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Energie & Management > Österreich - Österreich will raus aus Russland
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Österreich will raus aus Russland

Die Verringerung der Abhängigkeit vom russischen Erdgas sowie die Vorlage des Entwurfs eines Erdgasbevorratungsgesetzes kündigte Energieministerin Gewessler an.
Bis Mai wird das österreichische Energieministerium (BMK) Entwürfe zu einem Erdgasbevorratungsgesetz und dem seit langem erwarteten Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) vorlegen. Das berichtete Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) nach der Sitzung des Energielenkungsbeirats am 1. März. Die für 28. Februar anberaumte Sitzung war wegen des Energieministerratstreffens der EU am Montag um einen Tag verschoben worden.

Wie berichtet, dient der Beirat der Beratung der Ministerin bei möglichen Versorgungskrisen. Gewessler konstatierte, Österreich decke rund 80 % seines Erdgasbedarfs durch Importe aus Russland: „Das macht uns verletzlich und ist eine Gefahr für unsere Freiheit und unsere Zukunft.“ Österreich müsse die „Abhängigkeit“ von russischem Gas vermindern und auf längere Sicht von diesem „unabhängig“ werden. Ob dies bedeutet, den Gasimport aus Russland vollständig zu beenden, enthüllte die Ministerin trotz Nachfragen nicht. Österreich bezieht seit 1968 Gas aus Russland beziehungsweise der Sowjetunion. Politisch begründete Unterbrechungen gab es nie. Der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV als weit größter Importeur entstand nach dem Zweiten Weltkrieg als „Sowjetische Mineralölverwaltung“ (SMV).

Ausreichende Reserven in Gasspeichern

Mit dem Erdgasbevorratungsgesetz will die Ministerin sicherstellen, dass im kommenden Winter ausreichende Reserven für die Überbrückung längerer Unterbrechungen der Gasimporte aus Drittstaaten zur Verfügung stehen: „Der Markt allein trifft diese Vorsorge nicht.“ Mehrfach betonte Gewessler, Österreich verfüge über das fünftgrößte Gasspeichervolumen der EU. Notfalls könne die Republik auch auf jene Mengen zugreifen, die für Kunden in anderen Staaten eingelagert werden. Freilich sei dies nur gegen Entschädigung möglich. Doch dafür habe Österreich Vorsorge getroffen, versicherte sie auf Anfrage der Redaktion.

Jedenfalls gesichert ist Gewessler zufolge die Erdgasversorgung der österreichischen Haushalte. Grundsätzlich ermögliche das Energielenkungsgesetz, die Belieferung von Unternehmen mit Erdgas einzuschränken oder zeitweilig zu unterbrechen: „An diesem Punkt sind wir aber nicht.“ Ihn zu erreichen, zeichne sich nicht ab.

Die Ministerin bestätigte, dass die Lieferungen aus Russland weiterhin laufen. Hinsichtlich der Bevorratung für den Winter 2022/23 will sie jedoch Importe aus anderen Ländern forcieren, sei es über Pipelines, sei es in Form von verflüssigtem Erdgas (LNG). Auch die USA kämen als Lieferant in Frage. Gewessler räumte auf Nachfrage der Redaktion ein, dass es sich bei dem US-amerikanischen Gas um Schiefergas handelt, das mittels Fracking gewonnen wird. Die Nutzung solchen Gases hatten die Grünen in der Vergangenheit stets abgelehnt. Sie argumentierten mit den Umweltauswirkungen der Fracking-Technologie und verhinderten Bestrebungen der OMV, vermutete Schiefergasvorkommen im Weinviertel nordöstlich von Wien zu explorieren und zu erschließen.

Gewessler ergänzte, langfristig müsse Österreich auf Erdgas völlig verzichten und ausschließlich erneuerbare Energieträger nutzen. In den vergangenen zehn bis 15 Jahren „haben wir nicht genug in die erneuerbaren Energien investiert. Das rächt sich jetzt“.

Kritik von SPÖ und Industriellenvereinigung

Kritik an den Ergebnissen der Sitzung des Energielenkungsbeirats kam von den oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) und der Industriellenvereinigung. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll konstatierte, was Gewessler dort als kurz- bis mittelfristige Lösungsansätze zur Absicherung der Energieversorgung der österreichischen Bevölkerung präsentierte, sei leider viel zu unkonkret“. Nötig wäre „sofort eine robuste Strategie, um die Österreicherinnen und Österreicher mit ausreichend Energie zu versorgen“. Details dazu nannte Schroll indessen nicht.

Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, warnte davor, mittels Energielenkungsmaßnahmen die Gasversorgung von Unternehmen einzuschränken: „Erdgas ist der wichtigste Energieträger der Industrie und unverzichtbar für die Produktion von Gütern, auf die unsere Gesellschaft nicht verzichten kann.“ Auch werde es „bis auf Weiteres“ nicht möglich sein, ohne Erdgasimporte aus Russland auszukommen.

Mittwoch, 2.03.2022, 10:44 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Österreich will raus aus Russland
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Österreich
Österreich will raus aus Russland
Die Verringerung der Abhängigkeit vom russischen Erdgas sowie die Vorlage des Entwurfs eines Erdgasbevorratungsgesetzes kündigte Energieministerin Gewessler an.
Bis Mai wird das österreichische Energieministerium (BMK) Entwürfe zu einem Erdgasbevorratungsgesetz und dem seit langem erwarteten Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) vorlegen. Das berichtete Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) nach der Sitzung des Energielenkungsbeirats am 1. März. Die für 28. Februar anberaumte Sitzung war wegen des Energieministerratstreffens der EU am Montag um einen Tag verschoben worden.

Wie berichtet, dient der Beirat der Beratung der Ministerin bei möglichen Versorgungskrisen. Gewessler konstatierte, Österreich decke rund 80 % seines Erdgasbedarfs durch Importe aus Russland: „Das macht uns verletzlich und ist eine Gefahr für unsere Freiheit und unsere Zukunft.“ Österreich müsse die „Abhängigkeit“ von russischem Gas vermindern und auf längere Sicht von diesem „unabhängig“ werden. Ob dies bedeutet, den Gasimport aus Russland vollständig zu beenden, enthüllte die Ministerin trotz Nachfragen nicht. Österreich bezieht seit 1968 Gas aus Russland beziehungsweise der Sowjetunion. Politisch begründete Unterbrechungen gab es nie. Der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV als weit größter Importeur entstand nach dem Zweiten Weltkrieg als „Sowjetische Mineralölverwaltung“ (SMV).

Ausreichende Reserven in Gasspeichern

Mit dem Erdgasbevorratungsgesetz will die Ministerin sicherstellen, dass im kommenden Winter ausreichende Reserven für die Überbrückung längerer Unterbrechungen der Gasimporte aus Drittstaaten zur Verfügung stehen: „Der Markt allein trifft diese Vorsorge nicht.“ Mehrfach betonte Gewessler, Österreich verfüge über das fünftgrößte Gasspeichervolumen der EU. Notfalls könne die Republik auch auf jene Mengen zugreifen, die für Kunden in anderen Staaten eingelagert werden. Freilich sei dies nur gegen Entschädigung möglich. Doch dafür habe Österreich Vorsorge getroffen, versicherte sie auf Anfrage der Redaktion.

Jedenfalls gesichert ist Gewessler zufolge die Erdgasversorgung der österreichischen Haushalte. Grundsätzlich ermögliche das Energielenkungsgesetz, die Belieferung von Unternehmen mit Erdgas einzuschränken oder zeitweilig zu unterbrechen: „An diesem Punkt sind wir aber nicht.“ Ihn zu erreichen, zeichne sich nicht ab.

Die Ministerin bestätigte, dass die Lieferungen aus Russland weiterhin laufen. Hinsichtlich der Bevorratung für den Winter 2022/23 will sie jedoch Importe aus anderen Ländern forcieren, sei es über Pipelines, sei es in Form von verflüssigtem Erdgas (LNG). Auch die USA kämen als Lieferant in Frage. Gewessler räumte auf Nachfrage der Redaktion ein, dass es sich bei dem US-amerikanischen Gas um Schiefergas handelt, das mittels Fracking gewonnen wird. Die Nutzung solchen Gases hatten die Grünen in der Vergangenheit stets abgelehnt. Sie argumentierten mit den Umweltauswirkungen der Fracking-Technologie und verhinderten Bestrebungen der OMV, vermutete Schiefergasvorkommen im Weinviertel nordöstlich von Wien zu explorieren und zu erschließen.

Gewessler ergänzte, langfristig müsse Österreich auf Erdgas völlig verzichten und ausschließlich erneuerbare Energieträger nutzen. In den vergangenen zehn bis 15 Jahren „haben wir nicht genug in die erneuerbaren Energien investiert. Das rächt sich jetzt“.

Kritik von SPÖ und Industriellenvereinigung

Kritik an den Ergebnissen der Sitzung des Energielenkungsbeirats kam von den oppositionellen Sozialdemokraten (SPÖ) und der Industriellenvereinigung. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll konstatierte, was Gewessler dort als kurz- bis mittelfristige Lösungsansätze zur Absicherung der Energieversorgung der österreichischen Bevölkerung präsentierte, sei leider viel zu unkonkret“. Nötig wäre „sofort eine robuste Strategie, um die Österreicherinnen und Österreicher mit ausreichend Energie zu versorgen“. Details dazu nannte Schroll indessen nicht.

Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, warnte davor, mittels Energielenkungsmaßnahmen die Gasversorgung von Unternehmen einzuschränken: „Erdgas ist der wichtigste Energieträger der Industrie und unverzichtbar für die Produktion von Gütern, auf die unsere Gesellschaft nicht verzichten kann.“ Auch werde es „bis auf Weiteres“ nicht möglich sein, ohne Erdgasimporte aus Russland auszukommen.

Mittwoch, 2.03.2022, 10:44 Uhr
Klaus Fischer

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