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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Harry Roels und der Stein der Weisen
Harry Roels, RWE-Vorstandschef von 2003 bis 2007. Quelle: RWE
E&M Vor 20 Jahren

Harry Roels und der Stein der Weisen

Schon wenige Monate nach seinem Amtsantritt 2003 präsentierte der neue RWE-Vorstandschef Harry Roels ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm für den hochverschuldeten Konzern.
Im Februar 2003 hatte Harry Roels bei der Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2002 seinen ersten großen medialen Auftritt. Der damals 54-jährige Niederländer war als erster Ausländer an die RWE-Spitze gekommen. Mit seinem Vorgänger Dietmar Kuhnt hatte er noch für einen Monat eine Doppelspitze gebildet, bevor Roels alleine das Ruder übernahm.

Schon kurz nach seinem Amtsantritt kündigte er ein Konzept für die künftige Struktur des Konzerns an. Programmatisch Konkretes ließ er zwar bei der ersten Pressekonferenz noch nicht erkennen. Allerdings setzte er schon nach wenigen Wochen in der neuen Position ein Ausrufezeichen mit der Verkleinerung des Vorstands von sechs auf vier Mitglieder. Manfred Remmel und Richard Klein, der zunächst als Kandidat für den Vorstandsvorsitz gehandelt wurde, mussten ihre Stühle räumen.

Im Jahr 2003 wolle sich Roels ganz auf die Konsolidierung von Konzern und Geschäft konzentrieren, erklärte er kurz nach seinem Start im Februar. Während sich sein Vorgänger Kuhnt noch mit zahlreichen Akquisitionen, etwa mit Thames Water oder Innogy, verewigt hatte, richtete Roels sein Augenmerk vor allem auf das „Verdauen“ der Übernahmen, das Schaffen von Synergien und die Reduzierung der Milliardenschulden, die den Konzern Anfang 2003 noch drückten. Wenn Akquisitionen anstünden, müssten diese durch „Desinvestitionen“ finanziert werden, so das Credo des neuen Vorstandschefs. Vor diesem Hintergrund standen von Anfang an die Beteiligung außerhalb des Kerngeschäfts, Heidelberger Druck und Hochtief, im Fokus.

Das Geschäft sollte durch eine Multi-Utility-Strategie stabilisiert werden. Zunächst war abstrakt von einem „Produktspektrum“ – Telekommunikation und Finanzdienstleistungen wurden von vornherein ausgeschlossen – die Rede. Aber schnell war klar, dass Strom die entscheidenden Ergebnisbeiträge liefern würde – sowohl der Vertrieb als auch die Erzeugung. Daher war es auch wenig verwunderlich, dass Roels sich von Anfang an gegen einen ambitionierten europäischen Emissionshandel wehrte: „Unser Verständnis ist, dass Emissions-Trading nicht als Instrument zum Ausstieg aus der Kohleverstromung missbraucht werden darf. Im Gegenteil: Investitionen in moderne neue Kohlekraftwerke wie unser zweites geplantes Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik müssen Planungssicherheit erhalten.“

Knapp sechs Monate nach seinem Amtsantritt präsentierte Roels dann ein Konzept für die kurzfristige Restrukturierung des Konzerns bis zum 1. Oktober. E&M-Redakteur Peter Focht berichtete damals.

In einer Mitteilung gibt RWE als wesentliches Ziel der Umstrukturierung an, seine Multi Utility-Strategie durch die regionale Integration des Strom- und Gasgeschäftes systematisch weiterzuentwickeln. Dadurch würden Synergien gehoben und Schnittstellen reduziert, so das Unternehmen. Die Anzahl der Führungsgesellschaften werde von 13 auf sieben verringert: RWE Power, RWE Thames Water, RWE Energy, RWE Innogy, RWE Trading, RWE Umwelt und RWE Systems. Alle sieben Führungsgesellschaften sollen also unter der Dachmarke RWE firmieren. Damit sei RWE der erste Energieversorger mit einem international einheitlichen Auftritt. Die vorgesehenen Änderungen bei RWE Gas bedürften noch weiterer Verhandlungen und der Zustimmung der kommunalen Aktionäre von RWE Gas, heißt es.

Die neue Struktur ermögliche bis 2006 jährliche Kostensenkungen von 300 Millionen Euro. In den kommenden zwei Jahren will der Konzern 1.000 Mitarbeiter entlassen und deren Arbeitsplätze in Querschnittsfunktionen „sozialverträglich und in Absprache mit den Mitbestimmungsgremien“ abbauen, heißt es in einer Mitteilung.

Die RWE AG soll sich auf konzernsteuernde Aufgaben wie Strategie, Planung, Controlling, Finanzierung, Kommunikation und die konzernweite Entwicklung des Top-Managements konzentrieren. Im Konzern soll ferner mit dem Group Business Committee ein neues Führungsgremium eingerichtet werden, das aus den Vorständen der RWE AG und den Vorstandsvorsitzenden der operativen Gesellschaften im Kerngeschäft besteht.

Die neue Führungsgesellschaft RWE Power soll die Energieerzeugung in den kontinentaleuropäischen Kraftwerken und die Förderung von Braunkohle bündeln. In dem Unternehmen mit Doppelsitz in Essen und Köln werden laut Planungen rund 26.000 Mitarbeiter etwa 10 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Als Vorstandsvorsitzender ist Berthold Bonekamp, bisher Chef der RWE Rheinbraun, vorgesehen. RWE Power soll auch die Bereiche Erneuerbare Energien (Harpen) sowie Aufschluss und Gewinnung von Öl und Gas (RWE Dea) führen. Die Integration der Energieerzeugung erschließe Effizienzvorteile und ermögliche eine Kostenoptierung.

Das Strom- und Gasgeschäfts im Netz- und Vertriebsbereich in Deutschland und Kontinentaleuropa soll die RWE Energy zusammenführen. In der neuen Gesellschaft, in der die bisherigen Führungsgesellschaften RWE Plus, RWE Gas und RWE Net aufgehen werden, sollen laut Konzept 42.000 Mitarbeiter über 18 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Die Gesellschaft wird ihren Sitz in Dortmund haben. Der als stellvertretender Vorsitzender und Finanzvorstand vorgesehene Heinz-Werner Ufer (bisher Vorstandschef von RWE Plus) soll zunächst auch den Vorstandsvorsitz übernehmen. Unter dem Dach von RWE Energy sind zwölf Vertriebs- und Netzregionen für Strom und Gas vorgesehen, davon sechs in Deutschland. Dazu gehören die Regionalgesellschaft Mitte mit Sitz in Essen und die Regionalgesellschaft Nord mit Sitz in Dortmund, die den Strom- und Gasvertrieb im bisherigen Vertriebsgebiet von RWE Direkt übernehmen. Auch das Wassergeschäft in Deutschland und Kontinentaleuropa wird von diesen Regionalgesellschaften verantwortet. Die bisherige RWE Solutions ist RWE Energy zugeordnet.
Die Übertragungsnetze werden in drei Gesellschaften betrieben: jeweils eine für Strom- und Gasnetze in Deutschland sowie die Transgas für das tschechische Ferngasnetz. Die neue Struktur berücksichtige bereits die ab 2007 wirksamen Unbundling-Bestimmungen der EU.

RWE Innogy soll nach Roels Vorschlag Führungsgesellschaft für das Energiegeschäft in Großbritannien bleiben, RWE Thames Water weiterhin für das weltweite Wassergeschäft von RWE verantwortlich zeichnen. Vorgesehen ist auch, die Zusammenarbeit zwischen RWE Innogy und RWE Thames Water über das schon eingerichtete Shared Service Center auszuweiten. Die RWE Trading soll das Handelsgeschäft von RWE Innogy mitübernehmen und als Schnittstelle zum Energie-Großhandelsmarkt sowie als Drehscheibe für konzernweite Commodities (Strom, Gas, Kohle, Öl) fungieren.
 

Dienstag, 1.08.2023, 16:29 Uhr
Peter Focht und Fritz Wilhelm
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Harry Roels, RWE-Vorstandschef von 2003 bis 2007. Quelle: RWE
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Harry Roels und der Stein der Weisen
Schon wenige Monate nach seinem Amtsantritt 2003 präsentierte der neue RWE-Vorstandschef Harry Roels ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm für den hochverschuldeten Konzern.
Im Februar 2003 hatte Harry Roels bei der Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2002 seinen ersten großen medialen Auftritt. Der damals 54-jährige Niederländer war als erster Ausländer an die RWE-Spitze gekommen. Mit seinem Vorgänger Dietmar Kuhnt hatte er noch für einen Monat eine Doppelspitze gebildet, bevor Roels alleine das Ruder übernahm.

Schon kurz nach seinem Amtsantritt kündigte er ein Konzept für die künftige Struktur des Konzerns an. Programmatisch Konkretes ließ er zwar bei der ersten Pressekonferenz noch nicht erkennen. Allerdings setzte er schon nach wenigen Wochen in der neuen Position ein Ausrufezeichen mit der Verkleinerung des Vorstands von sechs auf vier Mitglieder. Manfred Remmel und Richard Klein, der zunächst als Kandidat für den Vorstandsvorsitz gehandelt wurde, mussten ihre Stühle räumen.

Im Jahr 2003 wolle sich Roels ganz auf die Konsolidierung von Konzern und Geschäft konzentrieren, erklärte er kurz nach seinem Start im Februar. Während sich sein Vorgänger Kuhnt noch mit zahlreichen Akquisitionen, etwa mit Thames Water oder Innogy, verewigt hatte, richtete Roels sein Augenmerk vor allem auf das „Verdauen“ der Übernahmen, das Schaffen von Synergien und die Reduzierung der Milliardenschulden, die den Konzern Anfang 2003 noch drückten. Wenn Akquisitionen anstünden, müssten diese durch „Desinvestitionen“ finanziert werden, so das Credo des neuen Vorstandschefs. Vor diesem Hintergrund standen von Anfang an die Beteiligung außerhalb des Kerngeschäfts, Heidelberger Druck und Hochtief, im Fokus.

Das Geschäft sollte durch eine Multi-Utility-Strategie stabilisiert werden. Zunächst war abstrakt von einem „Produktspektrum“ – Telekommunikation und Finanzdienstleistungen wurden von vornherein ausgeschlossen – die Rede. Aber schnell war klar, dass Strom die entscheidenden Ergebnisbeiträge liefern würde – sowohl der Vertrieb als auch die Erzeugung. Daher war es auch wenig verwunderlich, dass Roels sich von Anfang an gegen einen ambitionierten europäischen Emissionshandel wehrte: „Unser Verständnis ist, dass Emissions-Trading nicht als Instrument zum Ausstieg aus der Kohleverstromung missbraucht werden darf. Im Gegenteil: Investitionen in moderne neue Kohlekraftwerke wie unser zweites geplantes Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik müssen Planungssicherheit erhalten.“

Knapp sechs Monate nach seinem Amtsantritt präsentierte Roels dann ein Konzept für die kurzfristige Restrukturierung des Konzerns bis zum 1. Oktober. E&M-Redakteur Peter Focht berichtete damals.

In einer Mitteilung gibt RWE als wesentliches Ziel der Umstrukturierung an, seine Multi Utility-Strategie durch die regionale Integration des Strom- und Gasgeschäftes systematisch weiterzuentwickeln. Dadurch würden Synergien gehoben und Schnittstellen reduziert, so das Unternehmen. Die Anzahl der Führungsgesellschaften werde von 13 auf sieben verringert: RWE Power, RWE Thames Water, RWE Energy, RWE Innogy, RWE Trading, RWE Umwelt und RWE Systems. Alle sieben Führungsgesellschaften sollen also unter der Dachmarke RWE firmieren. Damit sei RWE der erste Energieversorger mit einem international einheitlichen Auftritt. Die vorgesehenen Änderungen bei RWE Gas bedürften noch weiterer Verhandlungen und der Zustimmung der kommunalen Aktionäre von RWE Gas, heißt es.

Die neue Struktur ermögliche bis 2006 jährliche Kostensenkungen von 300 Millionen Euro. In den kommenden zwei Jahren will der Konzern 1.000 Mitarbeiter entlassen und deren Arbeitsplätze in Querschnittsfunktionen „sozialverträglich und in Absprache mit den Mitbestimmungsgremien“ abbauen, heißt es in einer Mitteilung.

Die RWE AG soll sich auf konzernsteuernde Aufgaben wie Strategie, Planung, Controlling, Finanzierung, Kommunikation und die konzernweite Entwicklung des Top-Managements konzentrieren. Im Konzern soll ferner mit dem Group Business Committee ein neues Führungsgremium eingerichtet werden, das aus den Vorständen der RWE AG und den Vorstandsvorsitzenden der operativen Gesellschaften im Kerngeschäft besteht.

Die neue Führungsgesellschaft RWE Power soll die Energieerzeugung in den kontinentaleuropäischen Kraftwerken und die Förderung von Braunkohle bündeln. In dem Unternehmen mit Doppelsitz in Essen und Köln werden laut Planungen rund 26.000 Mitarbeiter etwa 10 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Als Vorstandsvorsitzender ist Berthold Bonekamp, bisher Chef der RWE Rheinbraun, vorgesehen. RWE Power soll auch die Bereiche Erneuerbare Energien (Harpen) sowie Aufschluss und Gewinnung von Öl und Gas (RWE Dea) führen. Die Integration der Energieerzeugung erschließe Effizienzvorteile und ermögliche eine Kostenoptierung.

Das Strom- und Gasgeschäfts im Netz- und Vertriebsbereich in Deutschland und Kontinentaleuropa soll die RWE Energy zusammenführen. In der neuen Gesellschaft, in der die bisherigen Führungsgesellschaften RWE Plus, RWE Gas und RWE Net aufgehen werden, sollen laut Konzept 42.000 Mitarbeiter über 18 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Die Gesellschaft wird ihren Sitz in Dortmund haben. Der als stellvertretender Vorsitzender und Finanzvorstand vorgesehene Heinz-Werner Ufer (bisher Vorstandschef von RWE Plus) soll zunächst auch den Vorstandsvorsitz übernehmen. Unter dem Dach von RWE Energy sind zwölf Vertriebs- und Netzregionen für Strom und Gas vorgesehen, davon sechs in Deutschland. Dazu gehören die Regionalgesellschaft Mitte mit Sitz in Essen und die Regionalgesellschaft Nord mit Sitz in Dortmund, die den Strom- und Gasvertrieb im bisherigen Vertriebsgebiet von RWE Direkt übernehmen. Auch das Wassergeschäft in Deutschland und Kontinentaleuropa wird von diesen Regionalgesellschaften verantwortet. Die bisherige RWE Solutions ist RWE Energy zugeordnet.
Die Übertragungsnetze werden in drei Gesellschaften betrieben: jeweils eine für Strom- und Gasnetze in Deutschland sowie die Transgas für das tschechische Ferngasnetz. Die neue Struktur berücksichtige bereits die ab 2007 wirksamen Unbundling-Bestimmungen der EU.

RWE Innogy soll nach Roels Vorschlag Führungsgesellschaft für das Energiegeschäft in Großbritannien bleiben, RWE Thames Water weiterhin für das weltweite Wassergeschäft von RWE verantwortlich zeichnen. Vorgesehen ist auch, die Zusammenarbeit zwischen RWE Innogy und RWE Thames Water über das schon eingerichtete Shared Service Center auszuweiten. Die RWE Trading soll das Handelsgeschäft von RWE Innogy mitübernehmen und als Schnittstelle zum Energie-Großhandelsmarkt sowie als Drehscheibe für konzernweite Commodities (Strom, Gas, Kohle, Öl) fungieren.
 

Dienstag, 1.08.2023, 16:29 Uhr
Peter Focht und Fritz Wilhelm

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