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Energie & Management > Österreich - Österreichs Regulierer warnt vor Ausfall russischen Gases
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Österreichs Regulierer warnt vor Ausfall russischen Gases

Die Gasunternehmen müssen für das Ende des russisch-ukrainischen Transitvertrags vorsorgen, betonte die E-Control. Die Energieaufsicht präsentierte ihren Tätigkeitsbericht für 2023.
Nach Auslaufen des Transitvertrags zwischen Russland und der Ukraine per 31. Dezember 2024 wird Österreich über das entsprechende Pipelinesystem „sehr wahrscheinlich“ kein Gas mehr beziehen können. Vor diesem Szenario hat der Vorstand der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, bei der Präsentation ihres Tätigkeitsberichts für das Jahr 2023 am 21. März in Wien gewarnt.

Urbantschitsch rief die Gasversorger auf, „zu handeln. Das Problem ist allseits bekannt. Die Unternehmen können sich daher nicht auf höhere Gewalt berufen.“ Ohnehin sei ausreichend Gas auf dem Markt verfügbar und dies zumindest derzeit „zu günstigen Preisen“.

Urbantschitschs Vorstandskollege Alfons Haber bestätigte auf Anfrage der Redaktion, dass auch auf politischer Ebene Verhandlungen über die weitere Nutzung des Pipelinesystems „Bratstvo“ (Bruderschaft) laufen. Wegen ihrer Mitgliedschaft in der Energy Community der EU muss die Ukraine europäischen Shippern (Transportkunden) nach Bedarf Leitungskapazität zur Verfügung stellen. Österreich bezieht derzeit jährlich rund 6 Milliarden Kubikmeter russisches Gas über die Bratstvo und deckt damit den weit größten Teil seines Bedarfs. Dieser belief sich 2023 auf etwa 6,9 Milliarden Kubikmeter, um rund 12,5 Prozent weniger als 2022.

Von einem wodurch auch immer bedingten Ausfall der Bratstvo wäre laut Haber die Slowakei „in einem ähnlichen Umfang betroffen wie Österreich, Ungarn dagegen etwas weniger“. Neu gebucht werden können die Kapazitäten auf der Bratstvo nach Angaben Habers voraussichtlich von etwa Juli 2024 an: „Dann wird die Lage deutlich transparenter sein als jetzt.“

OMV-Vertrag als „offener Punkt“

Ein „offener Punkt“ ist, wie sich ein ersatzloses Auslaufen des russisch-ukrainischen Transitvertrags auf den bis 2040 laufenden Take-or-pay-Vertrag des österreichischen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV mit der russischen Gazprom Export auswirken würde, bestätigte Haber der Redaktion: „Darum muss sich die OMV kümmern.“

Wie mehrfach berichtet, verfügt der OMV-Konzern nach eigenen Angaben für die kommenden Jahre über alternative Pipelinekapazitäten sowie Gasmengen. Er sieht sich daher in der Lage, seine Kunden, die etwa 30 Prozent des österreichischen Gasbedarfs repräsentieren, bis auf Weiteres auch ohne russisches Gas zu versorgen. Ob dies indessen bis 2040 gilt und wie es um allfällige Schadenersatz-Ansprüche der Gazprom bestellt sein könnte, ist indessen offen.

„Komfortable Ausgangslage“

Haber betonte, zurzeit seien die Gasspeicher in Österreich wegen des milden Winters 2023/24 zu „knapp 75 Prozent“ befüllt. Sie bis 1. November auf den von der EU vorgegebenen Mindestfüllstand von 90 Prozent zu bringen, lasse sich daher vergleichsweise leicht bewerkstelligen: „Wir sind in einer sehr komfortablen Ausgangslage.“

Die Versorgung im kommenden Winter sollte daher machbar sein. Die E-Control erstellte diesbezüglich zwei Szenarien: In einem „kalten Winter“ sei mit einem Jahresverbrauch von etwa 85 Milliarden kWh (7,7 Milliarden Kubikmeter hochkalorischen H-Gases) zu rechnen, in einem „sehr kalten Winter“ mit 89 Milliarden kWh (8,1 Milliarden Kubikmeter). Wichtig werde daher sein, die Gasspeicher bis zum Beginn des nächsten Winters so gut wie möglich zu befüllen.

Johannes Mayer, der Leiter der Abteilung Volkswirtschaft der E-Control, ergänzte: „Wenn der Füllstand der Gasspeicher im Januar so gut ist, wie er heuer war, kann man sagen: Dieser Winter ist gelaufen und voraussichtlich der nächste auch.“ Überdies seien europaweit Importkapazitäten für verflüssigtes Erdgas (LNG) im Entstehen.

Auch das innereuropäische Netz für die überregionale sowie regionale Gasverteilung werde erweitert. Außer der Bratstvo verfügt Österreich laut Haber über drei Routen für Gasimporte:
  • die Trans-Austria-Gasleitung, über die Einfuhren aus Italien möglich sind,
  • die West-Austria-Gasleitung für Importe via Deutschland
  • sowie das Opal-System über Deutschland und Tschechien.
Weg mit der Gasspeicherumlage

Für dringend nötig hält die E-Control gerade deshalb die Abschaffung der deutschen Gasspeicherumlage, ergänzte E-Control-Vorstand Urbantschitsch: „Unserer Meinung nach widerspricht die Umlage dem EU-Recht.“ Sie fragmentiere den Gas-Binnenmarkt und behindere den Ausstieg aus russischem Gas, indem sie Durchleitungen durch Deutschland verteuere (wir berichteten). Immerhin habe EU-Energiekommissarin Kadri Simson öffentlich bekundet, tätig zu werden. Und Italien sieht laut Urbantschitsch von der mit 1. April geplanten Einführung einer solchen Umlage ab.

Der Tätigkeitsbericht der E-Control ist auf der Website der Regulierungsbehörde verfügbar.

Donnerstag, 21.03.2024, 16:50 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Österreichs Regulierer warnt vor Ausfall russischen Gases
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Österreich
Österreichs Regulierer warnt vor Ausfall russischen Gases
Die Gasunternehmen müssen für das Ende des russisch-ukrainischen Transitvertrags vorsorgen, betonte die E-Control. Die Energieaufsicht präsentierte ihren Tätigkeitsbericht für 2023.
Nach Auslaufen des Transitvertrags zwischen Russland und der Ukraine per 31. Dezember 2024 wird Österreich über das entsprechende Pipelinesystem „sehr wahrscheinlich“ kein Gas mehr beziehen können. Vor diesem Szenario hat der Vorstand der österreichischen Regulierungsbehörde E-Control, Wolfgang Urbantschitsch, bei der Präsentation ihres Tätigkeitsberichts für das Jahr 2023 am 21. März in Wien gewarnt.

Urbantschitsch rief die Gasversorger auf, „zu handeln. Das Problem ist allseits bekannt. Die Unternehmen können sich daher nicht auf höhere Gewalt berufen.“ Ohnehin sei ausreichend Gas auf dem Markt verfügbar und dies zumindest derzeit „zu günstigen Preisen“.

Urbantschitschs Vorstandskollege Alfons Haber bestätigte auf Anfrage der Redaktion, dass auch auf politischer Ebene Verhandlungen über die weitere Nutzung des Pipelinesystems „Bratstvo“ (Bruderschaft) laufen. Wegen ihrer Mitgliedschaft in der Energy Community der EU muss die Ukraine europäischen Shippern (Transportkunden) nach Bedarf Leitungskapazität zur Verfügung stellen. Österreich bezieht derzeit jährlich rund 6 Milliarden Kubikmeter russisches Gas über die Bratstvo und deckt damit den weit größten Teil seines Bedarfs. Dieser belief sich 2023 auf etwa 6,9 Milliarden Kubikmeter, um rund 12,5 Prozent weniger als 2022.

Von einem wodurch auch immer bedingten Ausfall der Bratstvo wäre laut Haber die Slowakei „in einem ähnlichen Umfang betroffen wie Österreich, Ungarn dagegen etwas weniger“. Neu gebucht werden können die Kapazitäten auf der Bratstvo nach Angaben Habers voraussichtlich von etwa Juli 2024 an: „Dann wird die Lage deutlich transparenter sein als jetzt.“

OMV-Vertrag als „offener Punkt“

Ein „offener Punkt“ ist, wie sich ein ersatzloses Auslaufen des russisch-ukrainischen Transitvertrags auf den bis 2040 laufenden Take-or-pay-Vertrag des österreichischen Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV mit der russischen Gazprom Export auswirken würde, bestätigte Haber der Redaktion: „Darum muss sich die OMV kümmern.“

Wie mehrfach berichtet, verfügt der OMV-Konzern nach eigenen Angaben für die kommenden Jahre über alternative Pipelinekapazitäten sowie Gasmengen. Er sieht sich daher in der Lage, seine Kunden, die etwa 30 Prozent des österreichischen Gasbedarfs repräsentieren, bis auf Weiteres auch ohne russisches Gas zu versorgen. Ob dies indessen bis 2040 gilt und wie es um allfällige Schadenersatz-Ansprüche der Gazprom bestellt sein könnte, ist indessen offen.

„Komfortable Ausgangslage“

Haber betonte, zurzeit seien die Gasspeicher in Österreich wegen des milden Winters 2023/24 zu „knapp 75 Prozent“ befüllt. Sie bis 1. November auf den von der EU vorgegebenen Mindestfüllstand von 90 Prozent zu bringen, lasse sich daher vergleichsweise leicht bewerkstelligen: „Wir sind in einer sehr komfortablen Ausgangslage.“

Die Versorgung im kommenden Winter sollte daher machbar sein. Die E-Control erstellte diesbezüglich zwei Szenarien: In einem „kalten Winter“ sei mit einem Jahresverbrauch von etwa 85 Milliarden kWh (7,7 Milliarden Kubikmeter hochkalorischen H-Gases) zu rechnen, in einem „sehr kalten Winter“ mit 89 Milliarden kWh (8,1 Milliarden Kubikmeter). Wichtig werde daher sein, die Gasspeicher bis zum Beginn des nächsten Winters so gut wie möglich zu befüllen.

Johannes Mayer, der Leiter der Abteilung Volkswirtschaft der E-Control, ergänzte: „Wenn der Füllstand der Gasspeicher im Januar so gut ist, wie er heuer war, kann man sagen: Dieser Winter ist gelaufen und voraussichtlich der nächste auch.“ Überdies seien europaweit Importkapazitäten für verflüssigtes Erdgas (LNG) im Entstehen.

Auch das innereuropäische Netz für die überregionale sowie regionale Gasverteilung werde erweitert. Außer der Bratstvo verfügt Österreich laut Haber über drei Routen für Gasimporte:
  • die Trans-Austria-Gasleitung, über die Einfuhren aus Italien möglich sind,
  • die West-Austria-Gasleitung für Importe via Deutschland
  • sowie das Opal-System über Deutschland und Tschechien.
Weg mit der Gasspeicherumlage

Für dringend nötig hält die E-Control gerade deshalb die Abschaffung der deutschen Gasspeicherumlage, ergänzte E-Control-Vorstand Urbantschitsch: „Unserer Meinung nach widerspricht die Umlage dem EU-Recht.“ Sie fragmentiere den Gas-Binnenmarkt und behindere den Ausstieg aus russischem Gas, indem sie Durchleitungen durch Deutschland verteuere (wir berichteten). Immerhin habe EU-Energiekommissarin Kadri Simson öffentlich bekundet, tätig zu werden. Und Italien sieht laut Urbantschitsch von der mit 1. April geplanten Einführung einer solchen Umlage ab.

Der Tätigkeitsbericht der E-Control ist auf der Website der Regulierungsbehörde verfügbar.

Donnerstag, 21.03.2024, 16:50 Uhr
Klaus Fischer

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