Die PV-Strategie der Bundesregierung enthält Gutes. Die Maximierung der PV-Flächen und der Stromproduktion reicht jedoch nicht. Ein Gastbeitrag von Frank Schlichting* von Kiwigrid.
Im März hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) seine Photovoltaik-Strategie zur Diskussion gestellt. Gleichzeitig hat uns der Weltklimarat vor Augen geführt: Das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, rückt in immer weitere Ferne. Wir brauchen also dringend den beschleunigten Ausbau der Photovoltaik.
Die PV-Strategie enthält gute Vorschläge zur Beseitigung von Hindernissen. Mit der Maximierung der PV-Flächen und der Stromproduktion ist es allerdings nicht getan. Der dezentrale und volatile PV-Strom muss effizient gesteuert werden, damit wir ihn optimal nutzen können. In ihrem ersten Entwurf übersieht die Strategie das Energiemanagement gänzlich.
Energiemanagement fördert Energieeffizienz Nur ein Energiemanagementsystem (EMS) ermöglicht es, den lokal erzeugten, volatilen PV-Strom in größtem Umfang und mit höchster Effizienz zu nutzen. Ein EMS stimmt die Erzeugung und die Verbrauchsgeräte
aufeinander ab. Der Eigenverbrauch wird maximiert und der weitere Strombedarf reduziert. Dadurch wird das Stromnetz entlastet, und es werden Netzentgelte und weitere Stromkosten eingespart. EMS werden in der Regel direkt von den Geräteherstellern angeboten. Der Endnutzer hat keinen Aufwand und profitiert unmittelbar von der gesteigerten Energieeffizienz.
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Frank Schlichting Quelle: Kiwigrid |
Wir bedauern, dass die PV-Strategie in der aktuellen Fassung die Implementierung von intelligenten EMS und die Förderung von innovativen Geschäftsmodellen für die bestmögliche Nutzung von PV-Strom nicht berücksichtigt. Nur so lässt sich die dezentrale solare Energieerzeugung erfolgreich in das Gesamtsystem der Energieversorgung integrieren und zu dessen Optimierung beitragen. Die Strategie offenbart, dass es noch an Grundlagen fehlt, die für intelligentes Energiemanagement nötig sind:
- Stromspeicher sind von zentraler Wichtigkeit als Flexibilität bei einer volatilen Stromerzeugung. Die PV-Strategie erkennt diese Wichtigkeit zwar an; allerdings hemmen die derzeitigen Regeln die Nutzung. Zunächst fehlen die Voraussetzungen für die Direktvermarktung von kleinen Strommengen aus Speichern. Und die doppelten Netzentgelte für die Speicherung und die Verteilung von Strom, beispielsweise mithilfe der Autobatterie, behindern eine effiziente und intelligente Stromverteilung.
- Ein wichtiger Baustein für dezentrales Energiemanagement sind Anreize für die Verbraucher. Die netzdienliche Stromnutzung sollte durch variable Netzentgelte incentiviert werden. Verbraucher sollten einen finanziellen Anreiz haben, beispielsweise ihr Elektroauto dann zu laden, wenn keine Überlastung des Stromnetzes droht. Gleichzeitig sollten Energieeinspeisungen bei Engpässen belohnt werden. Externe Eingriffe und das Abregeln privater Energieverbraucher – wie derzeit für den Paragrafen 14a Energiewirtschaftsgesetz diskutiert – sollten die letzte Option bleiben.
EMS als Herzstück der Energiewende In der PV-Strategie heißt es, die PV-Anlage kann zum Herzstück eines heimischen Energiemanagements werden, indem sie die Sektoren im Eigenheim miteinander koppelt. Das ist richtig. Das EMS wiederum kann zum Herzstück der Energiewende werden. Leider wird dieses Energiemanagement im Eigenheim weder durch bundeseinheitliche Regelungen gefördert, noch in der PV-Strategie beachtet. Es braucht dringend regulatorische Förderung und individuelle Anreize für die Sektorenkopplung, um die Energiewende im Eigenheim zu beschleunigen.
Am 3. Mai wird das BMWK den zweiten Entwurf der PV-Strategie vorstellen. Noch im Frühjahr soll die erste Gesetzesinitiative starten. Die Weiterentwicklung der Strategie sollte darauf zielen, alle Potenziale der PV auszunutzen.
* Der Diplom-Physiker und promovierte Ingenieur Frank Schlichting ist CEO des Energy-IoT-Unternehmens Kiwigrid mit Sitz in Dresden.
Mittwoch, 5.04.2023, 17:07 Uhr
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