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Energie & Management > Personalie - Homeoffice für immer?!
Bild: Aurielaki / Fotolia
Personalie

Homeoffice für immer?!

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt erheblich verändert. Welche Lehren die Branche daraus zieht.
Am Salierring 47 bis 53 in Köln sind bestimmte Büroflächen schon länger wie ausgestorben: „E wie einfach“ war seit dem zweiten Lockdown Mitte Dezember des vergangenen Jahres komplett im Homeoffice. Gut, die Zweitmarke von Eon hat keine Kraftwerksleitwarten, keinen Netzbetrieb und ist auch kein Stadtwerk mit Busfahrern, wo nur Präsenzdienst Sinn ergibt.

Aber auch Energieunternehmen mit solche Sparten, haben seit Corona einen Schub in Richtung Homeoffice hingelegt: An den großen Verwaltungsstandorten der EnBW lag die Präsenzquote schon Anfang Dezember unter 20 %. Das war noch weniger, als das, was die Abstandsregeln fordern. Im März beim ersten Lockdown waren „quasi über Nacht“ mehr als 10.000 der 15.000 Mitarbeiter im Kernkonzern ins Heimbüro geschickt worden, so eine Sprecherin.

Bei den Stadtwerken München (SWM) waren binnen Wochen 3.500 Mitarbeiter der Zentrale ins mobile Arbeiten gegangen. Das sind 90 %. Selbst der Chef des größten Stadtwerks, Florian Bieberbach, arbeitet drei, vier Tage in der Woche daheim. Die Frankfurter Mainova ließ „innerhalb kürzester Zeit“ 1.200 Mitarbeiter in die Heimarbeit, bei 1.000 anderen ging das aufgaben- oder personenbedingt nicht. Bei den Stadtwerken Menden hat sich die Zahl der arbeitenden Angestellten „außerhalb der Betriebsstätte“ von drei der 150 vor Corona auf durchschnittlich 25 erhöht, so Geschäftsführer Bernd Reichelt gegenüber E&M.

Bei nahezu allen kommunalen Arbeitgebern existierten schon weit vor der Pandemie Dienst- oder Betriebsvereinbarungen zu „Telearbeit“, „alternierender Telearbeit“ und zu mobilem Arbeiten, teilte die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) mit. Ebenso auf Eon-Konzernebene sowie bei der EnBW.

Trotzdem ist das Arbeiten außerhalb der Büros in der Energiebranche, die es verinnerlicht hat, Teil der kritischen Infrastruktur zu sein, auch jetzt noch weniger verbreitet als in anderen Industrien, berichtet Dirk Fieml, Chef des Beratungshauses TKT Vivax, aus seiner Praxis. Mehr noch: In vielen Stadtwerken seien Hardware, Geschäftsprozesse und IT-Systeme noch papierlastig und nicht für einen Zugang zur Unternehmens-IT von außen ausgelegt.

„Allein die Bestellprozesse dauern jetzt wesentlich länger, weil sie noch auf Papier genehmigt werden und einer der Genehmiger im Homeoffice ist.“ Laptops und „ordentliche“ Konferenzanlagen seien selten. VPN-Tunnels zum Unternehmensnetzwerk fehlten. Die Telefonanlage erlaube keine Weiterleitung aufs Handy.

Ohne VPN müssten die Buchhalter weiter in Präsenz arbeiten, nur um ins SAP-System zu kommen. TKT Vivax hat im Lockdown einen „Homeoffice-Check“ aufgelegt, in dem Telearbeiter ihre Aufgaben erfassen müssen. Im Januar wird Fiemls Team die Prozesse in einem Branchenunternehmen analysieren, in dem „kein einziger Prozess dokumentiert“ ist, verrät er. Sein Eindruck: „Im Lockdown sind die Stadtwerke mit sich selbst beschäftigt, aber wir führen jetzt Gespräche über Digitalisierungsprozesse danach. Corona beschleunigt die Digitalisierung. Die Sensibilität dafür ist stärker geworden.“ Bei Regionalversorgern, die schon immer gezwungen waren, mehrere Standorte unter einen Hut zu bringen, sehe es im Schnitt digitaler aus.
Die Lehren aus der Pandemie:
Aus dem harten Lockdown und den zeitweisen Erleichterungen bis zum zweiten Lockdown kann die Energiewirtschaft schon jetzt folgende Lehren ziehen:

Empowerment (Selbstverantwortung): „Unsere dezentrale Struktur zeigt sich in der Krise als Vorteil“, sagt Reichelt. Damit meint er die seit einigen Jahren vorhandenen gut 20 Teams bei den Stadtwerken Menden. „Ein hoher Entscheidungsspielraum ist extrem förderlich zur Bewältigung der Krise“, fügt er an. Jedes Team regle und verantworte in Menden selbst, dass die nötige Arbeit getan wird.

Führungskultur und Akzeptanz: „Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten, die seit Monaten auf dem Tisch lagen, wurden plötzlich im Einvernehmen geschlossen und finden seither Anwendung“, beobachtet Susanne Tertilt von der Unternehmensberatung Strategie M. Sie fordert Vertrauen in die Mitarbeiter, dass sie sich daheim nicht abseilen: „Führungskräfte müssen loslassen können und eine Balance zur Kontrolle von Arbeitsergebnissen finden.“ Sie sollten selbst Vorbild in der Work-Life-Balance sein, feste Rituale pflegen wie tägliche Kick-offs, aber auch Pausenzeiten respektieren. Reichelt hat aufgrund dessen den Betriebsratschef und dessen Stellvertreter in seinen Corona-Krisenstab berufen. Natürlich sei ein Missbrauch der Arbeitszeit daheim „nicht auszuschließen“, aber das sei zumindest in Menden kein Thema.

Video-Meetings und Effizienz: Eon macht mit dem Homeoffice unter Corona „positive Erfahrungen“, sodass der Konzern diese Arbeitsweise „künftig noch häufiger“ erlauben will. Nach einer konzernweiten Umfrage finden jeweils 45 % der Teilnehmer Video-Meetings „deutlich produktiver“ als herkömmliche Sitzungen oder gleichwertig, schreibt eine Sprecherin. Die Mainova rechnet „eher“ mit dauerhaft mehr virtueller Kommunikation zulasten persönlicher Treffen: „Virtuelle Meetings reduzieren den Pendelverkehr zwischen unseren Liegenschaften und die Fahrzeiten fallen weg“, schreibt ein Sprecher. Bewerber fragten zudem „deutlich“ mehr nach flexiblen Arbeitsorten und -zeiten.

Hybride Arbeitswelt: Teilweise sind Mitarbeiter bereits aus dem totalen Homeoffice zurückgekehrt. „Der Wunsch nach sozialen Kontakten ist da“, sagt Reichelt aus Menden und spricht damit einen Konsens aus. Daher gebe es bei den 25 Heimarbeitern einen 14-tägigen Wechsel. Reichelt: „Wir halten keinen zu Hause und das will auch keiner.“ Viele EnBW-Mitarbeiter möchten Homeoffice auch nach der Krise „zumindest teilweise“ fortsetzen, berichtet eine Sprecherin. „Es werden verstärkt Räumlichkeiten für Gruppenarbeit oder Netzwerken benötigt werden.“

Neue soziale Formate: „Der soziale Austausch sollte nicht zu kurz kommen“, mahnt Beraterin Tertilt. Die virtuellen Kaffeepausen, die sie vorschlägt, gibt es unter anderem schon im Eon-Konzern, daneben auch „inspirational sessions“. Eine digitale Lostrommel lädt zudem im Rahmen der Integration von Innogy nach dem Zufallsprinzip Teilnehmer per Videochat zu gemeinsamen Mittagessen oder After-Work-Treffen ein. „Blind Lunch“ heißt dieses Format, das sich freilich erst nach dem zweiten Lockdown wieder ganz entfalten darf. Auch die Führungskräftetreffen mit mehr als 500 Teilnehmern finden jetzt online statt.

E-wie-einfach-Geschäftsführerin Katja Steger hat mit ihrem Team „Schokoladen-Tasting“ ausprobiert und findet es toll: Jeder Teilnehmer bekommt ein Set nach Hause geschickt, das dann virtuell von einem Schoko-Sommelier erläutert wird. Das gibt es virtuell auch mit Gin oder Wein. E&M

Montag, 18.01.2021, 08:46 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Personalie - Homeoffice für immer?!
Bild: Aurielaki / Fotolia
Personalie
Homeoffice für immer?!
Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt erheblich verändert. Welche Lehren die Branche daraus zieht.
Am Salierring 47 bis 53 in Köln sind bestimmte Büroflächen schon länger wie ausgestorben: „E wie einfach“ war seit dem zweiten Lockdown Mitte Dezember des vergangenen Jahres komplett im Homeoffice. Gut, die Zweitmarke von Eon hat keine Kraftwerksleitwarten, keinen Netzbetrieb und ist auch kein Stadtwerk mit Busfahrern, wo nur Präsenzdienst Sinn ergibt.

Aber auch Energieunternehmen mit solche Sparten, haben seit Corona einen Schub in Richtung Homeoffice hingelegt: An den großen Verwaltungsstandorten der EnBW lag die Präsenzquote schon Anfang Dezember unter 20 %. Das war noch weniger, als das, was die Abstandsregeln fordern. Im März beim ersten Lockdown waren „quasi über Nacht“ mehr als 10.000 der 15.000 Mitarbeiter im Kernkonzern ins Heimbüro geschickt worden, so eine Sprecherin.

Bei den Stadtwerken München (SWM) waren binnen Wochen 3.500 Mitarbeiter der Zentrale ins mobile Arbeiten gegangen. Das sind 90 %. Selbst der Chef des größten Stadtwerks, Florian Bieberbach, arbeitet drei, vier Tage in der Woche daheim. Die Frankfurter Mainova ließ „innerhalb kürzester Zeit“ 1.200 Mitarbeiter in die Heimarbeit, bei 1.000 anderen ging das aufgaben- oder personenbedingt nicht. Bei den Stadtwerken Menden hat sich die Zahl der arbeitenden Angestellten „außerhalb der Betriebsstätte“ von drei der 150 vor Corona auf durchschnittlich 25 erhöht, so Geschäftsführer Bernd Reichelt gegenüber E&M.

Bei nahezu allen kommunalen Arbeitgebern existierten schon weit vor der Pandemie Dienst- oder Betriebsvereinbarungen zu „Telearbeit“, „alternierender Telearbeit“ und zu mobilem Arbeiten, teilte die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) mit. Ebenso auf Eon-Konzernebene sowie bei der EnBW.

Trotzdem ist das Arbeiten außerhalb der Büros in der Energiebranche, die es verinnerlicht hat, Teil der kritischen Infrastruktur zu sein, auch jetzt noch weniger verbreitet als in anderen Industrien, berichtet Dirk Fieml, Chef des Beratungshauses TKT Vivax, aus seiner Praxis. Mehr noch: In vielen Stadtwerken seien Hardware, Geschäftsprozesse und IT-Systeme noch papierlastig und nicht für einen Zugang zur Unternehmens-IT von außen ausgelegt.

„Allein die Bestellprozesse dauern jetzt wesentlich länger, weil sie noch auf Papier genehmigt werden und einer der Genehmiger im Homeoffice ist.“ Laptops und „ordentliche“ Konferenzanlagen seien selten. VPN-Tunnels zum Unternehmensnetzwerk fehlten. Die Telefonanlage erlaube keine Weiterleitung aufs Handy.

Ohne VPN müssten die Buchhalter weiter in Präsenz arbeiten, nur um ins SAP-System zu kommen. TKT Vivax hat im Lockdown einen „Homeoffice-Check“ aufgelegt, in dem Telearbeiter ihre Aufgaben erfassen müssen. Im Januar wird Fiemls Team die Prozesse in einem Branchenunternehmen analysieren, in dem „kein einziger Prozess dokumentiert“ ist, verrät er. Sein Eindruck: „Im Lockdown sind die Stadtwerke mit sich selbst beschäftigt, aber wir führen jetzt Gespräche über Digitalisierungsprozesse danach. Corona beschleunigt die Digitalisierung. Die Sensibilität dafür ist stärker geworden.“ Bei Regionalversorgern, die schon immer gezwungen waren, mehrere Standorte unter einen Hut zu bringen, sehe es im Schnitt digitaler aus.
Die Lehren aus der Pandemie:
Aus dem harten Lockdown und den zeitweisen Erleichterungen bis zum zweiten Lockdown kann die Energiewirtschaft schon jetzt folgende Lehren ziehen:

Empowerment (Selbstverantwortung): „Unsere dezentrale Struktur zeigt sich in der Krise als Vorteil“, sagt Reichelt. Damit meint er die seit einigen Jahren vorhandenen gut 20 Teams bei den Stadtwerken Menden. „Ein hoher Entscheidungsspielraum ist extrem förderlich zur Bewältigung der Krise“, fügt er an. Jedes Team regle und verantworte in Menden selbst, dass die nötige Arbeit getan wird.

Führungskultur und Akzeptanz: „Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten, die seit Monaten auf dem Tisch lagen, wurden plötzlich im Einvernehmen geschlossen und finden seither Anwendung“, beobachtet Susanne Tertilt von der Unternehmensberatung Strategie M. Sie fordert Vertrauen in die Mitarbeiter, dass sie sich daheim nicht abseilen: „Führungskräfte müssen loslassen können und eine Balance zur Kontrolle von Arbeitsergebnissen finden.“ Sie sollten selbst Vorbild in der Work-Life-Balance sein, feste Rituale pflegen wie tägliche Kick-offs, aber auch Pausenzeiten respektieren. Reichelt hat aufgrund dessen den Betriebsratschef und dessen Stellvertreter in seinen Corona-Krisenstab berufen. Natürlich sei ein Missbrauch der Arbeitszeit daheim „nicht auszuschließen“, aber das sei zumindest in Menden kein Thema.

Video-Meetings und Effizienz: Eon macht mit dem Homeoffice unter Corona „positive Erfahrungen“, sodass der Konzern diese Arbeitsweise „künftig noch häufiger“ erlauben will. Nach einer konzernweiten Umfrage finden jeweils 45 % der Teilnehmer Video-Meetings „deutlich produktiver“ als herkömmliche Sitzungen oder gleichwertig, schreibt eine Sprecherin. Die Mainova rechnet „eher“ mit dauerhaft mehr virtueller Kommunikation zulasten persönlicher Treffen: „Virtuelle Meetings reduzieren den Pendelverkehr zwischen unseren Liegenschaften und die Fahrzeiten fallen weg“, schreibt ein Sprecher. Bewerber fragten zudem „deutlich“ mehr nach flexiblen Arbeitsorten und -zeiten.

Hybride Arbeitswelt: Teilweise sind Mitarbeiter bereits aus dem totalen Homeoffice zurückgekehrt. „Der Wunsch nach sozialen Kontakten ist da“, sagt Reichelt aus Menden und spricht damit einen Konsens aus. Daher gebe es bei den 25 Heimarbeitern einen 14-tägigen Wechsel. Reichelt: „Wir halten keinen zu Hause und das will auch keiner.“ Viele EnBW-Mitarbeiter möchten Homeoffice auch nach der Krise „zumindest teilweise“ fortsetzen, berichtet eine Sprecherin. „Es werden verstärkt Räumlichkeiten für Gruppenarbeit oder Netzwerken benötigt werden.“

Neue soziale Formate: „Der soziale Austausch sollte nicht zu kurz kommen“, mahnt Beraterin Tertilt. Die virtuellen Kaffeepausen, die sie vorschlägt, gibt es unter anderem schon im Eon-Konzern, daneben auch „inspirational sessions“. Eine digitale Lostrommel lädt zudem im Rahmen der Integration von Innogy nach dem Zufallsprinzip Teilnehmer per Videochat zu gemeinsamen Mittagessen oder After-Work-Treffen ein. „Blind Lunch“ heißt dieses Format, das sich freilich erst nach dem zweiten Lockdown wieder ganz entfalten darf. Auch die Führungskräftetreffen mit mehr als 500 Teilnehmern finden jetzt online statt.

E-wie-einfach-Geschäftsführerin Katja Steger hat mit ihrem Team „Schokoladen-Tasting“ ausprobiert und findet es toll: Jeder Teilnehmer bekommt ein Set nach Hause geschickt, das dann virtuell von einem Schoko-Sommelier erläutert wird. Das gibt es virtuell auch mit Gin oder Wein. E&M

Montag, 18.01.2021, 08:46 Uhr
Georg Eble

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