einem „sehr bescheidenen“ Zuwachs um etwa 104 MW oder einem Drittel des Vorjahreswerts auf 3.989 MW zu rechnen. Die Gründe sind Moidl zufolge bekannt: lange Umsetzungsdauern von etwa acht bis zehn Jahren für Projekte aufgrund komplexer Genehmigungsverfahren, mangelnde naturschutz- und raumordnungsrechtliche Grundlagen für den Windkraftausbau in den neun österreichischen Bundesländern, die unzureichende personelle Ausstattung der Genehmigungsbehörden sowie fehlende rechtliche Erleichterungen auf Bundesebene.

Überdies lief zu Jahresende die erst im Herbst geänderte Marktprämienverordnung aus. Eine neue Verordnung erließ Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bis dato indessen nicht. Und selbst wenn sich sich Gewessler mit dem Regierungspartner der Grünen, der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), diesbezüglich rasch einigt, kann die erste Ausschreibung auf Basis der neuen Norm erst Ende März stattfinden. „Das erste Quartal ist also bereits verloren“, kritisierte Moidl.

Bei EU-Recht säumig

Nach wie vor säumig ist die Bundesregierung ferner mit der Umsetzung der zweiten „Erneuerbaren-Richtlinie“ der EU, die wesentliche Erleichterungen für die Ertüchtigung und Erweiterung der Stromnetze mit sich brächte. Wie berichtet, streitet die Koalition seit Monaten über das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das der Umsetzung der Richtlinie dient. Ein Vertragsverletzungsverfahren ist im Gange. Sendet Gewessler, wie von ihr und ihren Fachleuten oftmals versprochen, den ElWG-Entwurf „bald“ zur Begutachtung aus, könnte das Gesetz vor dem Sommer in Kraft treten. Allerdings benötigt die Regierung zum Beschluss eine Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung der Sozialdemokraten (SPÖ). Die rechtsgerichteten Freiheitlichen lehnen die „ökomarxistische“ Energiepolitik Gewesslers generell ab, die liberalen Neos können die erforderlichen Mandate nicht beibringen. Dazu kommt, dass im Herbst das Parlament neu gewählt wird und die Zeit für einen Beschluss in der auslaufenden Legislaturperiode somit drängt.

Wenig optimistisch zeigte sich Moidl auch hinsichtlich der Umsetzung der seit 20. November 2023 geltenden dritten „Erneuerbaren-Richtlinie“ (RED III) der EU. Schon bis Ende Februar müsste beispielsweise das „überragende öffentliche Interesse“ am Ökostromausbau im österreichischen Recht verankert werden. Auf die Frage der Redaktion, ob er diesbezüglich Signale des Energieministeriums (BMK) erhalten habe, antwortete Moidl: „Nein. Dabei wäre es höchst an der Zeit, die Richtlinie als Chance zu verstehen und entsprechend zu handeln.“

Sechs-Punkte-Plan

Er präsentierte daher einen Sechs-Punkte-Plan für den beschleunigten Ausbau der Windkraft. Diesem zufolge müssten erstens die Bundesländer tätig werden und an den österreichischen Ökostromzielen ausgerichtete Zonenpläne für Windparks erlassen. Der zweite Punkt des Plans ist die „umgehende“ Vorlage der neuen Marktprämienverordnung, der dritte der Beschluss des ElWG, der „ehebaldigst“ zu erfolgen hätte. Viertens will Moidl die Ökostrom-Ausbauziele deutlich erhöht wissen. Derzeit legt das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) eine Erhöhung der jährlichen Grünstromproduktion bis 2030 um 27 Milliarden kWh oder rund 50 Prozent fest. Für die Windkraft bedeutet dies etwa 500 MW pro Jahr. Moidl zufolge sollte dieses Volumen auf 1.000 MW verdoppelt werden.

Der fünfte Punkt des Plans ist die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Der sechste Punkt betrifft die Einführung der „Bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung“ (BNK), die in Deutschland bereits gilt. Damit wäre es laut Moidl möglich, die rot blinkenden Signallichter der Windräder für etwa 99 Prozent der Zeit abzustellen, ohne die Sicherheit der Luftfahrt zu gefährden. Wie er der Redaktion erläuterte, könnte das die Akzeptanz der Windparks in der Bevölkerung weiter verbessern.

Vorbild Deutschland

Seitens der WEB Windenergie, eines der größten privaten Windkraft-Unternehmen Österreichs, lobte Stefanie Markut, im Vorstand für Unternehmensentwicklung zuständig, die Rahmenbedingungen in Deutschland. Die Bundesrepublik habe im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) die RED III der EU teilweise bereits vorweggenommen. So sei etwa das „überragende öffentliche Interesse“ am Ökostromausbau rechtlich verankert. Festgeschrieben seien weiters günstige Bestimmungen für das Repowering von Windkraftanlagen: „Wir gehen daher in Deutschland jetzt Projekte an, die wir ohne das neue EEG nicht gemacht hätten.“

Mittwoch, 10.01.2024, 15:32 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Windkraft Onshore - Österreichs Windbranche verspürt Gegenwind
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Windkraft Onshore
Österreichs Windbranche verspürt Gegenwind
Im Jahr 2023 wuchs die Leistung der Windkraftanlagen netto um rund 312 MW. Heuer werden es dagegen nur etwa 104 MW sein, hieß es bei der Jahres-Pressekonferenz der IG Windkraft.
Gegenwind verspürt die österreichische Windenergieszene, beklagte der Geschäftsführer des Branchenverbands Interessengemeinschaft Windkraft (IG Windkraft), Stefan Moidl, bei dessen traditioneller Pressekonferenz zum Jahresbeginn am 10. Januar. Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Leistung der österreichischen Windparks netto (Neubauten minus Stilllegung von Altanlagen) gegenüber 2022 um rund 312 MW auf insgesamt 3.885 MW. Heuer dagegen ist laut Moidl lediglich mit einem „sehr bescheidenen“ Zuwachs um etwa 104 MW oder einem Drittel des Vorjahreswerts auf 3.989 MW zu rechnen. Die Gründe sind Moidl zufolge bekannt: lange Umsetzungsdauern von etwa acht bis zehn Jahren für Projekte aufgrund komplexer Genehmigungsverfahren, mangelnde naturschutz- und raumordnungsrechtliche Grundlagen für den Windkraftausbau in den neun österreichischen Bundesländern, die unzureichende personelle Ausstattung der Genehmigungsbehörden sowie fehlende rechtliche Erleichterungen auf Bundesebene.

Überdies lief zu Jahresende die erst im Herbst geänderte Marktprämienverordnung aus. Eine neue Verordnung erließ Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bis dato indessen nicht. Und selbst wenn sich sich Gewessler mit dem Regierungspartner der Grünen, der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP), diesbezüglich rasch einigt, kann die erste Ausschreibung auf Basis der neuen Norm erst Ende März stattfinden. „Das erste Quartal ist also bereits verloren“, kritisierte Moidl.

Bei EU-Recht säumig

Nach wie vor säumig ist die Bundesregierung ferner mit der Umsetzung der zweiten „Erneuerbaren-Richtlinie“ der EU, die wesentliche Erleichterungen für die Ertüchtigung und Erweiterung der Stromnetze mit sich brächte. Wie berichtet, streitet die Koalition seit Monaten über das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das der Umsetzung der Richtlinie dient. Ein Vertragsverletzungsverfahren ist im Gange. Sendet Gewessler, wie von ihr und ihren Fachleuten oftmals versprochen, den ElWG-Entwurf „bald“ zur Begutachtung aus, könnte das Gesetz vor dem Sommer in Kraft treten. Allerdings benötigt die Regierung zum Beschluss eine Zweidrittelmehrheit und damit die Zustimmung der Sozialdemokraten (SPÖ). Die rechtsgerichteten Freiheitlichen lehnen die „ökomarxistische“ Energiepolitik Gewesslers generell ab, die liberalen Neos können die erforderlichen Mandate nicht beibringen. Dazu kommt, dass im Herbst das Parlament neu gewählt wird und die Zeit für einen Beschluss in der auslaufenden Legislaturperiode somit drängt.

Wenig optimistisch zeigte sich Moidl auch hinsichtlich der Umsetzung der seit 20. November 2023 geltenden dritten „Erneuerbaren-Richtlinie“ (RED III) der EU. Schon bis Ende Februar müsste beispielsweise das „überragende öffentliche Interesse“ am Ökostromausbau im österreichischen Recht verankert werden. Auf die Frage der Redaktion, ob er diesbezüglich Signale des Energieministeriums (BMK) erhalten habe, antwortete Moidl: „Nein. Dabei wäre es höchst an der Zeit, die Richtlinie als Chance zu verstehen und entsprechend zu handeln.“

Sechs-Punkte-Plan

Er präsentierte daher einen Sechs-Punkte-Plan für den beschleunigten Ausbau der Windkraft. Diesem zufolge müssten erstens die Bundesländer tätig werden und an den österreichischen Ökostromzielen ausgerichtete Zonenpläne für Windparks erlassen. Der zweite Punkt des Plans ist die „umgehende“ Vorlage der neuen Marktprämienverordnung, der dritte der Beschluss des ElWG, der „ehebaldigst“ zu erfolgen hätte. Viertens will Moidl die Ökostrom-Ausbauziele deutlich erhöht wissen. Derzeit legt das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) eine Erhöhung der jährlichen Grünstromproduktion bis 2030 um 27 Milliarden kWh oder rund 50 Prozent fest. Für die Windkraft bedeutet dies etwa 500 MW pro Jahr. Moidl zufolge sollte dieses Volumen auf 1.000 MW verdoppelt werden.

Der fünfte Punkt des Plans ist die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Der sechste Punkt betrifft die Einführung der „Bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung“ (BNK), die in Deutschland bereits gilt. Damit wäre es laut Moidl möglich, die rot blinkenden Signallichter der Windräder für etwa 99 Prozent der Zeit abzustellen, ohne die Sicherheit der Luftfahrt zu gefährden. Wie er der Redaktion erläuterte, könnte das die Akzeptanz der Windparks in der Bevölkerung weiter verbessern.

Vorbild Deutschland

Seitens der WEB Windenergie, eines der größten privaten Windkraft-Unternehmen Österreichs, lobte Stefanie Markut, im Vorstand für Unternehmensentwicklung zuständig, die Rahmenbedingungen in Deutschland. Die Bundesrepublik habe im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) die RED III der EU teilweise bereits vorweggenommen. So sei etwa das „überragende öffentliche Interesse“ am Ökostromausbau rechtlich verankert. Festgeschrieben seien weiters günstige Bestimmungen für das Repowering von Windkraftanlagen: „Wir gehen daher in Deutschland jetzt Projekte an, die wir ohne das neue EEG nicht gemacht hätten.“

Mittwoch, 10.01.2024, 15:32 Uhr
Klaus Fischer

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