E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Europa - EU-Kommission will 90 Prozent weniger Treibhausgase bis 2040
Quelle: Pixabay / Dimitris Vetsikas
Europa

EU-Kommission will 90 Prozent weniger Treibhausgase bis 2040

Die EU-Kommission will auch in den nächsten Jahren an ihrem Kurs in der Klimapolitik festhalten, beim Tempo aber einen Gang runterschalten.
Das Kollegium empfahl in Straßburg wie erwartet, das Klimaziel der EU für 2040 auf eine Senkung der Treibhausgase um 90 Prozent gegenüber 1990 festzulegen. Das entspreche der Verpflichtung, die die EU im Rahmen des Pariser Abkommens übernommen habe. Die Kommission folgt damit nur teilweise der Empfehlung ihres wissenschaftlichen Beirates, der eine Reduzierung um 90 bis 95 Prozent verlangt hatte.

Die Kommission wolle die EU attraktiv für Investitionen in neue Technologien machen, sagte Klimakommissar Wopke Hoekstra vor dem Europäischen Parlament. Klarheit und Vorhersehbarkeit für die Wirtschaft seien dafür wichtige Voraussetzungen. Die Bürger müssten wissen, was die Klimapolitik für ihr tägliches Leben bedeute. Er betonte, dass es sich um einen Vorschlag handele.

Der Kommission gehe es darum, mit den Mitgliedsstaaten und allen interessierten Parteien in einen Dialog einzutreten. Stärker als in der Vergangenheit will sich die Kommission darum kümmern, dass auch andere Vertragsstaaten des Pariser Abkommens ihre Verpflichtungen einhalten. Mit inzwischen nur noch 6 Prozent der weltweiten Emissionen sei Europa „nur ein Teil des Puzzles“, sagte Hoekstra.

Eine Taskforce für den Kohlenstoffmarkt

Er kündigte die Bildung einer „Diplomatische Taskforce für den internationalen Kohlenstoffmarkt“ an. Sie soll andere Länder bei der Einführung von Emissionshandelssystemen unterstützen mit dem Ziel, Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen abzubauen.

Eine Senkung der Emissionen um 90 Prozent sei nur möglich, wenn alle Maßnahmen, die in den letzten Jahren beschlossen worden seien umgesetzt und die damit anvisierten Ziele bis 2030 auch erreicht würden. Neben der Senkung der CO2-Emssionen um 55 Prozent verweist die Kommission insbesondere auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, einen fairen, sozialen Ausgleich der transitionsbedingten Lasten und gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt.

Der klimapolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei, Peter Liese (CDU), begrüßte, dass die Kommission „Kritik, Anregungen und Lob“ der Zivilgesellschaft „aufgenommen und nachgesteuert“ habe: „Es nützt nichts, immer mehr Verbote zu verhängen, dabei aber die Unterstützung der Bevölkerung für den Klimaschutz zu verlieren.“

Auch die Bildung der Taskforce sei eine wichtige Neuorientierung, sagte Liese weiter. Der Klimazoll, den die EU ab 2026 erheben wolle, habe in Drittstaaten großes Interesse am europäischen Emissionshandel ausgelöst, das die Kommission aufgreifen müsse. In der EU gehe es vor allem darum, die Unternehmen und die Bürger in die Lage zu versetzen, anspruchsvolle Klimaziele zu verfolgen.

Liese und andere Abgeordnete der EVP unterstrichen, dass es sich beim Vorschlag der Kommission um ein anspruchsvolles Ziele handele. „Ein weiteres Zwischenziel für 2040 verschärft den Handlungsdruck“, sagte Angelika Niebler (CSU): “Entscheidend ist, dass auch andere Regionen mitziehen.“

„Untergrenze des notwendigen Beitrags“

Kritik kam von Sozialdemokraten und Grünen. Nach Ansicht von Delara Burkhardt (SPD) stellt der Vorschlag der Kommission „die Untergrenze dessen dar, was die Wissenschaft als notwendigen und möglichen Beitrag der EU im Kampf gegen die Klimakrise identifiziert hat“. Ãœber die Zukunft der europäischen Klimapolitik werde die Europawahl entscheiden.

Der Spitzenkandidat der Grünen, Bas Eikhout, vermisste in der Strategie der Kommission einen angemessenen Beitrag der Landwirtschaft. Ihr energiepolitischer Sprecher, Michael Bloss, warf ihr vor, sie betreibe „Klimaschutz mit angezogener Handbremse“. Das für den Vorschlag der Kommission notwendige CO2-Budget von 16 Gt liege deutlich über den 14 Gt, die der Klimabeirat für noch vertretbar halte.

Sozialdemokraten, Grüne und Umweltverbände kritisieren vor allem, dass sich die Kommission zu sehr auf die Beseitigung von CO2 durch CCS und CCU verlasse. Sie befürchten, dass dadurch die Dekarbonisierung durch erneuerbare Energien und andere, emissionsfreie Technologien behindert wird. Die Speicherung und Nutzung von CO2 müsse auf die Emissionen der Industrie beschränkt bleiben, die unvermeidbar seien.

Tatsächlich sehe der Kommissionsvorschlag aber vor, dass auch große Mengen CO2 aus Kraftwerken recycelt oder deponiert werden sollten, sagte Bloss. Die CCS-Technologie habe jedoch in den letzten Jahren kaum Fortschritte gemacht und sei ineffizient. Ihr Einsatz werde deswegen Energie weiter verteuern.

Lob und Kritik aus den Verbänden

Der BUND kritisierte ebenfalls, dass die Kommission „über 2040 hinaus an Öl und Gas festhalten“ wolle. Damit gebe die EU ihre Vorreiterrolle im internationalen Klimaschutz auf und folge den Interessen der Öl- und Gaskonzerne. Die Klimaziele der EU müssten auch einen „Fahrplan für den vollständigen und geordneten Ausstieg aus Öl und Gas vorgeben“.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßte den Vorschlag der Kommission, verlangte aber gleichzeitig, das Reduktionsziel zu erhöhen, Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erhöhung der Energieeffizienz festzulegen sowie CCS nicht für fossile Kraftwerke zuzulassen.

Auch Agora begrüßt die Mitteilung der Kommission. Dem Ausbau der erneuerbaren Energien, der Elektrifizierung der Industrie und einer direkten, zuverlässigen Senkung der Emissionen müsse in Brüssel jedoch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Es sei gut, dass die Kommission den Pfad zur Klimaneutralität überprüfe, sagte der Chef des Verbandes kommunaler Unternehmen(VKU), Ingert Liebig. Für die kommunalen Unternehmen sei wichtig, dass sie planen und investieren könnten: „Deshalb darf nicht alles wieder in Frage gestellt werden, was in den vergangenen vier Jahren mit dem Paket Fit for 55 erarbeitet wurde. Entscheidend sind nicht immer ambitioniertere Ziele, sondern die Umsetzung.“ Die Kommission müsse jetzt die Frage der Finanzierung anpacken.

Dienstag, 6.02.2024, 18:00 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Europa - EU-Kommission will 90 Prozent weniger Treibhausgase bis 2040
Quelle: Pixabay / Dimitris Vetsikas
Europa
EU-Kommission will 90 Prozent weniger Treibhausgase bis 2040
Die EU-Kommission will auch in den nächsten Jahren an ihrem Kurs in der Klimapolitik festhalten, beim Tempo aber einen Gang runterschalten.
Das Kollegium empfahl in Straßburg wie erwartet, das Klimaziel der EU für 2040 auf eine Senkung der Treibhausgase um 90 Prozent gegenüber 1990 festzulegen. Das entspreche der Verpflichtung, die die EU im Rahmen des Pariser Abkommens übernommen habe. Die Kommission folgt damit nur teilweise der Empfehlung ihres wissenschaftlichen Beirates, der eine Reduzierung um 90 bis 95 Prozent verlangt hatte.

Die Kommission wolle die EU attraktiv für Investitionen in neue Technologien machen, sagte Klimakommissar Wopke Hoekstra vor dem Europäischen Parlament. Klarheit und Vorhersehbarkeit für die Wirtschaft seien dafür wichtige Voraussetzungen. Die Bürger müssten wissen, was die Klimapolitik für ihr tägliches Leben bedeute. Er betonte, dass es sich um einen Vorschlag handele.

Der Kommission gehe es darum, mit den Mitgliedsstaaten und allen interessierten Parteien in einen Dialog einzutreten. Stärker als in der Vergangenheit will sich die Kommission darum kümmern, dass auch andere Vertragsstaaten des Pariser Abkommens ihre Verpflichtungen einhalten. Mit inzwischen nur noch 6 Prozent der weltweiten Emissionen sei Europa „nur ein Teil des Puzzles“, sagte Hoekstra.

Eine Taskforce für den Kohlenstoffmarkt

Er kündigte die Bildung einer „Diplomatische Taskforce für den internationalen Kohlenstoffmarkt“ an. Sie soll andere Länder bei der Einführung von Emissionshandelssystemen unterstützen mit dem Ziel, Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen abzubauen.

Eine Senkung der Emissionen um 90 Prozent sei nur möglich, wenn alle Maßnahmen, die in den letzten Jahren beschlossen worden seien umgesetzt und die damit anvisierten Ziele bis 2030 auch erreicht würden. Neben der Senkung der CO2-Emssionen um 55 Prozent verweist die Kommission insbesondere auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, einen fairen, sozialen Ausgleich der transitionsbedingten Lasten und gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt.

Der klimapolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei, Peter Liese (CDU), begrüßte, dass die Kommission „Kritik, Anregungen und Lob“ der Zivilgesellschaft „aufgenommen und nachgesteuert“ habe: „Es nützt nichts, immer mehr Verbote zu verhängen, dabei aber die Unterstützung der Bevölkerung für den Klimaschutz zu verlieren.“

Auch die Bildung der Taskforce sei eine wichtige Neuorientierung, sagte Liese weiter. Der Klimazoll, den die EU ab 2026 erheben wolle, habe in Drittstaaten großes Interesse am europäischen Emissionshandel ausgelöst, das die Kommission aufgreifen müsse. In der EU gehe es vor allem darum, die Unternehmen und die Bürger in die Lage zu versetzen, anspruchsvolle Klimaziele zu verfolgen.

Liese und andere Abgeordnete der EVP unterstrichen, dass es sich beim Vorschlag der Kommission um ein anspruchsvolles Ziele handele. „Ein weiteres Zwischenziel für 2040 verschärft den Handlungsdruck“, sagte Angelika Niebler (CSU): “Entscheidend ist, dass auch andere Regionen mitziehen.“

„Untergrenze des notwendigen Beitrags“

Kritik kam von Sozialdemokraten und Grünen. Nach Ansicht von Delara Burkhardt (SPD) stellt der Vorschlag der Kommission „die Untergrenze dessen dar, was die Wissenschaft als notwendigen und möglichen Beitrag der EU im Kampf gegen die Klimakrise identifiziert hat“. Ãœber die Zukunft der europäischen Klimapolitik werde die Europawahl entscheiden.

Der Spitzenkandidat der Grünen, Bas Eikhout, vermisste in der Strategie der Kommission einen angemessenen Beitrag der Landwirtschaft. Ihr energiepolitischer Sprecher, Michael Bloss, warf ihr vor, sie betreibe „Klimaschutz mit angezogener Handbremse“. Das für den Vorschlag der Kommission notwendige CO2-Budget von 16 Gt liege deutlich über den 14 Gt, die der Klimabeirat für noch vertretbar halte.

Sozialdemokraten, Grüne und Umweltverbände kritisieren vor allem, dass sich die Kommission zu sehr auf die Beseitigung von CO2 durch CCS und CCU verlasse. Sie befürchten, dass dadurch die Dekarbonisierung durch erneuerbare Energien und andere, emissionsfreie Technologien behindert wird. Die Speicherung und Nutzung von CO2 müsse auf die Emissionen der Industrie beschränkt bleiben, die unvermeidbar seien.

Tatsächlich sehe der Kommissionsvorschlag aber vor, dass auch große Mengen CO2 aus Kraftwerken recycelt oder deponiert werden sollten, sagte Bloss. Die CCS-Technologie habe jedoch in den letzten Jahren kaum Fortschritte gemacht und sei ineffizient. Ihr Einsatz werde deswegen Energie weiter verteuern.

Lob und Kritik aus den Verbänden

Der BUND kritisierte ebenfalls, dass die Kommission „über 2040 hinaus an Öl und Gas festhalten“ wolle. Damit gebe die EU ihre Vorreiterrolle im internationalen Klimaschutz auf und folge den Interessen der Öl- und Gaskonzerne. Die Klimaziele der EU müssten auch einen „Fahrplan für den vollständigen und geordneten Ausstieg aus Öl und Gas vorgeben“.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) begrüßte den Vorschlag der Kommission, verlangte aber gleichzeitig, das Reduktionsziel zu erhöhen, Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erhöhung der Energieeffizienz festzulegen sowie CCS nicht für fossile Kraftwerke zuzulassen.

Auch Agora begrüßt die Mitteilung der Kommission. Dem Ausbau der erneuerbaren Energien, der Elektrifizierung der Industrie und einer direkten, zuverlässigen Senkung der Emissionen müsse in Brüssel jedoch mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Es sei gut, dass die Kommission den Pfad zur Klimaneutralität überprüfe, sagte der Chef des Verbandes kommunaler Unternehmen(VKU), Ingert Liebig. Für die kommunalen Unternehmen sei wichtig, dass sie planen und investieren könnten: „Deshalb darf nicht alles wieder in Frage gestellt werden, was in den vergangenen vier Jahren mit dem Paket Fit for 55 erarbeitet wurde. Entscheidend sind nicht immer ambitioniertere Ziele, sondern die Umsetzung.“ Die Kommission müsse jetzt die Frage der Finanzierung anpacken.

Dienstag, 6.02.2024, 18:00 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.