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Energie & Management > Wasserstoff - Ines befürchtet überdimensioniertes Wasserstoffkernnetz
Quelle: Shutterstock / r.classen
Wasserstoff

Ines befürchtet überdimensioniertes Wasserstoffkernnetz

Die Ines konstatiert große Unsicherheiten bei der Planung des H2-Kernnetzes. Überkapazitäten seien zu befürchten, bemängelt die Initiative und fordert weitere detaillierte Analysen.
Die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) hatten Mitte November vergangenen Jahres der Bundesnetzagentur ihren Antragsentwurf für den Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoff-Netzinfrastruktur vorgelegt (wir berichteten). Sie schlagen darin die Schaffung eines 9.721 Kilometer langen Netzes vor, das über 13 Grenzübergangspunkte verfügt. Diese sollen den Import und Export von Wasserstoff mit einer Kapazität von bis zu 59 Millionen kWh/h ermöglichen. Dieses sogenannte „Wasserstoffkernnetz“ ist für eine Wasserstoff-Verbrauchsmenge im Umfang von 279 Milliarden kWh ausgelegt. Bis 2032 soll es nach Ansinnen der FNB in Betrieb sein.

Die Initiative Energien Speichern e.V. (Ines) hat die Strommarktexperten der Aurora Energy Research GmbH mit einer Kurzanalyse des im November 2023 vorgelegten Wasserstoffkernnetzes beauftragt. Die Ergebnisse liegen nun vor. 
 
Aurora-Kurzanalyse zum geplanten Wasserstoffkernnetz und der damit verbundenen Importinfrastruktur
(zum Download bitte auf das PDF klicken)
Quelle: Ines / Aurora Energy Research

Laut der Ines, einem Zusammenschluss von Betreibern deutscher Gas- und Wasserstoffspeicher, verlange diese jüngste Ersteinschätzung nach einer weitergehenden detaillierte Analyse der Wasserstoff-Infrastruktur. Um das Netz effizient entwickeln zu können, gelte es verschiedene Nachfrage- und Angebots-Szenarien bei der Netzplanung und daraus abzuleitende Importkapazitäten zu berücksichtigen. „Wir empfehlen, diejenigen Teile des Wasserstoffnetzes zu identifizieren, für die sich eine Relevanz über mehrere Szenarien ergibt“, erklärte Ines-Geschäftsführer Sebastian Heinermann bei der Veröffentlichung der Aurora-Analyse.

Aurora sieht deutlich niedrigeren Wasserstoffverbrauch

Die Aurora-Marktforscher untersuchten den Wasserstoffverbrauch für die Szenarien „Central“ und „Net Zero“ jeweils bis zum Jahr 2030 und 2050. Ersteres Szenario beruht auf einer wirtschaftlichen Analyse und auf Annahmen zur Entwicklung des deutschen Wasserstoff-Marktes. Das „Net-Zero“-Szenario geht von der Einhaltung der energiepolitischen Regierungsziele bis 2045 aus, sprich von einem klimaneutralen Energiesektor. 

Zu den Ergebnissen der Kurzanalyse:
  • Wasserstoffverbrauchsmengen bis 2030: Für die mittlere Perspektive bis 2030 weist Aurora in den beiden Szenarien „Central“ und „Net Zero“ mit 73 respektive 123 Milliarden kWh deutlich niedrigere Wasserstoff-jährliche Verbrauchsmengen aus, als die FNB in ihrer Wasserstoff-Netzplanung (279 Milliarden kWh). Die Marktforscher verweisen auf die Nachfrageschätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums, die für 2030 ebenfalls niedriger ausfallen. So beziffert das Ministerium in seiner Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie die Nachfrage pro Jahr bis 2030 mit 95 bis 130 Milliarden kWh.
  • Benötigte Importkapazitäten bis 2030: Um den Wasserstoff-Verbrauch im „Central“-Szenario vollständig zu decken, sind laut Aurora mittelfristig Importkapazitäten an Grenzübergangspunkten von über 10 Millionen kWh/h nötig. Die von den FNB vorgeschlagene Importkapazität von 59 Millionen kWh/h stellt demnach laut Ines eine signifikante Überbauung gegenüber den nötigen Kapazitäten dar.
  • Benötigte Importkapazitäten bis 2050: Ines verweist auf die letzten Verlautbarungen der Bundesregierung, wonach eine deutliche Überbauung der tatsächlichen Netzbedarfe bewusst angestrebt werde, um die Netzinfrastrukturen bereits für spätere Wasserstoffbedarfe vorhalten zu können. Doch auch für die langfristige Perspektive bis 2050 geht Aurora von einem wesentlich niedrigeren Bedarf an Wasserstoffimportkapazitäten aus. Beide Aurora-Szenarien würden mit 303 respektive 562 Milliarden kWh pro Jahr zwar deutlich höhere Wasserstoffverbrauchsmengen ausweisen. Das „Central“-Szenario zeige jedoch nur einen Bedarf für 28 Millionen kWh/h pipelinegebundene Importkapazitäten. Selbst im „Net-Zero“-Szenario lägen die benötigten Grenzübergangs-Kapazitäten bei lediglich 52 Millionen kWh/h. 
Ines zieht vor diesem Hintergrund den Schuss, die Wasserstoff-Netzplanung folge einer sehr unsicheren Planungsperspektive. Hinzu komme, dass der Markthochlauf für grünen Wasserstoff sich noch in seinen Anfängen befinde. „Angesichts der enormen Wasserstoff-Verbrauchsmengen scheint das Wasserstoffkernnetz vielmehr ein Wasserstoffzielnetz zu sein“, so bewertete Sebastian Heinermann die Pläne der FNB für ein Wasserstoffkernnetz. „Und die Wahrheit ist, dass wir das Ziel noch gar nicht genau sehen können.“ 

Die Aurora-Analyse führe laut Heinermann vor Augen, wie groß die Unsicherheiten bei der Netzplanung derzeit noch seien und wie groß das Risiko sei, dass jetzt Überkapazitäten entwickelt würden, die vielleicht nie eine Auslastung erfahren werden. 

Die fünfseitige „Kurzanalyse zum geplanten Wasserstoffkernnetz und der damit verbundenen Importinfrastruktur“ ist über die Internetseite der Ines downloadbar.

Donnerstag, 4.01.2024, 13:42 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wasserstoff - Ines befürchtet überdimensioniertes Wasserstoffkernnetz
Quelle: Shutterstock / r.classen
Wasserstoff
Ines befürchtet überdimensioniertes Wasserstoffkernnetz
Die Ines konstatiert große Unsicherheiten bei der Planung des H2-Kernnetzes. Überkapazitäten seien zu befürchten, bemängelt die Initiative und fordert weitere detaillierte Analysen.
Die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) hatten Mitte November vergangenen Jahres der Bundesnetzagentur ihren Antragsentwurf für den Aufbau einer leistungsfähigen Wasserstoff-Netzinfrastruktur vorgelegt (wir berichteten). Sie schlagen darin die Schaffung eines 9.721 Kilometer langen Netzes vor, das über 13 Grenzübergangspunkte verfügt. Diese sollen den Import und Export von Wasserstoff mit einer Kapazität von bis zu 59 Millionen kWh/h ermöglichen. Dieses sogenannte „Wasserstoffkernnetz“ ist für eine Wasserstoff-Verbrauchsmenge im Umfang von 279 Milliarden kWh ausgelegt. Bis 2032 soll es nach Ansinnen der FNB in Betrieb sein.

Die Initiative Energien Speichern e.V. (Ines) hat die Strommarktexperten der Aurora Energy Research GmbH mit einer Kurzanalyse des im November 2023 vorgelegten Wasserstoffkernnetzes beauftragt. Die Ergebnisse liegen nun vor. 
 
Aurora-Kurzanalyse zum geplanten Wasserstoffkernnetz und der damit verbundenen Importinfrastruktur
(zum Download bitte auf das PDF klicken)
Quelle: Ines / Aurora Energy Research

Laut der Ines, einem Zusammenschluss von Betreibern deutscher Gas- und Wasserstoffspeicher, verlange diese jüngste Ersteinschätzung nach einer weitergehenden detaillierte Analyse der Wasserstoff-Infrastruktur. Um das Netz effizient entwickeln zu können, gelte es verschiedene Nachfrage- und Angebots-Szenarien bei der Netzplanung und daraus abzuleitende Importkapazitäten zu berücksichtigen. „Wir empfehlen, diejenigen Teile des Wasserstoffnetzes zu identifizieren, für die sich eine Relevanz über mehrere Szenarien ergibt“, erklärte Ines-Geschäftsführer Sebastian Heinermann bei der Veröffentlichung der Aurora-Analyse.

Aurora sieht deutlich niedrigeren Wasserstoffverbrauch

Die Aurora-Marktforscher untersuchten den Wasserstoffverbrauch für die Szenarien „Central“ und „Net Zero“ jeweils bis zum Jahr 2030 und 2050. Ersteres Szenario beruht auf einer wirtschaftlichen Analyse und auf Annahmen zur Entwicklung des deutschen Wasserstoff-Marktes. Das „Net-Zero“-Szenario geht von der Einhaltung der energiepolitischen Regierungsziele bis 2045 aus, sprich von einem klimaneutralen Energiesektor. 

Zu den Ergebnissen der Kurzanalyse:
  • Wasserstoffverbrauchsmengen bis 2030: Für die mittlere Perspektive bis 2030 weist Aurora in den beiden Szenarien „Central“ und „Net Zero“ mit 73 respektive 123 Milliarden kWh deutlich niedrigere Wasserstoff-jährliche Verbrauchsmengen aus, als die FNB in ihrer Wasserstoff-Netzplanung (279 Milliarden kWh). Die Marktforscher verweisen auf die Nachfrageschätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums, die für 2030 ebenfalls niedriger ausfallen. So beziffert das Ministerium in seiner Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie die Nachfrage pro Jahr bis 2030 mit 95 bis 130 Milliarden kWh.
  • Benötigte Importkapazitäten bis 2030: Um den Wasserstoff-Verbrauch im „Central“-Szenario vollständig zu decken, sind laut Aurora mittelfristig Importkapazitäten an Grenzübergangspunkten von über 10 Millionen kWh/h nötig. Die von den FNB vorgeschlagene Importkapazität von 59 Millionen kWh/h stellt demnach laut Ines eine signifikante Überbauung gegenüber den nötigen Kapazitäten dar.
  • Benötigte Importkapazitäten bis 2050: Ines verweist auf die letzten Verlautbarungen der Bundesregierung, wonach eine deutliche Überbauung der tatsächlichen Netzbedarfe bewusst angestrebt werde, um die Netzinfrastrukturen bereits für spätere Wasserstoffbedarfe vorhalten zu können. Doch auch für die langfristige Perspektive bis 2050 geht Aurora von einem wesentlich niedrigeren Bedarf an Wasserstoffimportkapazitäten aus. Beide Aurora-Szenarien würden mit 303 respektive 562 Milliarden kWh pro Jahr zwar deutlich höhere Wasserstoffverbrauchsmengen ausweisen. Das „Central“-Szenario zeige jedoch nur einen Bedarf für 28 Millionen kWh/h pipelinegebundene Importkapazitäten. Selbst im „Net-Zero“-Szenario lägen die benötigten Grenzübergangs-Kapazitäten bei lediglich 52 Millionen kWh/h. 
Ines zieht vor diesem Hintergrund den Schuss, die Wasserstoff-Netzplanung folge einer sehr unsicheren Planungsperspektive. Hinzu komme, dass der Markthochlauf für grünen Wasserstoff sich noch in seinen Anfängen befinde. „Angesichts der enormen Wasserstoff-Verbrauchsmengen scheint das Wasserstoffkernnetz vielmehr ein Wasserstoffzielnetz zu sein“, so bewertete Sebastian Heinermann die Pläne der FNB für ein Wasserstoffkernnetz. „Und die Wahrheit ist, dass wir das Ziel noch gar nicht genau sehen können.“ 

Die Aurora-Analyse führe laut Heinermann vor Augen, wie groß die Unsicherheiten bei der Netzplanung derzeit noch seien und wie groß das Risiko sei, dass jetzt Überkapazitäten entwickelt würden, die vielleicht nie eine Auslastung erfahren werden. 

Die fünfseitige „Kurzanalyse zum geplanten Wasserstoffkernnetz und der damit verbundenen Importinfrastruktur“ ist über die Internetseite der Ines downloadbar.

Donnerstag, 4.01.2024, 13:42 Uhr
Davina Spohn

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