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Energie & Management > Österreich - Österreich hält Netzreserve bis mindestens 2030 für nötig
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich

Österreich hält Netzreserve bis mindestens 2030 für nötig

Die geltende Regelung zum Vorhalten von Kraftwerken zur Netzstützung läuft 2025 aus. Bemühungen um eine Verlängerung laufen, ebenso die Arbeiten an der Versorgungssicherheitsstrategie.
 
Der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) benötigt die sogenannte „Netzreserve“ über das Jahr 2030 hinaus. Er ist dabei, dieses Anliegen der Politik zu vermitteln. Das bestätigte Kurt Misak, der Abteilungsleiter Versorgungssicherheit der APG, der Redaktion am Rande der Fachtagung Versorgungssicherheit des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie am 10. Oktober in Wien. Die Netzreserve besteht zu einem erheblichen Teil aus thermischen Kraftwerken österreichischer Energieversorger und wird zum Zweck der Netzstabilisierung bereitgehalten. Nach derzeitigem Stand findet kommendes Jahr die letzte Ausschreibung statt. Die in der Folge kontrahierten Kapazitäten stehen bis einschließlich 30. September 2025 zur Verfügung. Genehmigt wurde die Netzreserve von der EU-Kommission. Sie gilt als notwendig, weil Österreich bis auf Weiteres nicht in der Lage ist, 70 Prozent der Kapazität auf den grenzüberschreitenden Leitungen für den internationalen Stromhandel freizuhalten, wie dies das Elektrizitätsrecht der EU verlangt.

Misak betonte, die APG bemühe sich nach Kräften, diese Kapazitäten ehestmöglich verfügbar zu machen. Allerdings bestehe weiterhin das Problem innerstaatlicher Engpässe im Übertragungsnetz, die sich bis 2025 auch bei bestem Willen nicht beseitigen ließen. Mit dieser Herausforderung ist nicht nur Österreich konfrontiert, sondern nicht zuletzt auch Deutschland, wo es an leistungsstarken Nord-Süd-Leitungen mangelt. „Alles in allem ist völlig offen, wie es nach 2025 weitergeht“, konstatierte Misak. Die Ausschreibung der Netzreserve für das Winterhalbjahr 2023/24 und das Sommerhalbjahr 2024 ist seitens der APG abgeschlossen. Die Veröffentlichung der Ergebnisse soll Ende November erfolgen.

Kein „business as usual“

Für den kommenden Winter ist die Sicherheit der Strom- und Erdgasversorgung in Österreich aller Voraussicht nach gewährleistet, betonten Misak und der Leiter der Abteilung Marktmanagement der APG, Christian Todem. Ihnen zufolge sind die Gasspeicher in Österreich zu mehr als 90 Prozent befüllt, auch die Wasserstände in den Stausseen der Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke sind hoch. Laut Todem veröffentlicht der Netzbetreiberverband Entso-E voraussichtlich Mitte November seinen „Winter Outlook“ zur Versorgungslage in ganz Europa. Grundsätzlich sei die Ausgangslage gut, Risiken könnten allerdings weiterhin nicht ausgeschlossen werden. „Im Zustand eines ‚business as usual‘ sind wir nicht“, warnte Todem.

Versorgungssicherheitsstrategie kommt

Unterdessen schreiten die Arbeiten an der Versorgungssicherheitsstrategie für den österreichischen Stromsektor voran. Noch vor Ende des Jahres dürfte diese veröffentlicht werden, berichtete die Leiterin der Stabsstelle Krisenmanagement und Energielenkung im Energieministerium (BMK), Doris Neumann-Edlinger. Laut dem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) hat das BMK die Strategie in Abstimmung mit der Regulierungsbehörde E-Control und der APG zu erstellen. Die Veröffentlichung hätte erstmals bis 30. Juni erfolgen sollen. Jedoch verzögerten sich die Arbeiten dem Vernehmen nach unter anderem aufgrund von Debatten innerhalb der Bundesregierung aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen, die mit Leonore Gewessler die Energieministerin stellen. Überdies muss bei der Erarbeitung der Strategie der integrierte österreichische Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) berücksichtigt werden, der erst im Entwurf vorliegt.
 

Die Strategie ist alle fünf Jahre zu aktualisieren. Laut Neumann-Edlinger ist ihr „Kernthema“ die Reduktion der Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger, insbesondere der Einfuhren von Erdgas aus Russland. Weitere Fragen betreffen die Sicherheit des Betriebs der Stromnetze inklusive Cybersicherheit sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Energielenkungsgesetz: Novelle geplant

Erst am Beginn stehen die Arbeiten an einer Novelle des aus dem Jahr 2012 stammenden Energielenkungsgesetzes (EnLG). Neumann-Edlinger zufolge sammelte das BMK bis dato Überlegungen wichtiger Akteure, darunter der österreichischen Bundesländer, hinsichtlich möglicher Verbesserungen. Wann es zu einer Novelle kommt, ist laut Neumann-Edlinger offen. Sie verwies auf die kommende Parlamentswahl, die spätestens im Herbst 2024 stattfindet.

Seitens der Bundesländer hieß es bei der Fachtagung, etliche Regelungen im EnLG seien zu unbestimmt. Dies betreffe etwa Verbrauchseinschränkungen sowie zeitweilige Unterbrechungen der Stromversorgung in Netzgebieten, die Gegenden in mehr als einem Bundesland umfassen. So erstreckt sich etwa das Netzgebiet der Wiener Netze GmbH auf Teile Niederösterreichs. Die Netz Oberösterreich wiederum betreibt Leitungen in Teilen des Bundeslands Salzburg.

Mittwoch, 11.10.2023, 16:16 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Österreich hält Netzreserve bis mindestens 2030 für nötig
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich
Österreich hält Netzreserve bis mindestens 2030 für nötig
Die geltende Regelung zum Vorhalten von Kraftwerken zur Netzstützung läuft 2025 aus. Bemühungen um eine Verlängerung laufen, ebenso die Arbeiten an der Versorgungssicherheitsstrategie.
 
Der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) benötigt die sogenannte „Netzreserve“ über das Jahr 2030 hinaus. Er ist dabei, dieses Anliegen der Politik zu vermitteln. Das bestätigte Kurt Misak, der Abteilungsleiter Versorgungssicherheit der APG, der Redaktion am Rande der Fachtagung Versorgungssicherheit des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie am 10. Oktober in Wien. Die Netzreserve besteht zu einem erheblichen Teil aus thermischen Kraftwerken österreichischer Energieversorger und wird zum Zweck der Netzstabilisierung bereitgehalten. Nach derzeitigem Stand findet kommendes Jahr die letzte Ausschreibung statt. Die in der Folge kontrahierten Kapazitäten stehen bis einschließlich 30. September 2025 zur Verfügung. Genehmigt wurde die Netzreserve von der EU-Kommission. Sie gilt als notwendig, weil Österreich bis auf Weiteres nicht in der Lage ist, 70 Prozent der Kapazität auf den grenzüberschreitenden Leitungen für den internationalen Stromhandel freizuhalten, wie dies das Elektrizitätsrecht der EU verlangt.

Misak betonte, die APG bemühe sich nach Kräften, diese Kapazitäten ehestmöglich verfügbar zu machen. Allerdings bestehe weiterhin das Problem innerstaatlicher Engpässe im Übertragungsnetz, die sich bis 2025 auch bei bestem Willen nicht beseitigen ließen. Mit dieser Herausforderung ist nicht nur Österreich konfrontiert, sondern nicht zuletzt auch Deutschland, wo es an leistungsstarken Nord-Süd-Leitungen mangelt. „Alles in allem ist völlig offen, wie es nach 2025 weitergeht“, konstatierte Misak. Die Ausschreibung der Netzreserve für das Winterhalbjahr 2023/24 und das Sommerhalbjahr 2024 ist seitens der APG abgeschlossen. Die Veröffentlichung der Ergebnisse soll Ende November erfolgen.

Kein „business as usual“

Für den kommenden Winter ist die Sicherheit der Strom- und Erdgasversorgung in Österreich aller Voraussicht nach gewährleistet, betonten Misak und der Leiter der Abteilung Marktmanagement der APG, Christian Todem. Ihnen zufolge sind die Gasspeicher in Österreich zu mehr als 90 Prozent befüllt, auch die Wasserstände in den Stausseen der Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke sind hoch. Laut Todem veröffentlicht der Netzbetreiberverband Entso-E voraussichtlich Mitte November seinen „Winter Outlook“ zur Versorgungslage in ganz Europa. Grundsätzlich sei die Ausgangslage gut, Risiken könnten allerdings weiterhin nicht ausgeschlossen werden. „Im Zustand eines ‚business as usual‘ sind wir nicht“, warnte Todem.

Versorgungssicherheitsstrategie kommt

Unterdessen schreiten die Arbeiten an der Versorgungssicherheitsstrategie für den österreichischen Stromsektor voran. Noch vor Ende des Jahres dürfte diese veröffentlicht werden, berichtete die Leiterin der Stabsstelle Krisenmanagement und Energielenkung im Energieministerium (BMK), Doris Neumann-Edlinger. Laut dem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) hat das BMK die Strategie in Abstimmung mit der Regulierungsbehörde E-Control und der APG zu erstellen. Die Veröffentlichung hätte erstmals bis 30. Juni erfolgen sollen. Jedoch verzögerten sich die Arbeiten dem Vernehmen nach unter anderem aufgrund von Debatten innerhalb der Bundesregierung aus den Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und den Grünen, die mit Leonore Gewessler die Energieministerin stellen. Überdies muss bei der Erarbeitung der Strategie der integrierte österreichische Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) berücksichtigt werden, der erst im Entwurf vorliegt.
 

Die Strategie ist alle fünf Jahre zu aktualisieren. Laut Neumann-Edlinger ist ihr „Kernthema“ die Reduktion der Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger, insbesondere der Einfuhren von Erdgas aus Russland. Weitere Fragen betreffen die Sicherheit des Betriebs der Stromnetze inklusive Cybersicherheit sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Energielenkungsgesetz: Novelle geplant

Erst am Beginn stehen die Arbeiten an einer Novelle des aus dem Jahr 2012 stammenden Energielenkungsgesetzes (EnLG). Neumann-Edlinger zufolge sammelte das BMK bis dato Überlegungen wichtiger Akteure, darunter der österreichischen Bundesländer, hinsichtlich möglicher Verbesserungen. Wann es zu einer Novelle kommt, ist laut Neumann-Edlinger offen. Sie verwies auf die kommende Parlamentswahl, die spätestens im Herbst 2024 stattfindet.

Seitens der Bundesländer hieß es bei der Fachtagung, etliche Regelungen im EnLG seien zu unbestimmt. Dies betreffe etwa Verbrauchseinschränkungen sowie zeitweilige Unterbrechungen der Stromversorgung in Netzgebieten, die Gegenden in mehr als einem Bundesland umfassen. So erstreckt sich etwa das Netzgebiet der Wiener Netze GmbH auf Teile Niederösterreichs. Die Netz Oberösterreich wiederum betreibt Leitungen in Teilen des Bundeslands Salzburg.

Mittwoch, 11.10.2023, 16:16 Uhr
Klaus Fischer

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