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Energie & Management > Österreich - Österreichs  Energiewirtschaft soll zur Inflationsdämpfung beitragen
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

Österreichs Energiewirtschaft soll zur Inflationsdämpfung beitragen

Verschärfte Regeln zur Abschöpfung von Übergewinnen sowie Vorgaben zu mehr Markttransparenz sollen preisdämpfend wirken – letzten Endes über die Energiebranche hinaus.
Zur Dämpfung der Inflation will Österreichs Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen die Energiewirtschaft in die Pflicht nehmen. Laut einem Beschluss vom 10. Mai ist geplant, mit Juni die Obergrenze für die Abschöpfung sogenannter „Übergewinne“ der Stromversorger zu senken. Zulässig ist künftig ein Strompreis von maximal 120 Euro/MWh, zurzeit sind es 140 Euro. Die Senkung erfolgt, wenn die Unternehmen ihre Preise für die Endkunden nicht freiwillig verringern. Den teuersten Anbieter will die Regierung zu einer Preisreduktion um „mehr als ein Drittel“ verpflichten, erläuterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Vorgesehen ist auch die „Stärkung der gesetzlichen Einmeldeverpflichtungen der Energieversorger an die E-Control, um eine Verbesserung des Tarifkalkulators zu erzielen.“ Der online verfügbare Kalkulator ermöglicht den Kunden, die Strompreise zu vergleichen und damit den für sie attraktivsten Anbieter zu wählen. Ferner will die Regierung die Energieversorger verpflichten, „die Kundinnen und Kunden vor Ende der Vertragsbindung und mindestens einmal jährlich auf das Auslaufen der Vertragsbindung bzw. die Wechselmöglichkeit und den Tarifkalkulator hinzuweisen.“ In einem Zuge sollen sie den Kunden ein verbindliches Angebot über einen Liefervertrag vorlegen.

Weiters erhalten Haushalte und Kleinverbraucher mit einem jährlichen Strombedarf von maximal 100.000 kWh das Recht, die von ihnen zu bezahlenden Teilbeträge einmal pro Halbjahr anzupassen. Kaum auswirken dürfte sich „die Einführung des Rechts der Verbraucherinnen und Verbraucher mit Smart Metern auf eine monatliche Abrechnung“: Dieses Recht besteht bereits. Davon abgesehen wird die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe um 90 Prozent um „ein weiteres halbes Jahr“ verlängert. Dies bringe der Bevölkerung eine Einsparung von rund 400 Millionen Euro.

Weitreichende Auswirkungen

Laut Nehammer erwartet sich die Regierung von diesen Maßnahmen Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft: Kein Gewerbe- oder Industriebetrieb sowie kein Handelsunternehmen könne künftig bei Preiserhöhungen noch mit den gestiegenen Energiekosten argumentieren. Überdies könnten abgeschöpfte Übergewinne der Energieunternehmen den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, um ihre Gebühren stabil zu halten.

Kritik an der E-Wirtschaft

Ungewöhnlich scharfe Kritik übte Nehammer an der E-Wirtschaft: Die „Wurzel der Inflation“ in Österreich seien „die Energiekosten und Energiepreise. Die müssen jetzt runter, und zwar so, dass die Menschen das tatsächlich spüren. Wenn die Energieversorger die Preise nicht unmittelbar zu senken beginnen, werden wir sie zur Kasse bitten.“ Die Energieunternehmen hätten „auf dem Rücken der Menschen Milliardengewinne gemacht“, die die Politik habe ausgleichen müssen, nicht zuletzt mit der „Stromkostenbremse“. Bekanntlich subventioniert die Bundesregierung den vertraglichen Strompreis der Haushalte für einen Jahresbedarf von höchstens 2.900 kWh im Zeitraum Dezember 2022 bis einschließlich Juni 2024 mit 30 Cent/kWh. Beläuft sich der vertragliche Preis auf 40 Cent/kWh, bezahlt der Haushalt somit 10 Cent/kWh, bei 50 Cent/kWh sind es 20 Cent. Nehammer konstatierte, manche Stromlieferanten verließen sich auf diese „Kostenbremse“, senkten aber selbst die Preise nicht. Hier werde die Regierung eingreifen.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ergänzte, letzten Endes liege die Schuld an der Inflation bei Russland, das mit der Invasion in der Ukraine zum Anstieg der Gaspreise und in der Folge der Strompreise beigetragen habe. Mittlerweile seien die Großhandelspreise für Strom und Gas wieder im Sinken: „Aber diese Senkungen, die die Energiekonzerne erfahren, werden nicht annähernd mit der Geschwindigkeit weitergegeben wie seinerzeitigen die Erhöhungen.“ Ein indessen zweifelhaftes Argument: Wie berichtet, hatte die E-Control erst vor kurzem festgestellt, dass manche Energielieferanten ihre Endkundenpreise lange Zeit stabil hielten. Möglich machten dies Einkaufsstrategien, bei denen Energie mit einer Vorlaufzeit von mindestens etwa zwei Jahren beschafft wird.

Wirkungslose „Blendgranate“

Die E-Wirtschaft regierte auf die Ankündigungen bislang nicht. Heftige Kritik kam von der Opposition. Die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) sprach von der „nächsten Blendgranate ohne Wirkung.“ Gegen die Inflation wirke einzig „das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Energie und Lebensmittel.“
 

Der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbunds und ehemalige Energiesprecher der Sozialdemokraten (SPÖ) im Bundesparlament, Wolfgang Katzian, forderte eine „Antiteuerungskommission“ zur Kontrolle der Energie- und Lebensmittelpreise. Sie solle ungerechtfertigte Preiserhöhungen „sofort abstellen und in allerletzter Konsequenz sanktionieren.“

Mittwoch, 10.05.2023, 16:08 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Österreichs  Energiewirtschaft soll zur Inflationsdämpfung beitragen
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Österreich
Österreichs Energiewirtschaft soll zur Inflationsdämpfung beitragen
Verschärfte Regeln zur Abschöpfung von Übergewinnen sowie Vorgaben zu mehr Markttransparenz sollen preisdämpfend wirken – letzten Endes über die Energiebranche hinaus.
Zur Dämpfung der Inflation will Österreichs Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen die Energiewirtschaft in die Pflicht nehmen. Laut einem Beschluss vom 10. Mai ist geplant, mit Juni die Obergrenze für die Abschöpfung sogenannter „Übergewinne“ der Stromversorger zu senken. Zulässig ist künftig ein Strompreis von maximal 120 Euro/MWh, zurzeit sind es 140 Euro. Die Senkung erfolgt, wenn die Unternehmen ihre Preise für die Endkunden nicht freiwillig verringern. Den teuersten Anbieter will die Regierung zu einer Preisreduktion um „mehr als ein Drittel“ verpflichten, erläuterte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Vorgesehen ist auch die „Stärkung der gesetzlichen Einmeldeverpflichtungen der Energieversorger an die E-Control, um eine Verbesserung des Tarifkalkulators zu erzielen.“ Der online verfügbare Kalkulator ermöglicht den Kunden, die Strompreise zu vergleichen und damit den für sie attraktivsten Anbieter zu wählen. Ferner will die Regierung die Energieversorger verpflichten, „die Kundinnen und Kunden vor Ende der Vertragsbindung und mindestens einmal jährlich auf das Auslaufen der Vertragsbindung bzw. die Wechselmöglichkeit und den Tarifkalkulator hinzuweisen.“ In einem Zuge sollen sie den Kunden ein verbindliches Angebot über einen Liefervertrag vorlegen.

Weiters erhalten Haushalte und Kleinverbraucher mit einem jährlichen Strombedarf von maximal 100.000 kWh das Recht, die von ihnen zu bezahlenden Teilbeträge einmal pro Halbjahr anzupassen. Kaum auswirken dürfte sich „die Einführung des Rechts der Verbraucherinnen und Verbraucher mit Smart Metern auf eine monatliche Abrechnung“: Dieses Recht besteht bereits. Davon abgesehen wird die Senkung der Elektrizitäts- und Erdgasabgabe um 90 Prozent um „ein weiteres halbes Jahr“ verlängert. Dies bringe der Bevölkerung eine Einsparung von rund 400 Millionen Euro.

Weitreichende Auswirkungen

Laut Nehammer erwartet sich die Regierung von diesen Maßnahmen Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft: Kein Gewerbe- oder Industriebetrieb sowie kein Handelsunternehmen könne künftig bei Preiserhöhungen noch mit den gestiegenen Energiekosten argumentieren. Überdies könnten abgeschöpfte Übergewinne der Energieunternehmen den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, um ihre Gebühren stabil zu halten.

Kritik an der E-Wirtschaft

Ungewöhnlich scharfe Kritik übte Nehammer an der E-Wirtschaft: Die „Wurzel der Inflation“ in Österreich seien „die Energiekosten und Energiepreise. Die müssen jetzt runter, und zwar so, dass die Menschen das tatsächlich spüren. Wenn die Energieversorger die Preise nicht unmittelbar zu senken beginnen, werden wir sie zur Kasse bitten.“ Die Energieunternehmen hätten „auf dem Rücken der Menschen Milliardengewinne gemacht“, die die Politik habe ausgleichen müssen, nicht zuletzt mit der „Stromkostenbremse“. Bekanntlich subventioniert die Bundesregierung den vertraglichen Strompreis der Haushalte für einen Jahresbedarf von höchstens 2.900 kWh im Zeitraum Dezember 2022 bis einschließlich Juni 2024 mit 30 Cent/kWh. Beläuft sich der vertragliche Preis auf 40 Cent/kWh, bezahlt der Haushalt somit 10 Cent/kWh, bei 50 Cent/kWh sind es 20 Cent. Nehammer konstatierte, manche Stromlieferanten verließen sich auf diese „Kostenbremse“, senkten aber selbst die Preise nicht. Hier werde die Regierung eingreifen.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ergänzte, letzten Endes liege die Schuld an der Inflation bei Russland, das mit der Invasion in der Ukraine zum Anstieg der Gaspreise und in der Folge der Strompreise beigetragen habe. Mittlerweile seien die Großhandelspreise für Strom und Gas wieder im Sinken: „Aber diese Senkungen, die die Energiekonzerne erfahren, werden nicht annähernd mit der Geschwindigkeit weitergegeben wie seinerzeitigen die Erhöhungen.“ Ein indessen zweifelhaftes Argument: Wie berichtet, hatte die E-Control erst vor kurzem festgestellt, dass manche Energielieferanten ihre Endkundenpreise lange Zeit stabil hielten. Möglich machten dies Einkaufsstrategien, bei denen Energie mit einer Vorlaufzeit von mindestens etwa zwei Jahren beschafft wird.

Wirkungslose „Blendgranate“

Die E-Wirtschaft regierte auf die Ankündigungen bislang nicht. Heftige Kritik kam von der Opposition. Die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) sprach von der „nächsten Blendgranate ohne Wirkung.“ Gegen die Inflation wirke einzig „das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Energie und Lebensmittel.“
 

Der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbunds und ehemalige Energiesprecher der Sozialdemokraten (SPÖ) im Bundesparlament, Wolfgang Katzian, forderte eine „Antiteuerungskommission“ zur Kontrolle der Energie- und Lebensmittelpreise. Sie solle ungerechtfertigte Preiserhöhungen „sofort abstellen und in allerletzter Konsequenz sanktionieren.“

Mittwoch, 10.05.2023, 16:08 Uhr
Klaus Fischer

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