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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Printausgabe - Hansewerks Wasserstoffambitionen
Quelle: HanseWerk Natur GmbH
Aus Der Aktuellen Printausgabe

Hansewerks Wasserstoffambitionen

Der Versorger Hansewerk will Wasserstoff zu einem neuen Geschäft machen. Im Hamburger Hafen plant er einen 25-MW-Elektrolyseur. Auch im Schwerlastverkehr soll das grüne Gas Fuß fassen.
Im Wasserstoff sieht die schleswig-holsteinische „HanseWerk“-Gruppe für sich eine große Zukunft. „Wir wollen zum Vorreiter werden“, sagt Marleen Marks, die bei dem mehrheitlich zu Eon zählenden Regionalversorger und Netzbetreiber aus Quickborn 32 Kilometer nördlich von Hamburg für das Thema verantwortlich ist. Hierfür plant das Unternehmen den Bau eines Elektrolyseurs mit einer Leistung von 25 MW im Hamburger Hafen. Ein ortsnaher Industriebetrieb soll mit dem grünen Gas versorgt werden. Das Projekt ist Teil des Norddeutschen Reallabors, einem vom Bund mit 52 Mio. Euro geförderten Energiewendevorhaben. Hansewerk erhält mit 15 Mio. Euro ein großes Stück von diesem Kuchen.

Rund 2.900 Tonnen Wasserstoff soll die Elektrolyse pro Jahr ausstoßen. „Etwa 85 Prozent erhält der Industriekunde, der Rest geht in die Mobilität“, zeigt Marks die Absatzkanäle auf. So könne der nicht näher genannte Industriebetrieb einen Teil seines Bedarfs an bisher grauem Wasserstoff CO2-freundlich substituieren. Er würde gegenüber der Dampfreformierung aus Erdgas, die er bisher noch selbst durchführt, rund 32.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.

Das ist angesichts steigender CO2-Preise für die Industrie attraktiv, denn der Wasserstoff erzeugende Kunde fällt unter die Regeln der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) II. Die nationale Umsetzung verpflichtet ihn dazu, Treibhausgasemissionen zu senken. Tut er das nicht, drohen Strafzahlungen. Mit der von der EU geplanten Verschärfung der RED könnten die Pönalien künftig noch steigen.

Grüner Strom dank Herkunftsnachweisen

„Wir wollen den Elektrolyseur mit Grünstrom betreiben, und zwar mit 6.000 bis 6.500 Volllaststunden“, erklärt Marks. Der hohe Nutzungsgrad ermöglicht auch den Einsatz eines Wasserstoffspeichers. So lässt sich flexibler auf den Bedarf des Industriekunden reagieren.

„Geplant ist, den Strom mit Herkunftsnachweisen grün zu machen. So können wir den Elektrolyseur strommarktorientiert betreiben“, sagt Marks. Würde der Strom dann von Netzentgelten und der EEG-Umlage befreit, wäre der Wasserstoff zwar immer noch etwa doppelt bis dreifach so teuer wie Erdgaswasserstoff, rechnet sie vor. Im Vergleich zu möglichen Strafzahlungen wäre er jedoch wettbewerbsfähig. Das gelte allerdings nicht mehr, wenn der Grünstrom physisch beispielsweise von nahe gelegenen Windparks kommen muss und Zeitgleichheit zwischen Produktion und Verbrauch zu herrschen hat.

„Bei einem Direktvertrag und Zeitgleichheit könnten wir nur mit 3.000 bis 3.500 Volllaststunden kalkulieren. Dann wäre der Wasserstoff fünf- bis sechsmal so teuer und die Pönalzahlung für den Kunden günstiger“, so die Managerin. In der Konsequenz wäre die Wasserstoffelektrolyse dann für Hansewerk nicht wirtschaftlich.

„Wir finden Gleichzeitigkeit zwischen Ökostrom- und Wasserstofferzeugung zwar das richtige Konzept. Bis 2030 werden wir es aber nicht schaffen, damit wettbewerbsfähig zu sein. Das wird noch bis 2040 dauern“, sagt Marks. Die Investitionsentscheidung stehe und falle deshalb mit den EU-Vorgaben für Wasserstoff, die derzeit noch in der Diskussion sind. Sie sollen im Laufe des Herbstes vorliegen. Die Bundesregierung hat angekündigt, diesen Vorgaben folgen zu wollen. Sollte es dort zu einer strengen Definition von grünem Wasserstoff kommen, die etwa die Gleichzeitigkeit zur Voraussetzung macht, könnte das Vorhaben der Quickborner noch scheitern. Technologisch ist Hansewerk ebenfalls noch offen. „Wir präferieren aktuell die PEM-Elektrolyse“, sagt Marks. Eine Festlegung sei das aber noch nicht.

Absatz als potenzieller Brennstoff

Zudem ist der Wasserstoff auch als potenzieller Brennstoff für die 180 Wärmenetze der Hansewerk interessant. So könnte er prinzipiell in Blockheizkraftwerken statt Erdgas zum Einsatz kommen. Einen entsprechenden Motor mit 1 MW Leistung unterhält Hansewerk zur Demonstration in einem Heizungskeller in Hamburg-Othmarschen seit mehr als einem Jahr. „Wir haben ihn mittlerweile in verschiedenen Mischungsverhältnissen von Erdgas und Wasserstoff sowie mit 100 Prozent Wasserstoff getestet“, sagt Thomas Baade, technischer Geschäftsführer der „HanseWerk Natur GmbH“. Die Anlage sei dabei jederzeit einwandfrei gelaufen. Lediglich im Wasserstoffbetrieb seien, wie zu erwarten, noch Leistungseinbußen zu beobachten. Es gelte die Erfahrung in diesem Bereich auszubauen.

„Gut ist, dass wir die Technik weiter benutzen können“, so Baade weiter. Der ursprüngliche Erdgasmotor von Innio Jenbacher wurde für 2,6 Mio. Euro modernisiert und umgerüstet. Die Wasserstoffperipherie machte davon aber nur 100.000 Euro aus. „Wir gehen diesen Weg, um in den Anlagen 100 Prozent Wasserstoff einsetzen zu können. So können wir alle unsere Erdgas-BHKW perspektivisch ausschließlich mit Wasserstoff betreiben.“ Als Beimischung im Gasnetz würden es dagegen auch längerfristig kaum mehr als 30 % Wasserstoff sein, schätzt Baade.

Außerdem bietet grüner Wasserstoff die Option, die Abschaltung von Erdgas-BHKW zu verhindern. „Es wird immer schwerer, Erdgas-BHKW in den Markt zu bringen“, sagt der Hansewerk-Manager. Am Markt sei aktuell zu beobachten, dass Kunden die Prozesse umstellen und ihre fossil befeuerten BHKW abschalten. Der Strom, den früher die eigene KWK geliefert hat, werde jetzt als Grünstrom extern zugekauft, um die CO2-Bilanz zu verbessern. Die Wärme werde dann wieder per Kessel erzeugt. „Das ist energetischer Unsinn“, moniert Baade. Grüner Wasserstoff biete das Potenzial, solche Abschaltungen zu verhindern.

Absatz als Kraftstoff

Damit nicht genug. Hansewerk sieht für sich und Wasserstoff neben der Industrie und der KWK auch in der Mobilität Potenzial. Zu diesem Zweck haben sich die Quickborner in diesem Sommer an dem Projektentwickler Hypion GmbH beteiligt. Das Unternehmen aus Heide 78 Kilometer westlich von Kiel plant den Aufbau eines Tankstellennetzes für eine wasserstoffbasierte Schwerlastmobilität im Norden. Dazu zählt im Auftrag Schleswig-Holsteins ein wasserstoffbasierter Güterverkehr-Hub in Neumünster. Dort könnte künftig grüner Wasserstoff produziert und als Kraftstoff zur Verfügung gestellt werden. Weitere vier ähnliche Umschlagplätze sind in der Vorbereitung. Als Standorte gelten Flensburg und Lübeck.

Woher der Ökostrom für den Mobilitätswasserstoff stammen werde, ist zur Stunde noch unbekannt, sagt Hansewerk-Managerin Marks. Mit dem im Norden so üppig vorhandenen Überschussstrom ließe sich allerdings kaum ein Geschäftsmodell darstellen. Auch hier steht und fällt die Wirtschaftlichkeitsfrage mit der künftigen politischen Regelung. Fällt die so aus wie von Hansewerk erhofft, könnte das Wasserstoffgeschäft auch zu einem Modell für andere Regionalversorger werden. 
 
Thomas Baade und Marleen Marks (beide Hansewerk) wollen sich den eigens produzierten Wasserstoff sowohl in der Wärmeversorgung als auch im
 Mobilitätssektor zunutze machen
Quelle: E&M/Oliver Ristau

 

Mittwoch, 13.10.2021, 09:05 Uhr
Oliver Ristau
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Printausgabe - Hansewerks Wasserstoffambitionen
Quelle: HanseWerk Natur GmbH
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Hansewerks Wasserstoffambitionen
Der Versorger Hansewerk will Wasserstoff zu einem neuen Geschäft machen. Im Hamburger Hafen plant er einen 25-MW-Elektrolyseur. Auch im Schwerlastverkehr soll das grüne Gas Fuß fassen.
Im Wasserstoff sieht die schleswig-holsteinische „HanseWerk“-Gruppe für sich eine große Zukunft. „Wir wollen zum Vorreiter werden“, sagt Marleen Marks, die bei dem mehrheitlich zu Eon zählenden Regionalversorger und Netzbetreiber aus Quickborn 32 Kilometer nördlich von Hamburg für das Thema verantwortlich ist. Hierfür plant das Unternehmen den Bau eines Elektrolyseurs mit einer Leistung von 25 MW im Hamburger Hafen. Ein ortsnaher Industriebetrieb soll mit dem grünen Gas versorgt werden. Das Projekt ist Teil des Norddeutschen Reallabors, einem vom Bund mit 52 Mio. Euro geförderten Energiewendevorhaben. Hansewerk erhält mit 15 Mio. Euro ein großes Stück von diesem Kuchen.

Rund 2.900 Tonnen Wasserstoff soll die Elektrolyse pro Jahr ausstoßen. „Etwa 85 Prozent erhält der Industriekunde, der Rest geht in die Mobilität“, zeigt Marks die Absatzkanäle auf. So könne der nicht näher genannte Industriebetrieb einen Teil seines Bedarfs an bisher grauem Wasserstoff CO2-freundlich substituieren. Er würde gegenüber der Dampfreformierung aus Erdgas, die er bisher noch selbst durchführt, rund 32.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.

Das ist angesichts steigender CO2-Preise für die Industrie attraktiv, denn der Wasserstoff erzeugende Kunde fällt unter die Regeln der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED) II. Die nationale Umsetzung verpflichtet ihn dazu, Treibhausgasemissionen zu senken. Tut er das nicht, drohen Strafzahlungen. Mit der von der EU geplanten Verschärfung der RED könnten die Pönalien künftig noch steigen.

Grüner Strom dank Herkunftsnachweisen

„Wir wollen den Elektrolyseur mit Grünstrom betreiben, und zwar mit 6.000 bis 6.500 Volllaststunden“, erklärt Marks. Der hohe Nutzungsgrad ermöglicht auch den Einsatz eines Wasserstoffspeichers. So lässt sich flexibler auf den Bedarf des Industriekunden reagieren.

„Geplant ist, den Strom mit Herkunftsnachweisen grün zu machen. So können wir den Elektrolyseur strommarktorientiert betreiben“, sagt Marks. Würde der Strom dann von Netzentgelten und der EEG-Umlage befreit, wäre der Wasserstoff zwar immer noch etwa doppelt bis dreifach so teuer wie Erdgaswasserstoff, rechnet sie vor. Im Vergleich zu möglichen Strafzahlungen wäre er jedoch wettbewerbsfähig. Das gelte allerdings nicht mehr, wenn der Grünstrom physisch beispielsweise von nahe gelegenen Windparks kommen muss und Zeitgleichheit zwischen Produktion und Verbrauch zu herrschen hat.

„Bei einem Direktvertrag und Zeitgleichheit könnten wir nur mit 3.000 bis 3.500 Volllaststunden kalkulieren. Dann wäre der Wasserstoff fünf- bis sechsmal so teuer und die Pönalzahlung für den Kunden günstiger“, so die Managerin. In der Konsequenz wäre die Wasserstoffelektrolyse dann für Hansewerk nicht wirtschaftlich.

„Wir finden Gleichzeitigkeit zwischen Ökostrom- und Wasserstofferzeugung zwar das richtige Konzept. Bis 2030 werden wir es aber nicht schaffen, damit wettbewerbsfähig zu sein. Das wird noch bis 2040 dauern“, sagt Marks. Die Investitionsentscheidung stehe und falle deshalb mit den EU-Vorgaben für Wasserstoff, die derzeit noch in der Diskussion sind. Sie sollen im Laufe des Herbstes vorliegen. Die Bundesregierung hat angekündigt, diesen Vorgaben folgen zu wollen. Sollte es dort zu einer strengen Definition von grünem Wasserstoff kommen, die etwa die Gleichzeitigkeit zur Voraussetzung macht, könnte das Vorhaben der Quickborner noch scheitern. Technologisch ist Hansewerk ebenfalls noch offen. „Wir präferieren aktuell die PEM-Elektrolyse“, sagt Marks. Eine Festlegung sei das aber noch nicht.

Absatz als potenzieller Brennstoff

Zudem ist der Wasserstoff auch als potenzieller Brennstoff für die 180 Wärmenetze der Hansewerk interessant. So könnte er prinzipiell in Blockheizkraftwerken statt Erdgas zum Einsatz kommen. Einen entsprechenden Motor mit 1 MW Leistung unterhält Hansewerk zur Demonstration in einem Heizungskeller in Hamburg-Othmarschen seit mehr als einem Jahr. „Wir haben ihn mittlerweile in verschiedenen Mischungsverhältnissen von Erdgas und Wasserstoff sowie mit 100 Prozent Wasserstoff getestet“, sagt Thomas Baade, technischer Geschäftsführer der „HanseWerk Natur GmbH“. Die Anlage sei dabei jederzeit einwandfrei gelaufen. Lediglich im Wasserstoffbetrieb seien, wie zu erwarten, noch Leistungseinbußen zu beobachten. Es gelte die Erfahrung in diesem Bereich auszubauen.

„Gut ist, dass wir die Technik weiter benutzen können“, so Baade weiter. Der ursprüngliche Erdgasmotor von Innio Jenbacher wurde für 2,6 Mio. Euro modernisiert und umgerüstet. Die Wasserstoffperipherie machte davon aber nur 100.000 Euro aus. „Wir gehen diesen Weg, um in den Anlagen 100 Prozent Wasserstoff einsetzen zu können. So können wir alle unsere Erdgas-BHKW perspektivisch ausschließlich mit Wasserstoff betreiben.“ Als Beimischung im Gasnetz würden es dagegen auch längerfristig kaum mehr als 30 % Wasserstoff sein, schätzt Baade.

Außerdem bietet grüner Wasserstoff die Option, die Abschaltung von Erdgas-BHKW zu verhindern. „Es wird immer schwerer, Erdgas-BHKW in den Markt zu bringen“, sagt der Hansewerk-Manager. Am Markt sei aktuell zu beobachten, dass Kunden die Prozesse umstellen und ihre fossil befeuerten BHKW abschalten. Der Strom, den früher die eigene KWK geliefert hat, werde jetzt als Grünstrom extern zugekauft, um die CO2-Bilanz zu verbessern. Die Wärme werde dann wieder per Kessel erzeugt. „Das ist energetischer Unsinn“, moniert Baade. Grüner Wasserstoff biete das Potenzial, solche Abschaltungen zu verhindern.

Absatz als Kraftstoff

Damit nicht genug. Hansewerk sieht für sich und Wasserstoff neben der Industrie und der KWK auch in der Mobilität Potenzial. Zu diesem Zweck haben sich die Quickborner in diesem Sommer an dem Projektentwickler Hypion GmbH beteiligt. Das Unternehmen aus Heide 78 Kilometer westlich von Kiel plant den Aufbau eines Tankstellennetzes für eine wasserstoffbasierte Schwerlastmobilität im Norden. Dazu zählt im Auftrag Schleswig-Holsteins ein wasserstoffbasierter Güterverkehr-Hub in Neumünster. Dort könnte künftig grüner Wasserstoff produziert und als Kraftstoff zur Verfügung gestellt werden. Weitere vier ähnliche Umschlagplätze sind in der Vorbereitung. Als Standorte gelten Flensburg und Lübeck.

Woher der Ökostrom für den Mobilitätswasserstoff stammen werde, ist zur Stunde noch unbekannt, sagt Hansewerk-Managerin Marks. Mit dem im Norden so üppig vorhandenen Überschussstrom ließe sich allerdings kaum ein Geschäftsmodell darstellen. Auch hier steht und fällt die Wirtschaftlichkeitsfrage mit der künftigen politischen Regelung. Fällt die so aus wie von Hansewerk erhofft, könnte das Wasserstoffgeschäft auch zu einem Modell für andere Regionalversorger werden. 
 
Thomas Baade und Marleen Marks (beide Hansewerk) wollen sich den eigens produzierten Wasserstoff sowohl in der Wärmeversorgung als auch im
 Mobilitätssektor zunutze machen
Quelle: E&M/Oliver Ristau

 

Mittwoch, 13.10.2021, 09:05 Uhr
Oliver Ristau

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