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Energie & Management > Österreich - Kritik am Gasausstieg im Wärmebereich
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Kritik am Gasausstieg im Wärmebereich

Die Auswirkungen des Vorhabens der österreichische Bundesregierung auf die Gasnetze nicht zu unterschätzen, warnte Wiener-Netze-Geschäftsführer Gerhard Fida bei einer Tagung in Graz.
Kritik an den Plänen der österreichischen Bundesregierung zum Ausstieg aus Gas im Wärmebereich übte der Geschäftsführer der Wiener Netze, Gerhard Fida, am 19. Oktober bei der Tagung des Österreichischen Verbands für Elektrotechnik (OVE) in Graz.

Fida warnte davor, die Auswirkungen dieses Vorhabens auf die Gasnetze zu unterschätzen. Bei einem vollständigen Ausstieg sei es notwendig, Gas mit einem Energiegehalt von rund 645 Mio. kWh pro Jahr zu ersetzen. Etwa 100 Mio. kWh davon entfallen auf das Kochen. Allein in Wien wären rund 245.000 Nutzer von Gasherden betroffen. Das Problem: Im bisherigen Entwurf des Energieministeriums (BMK) zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) kommt der Begriff "Gasherd" nicht vor. Für die Netzbetreiber bedeutet das laut Fida: "Ich darf Gasherde nicht kündigen." Vielmehr müsse sein Unternehmen deren weitere Belieferung sicherstellen, auch dann, wenn die Gasversorgung der betreffenden Wohnung oder des betreffenden Hauses für Heizzwecke beendet wird. Fida appellierte an das BMK, diesen Umstand im endgültigen EWG-Entwurf zu berücksichtigen.

Werde nämlich eine Gasleitung stillgelegt, sei es anders als bei einer Stromleitung nicht möglich, sie nach einigen Jahren wieder in Betrieb zu nehmen: "Wenn man raus ist, ist man raus." Für die Wiener Netze würde ein Ausstieg aus Erdgas bedeuten, dass der Einsatz von Wärmepumpen und damit der Bedarf an elektrischer Energie erheblich zunimmt. In letzter Konsequenz sei mit einer Verdopplung des Bedarfs an Transportkapazität im Stromnetz zu rechnen: "Wir kommen auf etwa 17 Milliarden Kilowattstunden, die wir jährlich durch unser Netz transportieren müssen."

Das bedeute nicht zuletzt, die Anzahl der Trafostationen von 7.500 auf etwa 10.700 zu erhöhen: "Aber den Platz für die zusätzlichen 3.200 Stationen haben wir derzeit einfach nicht." Daher werde die Stadt Wien unter anderem gezwungen sein, eine erhebliche Anzahl von Parkplätzen umzuwidmen. Bis 2040, dem Jahr, bis zu dem Österreich "klimaneutral" werden möchte, müssten die Wiener Netze etwa 5.000 Häuser von ihren Gasleitungen trennen. Notwendig sei ferner die Schaffung zusätzlicher Verbindungen des Wiener Verteilnetzes für Strom mit dem Übertragungsnetz der Austrian Power Grid. Nur so lasse sich der künftig benötigte Strom aus den angrenzenden Bundesländern Niederösterreich und Burgenland nach Wien liefern. Letztlich handle es sich um eine "Mammutaufgabe".

Probleme mit der Photovoltaik

Probleme bereitet nicht nur den Wiener Netzen, sondern auch anderen Verteilnetzbetreibern, die zunehmende Anzahl leistungsstarker Photovoltaikanlagen, ergänzte Fida. Diese würden nicht selten weitab von Gebieten mit ausreichender Stromleitungskapazität geplant. Keine Schwierigkeit stellt laut Fida dagegen der Anschluss der klassischen 5-kW-Photovoltaikanlage auf einem Privathaus dar.

So einfach sei die Sache nicht, entgegnete Vera Immitzer, die Geschäftsführerin des Verbands Photovoltaic Austria: Entgegen der gesetzlichen Vorgaben stellten die meisten österreichischen Netzbetreiber keine Angaben über freie Kapazitäten bei Umspannwerken zur Verfügung. Immitzer forderte die Netzbetreiber auf, die Daten online zu veröffentlichen und Möglichkeiten zur Reservierung freier Kapazität zu bieten. Sie sah auch die Regulierungsbehörde E-Control in der Pflicht: "Schließlich geht es um Verstöße gegen ein Gesetz."

Dem wiederum entgegnete der Vorstand der Energie Steiermark (Estag), Martin Graf, es bestehe das Risiko der Blockade von Kapazität für Projekte, die nie realisiert würden. Fida versicherte, die Branche versuche, jedes Ökostromprojekt zu ermöglichen und die Netze entsprechend zu verstärken: "Aber wir können nicht aus Lust und Laune das Bundesgebiet mit Umspannwerken übersäen, damit Ihr aus Lust und Laune Eure Anlagen überall anschließen könnt." Solange es keinen bundesweit einheitlichen Plan für den Netz- und den Ökostromausbau gebe, müssten die Verteilnetzbetreiber und die (Öko-) Stromerzeuger aufeinander zugehen und in den einzelnen Fällen Lösungen entwickeln.

Donnerstag, 20.10.2022, 11:48 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Kritik am Gasausstieg im Wärmebereich
Quelle: Fotolia / YuI
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Kritik am Gasausstieg im Wärmebereich
Die Auswirkungen des Vorhabens der österreichische Bundesregierung auf die Gasnetze nicht zu unterschätzen, warnte Wiener-Netze-Geschäftsführer Gerhard Fida bei einer Tagung in Graz.
Kritik an den Plänen der österreichischen Bundesregierung zum Ausstieg aus Gas im Wärmebereich übte der Geschäftsführer der Wiener Netze, Gerhard Fida, am 19. Oktober bei der Tagung des Österreichischen Verbands für Elektrotechnik (OVE) in Graz.

Fida warnte davor, die Auswirkungen dieses Vorhabens auf die Gasnetze zu unterschätzen. Bei einem vollständigen Ausstieg sei es notwendig, Gas mit einem Energiegehalt von rund 645 Mio. kWh pro Jahr zu ersetzen. Etwa 100 Mio. kWh davon entfallen auf das Kochen. Allein in Wien wären rund 245.000 Nutzer von Gasherden betroffen. Das Problem: Im bisherigen Entwurf des Energieministeriums (BMK) zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) kommt der Begriff "Gasherd" nicht vor. Für die Netzbetreiber bedeutet das laut Fida: "Ich darf Gasherde nicht kündigen." Vielmehr müsse sein Unternehmen deren weitere Belieferung sicherstellen, auch dann, wenn die Gasversorgung der betreffenden Wohnung oder des betreffenden Hauses für Heizzwecke beendet wird. Fida appellierte an das BMK, diesen Umstand im endgültigen EWG-Entwurf zu berücksichtigen.

Werde nämlich eine Gasleitung stillgelegt, sei es anders als bei einer Stromleitung nicht möglich, sie nach einigen Jahren wieder in Betrieb zu nehmen: "Wenn man raus ist, ist man raus." Für die Wiener Netze würde ein Ausstieg aus Erdgas bedeuten, dass der Einsatz von Wärmepumpen und damit der Bedarf an elektrischer Energie erheblich zunimmt. In letzter Konsequenz sei mit einer Verdopplung des Bedarfs an Transportkapazität im Stromnetz zu rechnen: "Wir kommen auf etwa 17 Milliarden Kilowattstunden, die wir jährlich durch unser Netz transportieren müssen."

Das bedeute nicht zuletzt, die Anzahl der Trafostationen von 7.500 auf etwa 10.700 zu erhöhen: "Aber den Platz für die zusätzlichen 3.200 Stationen haben wir derzeit einfach nicht." Daher werde die Stadt Wien unter anderem gezwungen sein, eine erhebliche Anzahl von Parkplätzen umzuwidmen. Bis 2040, dem Jahr, bis zu dem Österreich "klimaneutral" werden möchte, müssten die Wiener Netze etwa 5.000 Häuser von ihren Gasleitungen trennen. Notwendig sei ferner die Schaffung zusätzlicher Verbindungen des Wiener Verteilnetzes für Strom mit dem Übertragungsnetz der Austrian Power Grid. Nur so lasse sich der künftig benötigte Strom aus den angrenzenden Bundesländern Niederösterreich und Burgenland nach Wien liefern. Letztlich handle es sich um eine "Mammutaufgabe".

Probleme mit der Photovoltaik

Probleme bereitet nicht nur den Wiener Netzen, sondern auch anderen Verteilnetzbetreibern, die zunehmende Anzahl leistungsstarker Photovoltaikanlagen, ergänzte Fida. Diese würden nicht selten weitab von Gebieten mit ausreichender Stromleitungskapazität geplant. Keine Schwierigkeit stellt laut Fida dagegen der Anschluss der klassischen 5-kW-Photovoltaikanlage auf einem Privathaus dar.

So einfach sei die Sache nicht, entgegnete Vera Immitzer, die Geschäftsführerin des Verbands Photovoltaic Austria: Entgegen der gesetzlichen Vorgaben stellten die meisten österreichischen Netzbetreiber keine Angaben über freie Kapazitäten bei Umspannwerken zur Verfügung. Immitzer forderte die Netzbetreiber auf, die Daten online zu veröffentlichen und Möglichkeiten zur Reservierung freier Kapazität zu bieten. Sie sah auch die Regulierungsbehörde E-Control in der Pflicht: "Schließlich geht es um Verstöße gegen ein Gesetz."

Dem wiederum entgegnete der Vorstand der Energie Steiermark (Estag), Martin Graf, es bestehe das Risiko der Blockade von Kapazität für Projekte, die nie realisiert würden. Fida versicherte, die Branche versuche, jedes Ökostromprojekt zu ermöglichen und die Netze entsprechend zu verstärken: "Aber wir können nicht aus Lust und Laune das Bundesgebiet mit Umspannwerken übersäen, damit Ihr aus Lust und Laune Eure Anlagen überall anschließen könnt." Solange es keinen bundesweit einheitlichen Plan für den Netz- und den Ökostromausbau gebe, müssten die Verteilnetzbetreiber und die (Öko-) Stromerzeuger aufeinander zugehen und in den einzelnen Fällen Lösungen entwickeln.

Donnerstag, 20.10.2022, 11:48 Uhr
Klaus Fischer

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