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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Impulse: Fehlanzeige
Quelle:E&M
E&M Vor 20 Jahren

Impulse: Fehlanzeige

Wie kann der Emissionshandel liquide werden? Ein Symposium der Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik (GEE) in Mannheim hat sich vor 20 Jahren der Frage gewidmet.
Im Herbst 2003 war längst noch nicht klar, wie der Handel mit Treibhausgas-Emissionsrechten in Deutschland aussehen würde. Als marktwirtschaftliches Klimaschutzinstrument versprach er allerdings ein vielversprechendes Geschäftsmodell zu werden − zumindest in der Theorie.

Einer Studie der Beratungsgesellschaft Booz Allen Hamilton von damals zufolge wollten nur 9 Prozent der Befragten − vor allem nahmen Stromversorger an der Erhebung teil − den Handel mit Emissionszertifikaten an Dritte vergeben. Die meisten Unternehmen, insgesamt 54 Prozent, wollten den Emissionshandel in ihrer Handelsabteilung ansiedeln, während 3 Prozent ihn am besten im Bereich des Risikomanagements aufgehoben sahen. Da eine Reihe von Verantwortlichen davon ausging, dass das Thema Emissionsvermeidung besonders die Erzeugung beschäftigen dürfte, schienen die 6 Prozent, die sich für eine Verankerung dort aussprachen, plausible Gründe zu haben. Die restlichen Firmen wollten den Emissionshandel entweder einer anderen Abteilung zuschlagen oder gleich auf Konzernebene etablieren.

Nach Ansicht der Verfasser der Studie stützte der geringe Wert für die Fremdvergabe von Handelsdienstleistungen Äußerungen, mit dem Zertifikatehandel möglicherweise Gewinne erzielen zu können. Für insgesamt 38 % der Befragten war dies ein wesentlicher Grund, sich am Handel zu beteiligen. Der größte Teil, insgesamt 59 %, gab an, zur Deckung des eigenen Bedarfs Zertifikate zu handeln. Etwa 50 % gingen davon aus, überschüssige Emissionsrechte verkaufen zu können.
 
Doch Handel setzt einen liquiden Markt voraus. In der Energiewirtschaft setzten viele Akteure große Hoffnungen auf die Banken, dass sie dem Markt Impulse verleihen und den Handel anschieben. Doch zunächst musste regulatorische Klarheit geschaffen werden, wie E&M-Redakteur Fritz Wilhelm damals bei einem Symposium der Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik (GEE) in Mannheim feststellte.
 
Hier sein Beitrag vom Herbst 2003:

Nach Auffassung von Michael Kraus, Vertreter der Professur für Energiewirtschaft an der Fachhochschule Darmstadt und GEE-Vorstandsmitglied, ist ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor für die Prognose der künftigen Liquidität des Emissionshandelsmarktes, ob der Spot-Handel mit Emissionszertifikaten der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) unterliegt oder nicht. In einem Grundsatzpapier hat die Behörde diese Frage bereits bejaht. CO2-Zertifikate seien als Wertpapiere anzusehen, was sowohl den Spot- als auch den Terminhandel für Dritte genehmigungspflichtig machen würde. Wer Geschäfte für Dritte tätigen möchte, beispielsweise der Treuhänder eines Zertifikate-Pools, fiele unter diese Regelung.

Im Gegensatz dazu hat das Bundesumweltministerium (BMU) in seinen Entwurf eines Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) hineingeschrieben, Zertifikate seien grundsätzlich keine Wertpapiere. Man beachte allerdings das Wörtchen „grundsätzlich“, dessen Bedeutung noch nicht ganz abzusehen ist und das zurzeit von Juristen intensiv diskutiert wird.

Ines Zenke, Rechtsanwältin in der Kanzlei Becker Büttner Held in Berlin, machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass die BAFin als Behörde auf jeden Fall die Gesetze achten müsse und sich der Auffassung des BMU nicht in den Weg stellen könne, sobald diese einmal in Form des Emissiohandelsgesetzes Rechtskraft erlangt habe. Sie hätte es allerdings für juristisch eleganter gehalten, wenn eine entsprechende Ergänzung des Kreditwesengesetzes (KWG), das die Aufsichtspflicht über Wertpapiergeschäfte regelt, vorgenommen worden wäre, um Klarheit zu schaffen. Das BMU muss aber erst einmal den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Stellen plausibel machen, warum es Zertifikate nicht für Wertpapiere hält.

Fehlende Aussicht auf attraktive Handelspartner

Kraus äußerte die Befürchtung, die mit der eventuell erforderlichen Genehmigung verbundenen Auflagen könnten potenzielle Marktteilnehmer fernhalten. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Liquidität des Marktes. Nur Banken, denen aufgrund ihrer Lizenz ohnehin solche Geschäfte gestattet sind, könnten in einer solchen Situation noch in nennenswertem Umfang als Intermediäre fungieren.

Die Banken wären fast aus dem Stand in der Lage, den Markt antreiben. Aufgrund immer noch relativ unsicherer Rahmenbedingungen und der noch fehlenden Aussicht auf attraktive Handelspartner, bleibt es bisher jedoch bei einigen wenigen Abschlüssen mit Testcharakter. Allenfalls die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hebt sich mit Ihren Plänen zu einem Klimaschutzfonds von den Wettbewerbern ab.

Auch wenn Janina Scheelhaase, bei der Prognos AG für den Bereich Emissionshandel verantwortlich, auf die hervorragenden Geschäftsmöglichkeiten der Finanzinstitute hinwies, überzeugende Argumente, warum die Banken den Emissionshandel nicht nur als Goldgrube betrachten, sondern das Gold auch schürfen sollten, konnte sie nicht liefern. Erst wenn der Markt in Gang gekommen ist, werden die Finanzdienstleister ihre Wartestellung verlassen. Aufgrund einer strengen Regulierung des Bankensektors sind risikoaverse Strategien alles andere als verwunderlich.

Die Liquidität des Emissionshandelsmarktes könnte jedoch aufgrund einfacher energiewirtschaftlicher Überlegungen neue Impulse erhalten. Energiehändler, die Ihre Kraftwerkskapazitäten optimal vermarkten wollen, müssen künftig immer auch den Faktor CO2 in ihr Kalkül einbeziehen beziehungsweise den Marktpreis für Zertifikate. Mittlerweile sehen immer mehr Analysten diesen Zusammenhang. In manchen Situationen könnte es dann sogar erforderlich werden, selbst eine Position mit Zertifikaten aufzubauen, wenn etwa die Eigenerzeugung notwendig oder attraktiv ist. Alles bleibt natürlich unter dem Vorbehalt des Handelsregimes, etwa der Häufigkeit der Preisfestsetzung für die Zertifikate oder der Transaktionsabwicklung. Grundsätzlich würde dieser Handel dann jedoch als Eigengeschäft, in eigenem Namen für eigene Rechnung, genehmigungsfrei sein – nach gegenwärtiger Auslegung der regulatorischen Vorgaben.

Freitag, 3.11.2023, 02:01 Uhr
Fritz Wilhelm
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Quelle:E&M
E&M Vor 20 Jahren
Impulse: Fehlanzeige
Wie kann der Emissionshandel liquide werden? Ein Symposium der Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik (GEE) in Mannheim hat sich vor 20 Jahren der Frage gewidmet.
Im Herbst 2003 war längst noch nicht klar, wie der Handel mit Treibhausgas-Emissionsrechten in Deutschland aussehen würde. Als marktwirtschaftliches Klimaschutzinstrument versprach er allerdings ein vielversprechendes Geschäftsmodell zu werden − zumindest in der Theorie.

Einer Studie der Beratungsgesellschaft Booz Allen Hamilton von damals zufolge wollten nur 9 Prozent der Befragten − vor allem nahmen Stromversorger an der Erhebung teil − den Handel mit Emissionszertifikaten an Dritte vergeben. Die meisten Unternehmen, insgesamt 54 Prozent, wollten den Emissionshandel in ihrer Handelsabteilung ansiedeln, während 3 Prozent ihn am besten im Bereich des Risikomanagements aufgehoben sahen. Da eine Reihe von Verantwortlichen davon ausging, dass das Thema Emissionsvermeidung besonders die Erzeugung beschäftigen dürfte, schienen die 6 Prozent, die sich für eine Verankerung dort aussprachen, plausible Gründe zu haben. Die restlichen Firmen wollten den Emissionshandel entweder einer anderen Abteilung zuschlagen oder gleich auf Konzernebene etablieren.

Nach Ansicht der Verfasser der Studie stützte der geringe Wert für die Fremdvergabe von Handelsdienstleistungen Äußerungen, mit dem Zertifikatehandel möglicherweise Gewinne erzielen zu können. Für insgesamt 38 % der Befragten war dies ein wesentlicher Grund, sich am Handel zu beteiligen. Der größte Teil, insgesamt 59 %, gab an, zur Deckung des eigenen Bedarfs Zertifikate zu handeln. Etwa 50 % gingen davon aus, überschüssige Emissionsrechte verkaufen zu können.
 
Doch Handel setzt einen liquiden Markt voraus. In der Energiewirtschaft setzten viele Akteure große Hoffnungen auf die Banken, dass sie dem Markt Impulse verleihen und den Handel anschieben. Doch zunächst musste regulatorische Klarheit geschaffen werden, wie E&M-Redakteur Fritz Wilhelm damals bei einem Symposium der Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik (GEE) in Mannheim feststellte.
 
Hier sein Beitrag vom Herbst 2003:

Nach Auffassung von Michael Kraus, Vertreter der Professur für Energiewirtschaft an der Fachhochschule Darmstadt und GEE-Vorstandsmitglied, ist ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor für die Prognose der künftigen Liquidität des Emissionshandelsmarktes, ob der Spot-Handel mit Emissionszertifikaten der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) unterliegt oder nicht. In einem Grundsatzpapier hat die Behörde diese Frage bereits bejaht. CO2-Zertifikate seien als Wertpapiere anzusehen, was sowohl den Spot- als auch den Terminhandel für Dritte genehmigungspflichtig machen würde. Wer Geschäfte für Dritte tätigen möchte, beispielsweise der Treuhänder eines Zertifikate-Pools, fiele unter diese Regelung.

Im Gegensatz dazu hat das Bundesumweltministerium (BMU) in seinen Entwurf eines Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) hineingeschrieben, Zertifikate seien grundsätzlich keine Wertpapiere. Man beachte allerdings das Wörtchen „grundsätzlich“, dessen Bedeutung noch nicht ganz abzusehen ist und das zurzeit von Juristen intensiv diskutiert wird.

Ines Zenke, Rechtsanwältin in der Kanzlei Becker Büttner Held in Berlin, machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass die BAFin als Behörde auf jeden Fall die Gesetze achten müsse und sich der Auffassung des BMU nicht in den Weg stellen könne, sobald diese einmal in Form des Emissiohandelsgesetzes Rechtskraft erlangt habe. Sie hätte es allerdings für juristisch eleganter gehalten, wenn eine entsprechende Ergänzung des Kreditwesengesetzes (KWG), das die Aufsichtspflicht über Wertpapiergeschäfte regelt, vorgenommen worden wäre, um Klarheit zu schaffen. Das BMU muss aber erst einmal den am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Stellen plausibel machen, warum es Zertifikate nicht für Wertpapiere hält.

Fehlende Aussicht auf attraktive Handelspartner

Kraus äußerte die Befürchtung, die mit der eventuell erforderlichen Genehmigung verbundenen Auflagen könnten potenzielle Marktteilnehmer fernhalten. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Liquidität des Marktes. Nur Banken, denen aufgrund ihrer Lizenz ohnehin solche Geschäfte gestattet sind, könnten in einer solchen Situation noch in nennenswertem Umfang als Intermediäre fungieren.

Die Banken wären fast aus dem Stand in der Lage, den Markt antreiben. Aufgrund immer noch relativ unsicherer Rahmenbedingungen und der noch fehlenden Aussicht auf attraktive Handelspartner, bleibt es bisher jedoch bei einigen wenigen Abschlüssen mit Testcharakter. Allenfalls die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hebt sich mit Ihren Plänen zu einem Klimaschutzfonds von den Wettbewerbern ab.

Auch wenn Janina Scheelhaase, bei der Prognos AG für den Bereich Emissionshandel verantwortlich, auf die hervorragenden Geschäftsmöglichkeiten der Finanzinstitute hinwies, überzeugende Argumente, warum die Banken den Emissionshandel nicht nur als Goldgrube betrachten, sondern das Gold auch schürfen sollten, konnte sie nicht liefern. Erst wenn der Markt in Gang gekommen ist, werden die Finanzdienstleister ihre Wartestellung verlassen. Aufgrund einer strengen Regulierung des Bankensektors sind risikoaverse Strategien alles andere als verwunderlich.

Die Liquidität des Emissionshandelsmarktes könnte jedoch aufgrund einfacher energiewirtschaftlicher Überlegungen neue Impulse erhalten. Energiehändler, die Ihre Kraftwerkskapazitäten optimal vermarkten wollen, müssen künftig immer auch den Faktor CO2 in ihr Kalkül einbeziehen beziehungsweise den Marktpreis für Zertifikate. Mittlerweile sehen immer mehr Analysten diesen Zusammenhang. In manchen Situationen könnte es dann sogar erforderlich werden, selbst eine Position mit Zertifikaten aufzubauen, wenn etwa die Eigenerzeugung notwendig oder attraktiv ist. Alles bleibt natürlich unter dem Vorbehalt des Handelsregimes, etwa der Häufigkeit der Preisfestsetzung für die Zertifikate oder der Transaktionsabwicklung. Grundsätzlich würde dieser Handel dann jedoch als Eigengeschäft, in eigenem Namen für eigene Rechnung, genehmigungsfrei sein – nach gegenwärtiger Auslegung der regulatorischen Vorgaben.

Freitag, 3.11.2023, 02:01 Uhr
Fritz Wilhelm

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