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Energie & Management > Politik - EU verabschiedet sich aus der Energie-Charta
Quelle: Shutterstock / jorisvo
Politik

EU verabschiedet sich aus der Energie-Charta

Die Europäische Union wird den Vertrag über die Zusammenarbeit in der Energiepolitik mit ihren Nachbarn im Osten kündigen.
Der Industrie- und der Handelsausschuss des Europäischen Parlamentes sprachen sich am 9. April mit großer Mehrheit (58:8:2) dafür aus, sich aus dem Vertrag über die Energie-Charta (ECT) zurückzuziehen. Das Plenum wird dieser Empfehlung Ende April voraussichtlich folgen. Danach kann der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit darüber entscheiden.

Die Berichterstatterin des Handelsausschusses, Anna Cavazzini (Grüne), begrüßte das Votum der Abgeordneten als „bahnbrechend“. Der ECT nütze nur den fossilen Unternehmen, die den Klimaschutz mit der Drohung von Milliardenforderungen gefährdeten. Cavazzini rechnet damit, dass die Kommission den Ausstieg der EU noch im Mai dieses Jahres einleiten wird.

Die EU-Kommission hatte den Schritt im Juli vergangenen Jahres vorgeschlagen, weil sich der ECT zunehmend als Hindernis für ihre Klimapolitik erweist. Der Vertrag war 1998 in Kraft getreten und hat gegenwärtig 53 Mitglieder. Ziel der Energie-Charta ist eine engere Zusammenarbeit der Unterzeichnerstaaten in der Energiewirtschaft. Grundlage dafür sind die Regeln des europäischen Binnenmarktes, die von den Vertragsstaaten weitgehend übernommen werden. Außerdem verfügt der ECT über einen besonderen Schutz für Investoren. Damit soll sichergestellt werden, dass Investitionen aus der EU in den Ländern Osteuropas mit zweifelhaften rechtsstaatlichen Standards vor willkürlichen Enteignungen geschützt sind.

Die Investitionsschutzklausel ist aber in den letzten Jahren wiederholt genutzt worden, um Schäden zu kompensieren, die durch einen politischen Kurswechsel innerhalb der EU entstanden sind. So musste die Bundesregierung Vattenfall dafür entschädigen, dass die AKW des Konzerns durch den politisch verfügten Atomausstieg abgeschrieben werden mussten.

​Nicht mehr länger mit Klimazielen vereinbar

Angesichts der von Brüssel verfügten Verschärfung der Klimapolitik drohen ähnliche Klagen im Hinblick auf einen forcierten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Der ECT, heißt es in Brüssel, sei in seiner derzeitigen Form „nicht länger vereinbar mit den Klimazielen der EU, dem Klimapakt und dem Pariser Abkommen“. Die EU-Kommission hatte deswegen 2018 versucht, den ECT zu modernisieren. Eine Verständigung darüber konnte jedoch weder im Ministerrat der EU noch in den Gremien des ECT gefunden werden.

Die Kommission hat deswegen vorgeschlagen, dass die EU selbst, Euratom und alle EU-Mitgliedsstaaten geschlossen aus dem ECT austreten. Ein Rückzug aus der Energie-Charta sei geeignet, „eine Gleichbehandlung aller Investoren innerhalb und außerhalb der EU sicherzustellen“. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Entschädigungsklagen auf der Grundlage des ECT innerhalb der EU nicht mehr möglich sind.

Innerhalb der Union ist die Kündigung des ECT nicht unumstritten. Während einzelne Staaten, darunter auch Deutschland, ihre Mitgliedschaft bereits gekündigt haben, wollen andere daran festhalten. Der jetzt absehbare Beschluss würde dazu führen, dass nur die EU den ECT verläßt. Einzelne EU-Staaten könnten weiter Mitglied im ECT bleiben. Unklar ist, ob sie dafür die Genehmigung der EU-Kommission benötigen.

Die Kündigung des ETC tritt ein Jahr nach der Notifizierung in Kraft. Investoren können ihre Rechte aus dem ECT allerdings noch viele Jahre danach geltend machen.

Dienstag, 9.04.2024, 16:48 Uhr
Tom Weingärtner
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EU verabschiedet sich aus der Energie-Charta
Die Europäische Union wird den Vertrag über die Zusammenarbeit in der Energiepolitik mit ihren Nachbarn im Osten kündigen.
Der Industrie- und der Handelsausschuss des Europäischen Parlamentes sprachen sich am 9. April mit großer Mehrheit (58:8:2) dafür aus, sich aus dem Vertrag über die Energie-Charta (ECT) zurückzuziehen. Das Plenum wird dieser Empfehlung Ende April voraussichtlich folgen. Danach kann der Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit darüber entscheiden.

Die Berichterstatterin des Handelsausschusses, Anna Cavazzini (Grüne), begrüßte das Votum der Abgeordneten als „bahnbrechend“. Der ECT nütze nur den fossilen Unternehmen, die den Klimaschutz mit der Drohung von Milliardenforderungen gefährdeten. Cavazzini rechnet damit, dass die Kommission den Ausstieg der EU noch im Mai dieses Jahres einleiten wird.

Die EU-Kommission hatte den Schritt im Juli vergangenen Jahres vorgeschlagen, weil sich der ECT zunehmend als Hindernis für ihre Klimapolitik erweist. Der Vertrag war 1998 in Kraft getreten und hat gegenwärtig 53 Mitglieder. Ziel der Energie-Charta ist eine engere Zusammenarbeit der Unterzeichnerstaaten in der Energiewirtschaft. Grundlage dafür sind die Regeln des europäischen Binnenmarktes, die von den Vertragsstaaten weitgehend übernommen werden. Außerdem verfügt der ECT über einen besonderen Schutz für Investoren. Damit soll sichergestellt werden, dass Investitionen aus der EU in den Ländern Osteuropas mit zweifelhaften rechtsstaatlichen Standards vor willkürlichen Enteignungen geschützt sind.

Die Investitionsschutzklausel ist aber in den letzten Jahren wiederholt genutzt worden, um Schäden zu kompensieren, die durch einen politischen Kurswechsel innerhalb der EU entstanden sind. So musste die Bundesregierung Vattenfall dafür entschädigen, dass die AKW des Konzerns durch den politisch verfügten Atomausstieg abgeschrieben werden mussten.

​Nicht mehr länger mit Klimazielen vereinbar

Angesichts der von Brüssel verfügten Verschärfung der Klimapolitik drohen ähnliche Klagen im Hinblick auf einen forcierten Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen. Der ECT, heißt es in Brüssel, sei in seiner derzeitigen Form „nicht länger vereinbar mit den Klimazielen der EU, dem Klimapakt und dem Pariser Abkommen“. Die EU-Kommission hatte deswegen 2018 versucht, den ECT zu modernisieren. Eine Verständigung darüber konnte jedoch weder im Ministerrat der EU noch in den Gremien des ECT gefunden werden.

Die Kommission hat deswegen vorgeschlagen, dass die EU selbst, Euratom und alle EU-Mitgliedsstaaten geschlossen aus dem ECT austreten. Ein Rückzug aus der Energie-Charta sei geeignet, „eine Gleichbehandlung aller Investoren innerhalb und außerhalb der EU sicherzustellen“. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Entschädigungsklagen auf der Grundlage des ECT innerhalb der EU nicht mehr möglich sind.

Innerhalb der Union ist die Kündigung des ECT nicht unumstritten. Während einzelne Staaten, darunter auch Deutschland, ihre Mitgliedschaft bereits gekündigt haben, wollen andere daran festhalten. Der jetzt absehbare Beschluss würde dazu führen, dass nur die EU den ECT verläßt. Einzelne EU-Staaten könnten weiter Mitglied im ECT bleiben. Unklar ist, ob sie dafür die Genehmigung der EU-Kommission benötigen.

Die Kündigung des ETC tritt ein Jahr nach der Notifizierung in Kraft. Investoren können ihre Rechte aus dem ECT allerdings noch viele Jahre danach geltend machen.

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Tom Weingärtner

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