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Energie & Management > Klimaschutz - Österreichs Klimaplan geht in die Konsultation
Quelle: Fotolia / frenta
Klimaschutz

Österreichs Klimaplan geht in die Konsultation

Bis 31. August können alle Interessierten Vorschläge zur weiteren Treibhausgasverringerung einbringen. In der Regierung aus Grünen und Konservativen herrscht keineswegs Einigkeit.
Bis zum 31. August läuft die öffentliche Konsultation zum österreichischen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP), dessen Entwurf Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am 4. Juli präsentierte. Die finale Version des Plans ist spätestens im Juni 2024 der EU-Kommission zu übermitteln. Er soll zeigen, wie Österreich das Ziel erreichen kann, den Ausstoß an Treibhausgasen (CO2-Äquivalent) in den Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandelssystems (ETS) bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2005 um 48 Prozent verringern kann. Mit den in dem Entwurf enthaltenen Maßnahmen lässt sich eine Reduktion um rund 35 Prozent oder 36,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent darstellen. Für die verbleibenden 13 Prozentpunkte oder 7,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent erhofft sich Gewessler von allen Interessierten sachlich realistische sowie politisch umsetzbare Vorschläge im Zuge der Konsultation. Ihre eigenen Überlegungen offenzulegen, lehnte Gewessler bei der Pressekonferenz ab: „Damit würde ich die Konsultation ad absurdum führen.“ Nach deren Abschluss werden die Ideen in den NEKP-Entwurf eingearbeitet. Anschließend folgt die Abstimmung mit der EU-Kommission.

Gewessler betonte, laut den Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA) zum NEKP seien die Emissionen Österreichs erstmals substanziell im Sinken, wenn auch noch nicht rasch genug. Deshalb gelte es, zusätzliche Maßnahmen zu setzen. Nicht ausreichen werde, festzuhalten, dass sich die angestrebte Reduktion ohnehin nicht bewerkstelligen lasse: „Wer das sagt, dem sage ich, er soll im Rahmen der Konsultation bessere Vorschläge machen.“ Deren offizieller Auftakt findet am 5. Juli bei einem „Workshop“ mit einer Reihe von Interessenvertretungen statt. Eingeladen ist unter anderem der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie, wurde der Redaktion aus der Branche bestätigt.

Warnung vom Koalitionspartner

Heftige Schelte hinsichtlich der Konsultation gab es von der Landwirtschaftskammer. Deren Präsident Josef Moosbrugger (Österreichische Volkspartei, ÖVP, konservativ), sprach von einer „Scheineinbindung. Das ist eine Vorgangsweise, die für uns absolut inakzeptabel und einer Ministerin nicht würdig ist. Es ist geradezu eine Provokation, dass ein so umfangreicher Entwurf mit hunderten Seiten erst einen Tag vor einer sogenannten Konsultation übermittelt wird und Medienvertreter bereits vorher davon informiert werden.“ Moosbrugger setzte hinzu, Österreich brauche „keine neue, realitätsfremde Strategie, die Wohlstand und Versorgung gefährdet und der Umwelt und dem Klima auch nicht wirklich nützt.“

Die Wortspende des mächtigen Kammerfunktionärs kann als Warnung seitens der ÖVP verstanden werden, mit der die Grünen auf Bundesebene regieren. Wie bei einem ihrer wichtigsten Anliegen, dem Klimaschutzgesetz, muss Gewessler mit hartem Widerstand des Koalitionspartners gegen allzu ambitionierte Ideen rechnen.

Maßnahmen in Diskussion

Im vorliegenden NEKP-Entwurf finden sich im Wesentlichen die bis dato bereits beschlossenen sowie in Diskussion befindlichen Maßnahmen des Bundes, deren Umsetzung als wahrscheinlich gelten kann, erläuterte der zuständige Fachmann des Umweltbundesamtes, Günther Lichtblau. Unter anderem enthalten sind das seit 2021 geltende Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) zur Ökostromförderung, die mit Oktober 2022 eingeführte CO2-Bepreisung, aber auch das in parlamentarischer Behandlung befindliche Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG) sowie die österreichische Wasserstoffstrategie. Das diesbezügliche Szenario wird als „WAM“ („With Additional Measures“) bezeichnet. Erfolgt dagegen lediglich die Umsetzung der bis Ende 2021 beschlossenen Maßnahmen, würde Österreich das Reduktionsziel von 48 Prozent um rund 7,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent verfehlen. Dies entspräche dem Szenario „WEM“ („With Existing Measures“). Laut Lichtblau würde das bedeuten, den klimapolitischen Stand von Ende 2021 quasi einzufrieren und keine weiteren Maßnahmen mehr zu setzen. Realistisch ist dies allerdings nicht.

Lichtblau zufolge ist auch das WAM-Szenario keine Maximalvariante für die Klimapolitik. Das Ziel der Bundesregierung, Österreich ab 2040 klimaneutral zu machen, würde damit weit verfehlt. Noch 2050 wäre außerhalb der Emissionshandelssektoren mit einem CO2-Ausstoß von etwa 20 Millionen Tonnen zu rechnen.

Der Kritik von Umweltorganisationen, dass Österreich den NEKP mit Ende Juni der EU-Kommission zur Endabstimmung hätte übermitteln müssen, begegnete Gewessler gelassen: Die von ihr gewählte Vorgangsweise sei mit der Kommission abgestimmt: „Außerdem macht das eine ganze Reihe anderer Länder genauso.“

Netzplan im Kommen

Fertiggestellt ist offenbar der Österreichische Netzinfrastrukturplan (ÖNIP), der der Ertüchtigung der übergeordneten Strom- und Gasleitungen zum Zwecke der Energiewende dient. Er wird am 7. Juli präsentiert, erfuhr die Redaktion aus gut informierten Kreisen.

Dienstag, 4.07.2023, 14:31 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Klimaschutz - Österreichs Klimaplan geht in die Konsultation
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Österreichs Klimaplan geht in die Konsultation
Bis 31. August können alle Interessierten Vorschläge zur weiteren Treibhausgasverringerung einbringen. In der Regierung aus Grünen und Konservativen herrscht keineswegs Einigkeit.
Bis zum 31. August läuft die öffentliche Konsultation zum österreichischen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP), dessen Entwurf Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am 4. Juli präsentierte. Die finale Version des Plans ist spätestens im Juni 2024 der EU-Kommission zu übermitteln. Er soll zeigen, wie Österreich das Ziel erreichen kann, den Ausstoß an Treibhausgasen (CO2-Äquivalent) in den Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandelssystems (ETS) bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2005 um 48 Prozent verringern kann. Mit den in dem Entwurf enthaltenen Maßnahmen lässt sich eine Reduktion um rund 35 Prozent oder 36,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent darstellen. Für die verbleibenden 13 Prozentpunkte oder 7,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent erhofft sich Gewessler von allen Interessierten sachlich realistische sowie politisch umsetzbare Vorschläge im Zuge der Konsultation. Ihre eigenen Überlegungen offenzulegen, lehnte Gewessler bei der Pressekonferenz ab: „Damit würde ich die Konsultation ad absurdum führen.“ Nach deren Abschluss werden die Ideen in den NEKP-Entwurf eingearbeitet. Anschließend folgt die Abstimmung mit der EU-Kommission.

Gewessler betonte, laut den Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA) zum NEKP seien die Emissionen Österreichs erstmals substanziell im Sinken, wenn auch noch nicht rasch genug. Deshalb gelte es, zusätzliche Maßnahmen zu setzen. Nicht ausreichen werde, festzuhalten, dass sich die angestrebte Reduktion ohnehin nicht bewerkstelligen lasse: „Wer das sagt, dem sage ich, er soll im Rahmen der Konsultation bessere Vorschläge machen.“ Deren offizieller Auftakt findet am 5. Juli bei einem „Workshop“ mit einer Reihe von Interessenvertretungen statt. Eingeladen ist unter anderem der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie, wurde der Redaktion aus der Branche bestätigt.

Warnung vom Koalitionspartner

Heftige Schelte hinsichtlich der Konsultation gab es von der Landwirtschaftskammer. Deren Präsident Josef Moosbrugger (Österreichische Volkspartei, ÖVP, konservativ), sprach von einer „Scheineinbindung. Das ist eine Vorgangsweise, die für uns absolut inakzeptabel und einer Ministerin nicht würdig ist. Es ist geradezu eine Provokation, dass ein so umfangreicher Entwurf mit hunderten Seiten erst einen Tag vor einer sogenannten Konsultation übermittelt wird und Medienvertreter bereits vorher davon informiert werden.“ Moosbrugger setzte hinzu, Österreich brauche „keine neue, realitätsfremde Strategie, die Wohlstand und Versorgung gefährdet und der Umwelt und dem Klima auch nicht wirklich nützt.“

Die Wortspende des mächtigen Kammerfunktionärs kann als Warnung seitens der ÖVP verstanden werden, mit der die Grünen auf Bundesebene regieren. Wie bei einem ihrer wichtigsten Anliegen, dem Klimaschutzgesetz, muss Gewessler mit hartem Widerstand des Koalitionspartners gegen allzu ambitionierte Ideen rechnen.

Maßnahmen in Diskussion

Im vorliegenden NEKP-Entwurf finden sich im Wesentlichen die bis dato bereits beschlossenen sowie in Diskussion befindlichen Maßnahmen des Bundes, deren Umsetzung als wahrscheinlich gelten kann, erläuterte der zuständige Fachmann des Umweltbundesamtes, Günther Lichtblau. Unter anderem enthalten sind das seit 2021 geltende Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) zur Ökostromförderung, die mit Oktober 2022 eingeführte CO2-Bepreisung, aber auch das in parlamentarischer Behandlung befindliche Erneuerbare-Gase-Gesetz (EGG) sowie die österreichische Wasserstoffstrategie. Das diesbezügliche Szenario wird als „WAM“ („With Additional Measures“) bezeichnet. Erfolgt dagegen lediglich die Umsetzung der bis Ende 2021 beschlossenen Maßnahmen, würde Österreich das Reduktionsziel von 48 Prozent um rund 7,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent verfehlen. Dies entspräche dem Szenario „WEM“ („With Existing Measures“). Laut Lichtblau würde das bedeuten, den klimapolitischen Stand von Ende 2021 quasi einzufrieren und keine weiteren Maßnahmen mehr zu setzen. Realistisch ist dies allerdings nicht.

Lichtblau zufolge ist auch das WAM-Szenario keine Maximalvariante für die Klimapolitik. Das Ziel der Bundesregierung, Österreich ab 2040 klimaneutral zu machen, würde damit weit verfehlt. Noch 2050 wäre außerhalb der Emissionshandelssektoren mit einem CO2-Ausstoß von etwa 20 Millionen Tonnen zu rechnen.

Der Kritik von Umweltorganisationen, dass Österreich den NEKP mit Ende Juni der EU-Kommission zur Endabstimmung hätte übermitteln müssen, begegnete Gewessler gelassen: Die von ihr gewählte Vorgangsweise sei mit der Kommission abgestimmt: „Außerdem macht das eine ganze Reihe anderer Länder genauso.“

Netzplan im Kommen

Fertiggestellt ist offenbar der Österreichische Netzinfrastrukturplan (ÖNIP), der der Ertüchtigung der übergeordneten Strom- und Gasleitungen zum Zwecke der Energiewende dient. Er wird am 7. Juli präsentiert, erfuhr die Redaktion aus gut informierten Kreisen.

Dienstag, 4.07.2023, 14:31 Uhr
Klaus Fischer

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