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Energie & Management > Kleinwind - Kleinwindanlagen werden ausgebremst
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Kleinwind

Kleinwindanlagen werden ausgebremst

Gut 300 Anlagen hat der Hersteller Easy Wind von seinem Kleinwindmodell in Betrieb nehmen können. Hierzulande stockt der Absatz, dagegen eröffnen sich im Ausland neue Perspektiven.
Es ist kurios, aber wahr: Die Easy-Wind-Schmiede in Nordfriesland ist inzwischen der letzte noch übrig gebliebene Hersteller von Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein. Während unter anderem Jacobs Energie, die Husumer Schiffswerft (HSW) oder REpower Systems fusionierten, abwanderten oder am Ende Insolvenz anmelden mussten, ist der Produzent von Kleinwindanlagen mit Sitz in Enge-Sande unverdrossen am Markt aktiv - allerdings in einem derzeit sehr schwierigen Markt. Denn, wie alle Branchenkenner wissen, stockt es in Deutschland mit den Anlagen in der Größenordnung von 1 kW bis hin zu den Mittelwind-Anlagen von bis zu mehreren 100 kW Leistung empfindlich.

Das liegt vor allem an den Bauämtern, die in vielen Kreisen und Städten entweder die Genehmigungsprozesse extrem verlangsamen oder sie am Ende sogar verhindern. „Das ist eine Katastrophe“, ärgert sich auch Easy-Wind-Geschäftsführer Hans-Günter Feddersen über den Spießrutenlauf bei den beteiligten Behörden. Obschon die von Marten Jensen 2008 von der angeschlagenen Conergy AG übernommene vierflügelige Anlage mit 6 kW Leistung mittlerweile schon weit über 300-mal an Standorten im ganzen Bundesgebiet und auch im Ausland ausgeliefert werden konnte, gibt es bei jedem neuen Projekt immer wieder die gleichen Probleme.

Das gilt auch für das doch eigentlich winderprobte Bauamt in der nordfriesischen Kreisstadt Husum. Hans-Günter Feddersen wird deutlich: „Die haben nun Ahnung von der Materie, aber zugleich gar kein Interesse, sich in das Thema einzuarbeiten“, kritisiert er, „so sind etwaige Antragsteller von Kleinwindanlagen am Ende von der Willkür des Amtes abhängig.“ Das sind klare Worte, weshalb sich die Easy Wind GmbH auch beim aktuellen Landrat Florian Lorenzen über die Arbeitsweise des Husumer Bauamts beschwert hat.

Ein gehöriger Schuss Idealismus ist absolut unverzichtbar

Ob diese Beschwerde am Ende Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten, wobei die 6-kW-Anlage mit ihrer Gesamthöhe von knapp über 22 Metern nach baujuristischen Begriffen kein „raumbedeutsames“ Bauwerk ist. Dennoch ist der Aufbau des unscheinbaren, seit 2009 mit großem finanziellem Aufwand zertifizierten Vierflüglers nach wie vor ein genehmigungsrechtlich extrem schwieriges Verfahren. So verlangte das besagte Husumer Bauamt von einem Antragsteller aus dem Landstrich Eiderstedt im südlichen Teil von Nordfriesland ein Vogelschutzgutachten, das am Ende rund 5.000 Euro kostete. Der heutige Betreiber ließ das Gutachten erstellen, weil er partout die Anlage auf seinem Grundstück aufstellen wollte.

Hätte er allein die betriebswirtschaftlichen Zahlen sprechen lassen, wäre die Anlage nie gebaut worden: Bei einer Investitionssumme von rund 27.500 Euro bleibt kaum Luft nach oben. Ohne einen gehörigen Schuss Idealismus würde sich das Ganze nicht rechnen.

Doch nicht genug der Widerstände. Kaum zu glauben, aber seit Kurzem fordert das Bauamt in Husum bei Neuanträgen zum Errichten der mit einer passiven Pitch-Regelung ausgestatteten Kleinwindanlage aus Enge-Sande plötzlich ein Eiswurf-Gutachten. Das bringt den Firmengründer Marten Jensen in Rage. „Es ist unglaublich, mit welchem Bürokratismus wir es hier zu tun haben“, regt er sich über immer neue Schikanen auf.

Besonders deshalb, weil es in der Praxis der letzten 30 Jahre, seitdem die Anlage erstmals zum Einsatz kam, keinerlei Probleme mit Eiswürfen gab. Jensen sieht darin die eindeutige Benachteiligung einer dezentralen Energieerzeugungsform, die darin begründet sei, so seine ernüchternde Analyse, dass Kleinwindanlagen seit ihren Anfangstagen keine Lobby in der Politik hatten − und nach wie vor nicht haben.

Neuer Einsatzort für die Easy Wind: E-Tankstellen

Dabei eignet sich die Easy Wind mit ihrer überstrichenen Flügelfläche von über 30 Quadratmetern im Zusammenspiel mit einer Photovoltaikanlage für eine autarke Energieversorgung von Wohnhäusern, landwirtschaftlichen oder auch gewerblichen Betrieben. An guten Windstandorten wie beispielsweise auf der nordfriesischen Insel Pellworm, wo zwei Modelle schon seit vielen Jahren konstant und zuverlässig Wind einfangen, bringt es die Easy Wind bis auf 18.000 kWh im Jahr, also auf das Mehrfache der Strommenge, die ein Vier-Personen-Haushalt überhaupt verbraucht.

Nach den Vorstellungen von Marten Jensen, der neben seinem Engagement für Kleinwind mit der Federführung am Green TEC Campus in Enge-Sande systemübergreifend auch in anderen Bereichen der erneuerbaren Energien geschäftlich engagiert ist, soll die netzgeführte, asynchron laufende Kleinwindanlage in einem ganz neuen Segment noch Karriere machen: und zwar an beziehungsweise auf Tankstellen für die Elektromobilität. Frei nach dem Motto, dass jede E-Ladestelle potenziell mit dem Windstrom aus einer Easy Wind gespeist werden kann. Das ist vielleicht noch etwas Zukunftsmusik, aber wieso nicht?

Während E-Tankstellen tatsächlich noch nicht das bestimmende Thema sind, gibt es trotz der schwierigen Genehmigungsverfahren immer wieder Kundenanfragen. Jedoch müssen Feddersen und sein von einem Dutzend auf derzeit auf eine knappe Handvoll geschrumpftes Mitarbeiterteam manchen Begeisterten von Projektideen abraten, die an nicht so guten Windstandorten realisiert werden sollen. Ob die im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschriebene Privilegierung von Kleinwindanlagen für landwirtschaftliche Betriebe die Auftragslage substanziell verbessert, bleibt noch abzuwarten. Derweil keimt beim nordfriesischen Hersteller die Hoffnung auf, dass die Nachfrage aus dem Ausland weiter wachsen wird. Viele Anfragen kommen aus dem benachbarten Dänemark, wo genehmigungstechnisch einiges einfacher gehandhabt wird als in Deutschland.

Aber nicht nur im nördlichen Nachbarland regt sich Interesse. „Wir sind an erfolgversprechenden Projekten in der Mongolei und auf einigen karibischen Inseln dran“, freut sich Feddersen über neue Optionen ganz fern von Deutschland. Zumal es gerade im letzten Jahr, im ersten Corona-Jahr, nach seinen Worten „geschäftlich ganz schlecht lief“.
Ob überhaupt eine Anlage 2020 verkauft beziehungsweise installiert werden konnte, will er nicht verraten. Feddersen verweist lieber auf einige Projekte, die in diesem Jahr hierzulande realisiert werden sollen. Wie viele es genau sind, bleibt allerdings ebenfalls sein Geheimnis. Dagegen ist es ein offenes Geheimnis, dass eine Produktion von 50 Vierflüglern pro Quartal, wie vor einigen Jahren noch avisiert, unter den gegebenen Bedingungen unerreichbar erscheint. 
 
Eine Kleinwindanlage von Easy Wind im Betrieb
Foto: Easy Wind

Montag, 31.05.2021, 17:31 Uhr
Dierk Jensen
Energie & Management > Kleinwind - Kleinwindanlagen werden ausgebremst
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Kleinwind
Kleinwindanlagen werden ausgebremst
Gut 300 Anlagen hat der Hersteller Easy Wind von seinem Kleinwindmodell in Betrieb nehmen können. Hierzulande stockt der Absatz, dagegen eröffnen sich im Ausland neue Perspektiven.
Es ist kurios, aber wahr: Die Easy-Wind-Schmiede in Nordfriesland ist inzwischen der letzte noch übrig gebliebene Hersteller von Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein. Während unter anderem Jacobs Energie, die Husumer Schiffswerft (HSW) oder REpower Systems fusionierten, abwanderten oder am Ende Insolvenz anmelden mussten, ist der Produzent von Kleinwindanlagen mit Sitz in Enge-Sande unverdrossen am Markt aktiv - allerdings in einem derzeit sehr schwierigen Markt. Denn, wie alle Branchenkenner wissen, stockt es in Deutschland mit den Anlagen in der Größenordnung von 1 kW bis hin zu den Mittelwind-Anlagen von bis zu mehreren 100 kW Leistung empfindlich.

Das liegt vor allem an den Bauämtern, die in vielen Kreisen und Städten entweder die Genehmigungsprozesse extrem verlangsamen oder sie am Ende sogar verhindern. „Das ist eine Katastrophe“, ärgert sich auch Easy-Wind-Geschäftsführer Hans-Günter Feddersen über den Spießrutenlauf bei den beteiligten Behörden. Obschon die von Marten Jensen 2008 von der angeschlagenen Conergy AG übernommene vierflügelige Anlage mit 6 kW Leistung mittlerweile schon weit über 300-mal an Standorten im ganzen Bundesgebiet und auch im Ausland ausgeliefert werden konnte, gibt es bei jedem neuen Projekt immer wieder die gleichen Probleme.

Das gilt auch für das doch eigentlich winderprobte Bauamt in der nordfriesischen Kreisstadt Husum. Hans-Günter Feddersen wird deutlich: „Die haben nun Ahnung von der Materie, aber zugleich gar kein Interesse, sich in das Thema einzuarbeiten“, kritisiert er, „so sind etwaige Antragsteller von Kleinwindanlagen am Ende von der Willkür des Amtes abhängig.“ Das sind klare Worte, weshalb sich die Easy Wind GmbH auch beim aktuellen Landrat Florian Lorenzen über die Arbeitsweise des Husumer Bauamts beschwert hat.

Ein gehöriger Schuss Idealismus ist absolut unverzichtbar

Ob diese Beschwerde am Ende Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten, wobei die 6-kW-Anlage mit ihrer Gesamthöhe von knapp über 22 Metern nach baujuristischen Begriffen kein „raumbedeutsames“ Bauwerk ist. Dennoch ist der Aufbau des unscheinbaren, seit 2009 mit großem finanziellem Aufwand zertifizierten Vierflüglers nach wie vor ein genehmigungsrechtlich extrem schwieriges Verfahren. So verlangte das besagte Husumer Bauamt von einem Antragsteller aus dem Landstrich Eiderstedt im südlichen Teil von Nordfriesland ein Vogelschutzgutachten, das am Ende rund 5.000 Euro kostete. Der heutige Betreiber ließ das Gutachten erstellen, weil er partout die Anlage auf seinem Grundstück aufstellen wollte.

Hätte er allein die betriebswirtschaftlichen Zahlen sprechen lassen, wäre die Anlage nie gebaut worden: Bei einer Investitionssumme von rund 27.500 Euro bleibt kaum Luft nach oben. Ohne einen gehörigen Schuss Idealismus würde sich das Ganze nicht rechnen.

Doch nicht genug der Widerstände. Kaum zu glauben, aber seit Kurzem fordert das Bauamt in Husum bei Neuanträgen zum Errichten der mit einer passiven Pitch-Regelung ausgestatteten Kleinwindanlage aus Enge-Sande plötzlich ein Eiswurf-Gutachten. Das bringt den Firmengründer Marten Jensen in Rage. „Es ist unglaublich, mit welchem Bürokratismus wir es hier zu tun haben“, regt er sich über immer neue Schikanen auf.

Besonders deshalb, weil es in der Praxis der letzten 30 Jahre, seitdem die Anlage erstmals zum Einsatz kam, keinerlei Probleme mit Eiswürfen gab. Jensen sieht darin die eindeutige Benachteiligung einer dezentralen Energieerzeugungsform, die darin begründet sei, so seine ernüchternde Analyse, dass Kleinwindanlagen seit ihren Anfangstagen keine Lobby in der Politik hatten − und nach wie vor nicht haben.

Neuer Einsatzort für die Easy Wind: E-Tankstellen

Dabei eignet sich die Easy Wind mit ihrer überstrichenen Flügelfläche von über 30 Quadratmetern im Zusammenspiel mit einer Photovoltaikanlage für eine autarke Energieversorgung von Wohnhäusern, landwirtschaftlichen oder auch gewerblichen Betrieben. An guten Windstandorten wie beispielsweise auf der nordfriesischen Insel Pellworm, wo zwei Modelle schon seit vielen Jahren konstant und zuverlässig Wind einfangen, bringt es die Easy Wind bis auf 18.000 kWh im Jahr, also auf das Mehrfache der Strommenge, die ein Vier-Personen-Haushalt überhaupt verbraucht.

Nach den Vorstellungen von Marten Jensen, der neben seinem Engagement für Kleinwind mit der Federführung am Green TEC Campus in Enge-Sande systemübergreifend auch in anderen Bereichen der erneuerbaren Energien geschäftlich engagiert ist, soll die netzgeführte, asynchron laufende Kleinwindanlage in einem ganz neuen Segment noch Karriere machen: und zwar an beziehungsweise auf Tankstellen für die Elektromobilität. Frei nach dem Motto, dass jede E-Ladestelle potenziell mit dem Windstrom aus einer Easy Wind gespeist werden kann. Das ist vielleicht noch etwas Zukunftsmusik, aber wieso nicht?

Während E-Tankstellen tatsächlich noch nicht das bestimmende Thema sind, gibt es trotz der schwierigen Genehmigungsverfahren immer wieder Kundenanfragen. Jedoch müssen Feddersen und sein von einem Dutzend auf derzeit auf eine knappe Handvoll geschrumpftes Mitarbeiterteam manchen Begeisterten von Projektideen abraten, die an nicht so guten Windstandorten realisiert werden sollen. Ob die im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz festgeschriebene Privilegierung von Kleinwindanlagen für landwirtschaftliche Betriebe die Auftragslage substanziell verbessert, bleibt noch abzuwarten. Derweil keimt beim nordfriesischen Hersteller die Hoffnung auf, dass die Nachfrage aus dem Ausland weiter wachsen wird. Viele Anfragen kommen aus dem benachbarten Dänemark, wo genehmigungstechnisch einiges einfacher gehandhabt wird als in Deutschland.

Aber nicht nur im nördlichen Nachbarland regt sich Interesse. „Wir sind an erfolgversprechenden Projekten in der Mongolei und auf einigen karibischen Inseln dran“, freut sich Feddersen über neue Optionen ganz fern von Deutschland. Zumal es gerade im letzten Jahr, im ersten Corona-Jahr, nach seinen Worten „geschäftlich ganz schlecht lief“.
Ob überhaupt eine Anlage 2020 verkauft beziehungsweise installiert werden konnte, will er nicht verraten. Feddersen verweist lieber auf einige Projekte, die in diesem Jahr hierzulande realisiert werden sollen. Wie viele es genau sind, bleibt allerdings ebenfalls sein Geheimnis. Dagegen ist es ein offenes Geheimnis, dass eine Produktion von 50 Vierflüglern pro Quartal, wie vor einigen Jahren noch avisiert, unter den gegebenen Bedingungen unerreichbar erscheint. 
 
Eine Kleinwindanlage von Easy Wind im Betrieb
Foto: Easy Wind

Montag, 31.05.2021, 17:31 Uhr
Dierk Jensen

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