E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Gaskraftwerke - Neues Gaskraftwerk Marl behält schmutzige Steinkohleschwester
Quelle: Evonik
Gaskraftwerke

Neues Gaskraftwerk Marl behält schmutzige Steinkohleschwester

Versorgungssicherheit lautet die Maxime im Chemiepark Marl, wo der Chemiekonzern Evonik ein neues 180-MW-Gaskraftwerk in Betrieb genommen hat. Das Kohle-Aus am Standort muss warten.
Inmitten der Energiekrise mit ihren hohen Kosten und erschwerten Gaslieferungen hat das Spezialchemieunternehmen Evonik im westfälischen Marl Anfang Oktober ein neues Kraftwerk in Betrieb genommen. Es produziert als KWK-Anlage Dampf und Strom – auf der Basis von Erdgas.

Die Anlage im Chemiepark Marl hatte Evonik seit 2019 als Gemeinschaftsprojekt mit Siemens Energy Deutschland als Generalunternehmer geplant und umgesetzt. Der Zeitplan blieb im angekündigten Rahmen. Anders als seinerzeit vorgesehen, ersetzt das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk allerdings nun nicht zeitgleich das verbliebene Kohlekraftwerk am Standort.

Versorgungssicherheit im Chemiepark hat Vorrang

Evonik, so sagte eine Sprecherin des Unternehmens auf Anfrage unserer Redaktion, habe sich bereits Anfang des laufenden Jahres um einen Weiterbetrieb des Steinkohle-Meilers gekümmert und die Genehmigungen bei Bezirksregierung und Bundesregierung eingeholt. Je nach Fortbestand oder Eskalation des Notfallplans Gas in Deutschland werde Kohle für Marl bis ins Jahr 2024 eine Rolle spielen, so die Sprecherin.

Dennoch ist Heiko Mennerich, Evonik-Leiter für „Energy & Utilities“, fest davon überzeugt, mit dem Gaskraftwerk „höchste Flexibilität in unserer Strom- und Dampferzeugung“ zu erreichen. Am Wirkungsgrad von über 90 % der Anlage hat sich tatsächlich nichts geändert, nur ist der zugeführte Brennstoff Erdgas nun mit erheblich höherem Kostenaufwand zu erstehen.

Insofern, so die Evonik-Sprecherin auf Anfrage, sei die Versorgungssicherheit des Standorts mit Dampf und Energie von herausragender Bedeutung und das neue Kraftwerk in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Etwa 100 Produktionsanlagen am drittgrößten Chemiestandort Deutschlands benötigen von Evonik Strom, Dampf – und auch Erdgas als Rohstoff. Evonik setze darauf, so die Sprecherin, dass die erneuerbaren Energien in Deutschland schnell und massiv die Abhängigkeit von fossilen Quellen beenden.

Erdgas bleibt somit ein wichtiger und damit schwieriger Energieträger auch für Marl. Drei Viertel des in Marl benötigten Erdgases wandern in die Versorgung der ansässigen Unternehmen mit Energie und Wärme. Auch hängen einige Tausend Haushalte an der durch die Produktionsprozesse entstehenden Fernwärme des Parks.

Evonik selbst, so die Sprecherin, habe seit Beginn des Jahres etwa 40 % des für Wärme und Energie benötigten Gases deutschlandweit einsparen können. Dieser Bereich macht in normalen Jahren 75 % der benötigten Gasmenge aus. Steinkohle hilft also in Marl nun weiter dabei, teures und knappes Gas einzusparen. Das verbleibende Viertel Erdgas kann Evonik nicht ersetzen, weil es als Rohstoff in die chemischen Prozesse der verschiedenen Unternehmen fließen muss.

​Gaskraftwerk ist hocheffizient und flexibel

Das neue Gaskraftwerk gilt als hocheffizient und flexibel einsetzbar. Die elektrische Leistung liegt bei 180 MW, was rechnerisch die Versorgung von 500.000 Haushalten sicherstellen könnte. Hinzu kommen bis zu 440 Tonnen Dampf pro Stunde. Die Gasturbinen sind auf einen teilweisen und später auch vollständigen Betrieb mit Wasserstoff ausgelegt. Die Anlage kann auch allgemein netzstabilisierend wirken, wenn Sonnen- und Windkraftwerke nicht ausreichend Strom liefern.

Mit dem neuen Gaskraftwerk wollte Evonik eigentlich die Energieerzeugung aus Steinkohle in Marl endgültig einmotten. Das damit verbundene Ziel, etwa eine Mio. Tonnen CO2 pro Jahr einsparen zu können, lässt sich mit dem Weiterbetrieb nun vorerst nicht realisieren. Erst wenn Steinkohle in Marl tatsächlich Geschichte ist, sinken Evoniks direkte weltweite Treibhausgasemissionen um etwa 20 % im Jahr.

In Marl kommt nun insgesamt ein breiter Energiemix zum Einsatz, um den Standort zu versorgen. Neben Steinkohle zählen Flüssiggas (LPG) und Erdgas dazu, auch nutzt das neue Gaskraftwerk Restgase aus den chemischen Produktionen der Unternehmen. In näherer Zukunft wird der Chemiepark damit über drei Gaskraftwerke, die insgesamt vier Blöcke umfassen, und ein Steinkohlekraftwerk verfügen. In dieser Rechnung bereits berücksichtigt sind ein weiteres neues Gaskraftwerk, das noch vor dem Jahreswechsel den Betrieb aufnehmen soll, und ein altes, das Evonik dann endgültig aufgibt.

Freitag, 7.10.2022, 15:54 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Gaskraftwerke - Neues Gaskraftwerk Marl behält schmutzige Steinkohleschwester
Quelle: Evonik
Gaskraftwerke
Neues Gaskraftwerk Marl behält schmutzige Steinkohleschwester
Versorgungssicherheit lautet die Maxime im Chemiepark Marl, wo der Chemiekonzern Evonik ein neues 180-MW-Gaskraftwerk in Betrieb genommen hat. Das Kohle-Aus am Standort muss warten.
Inmitten der Energiekrise mit ihren hohen Kosten und erschwerten Gaslieferungen hat das Spezialchemieunternehmen Evonik im westfälischen Marl Anfang Oktober ein neues Kraftwerk in Betrieb genommen. Es produziert als KWK-Anlage Dampf und Strom – auf der Basis von Erdgas.

Die Anlage im Chemiepark Marl hatte Evonik seit 2019 als Gemeinschaftsprojekt mit Siemens Energy Deutschland als Generalunternehmer geplant und umgesetzt. Der Zeitplan blieb im angekündigten Rahmen. Anders als seinerzeit vorgesehen, ersetzt das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk allerdings nun nicht zeitgleich das verbliebene Kohlekraftwerk am Standort.

Versorgungssicherheit im Chemiepark hat Vorrang

Evonik, so sagte eine Sprecherin des Unternehmens auf Anfrage unserer Redaktion, habe sich bereits Anfang des laufenden Jahres um einen Weiterbetrieb des Steinkohle-Meilers gekümmert und die Genehmigungen bei Bezirksregierung und Bundesregierung eingeholt. Je nach Fortbestand oder Eskalation des Notfallplans Gas in Deutschland werde Kohle für Marl bis ins Jahr 2024 eine Rolle spielen, so die Sprecherin.

Dennoch ist Heiko Mennerich, Evonik-Leiter für „Energy & Utilities“, fest davon überzeugt, mit dem Gaskraftwerk „höchste Flexibilität in unserer Strom- und Dampferzeugung“ zu erreichen. Am Wirkungsgrad von über 90 % der Anlage hat sich tatsächlich nichts geändert, nur ist der zugeführte Brennstoff Erdgas nun mit erheblich höherem Kostenaufwand zu erstehen.

Insofern, so die Evonik-Sprecherin auf Anfrage, sei die Versorgungssicherheit des Standorts mit Dampf und Energie von herausragender Bedeutung und das neue Kraftwerk in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Etwa 100 Produktionsanlagen am drittgrößten Chemiestandort Deutschlands benötigen von Evonik Strom, Dampf – und auch Erdgas als Rohstoff. Evonik setze darauf, so die Sprecherin, dass die erneuerbaren Energien in Deutschland schnell und massiv die Abhängigkeit von fossilen Quellen beenden.

Erdgas bleibt somit ein wichtiger und damit schwieriger Energieträger auch für Marl. Drei Viertel des in Marl benötigten Erdgases wandern in die Versorgung der ansässigen Unternehmen mit Energie und Wärme. Auch hängen einige Tausend Haushalte an der durch die Produktionsprozesse entstehenden Fernwärme des Parks.

Evonik selbst, so die Sprecherin, habe seit Beginn des Jahres etwa 40 % des für Wärme und Energie benötigten Gases deutschlandweit einsparen können. Dieser Bereich macht in normalen Jahren 75 % der benötigten Gasmenge aus. Steinkohle hilft also in Marl nun weiter dabei, teures und knappes Gas einzusparen. Das verbleibende Viertel Erdgas kann Evonik nicht ersetzen, weil es als Rohstoff in die chemischen Prozesse der verschiedenen Unternehmen fließen muss.

​Gaskraftwerk ist hocheffizient und flexibel

Das neue Gaskraftwerk gilt als hocheffizient und flexibel einsetzbar. Die elektrische Leistung liegt bei 180 MW, was rechnerisch die Versorgung von 500.000 Haushalten sicherstellen könnte. Hinzu kommen bis zu 440 Tonnen Dampf pro Stunde. Die Gasturbinen sind auf einen teilweisen und später auch vollständigen Betrieb mit Wasserstoff ausgelegt. Die Anlage kann auch allgemein netzstabilisierend wirken, wenn Sonnen- und Windkraftwerke nicht ausreichend Strom liefern.

Mit dem neuen Gaskraftwerk wollte Evonik eigentlich die Energieerzeugung aus Steinkohle in Marl endgültig einmotten. Das damit verbundene Ziel, etwa eine Mio. Tonnen CO2 pro Jahr einsparen zu können, lässt sich mit dem Weiterbetrieb nun vorerst nicht realisieren. Erst wenn Steinkohle in Marl tatsächlich Geschichte ist, sinken Evoniks direkte weltweite Treibhausgasemissionen um etwa 20 % im Jahr.

In Marl kommt nun insgesamt ein breiter Energiemix zum Einsatz, um den Standort zu versorgen. Neben Steinkohle zählen Flüssiggas (LPG) und Erdgas dazu, auch nutzt das neue Gaskraftwerk Restgase aus den chemischen Produktionen der Unternehmen. In näherer Zukunft wird der Chemiepark damit über drei Gaskraftwerke, die insgesamt vier Blöcke umfassen, und ein Steinkohlekraftwerk verfügen. In dieser Rechnung bereits berücksichtigt sind ein weiteres neues Gaskraftwerk, das noch vor dem Jahreswechsel den Betrieb aufnehmen soll, und ein altes, das Evonik dann endgültig aufgibt.

Freitag, 7.10.2022, 15:54 Uhr
Volker Stephan

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.