E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Windkraft Onshore - NRW als „Deutscher Meister“ der Windenergie
Milan Nitzschke und Hans-Josef Vogel bei der Pressekonferenz des LEE NRW. Quelle: Volker Stephan
Windkraft Onshore

NRW als „Deutscher Meister“ der Windenergie

Nordrhein-Westfalen war 2023 Klassenbester bei neu genehmigten Windkraftanlagen. Der Branchenverband sieht ermutigende Zeichen, verteilt Lob an die Politik, fordert aber mehr Tempo.
Der Ausbau der Windkraft in Nordrhein-Westfalen schreitet voran. In den Zahlen für das abgelaufene Jahr sieht der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) einen klaren „Aufwind“. 112 neu in Betrieb genommene Turbinen mit einer Kapazität von insgesamt 517 MW bedeuten über das Jahr 2023 einen Nettozuwachs an installierter Leistung von 409 MW. Der LEE NRW stützt sich dabei auf eine Auswertung der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind).

Der Nettozuwachs ist die Differenz aus neuen und abgebauten Windkraftwerken, das so genannte Repowering. Die verschwundenen, zumeist alten und aus der EEG-Förderung gefallenen Anlagen liegen mit 91 zwar ungefähr im Bereich der neu errichteten. Sie sind aber mit wesentlich schwächeren Generatoren ausgestattet.

Entsprechend habe der „Kraftwerkspark sich verjüngt, verstärkt und er ist leistungsfähiger geworden“, sagte LEE-NRW-Vorsitzender Hans-Josef Vogel bei der Präsentation der Bilanz am 10. Januar im Düsseldorfer Landtag. Ein Jahr zuvor hatte es einen ähnlichen Nettozuwachs von 385 MW gegeben, 2022 waren 98 Anlagen mit 421 MW neu ans Netz gegangen.

Hans-Josef Vogel und Vorstandsmitglied Milan Nitzschke, Geschäftsführer der Gladbecker SL Naturenergie, sehen die weitere Entwicklung optimistisch. Mit den Neugenehmigungen von 322 Anlagen und einer Gesamtleistung von gut 1.700 MW sei NRW im Jahr 2023 „Deutscher Meister“ geworden. Fast jede vierte Neugenehmigung in Deutschland (23 Prozent) entfiel auf das bevölkerungsreichste Bundesland.

Auf diesen Wert hob auch NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) ab. Bei einem Termin im sauerländischen Arnsberg am selben Tage verwies sie darauf, das Land sei „Genehmigungsspitze“. Der Ausbau erfolge aber noch nicht schnell genug.
 

Drei Hürden bremsen den weiteren Ausbau

Sie hatte dabei das ausgegebene Ziel der schwarz-grünen Landesregierung im Blick, in ihrer Amtszeit bis 2027 auf 1.000 neue Turbinen zu kommen, also 200 pro Jahr. Der LEE NRW jedenfalls sieht es in Reichweite gerückt. Allerdings müssten dafür laut Hans-Josef Vogel drei Hürden fallen.
  • 1. Die Bürokratie sei weiter zu entschlacken. Genehmigungsverfahren müssten einfacher und digitaler werden.
  • 2. Die „kleinkarierten“ Verfahren bei der Genehmigung von Schwerlasttransporten seien aufzugeben. Sie dauerten zwar nicht mehr mehrere Monate, sondern nur noch wenige Wochen. Sie dürften Prozesse aber nicht weiter aufhalten.
  • 3. Die Verfahren zur Ausweisung von Windkraftflächen durch neue Regionalpläne sei noch 2024 abzuschließen. Dann könne die Branche sich weiter engagieren.
Milan Nitzschke (l.) und Hans-Josef Vogel vom LEE NRW sehen Nordrhein-Westfalens Windenergie im Aufwind.
Quelle: Volker Stephan

Ein Pakt für den Industriestrom

Dass NRW als Industrieland im Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren nicht nachlassen dürfe, erklärte der LEE NRW mit Blick auf den Ökostromanteil im Bundesland. Während grüner Strom bundesweit einen Anteil von 59  Prozent erreicht habe, liege er zwischen Rhein und Weser lediglich bei 26 Prozent. Um die weiter fossil geprägte energieintensive Wirtschaft umzustellen, forderte Milan Nitzschke einen „Industrie-Windstrom-Pakt“ für NRW.

Unter diesem Schlagwort versteht der LEE-NRW-Vorstand, alle wesentlichen Akteure – also Projektierer, Anlagenhersteller, Betreiber, Stromverbraucher und Behörden – zusammenzubringen. Denn die bisherigen rechtlichen Änderungen würden für den wachsenden Grünstrom-Bedarf der Industrie nicht ausreichen. Heute verbrauchten allein die NRW-Industrieunternehmen etwa 60 <Milliarden kWh Strom, was einem Zehntel des deutschen Stromverbrauchs entspreche. Das werde mit Blick auf einzubindende Elektrolyseure zur Herstellung grünen Wasserstoffs auf 110 Milliarden kWh anwachsen (etwa 20 Prozent des bundesweiten Verbrauchs).

Der Pakt solle Flächen für Windkraft schneller mobilisieren. Darüber hinaus könne eine Arbeitsgruppe „Erneuerbarer Industriestrom“ dazu führen, Windturbinen und Solaranlagen einfacher in die direkte Nähe von Gewerbe- und Industriegebieten zu bringen. Der Vorteil liegt für Milan Nitzschke auf der Hand: Wer Unternehmen über Direktleitungen mit Grünstrom versorge, müsse nicht den Umweg über das öffentliche Netz wählen. Das entlaste die Netzbetreiber. Wehe kein Wind, würden die Betriebe über das Netz versorgt.
 

Auch sei eine Änderung der Finanzierung wünschenswert: Viele Kreditinstitute bewilligten Kredite schnell, wenn sie EEG-gefördert seien, so Milan Nitzschke. Bei Direktlieferverträgen (Power Purchase Agreements) seien Banken dagegen oft zögerlich. Dem LEE NRW schweben dafür Kredite zu Sonderkonditionen und Risikobürgschaften vor. Windkraftprojekte sind in der Regel zu mindestens 80 Prozent fremdfinanziert.

Hans-Josef Vogel verband seine Analyse mit Lob für CDU und Grüne im Land: Ihr Ausbauziel habe zu einem Schub in den unteren Verwaltungen geführt. Positiv gewirkt habe auch Paragraf 2 des Erneuerbare Energien Gesetzes, der die Öko-Energien aufwertet und ihnen im Abwägungsprozess ein überragendes öffentliches Interesse zuerkennt.

Mittwoch, 10.01.2024, 14:08 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Windkraft Onshore - NRW als „Deutscher Meister“ der Windenergie
Milan Nitzschke und Hans-Josef Vogel bei der Pressekonferenz des LEE NRW. Quelle: Volker Stephan
Windkraft Onshore
NRW als „Deutscher Meister“ der Windenergie
Nordrhein-Westfalen war 2023 Klassenbester bei neu genehmigten Windkraftanlagen. Der Branchenverband sieht ermutigende Zeichen, verteilt Lob an die Politik, fordert aber mehr Tempo.
Der Ausbau der Windkraft in Nordrhein-Westfalen schreitet voran. In den Zahlen für das abgelaufene Jahr sieht der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) einen klaren „Aufwind“. 112 neu in Betrieb genommene Turbinen mit einer Kapazität von insgesamt 517 MW bedeuten über das Jahr 2023 einen Nettozuwachs an installierter Leistung von 409 MW. Der LEE NRW stützt sich dabei auf eine Auswertung der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind).

Der Nettozuwachs ist die Differenz aus neuen und abgebauten Windkraftwerken, das so genannte Repowering. Die verschwundenen, zumeist alten und aus der EEG-Förderung gefallenen Anlagen liegen mit 91 zwar ungefähr im Bereich der neu errichteten. Sie sind aber mit wesentlich schwächeren Generatoren ausgestattet.

Entsprechend habe der „Kraftwerkspark sich verjüngt, verstärkt und er ist leistungsfähiger geworden“, sagte LEE-NRW-Vorsitzender Hans-Josef Vogel bei der Präsentation der Bilanz am 10. Januar im Düsseldorfer Landtag. Ein Jahr zuvor hatte es einen ähnlichen Nettozuwachs von 385 MW gegeben, 2022 waren 98 Anlagen mit 421 MW neu ans Netz gegangen.

Hans-Josef Vogel und Vorstandsmitglied Milan Nitzschke, Geschäftsführer der Gladbecker SL Naturenergie, sehen die weitere Entwicklung optimistisch. Mit den Neugenehmigungen von 322 Anlagen und einer Gesamtleistung von gut 1.700 MW sei NRW im Jahr 2023 „Deutscher Meister“ geworden. Fast jede vierte Neugenehmigung in Deutschland (23 Prozent) entfiel auf das bevölkerungsreichste Bundesland.

Auf diesen Wert hob auch NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) ab. Bei einem Termin im sauerländischen Arnsberg am selben Tage verwies sie darauf, das Land sei „Genehmigungsspitze“. Der Ausbau erfolge aber noch nicht schnell genug.
 

Drei Hürden bremsen den weiteren Ausbau

Sie hatte dabei das ausgegebene Ziel der schwarz-grünen Landesregierung im Blick, in ihrer Amtszeit bis 2027 auf 1.000 neue Turbinen zu kommen, also 200 pro Jahr. Der LEE NRW jedenfalls sieht es in Reichweite gerückt. Allerdings müssten dafür laut Hans-Josef Vogel drei Hürden fallen.
  • 1. Die Bürokratie sei weiter zu entschlacken. Genehmigungsverfahren müssten einfacher und digitaler werden.
  • 2. Die „kleinkarierten“ Verfahren bei der Genehmigung von Schwerlasttransporten seien aufzugeben. Sie dauerten zwar nicht mehr mehrere Monate, sondern nur noch wenige Wochen. Sie dürften Prozesse aber nicht weiter aufhalten.
  • 3. Die Verfahren zur Ausweisung von Windkraftflächen durch neue Regionalpläne sei noch 2024 abzuschließen. Dann könne die Branche sich weiter engagieren.
Milan Nitzschke (l.) und Hans-Josef Vogel vom LEE NRW sehen Nordrhein-Westfalens Windenergie im Aufwind.
Quelle: Volker Stephan

Ein Pakt für den Industriestrom

Dass NRW als Industrieland im Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren nicht nachlassen dürfe, erklärte der LEE NRW mit Blick auf den Ökostromanteil im Bundesland. Während grüner Strom bundesweit einen Anteil von 59  Prozent erreicht habe, liege er zwischen Rhein und Weser lediglich bei 26 Prozent. Um die weiter fossil geprägte energieintensive Wirtschaft umzustellen, forderte Milan Nitzschke einen „Industrie-Windstrom-Pakt“ für NRW.

Unter diesem Schlagwort versteht der LEE-NRW-Vorstand, alle wesentlichen Akteure – also Projektierer, Anlagenhersteller, Betreiber, Stromverbraucher und Behörden – zusammenzubringen. Denn die bisherigen rechtlichen Änderungen würden für den wachsenden Grünstrom-Bedarf der Industrie nicht ausreichen. Heute verbrauchten allein die NRW-Industrieunternehmen etwa 60 <Milliarden kWh Strom, was einem Zehntel des deutschen Stromverbrauchs entspreche. Das werde mit Blick auf einzubindende Elektrolyseure zur Herstellung grünen Wasserstoffs auf 110 Milliarden kWh anwachsen (etwa 20 Prozent des bundesweiten Verbrauchs).

Der Pakt solle Flächen für Windkraft schneller mobilisieren. Darüber hinaus könne eine Arbeitsgruppe „Erneuerbarer Industriestrom“ dazu führen, Windturbinen und Solaranlagen einfacher in die direkte Nähe von Gewerbe- und Industriegebieten zu bringen. Der Vorteil liegt für Milan Nitzschke auf der Hand: Wer Unternehmen über Direktleitungen mit Grünstrom versorge, müsse nicht den Umweg über das öffentliche Netz wählen. Das entlaste die Netzbetreiber. Wehe kein Wind, würden die Betriebe über das Netz versorgt.
 

Auch sei eine Änderung der Finanzierung wünschenswert: Viele Kreditinstitute bewilligten Kredite schnell, wenn sie EEG-gefördert seien, so Milan Nitzschke. Bei Direktlieferverträgen (Power Purchase Agreements) seien Banken dagegen oft zögerlich. Dem LEE NRW schweben dafür Kredite zu Sonderkonditionen und Risikobürgschaften vor. Windkraftprojekte sind in der Regel zu mindestens 80 Prozent fremdfinanziert.

Hans-Josef Vogel verband seine Analyse mit Lob für CDU und Grüne im Land: Ihr Ausbauziel habe zu einem Schub in den unteren Verwaltungen geführt. Positiv gewirkt habe auch Paragraf 2 des Erneuerbare Energien Gesetzes, der die Öko-Energien aufwertet und ihnen im Abwägungsprozess ein überragendes öffentliches Interesse zuerkennt.

Mittwoch, 10.01.2024, 14:08 Uhr
Volker Stephan

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.