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Energie & Management > Stromnetz - Netzsteuerung vor Netzausbau in Österreich
Quelle: Shutterstock / BELL KA PANG
Stromnetz

Netzsteuerung vor Netzausbau in Österreich

Laut Österreichs Verteilnetzbetreibern sollte der Ausbau der Stromnetze für die Energiewende so effizient wie möglich erfolgen. Dazu sei es nötig, Kundenanlagen steuern zu dürfen.
Für einen effizienten Ausbau der österreichischen Verteilnetze zur Erleichterung der Energiewende müssen die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Das betonte der Geschäftsführer der Wiener Netze GmbH, Thomas Maderbacher, bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 7. September. Maderbacher zufolge sollten Kunden, die hohe Anschlussleistungen benötigen, dafür über progressive Leistungstarife bezahlen. Auf Anfrage der Redaktion bezifferte Maderbacher die Anschlussleistung, ab der dies gelten sollte, mit 20 kW. Das ist jener Maximalwert, bis zu dem laut dem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) der „vereinfachte Netzzutritt“ gilt. Wer den Anschluss einer solchen Anlage begehrt, hat dies dem betroffenen Netzbetreiber bekanntzugeben. Ist es technisch möglich, hat der Anschluss, grob gesprochen, ohne weiteres Verfahren zu erfolgen.

Ferner wünschen die Verteilnetzbetreiber eine gesetzliche Absicherung der sogenannten dynamischen Leistungsregelung. Sie besteht darin, die Einspeiseleistung von Ökostromanlagen bei kritischen Netzzuständen auf maximal 70 Prozent des Nennwerts zu reduzieren. Ein weiteres Anliegen ist der Betrieb von Stromspeichern durch die Netzbetreiber zum Zweck der Netzsicherheit. „Wir wollen nicht in den Markt eingreifen, sondern ausschließlich Unterschiede zwischen Erzeugung und Verbrauch ausgleichen können“, betonte Maderbacher. Die Regulierungsbehörde E-Control lehnt den Speicherbetrieb durch die Netzbetreiber bis dato strikt ab. Ihr zufolge sollten die Netzbetreiber entsprechende Dienstleistungen auf dem Markt zukaufen.

Ausbau nicht „für ein paar Viertelstunden“

Gewünscht wird seitens der Netzbetreiber auch die Schaffung einer sicheren rechtlichen Grundlage für Vereinbarungen mit ihren Kunden hinsichtlich weiterer Eingriffsmöglichkeiten in deren Anlagen. Zu guter Letzt sollte den Netzbetreibern per Gesetz gestattet werden, aggregierte Daten, die mittels digitaler Stromzähler (Smart Meter) erhoben werden, für die Netzsteuerung sowie die Netzausbauplanung zu nutzen. Zurzeit ist dies nur mit ausdrücklicher Genehmigung der betroffenen Kunden möglich. Das Energieministerium (BMK) plant indessen, dem Wunsch der Netzbetreiber im kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), dem Nachfolger des ElWOG, Rechnung zu tragen.

Maderbacher konstatierte, der geplante massive Ausbau der erneuerbaren Energien mache auch die Ertüchtigung und Erweiterung der Netze notwendig. Diese sollte aber so effizient wie möglich und lediglich im erforderlichen Ausmaß erfolgen. Es ergebe keinen Sinn, um teures Geld Kapazitäten zu installieren, die „nur ein paar Viertelstunden im Jahr“ benötigt würden. Statt dessen empfehle sich die Steuerung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen aufgrund entsprechender rechtlicher Regelungen und darauf basierender Verträge mit den Kunden. Sinngemäß lassen sich die Wünsche der Netzbetreiber wie folgt zusammenfassen: Die Netzsteuerung hat Vorrang vor dem Netzausbau. Dessen Kosten bis 2030 werden für die Übertragungs- wie auch die Verteilnetze auf etwa 18 Milliarden Euro geschätzt.

Zu den laufenden Verhandlungen zwischen der E-Wirtschaft und der E-Control über die ab 1. Januar 2024 geltenden Regulierungssystematik für die Stromnetztarife erläuterte Maderbacher, nötig sei mehr Flexibilität. Es müsse ermöglicht werden, die Kosten für Investitionen in die Netze zeitnahe anzuerkennen und in den Tarifen zu berücksichtigen.

ÖNIP: Anpassungen nötig

Unterdessen verlängerte das Energieministerium die Konsultationsfrist für den Österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) bis einschließlich 15. September. Laut dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) dient der Plan dazu, „eine verbesserte Koordinierung des Netzausbaus mit dem Ausbau von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von Strom und Gas aus erneuerbaren Quellen“ zu gewährleisten. Der Plan betrifft zwar nominell nur die Höchst- und Hochspannungsnetze ab 110 kV. Dennoch sind von ihm auch die Verteilnetzbetreiber betroffen, weil die Ökostromanlagen an ihre Netze angeschlossen werden. Maderbacher beurteilte den ÖNIP-Entwurf auf Anfrage der Redaktion als „grundsätzlich positiv“. Allerdings seien noch Verbesserungen notwendig. Unter anderem gelte es, klarzustellen, in welchen Regionen die Netzbetreiber mit welchen Erzeugungs- sowie Verbrauchskapazitäten zu rechnen haben.

Das Forum Versorgungssicherheit ist eine Plattform der Wiener Netze, der Netz Niederösterreich, der Netz Burgenland, der Linz Netz und der Netz Oberösterreich. Es dient unter anderem dazu, Anliegen der Verteilnetze breiteren Kreisen besser bekannt zu machen.

Donnerstag, 7.09.2023, 12:14 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Stromnetz - Netzsteuerung vor Netzausbau in Österreich
Quelle: Shutterstock / BELL KA PANG
Stromnetz
Netzsteuerung vor Netzausbau in Österreich
Laut Österreichs Verteilnetzbetreibern sollte der Ausbau der Stromnetze für die Energiewende so effizient wie möglich erfolgen. Dazu sei es nötig, Kundenanlagen steuern zu dürfen.
Für einen effizienten Ausbau der österreichischen Verteilnetze zur Erleichterung der Energiewende müssen die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Das betonte der Geschäftsführer der Wiener Netze GmbH, Thomas Maderbacher, bei einem Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 7. September. Maderbacher zufolge sollten Kunden, die hohe Anschlussleistungen benötigen, dafür über progressive Leistungstarife bezahlen. Auf Anfrage der Redaktion bezifferte Maderbacher die Anschlussleistung, ab der dies gelten sollte, mit 20 kW. Das ist jener Maximalwert, bis zu dem laut dem Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) der „vereinfachte Netzzutritt“ gilt. Wer den Anschluss einer solchen Anlage begehrt, hat dies dem betroffenen Netzbetreiber bekanntzugeben. Ist es technisch möglich, hat der Anschluss, grob gesprochen, ohne weiteres Verfahren zu erfolgen.

Ferner wünschen die Verteilnetzbetreiber eine gesetzliche Absicherung der sogenannten dynamischen Leistungsregelung. Sie besteht darin, die Einspeiseleistung von Ökostromanlagen bei kritischen Netzzuständen auf maximal 70 Prozent des Nennwerts zu reduzieren. Ein weiteres Anliegen ist der Betrieb von Stromspeichern durch die Netzbetreiber zum Zweck der Netzsicherheit. „Wir wollen nicht in den Markt eingreifen, sondern ausschließlich Unterschiede zwischen Erzeugung und Verbrauch ausgleichen können“, betonte Maderbacher. Die Regulierungsbehörde E-Control lehnt den Speicherbetrieb durch die Netzbetreiber bis dato strikt ab. Ihr zufolge sollten die Netzbetreiber entsprechende Dienstleistungen auf dem Markt zukaufen.

Ausbau nicht „für ein paar Viertelstunden“

Gewünscht wird seitens der Netzbetreiber auch die Schaffung einer sicheren rechtlichen Grundlage für Vereinbarungen mit ihren Kunden hinsichtlich weiterer Eingriffsmöglichkeiten in deren Anlagen. Zu guter Letzt sollte den Netzbetreibern per Gesetz gestattet werden, aggregierte Daten, die mittels digitaler Stromzähler (Smart Meter) erhoben werden, für die Netzsteuerung sowie die Netzausbauplanung zu nutzen. Zurzeit ist dies nur mit ausdrücklicher Genehmigung der betroffenen Kunden möglich. Das Energieministerium (BMK) plant indessen, dem Wunsch der Netzbetreiber im kommenden Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), dem Nachfolger des ElWOG, Rechnung zu tragen.

Maderbacher konstatierte, der geplante massive Ausbau der erneuerbaren Energien mache auch die Ertüchtigung und Erweiterung der Netze notwendig. Diese sollte aber so effizient wie möglich und lediglich im erforderlichen Ausmaß erfolgen. Es ergebe keinen Sinn, um teures Geld Kapazitäten zu installieren, die „nur ein paar Viertelstunden im Jahr“ benötigt würden. Statt dessen empfehle sich die Steuerung von Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen aufgrund entsprechender rechtlicher Regelungen und darauf basierender Verträge mit den Kunden. Sinngemäß lassen sich die Wünsche der Netzbetreiber wie folgt zusammenfassen: Die Netzsteuerung hat Vorrang vor dem Netzausbau. Dessen Kosten bis 2030 werden für die Übertragungs- wie auch die Verteilnetze auf etwa 18 Milliarden Euro geschätzt.

Zu den laufenden Verhandlungen zwischen der E-Wirtschaft und der E-Control über die ab 1. Januar 2024 geltenden Regulierungssystematik für die Stromnetztarife erläuterte Maderbacher, nötig sei mehr Flexibilität. Es müsse ermöglicht werden, die Kosten für Investitionen in die Netze zeitnahe anzuerkennen und in den Tarifen zu berücksichtigen.

ÖNIP: Anpassungen nötig

Unterdessen verlängerte das Energieministerium die Konsultationsfrist für den Österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) bis einschließlich 15. September. Laut dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) dient der Plan dazu, „eine verbesserte Koordinierung des Netzausbaus mit dem Ausbau von Anlagen zur Erzeugung und Speicherung von Strom und Gas aus erneuerbaren Quellen“ zu gewährleisten. Der Plan betrifft zwar nominell nur die Höchst- und Hochspannungsnetze ab 110 kV. Dennoch sind von ihm auch die Verteilnetzbetreiber betroffen, weil die Ökostromanlagen an ihre Netze angeschlossen werden. Maderbacher beurteilte den ÖNIP-Entwurf auf Anfrage der Redaktion als „grundsätzlich positiv“. Allerdings seien noch Verbesserungen notwendig. Unter anderem gelte es, klarzustellen, in welchen Regionen die Netzbetreiber mit welchen Erzeugungs- sowie Verbrauchskapazitäten zu rechnen haben.

Das Forum Versorgungssicherheit ist eine Plattform der Wiener Netze, der Netz Niederösterreich, der Netz Burgenland, der Linz Netz und der Netz Oberösterreich. Es dient unter anderem dazu, Anliegen der Verteilnetze breiteren Kreisen besser bekannt zu machen.

Donnerstag, 7.09.2023, 12:14 Uhr
Klaus Fischer

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